Mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, war und ist sicher nicht Sache der Winterberger. Sie schießen lieber mit Schneekanonen auf die Umwelt. Und das schon seit ungefähr 20 Jahren.
Warum?
Vermutlich weil die Winter-Urlauber nicht durch den Anblick grüner Wiesen vergrault werden sollen. Denn Naturschnee ist in den letzten Jahren auch in den Höhenlagen des Hochsauerlandkreises Mangelware geworden.
Die Lage, die Lage, die Lage
Am 2. Januar 2016, also im tiefsten Winter, bietet sich im Winterberger Skigebiet ein graugrünes, hier und da mit etwas Kunstschnee dekoriertes Bild. Der Wetterbericht meldet plus 5 bis 6 C °, starken Regen und teils stürmische Windböen, Schneefallgrenze 1225 m. Ab Mittwoch soll es dann besser werden. Es werden Schneeschauer erwartet.
Zum Leidwesen von Skifahrern und allen, die vom Wintertourismus leben, sind schneearme Winter keine Ausnahme mehr. Das „Wetterphänomen“ trifft nicht nur Mittelgebirgslagen schmerzlich. Auch in den Alpen kennt man dieses Problem. Manche sehen diese Tatsache offenbar nicht als Problem, sondern als eine „Herausforderung“ an, die mit cleveren Ideen (scheinbar) in den Griff zu kriegen ist, koste es, was es wolle.
Zaubermittel I
Das Zauberwort heißt „Schnee-Erzeuger“, besser als Schnee-Kanone bekannt. Allein im Raum Winterberg sollen mehrere hundert „Schnee-Maschinen“ im Einsatz sein. Die Investoren haben die Auswahl zwischen diversen Typen wie Eiskanone und Propellerkanone. Zu den neuesten und effektivsten sollen die Schneefabriken Snowfactory und Snow-Maker gehören.
Den Einsatz des Snow-Makers muss offenbar vom der Hochsauerlandkreis genehmigt werden. Vielleicht gab oder gibt es ja Bedenken, dass der Betrieb dieser Maschine den einen oder anderen Kollateralschaden mit sich bringen könnte?
Die Kritiker
Umweltschützer kritisieren gewiss nicht umsonst die Beeinträchtigungen und die Schäden, die der Natur durch künstlichen Schnee widerfahren.
Wie sieht es mit der Energiebilanz aus? Gehen wir mal davon aus, dass im Winterberger Skigebiet der überwiegende Teil der Pisten und Bahnen an rund 100 Tagen pro Saison künstlich beschneit wird. Wie hoch ist da der Wasser- und Energieverbrauch?
„Mit rund 170 Schneeerzeugern können pro Stunde gut 5.000 Kubikmeter Schnee hergestellt werden. Gespeist wird diese Anlage aus gleich mehreren Reservoirs …“, wirbt das Skiliftkarussel Winterberg auf seiner Website:
Wie viel Wasser wird dafür tagtäglich verbraucht? Was macht das mit dem Grundwasser und dem Wasserhaushalt, was mit der Natur?
Zaubermittel II
In Österreich, der Schweiz, den USA und noch einigen anderen Ländern kommt eine weitere Wunderwaffe gegen schneelose Zeiten zum Einsatz. Das Produkt stammt aus den USA, nennt sich „SnoMax“, ist äußerst umstritten und daher in Deutschland verboten.
Sein Vorteil: SnoMax soll den Wasserverbrauch für die Herstellung künstlichen Schnees deutlich verringern.
Sein Nachteil: Es wird ihm ein negativer Einfluss auf Fauna und Flora nachgesagt. Der Grund dafür soll ein Bakterienprotein sein, das Pflanzen schadet und Trinkwasser vergiftet. Na. Toll!
Wie gesagt, in Deutschland ist das Zeug namens „SnoMax“ verboten. Stellt sich nur die Frage, ob es im Handel nicht frei zugänglich ist? Online wird es säckeweise angeboten.
