Überheblichkeit hat noch niemandem geholfen. Eine Erwiderung auf Dr. Patrick Sensburg

Dirk Wiese (Vorsitzender der Briloner SPD u. stv. Vors. der SPD im Hochsauerlandkreis)
Dirk Wiese (Vorsitzender der Briloner SPD u. stv. Vors. der SPD im Hochsauerlandkreis)

Der Briloner Sozialdemokrat Dirk Wiese erwidert in einem Leserbrief den Alleinstellungsanspruch der CDU für Südwestfalen und blickt dabei kritisch auf das Handeln seiner eigenen Partei im Ruhrgebiet zurück. Obwohl Wiese von einem parteipolitischen Standpunkt aus argumentiert, enthält sein Leserbrief wichtige Momente, die über die aktuellen täglichen Rangeleien der etablierten Parteien des Hochsauerlandkreises hinausweisen. Ein Grund für uns die Gedanken von Dirk Wiese hier im Blog zu veröffentlichen.

In seinem aktuellen Newsletter (Ausgabe Nr. 3/ 2012) stellt der Bundestagsabgeordnete Dr. Patrick Sensburg die CDU als alleinige Partei für Südwestfalen dar. Er schreibt dies in einem kurzen Bericht über die gerade erfolgte Einrichtung einer Arbeitsgruppe der CDU im Deutschen Bundestag zu ländlichen Räumen, in dem er wörtlich ausführt: „Nur die CDU ist bei uns im Sauerland stark vor Ort und die einzige Partei für Südwestfalen.“

Als stellvertretender Vorsitzender der SPD im Hochsauerlandkreis finde ich diese Aussage sehr befremdlich. Die CDU ist im Hochsauerlandkreis und in Südwestfalen gut aufgestellt. Keine Frage. Viele engagierte Mitglieder der CDU leisten täglich gute Arbeit für das Hochsauerland und die Region Südwestfalen. Aber Südwestfalen ist für die anderen Parteiten keine Diaspora.

Auch SPD, Grüne und FDP, sowie auf kommunaler Ebene zahlreiche Bürgerzusammenschlüsse sind in Südwestfalen und im Hochsauerlandkreis zu Hause und leisten täglich engagierte und ehrliche Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort für eine starke, tolerante und weltoffene Gesellschaft, sei es als Mitglied im Kreistag oder im Stadtrat, als Sachkundiger Bürger oder als Ortsvorsteher, alleine für die SPD im Hochsauerlandkreis weit über 100.

Denn Politik lebt von der Vielfalt der Interessen und Perspektiven. Dies spiegelt sich in den Wahlergebnissen bei den Kommunalwahlen auf unterschiedlichste Weise wider. 100 % bekommt die CDU – auch wenn Dr. Sensburg dies vielleicht für gut befinden würde – nirgendwo.

Denn Alleinregierungen bzw. absolute Mehrheiten für einen langen Zeitraum sind aus meiner Sicht nicht gut für den demokratischen Wettbewerb. Gerade aus den Erfahrungen als junges Ratsmitglied in meiner Heimatstadt Brilon kann ich sagen, dass es gut ist, dass die beiden großen Parteien bei uns fast gleich stark sind. Beide Parteien können sich nicht ausruhen und die Hände in den Schoß legen, sondern müssen eine gute und verantwortungsvolle Politik für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort machen und immer wieder aufs Neue mit frischen Ideen um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler werben.

Ich möchte allerdings in diesem Zusammenhang nicht verschweigen, dass vor 20 oder 30 Jahren in einigen Städten des Ruhrgebiets ähnlich überheblich mit der politischen Konkurrenz umgegangen wurde. Aber auch hier gab es die Quittung: Oder hätte sich jemand vorstellen können, dass heute einige frühere „SPD-Hochburgen“ von CDU-Bürgermeistern regiert werden? Unwahrscheinlich, ja ausgeschlossen ist dies auch in umgekehrter Form im Hochsauerland nicht.