Das Ende … oder der Anfang
Es scheint so, als sei „umweltfreundlicher Schnee“ Schnee von gestern. Was machen wir also heute und morgen „mit ohne“ Schnee?
In der Sendung Plusminus vom letzten Mittwoch wird dem Wintersport in den deutschen Mittelgebirgen und damit auch in Winterberg das Ende vorhergesagt. „Teurer Schnee – Warum viele Skigebiete unrentabel sind“, lautete der für die Region Winterberg apokalyptische Titel[1].
„Damit die Wintersportler auch weiter optimistisch ins Hochsauerland zum Skifahren kommen, wurde zu dieser Saison erneut investiert. Rund neun Millionen Euro gingen in zwei moderne Sesselbahnen, die im letzten Sommer gebaut wurden. Außerdem wurde das Fassungsvermögen des Speicherteichs auf 35.000 Kubikmeter Wasser erweitert. Sein Wasser wird für die Schneekanonen gebraucht, die für Schneesicherheit sorgen sollen.“[2]
Zum Beschneien sei es allerdings an den meisten Tagen dieser Saison zu warm gewesen. Um die Schneekanonen anzuwerfen, müsse es mindestens minus vier Grad kalt sein. Nur dann ließe sich künstlicher Schnee produzieren. Dies wäre im Dezember nicht der Fall gewesen, sodass die Schneekanonen erst im Januar zum Einsatz gekommen wären.
Der Klimawandel habe nicht zum ersten Mal das lukrative Weihnachtsgeschäft zunichte gemacht.
Die Aussichten für die Mittelgebirge sind schlecht.
In dieser Saison, so der Bericht, käme Winterberg bei optimalem Verlauf höchstens auf rund 80 Betriebstage. Das sei auch der Durchschnitt der vergangenen Jahre. 100 Tage seien jedoch nötig, um ein Skigebiet rentabel betreiben zu können, und das bei Kosten von etwa 500.000 Euro pro Saison für die Beschneiung.
Ob sich das in Zukunft noch rechnete, bezweifeln, laut PlusMinus, Experten der Tourismuswirtschaft.
Man müsse davon ausgehen, dass der Klimawandel die Temperaturen um mindestens zwei Grad ansteigen lassen werde, so Prof. Jürgen Schmude, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München:
„Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass bei zwei Grad Temperaturerwärmung in Deutschland fünf Skigebiete übrig bleiben. Und da verschwinden alle Mittelgebirgsskigebiete.“[3]
Das Investitionsrisiko schlage sich auch in den Skipasspreisen nieder. In Winterberg koste der Tagespass für nur 26 Pistenkilometer mittlerweile 32 Euro und damit 23 Prozent mehr als in den letzten drei Jahren. Der Pistenkilometer sei hier inzwischen deutlich teurer als in den großen Skigebieten Österreichs.
Skitourismus nur noch über 1300 Meter
In den nächsten 50 Jahren rechne man mit einem kontinuierlichen Anstieg der Schneefallgrenze. Der Skitourismus dürfte sich dadurch auf höhere Lagen konzentrieren, ab 1300 Meter über Meer, heißt es in einem lesenswerten Artikel des Schweizer Tagesanzeiger vom 26. November 2015[4].
Für Carmen de Jong, Professorin für Hydrologie an der Universität Strassburg, sei Kunstschnee grundsätzlich die falsche Strategie. Sie bemängelte, dass bei der Beschneiung nicht nachhaltig gedacht werde.
„Es wird nur so weit in die Zukunft geschaut, bis die Investitionen amortisiert sind. Das sind in der Regel 15 bis 20 Jahre.» De Jong beobachtet den Drang zur künstlichen Beschneiung seit Jahren mit grosser Skepsis und hat diverse Studien zum Thema veröffentlicht. Sie schätzt das Potenzial von Schneekanonen geringer ein: «Damit eine Anlage eine relevante Menge schneien kann, braucht es drei Tage am Stück Temperaturen von minus 3 Grad. Doch diese Zeitfenster werden auch in den hoch gelegenen Skigebieten immer unberechenbarer und seltener.» Debatten um künstliche Beschneiung seien immer stark politisch geprägt. «Skitourismus ist heute too big to fail. Dass Kunstschnee eine Fehlstrategie sein könnte, will niemand hören, auch wenn man die Limiten heute schon sieht.“[5]
Noch sei der Kunstschnee akzeptiert. So argumentierten Skigebiete für die künstliche Beschneiung und verwiesen auf die Erwartungshaltung der Touristen: Buche man teure Skiferien, so wolle man genügend Schnee auf den Pisten vorfinden[5].
Allerdings:
Wie sich Touristen verhalten, wenn sie wiederholt mit weissen Bändern in grünbrauner Landschaft konfrontiert werden, ist ungewiss.“[5]
Vor 15 Jahren habe ich mich nur am Rande für Schneekanonen (neudeutsch: Schnee-Erzeuger) interessiert. Damals hatte ich noch kein Blog und bin auf der Suche nach Geschichten von Thema zu Thema gestolpert. Oft hat mich auch die Redakteurin angerufen und gefragt, ob ich „da mal etwas machen könnte“.
Ich habe dann gemacht und gelernt und geschrieben. Die Gespräche mit den Menschen, Laien und Fachleuten, waren das Salz in der Suppe der lokalen Artikel. Ich mochte sie, die Menschen und ich mag sie auch heute noch.
Wenn mich meine Erinnerung nicht trübt, war die Geschichte über die Entwicklung der Scheekanonen ein Einfall der Redakteurin, vielleicht auch der Wahles oder der Anzeigenabteilung. So genau weiß man das nie.
Weil ich gerade eben mit Daniel Hilbich auf Facebook einen kleinen Austausch über den Ruhrquellenlift hatte, fiel mir der alte Artikel (siehe Bild) wieder ein.
Daniel betreibt die Facebook-Website „Erlebnis Hochsauerland“ und steht 100% hinter dem Winterberger Ski-Karussell, ich weniger, mehr Richtung 10%, wie aufmerksame Leserinnen und Leser meines Blogs wissen. Trotzdem tausche ich mich gern mit Daniel aus. Wer von uns beiden „gewinnt“, wird man dann in 20 bis 30 Jahren sehen.
Zurück ins Jahr 1999.
Den Artikel würde ich heute sicherlich nicht mehr genau so schreiben, aber er spiegelt den Stand meines damaligen Wissens und Schreibens authentisch wider.
Die erwähnten Personen habe ich damals als sehr kompetent kennengelernt. Einige von ihnen sind auch heute noch im Geschäft: interessante Persönlichkeiten der Winterberger Ski-Welt.
15 Jahre sind eine lange Zeit und doch schnell verflogen – in Winterberg. Lest mal.
(Disclaimer: der Rechtschreibfehler im Artikel gehen NICHT auf meine Kappe.)
Wie die WP heute berichtet, liebäugeln Winterberger Liftbetreiber mit neuen Schneemachern.
Die Rettung für die Sauerländer Mittelgebirge versprechen sie sich vom IDE All Weather Snowmaker, denn es sei “Never too warm for snowmaking”, niemals zu warm um Schnee zu produzieren, so die Israelische Firma IDE.
Über die Entwicklung des Schneemachers berichtete das Amerikanische Wirtschaftsblatt “Bloomberg Businessweek” Anfang 2014 unter der Überschrift: “How Israeli Snowmakers Are Saving Alpine Skiing”:
Wie Avraham Ophir Skilaufen lernte
IDEs Technologie Chef und selbsternannter „bester Skiläufer“ Avraham Ophir erzählt der amerikanischen Zeitschrift die lange und interessante Geschichte, wie er Schneeproduzent wurde.