6 Gedanken zu „Überheblichkeit hat noch niemandem geholfen. Eine Erwiderung auf Dr. Patrick Sensburg“

  1. Einfach schön:

    „Der Heimat treu geblieben
    Die Interessen der heimischen mittelständischen Wirtschaft in Berlin zu vertreten – das ist eines seiner Hauptanliegen. ‚Als direkt gewählter Abgeordneter hat man eine besondere Verpflichtung gegenüber den Menschen aus seinem Wahlkreis‘, findet der begeisterte Motorradfahrer. ‚Durch die Wahl haben sie großes Vertrauen und Erwartungen in einen gesetzt. Diese möchte ich erfüllen.‘

    Dass das mehr als eine Floskel ist – man glaubt es sofort. Denn seiner sauerländischen Heimat ist Sensburg treu geblieben, dorthin ist er nach Jura- und Politikstudium in Trier, Luxemburg und Speyer zurückgekehrt. Dabei hätte er eine erfolgreiche Karriere als Anwalt zweifellos auch in München, Hamburg oder Berlin starten können.“

    Mehr davon unter: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/37759791_wege_politik_sensburg/

  2. Im Sauerland kann ein Politiker ja immerzu auf diesen einschlägigen Bildern herumstehen (siehe den Link unten). Das ist schon ein Vorteil. Auch für den Sauerländer selbst oder oft die Sauerländerin ist es besser, ihren Sauerländer adretten CDU-Jungen in inhaltsleeren Posen zu sehen. Dafür aber schmuck. Merke: Die Form ist alles, der Inhalt nichts.

    Heidegger: Das Nichts nichtet.

    http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-brilon-marsberg-und-olsberg/ich-bin-fasziniert-vom-handwerk-id6352292.html

  3. Parteienpluralismus ist in einer Demokratie (auch im Sauerland) unverzichtbar und ein Alleinvertretungsanspruch totaler Schwachsinn. Das sollte Patrick Sensburg, als ehemaliger Politikstudent, nun wirklich wissen.

    1. Artikel 21 GG Absatz 1 „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit(sic!)“

      Eine Aussage wie „Nur die CDU ist bei uns im Sauerland stark vor Ort und die einzige Partei für Südwestfalen.“ ist zumindest sprachlich entgleist.

  4. Nachdem ich nun auch die Antwort von Thomas Becker (JU Brilon) gelesen habe, bin ich ja fast versucht mich auf das Niveau der „großen“ Parteien herab zu begeben und mich als Pirat dazu zu melden.
    Allerdings sehe ich in dieser „Diskussion“ ein Niveau (vor allem in der JU-Antwort), bei dem ich sicher bin mir nach kurzer Zeit das Trollen nicht mehr verkneifen zu können.

    Die Antwort findet man übrigens hier: http://brilon-totallokal.de/?ind=news&id=9228

  5. Im Newsletter lesen wir außerdem, dass Herr Patrick Sensburg zu Gast bei der Konrad-Adenauer-Stiftung war, wo er mit 50 jungen Leuten im Alter von 16 bis
    22 diskutierte.

    Wörtlich heißt es: „Die Jugendlichen forderten mehr
    Weitsichtigkeit und Bürgernähe von den
    Parteien. Im Zentrum der Debatten standen
    die Zukunft der Volkspartei und die
    Gefahr des Populismus, der aufgrund unterschiedlicher
    Lebensstile oder Migrationsgeschichten
    neu zu definierende Zusammenhalt,
    die Tendenz der medialen
    Berichterstattung zum Skandalisierungsmanagement
    und die Grenzen der national
    legitimierten Politik im Zeitalter der
    Globalisierung. Patrick Sensburg und die
    teilnehmenden Jugendlichen waren sich
    im Anschluss an das Seminar einig, dass
    die gängige (steht dort so!) These von der Politikverdrossenheit
    wiedersprochen (sic!) werden muss.“

    Was da wohl diskutiert wurde?

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