Ophir wurde in Ostpolen geboren, sein Vater war Fabrikant, dessen Firma stellte Terpentin her. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Ophirs Heimat zunächst zwei Wochen von den Deutschen okkupiert, dann kamen die Russen. Sein Vater, Kapitalist, wurde inhaftiert und in ein Gulag in Nordsibirien gebracht. Die übrige Familie kam als Angehörige eines Gefangenen nach Südsibirien.
Dort musste Ophir Skilaufen lernen. Sie hätten zwei einfache, aber sehr stabile Holzlatten genommen und ein Lederband darum gebunden. Ihre normalen Schuhe hätten sie in die Lederschlaufe gesteckt. So gelangten die Kinder damals zur Schule.
Wie Avraham Ophir zum Schneemacher wurde
Die Geschichte des Schneemachens begann ebenfalls in Sibirien. In Russland gab es einen jüdischen Ingenieur namens Alexander Zarchin, ein Zionist. Doch er war nicht nur Zionist, sondern auch Techniker und die Sowjets hätten ihn deswegen ins Lager geschickt, in den selben Gulag wie Avrahams Vater.
In Sibirien ist es sehr kalt und im Sommer regnet es selten. Der Gulag lag in der Nähe des Arktischen Ozeans. Für das Arbeitslager wurde Trinkwasser benötigt. Also hätten sie Tore geöffnet und Seewasser in eine Lagune umgeleitet. Am Ende des Sommers hätten sie die Tore wieder geschlossen. Das Wasser in der Lagune wäre gefroren.
Wenn Meerwasser gefriert, trennen sich Wasser und Salz. „Eiskristalle aus Seewasser sind reines Wasser,“ erklärte Ophir.
Als nun der Sommer zurückkehrte und die Oberfläche zu tauen begann, pumpten Zarchin und die übrigen Gefangenen die salzhaltige Flüssigkeit aus der Tiefe der Lagune. Während sie pumpten, maßen sie den Salzgehalt und wenn er niedrig genug war, schlossen sie die Tore und ließen die Sonne den Rest des Eises schmelzen und gewannen so Trinkwasser.
Stolz erklärte Avraham Ophir gegenüber der Bloomberg Businessweek “So you see, need is the father of invention.“ (Not(wendigkeit) ist der Vater der Erfindung.)
Nach dem Krieg gelangte Ophir zunächst nach Polen und dann über die Alpen und Italien nach Israel. Zarchin, sein zukünftiger Chef, floh aus dem Gulag nach Israel, wo er schnell als Erfinder bekannt wurde.
Zarchin entwickelte zunächst eine Entsalzungsverfahren, basierend auf seinen Erfahrungen in Sibirien.
Er bildete den Sibirischen Frost mit Hilfe einer Vakuum-Kammer nach. Wenn der Druck unter 4 Millibar fällt, wird aus Salzwasser Eis und es verliert sein Salz. Er erhielt das Patent auf dieses Verfahren, welches in der Wüste Israels eine große Rolle für die Wassergewinnung spielt.
Erst sehr viel später, 2005, erkannte Ophir durch einen Zufall die Möglichkeiten der Technologie bei der Scheeproduktion. In Südafrika kühlte die IDE Vakuum-Eismaschine die tiefste Goldmine zwei Meilen unter der Erde.
Bei einer Besichtigung sah Ophir einen Berg an Schnee, der in der Afrikanischen Hitze produziert worden war. Er ließ sich Ski bringen, fand sie in Johannesburg und fuhr im Alter von 72 den Berg hinab. Nun ließ er einen Spezialisten kommen, der ihm die Qualität des Schnees bestätigte.
IDE lud Dutzende von Skigebiets-Verantwortlichen nach Südafrika, ließ zwei Schneeberge bauen und verbrachte zwei Tage mit den “guys” (Jungs), man aß gemeinsam, trank und anschließend hatte IDE die ersten beiden Aufträge: Zermatt und Pitztal.
Soweit der Bericht in Bloomberg Businessweek.
Hier einige Links zu Verfahren, Hintergründen und Folgen. Die Liste bietet einen ersten Einstieg und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Es wird sechs mal mehr Energie verbraucht als bei den Schneekanonen. (Die WELT)
Mit dem heutigen 1. März beginnt der meteorologische Frühling; und blickt man zurück auf die Wintermonate Dezember, Januar und Februar, so erinnert witterungsmäßig nichts an die kalte Jahreszeit. Nur noch übertroffen vom Rekordinhaber 2006/2007 mit einer Abweichung von 4,4 Grad C(!) war der Winter 2013/14 der viertwärmste seit Beginn der Messungen im Jahre 1881.
Die Durchschnittstemperatur lag um beachtliche 3,1° C über dem langjährigen Mittel der Jahre 1961 – 1990. Extreme Wetterereignisse, die immer Vorboten von Klimaänderungen waren, hielten auch 2013/14 Millionen Menschen in Atem, brachten deren Lebensalltag durcheinander und sorgten in den Medien laufend für Schlagzeilen.
Sintflutartige Regenfälle, Überschwemmungen und Erdrutsche in Großbritannien und Italien, Massive, unaufhörliche Schneefälle auf der Alpensüdseite (Ost- und Südtirol), wochenlanges Schneechaos auch in den USA mit Temperaturen unter minus 30 Grad, sowie Dürre und aktuell wieder Starkregen in Kalifornien. Nur eine Laune der Natur? Mitnichten!
Das gehäufte Auftreten von Extrem-Wetterlagen führt uns den Klimawandel drastisch vor Augen und ist ein untrügliches Zeichen dafür, daß dieser Klimawandel allgegenwärtig ist. Selbst Fachleute zeigen sich überrascht von der Geschwindigkeit, mit der sich unser Planet erwärmt. Das betrifft insbesondere auch die beispiellosen Hitzewellen, die sich auf unserer Erde rasant ausbreiten.
All jenes läßt sich nicht mehr mit natürlichen Ursachen erklären. Denn wissenschaftlich bewiesen ist, daß nur ca. 20 Prozent der Klimaveränderung auf solche Einflüsse zurückgehen (z. B. Sonnenaktivität, Vulkane, El Nino), aber 80 % dem Konto des Menschen zuzuschreiben sind. Aber zurück zum Winter, der keiner war.
Pistenplaner, Tourismusspekulanten, Seilbahn- und Skiliftbetreiber haben offenbar große Probleme damit, die in den neuesten Klimamodellen enthaltenen Zukunftsperspektiven für den Massenskilauf zur Kenntnis zu nehmen, bzw. sie weigern sich dies zu tun. Der Wintersport hat sich längst vom Winter emanzipiert. Und damit die Illusion vom ewigen Weiß aufrechterhalten werden kann, verprassen die Kunstschneeproduzenten Unmengen an Energie. Und die Landesregierungen unterstützten diese Entwicklung noch, indem sie Millionen Euro an Fördergeldern in die Skizentren pumpen.
Klimagerechte Beschneiung heißt das Zauberwort. Doch kann so etwas überhaupt noch funktionieren? Daß der Wettlauf gegen die globale Erwärmung nirgendwo zu gewinnen ist, paßt nicht ins Konzept des am Wintersport verdienenden nutzungsorientierten Lobbyismus! Was also will man tun? Etwa die Natur weiter malträtieren, nur um noch ein paar Jahre dem vermeintlichen Skivergnügen frönen zu können?
Die auf dieses Ziel gerichtete technische Verbauung der Alpen ist nichts als nutzlose Torschlußpanik. In welchem Ausmaß der fortschreitende Klimawandel die Möglichkeiten zur Ausübung des alpinen Wintersports zusehends einschränkt, beweisen die monatelang schneefreien Täler im Alpenraum. Wohin das Auge blickte, sah man trostlos braun gefärbte Hänge. Überall herrschte Flaute.
Ein solches Bild dürfte schon in nicht ferner Zukunft die Regel sein, weil die Anzahl milder Winter ständig zunimmt. In 15 – 20 Jahren werden viele Skigebiete, die bisher noch als relativ schneesicher galten, dicht machen müssen, so daß es lt. einer Studie des Deutschen Alpenvereins (DAV) um das Jahr 2050, also Mitte des Jahrhunderts, nur noch wenige Skigebiete geben wird, so auf dem Zugspitzplatt oder am Fellhorn im Allgäu.
In Anbetracht so düsterer Aussichten ist daher jeder Versuch, unter Anwendung modernster Technik Frau Holle zu spielen, zum Scheitern verurteilt. Denn für die Herstellung von Kunstschnee ist es bereits heute vielerorts zu warm. Eine Beschneiung der nach menschlichem Wunschdenken fabrizierten Winterwelt kommt uns alle teuer zu stehen. Durch diese wird mehr Wasser vergeudet, als die Stadt München in einem ganzen Jahr verbraucht, was natürlich die Erwärmung weiter stark anheizt. Ebenso katastrophale Auswirkungen sind darüber hinaus durch die Verlärmung und enorme Inanspruchnahme von Natur und Landschaft zu erwarten, mit verheerenden Konsequenzen für die empfindliche Tier- und Pflanzenwelt.
Und bei uns im Sauerland? Lt. Prof. Dr. Jürgen Schmude vom Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung in München können die Skilifte hierzulande „mittelfristig eingemottet werden“. Schneekanonen werden um Winterberg und den Kahlen Asten in nicht allzu langer Zeit ausgedient haben.
Schon vor gut 10 Jahren kritisierte ich in einem ausführlichen Leserbrief an den „Sauerlandkurier“, daß auch im Land der 1.000 Berge ein hochtechnisierter, winterlicher Massentourismus stets brutaler in das natürliche Gefüge eingreift. Als eine neue Form des Größenwahns hat dabei auch unsere Region die massive Aufrüstung mit Schneekanonen voll erfaßt.
Anvisiertes Ziel dieser allein auf den Profit abgestellten Erschließungsmaßnahmen, die bis heute andauern, war es seitens der Planer, das vom Charakter eher lieblich anmutende Mittelgebirge mangels naturgegebener weißer Pracht in eine so genannte „Wintersport-Arena“ alpinen Zuschnitts umzukrempeln. Mammutprojekte dieser Größenordnung stellen neben den Eingriffen, welche die kommerziell motivierte Ausuferung des Pistensports ohnehin verursacht, eine weitere Dimension ökologischer Zerstörung dar. Schnee aus Kanonen bewirkt eine Verkürzung der Vegetationszeit, hat außerdem einen Düngeeffekt, ist also nährstoffreich und kann die Zusammensetzung der Pflanzenarten verändern. Damit nicht genug: Er reduziert die Artenvielfalt. Außerdem besteht die Gefahr zunehmender Erosion infolge erhöhten Schmelzwasseranfalls.
Ich meine, um das Sauerland für den Wintertourismus attraktiv zu halten, bedarf es ganz bestimmt keiner vom Wachstumszwang diktierter hochfliegender Pläne, wodurch nur erreicht wird, daß der Fremdenverkehr seine eigene Grundlage zerstört. Alternativen im naturnahen Tourismus gibt es seit langem und kommen bundesweit schon vielerorts zur Anwendung. Dazu zählen etwa das Winterwandern oder andere qualitätsorientierte Angebote, die sich auf Herbst, Spätwinter und Frühjahr erstrecken.
Prof. Schmude: „Jede Region muß sich darauf besinnen, welche Besonderheiten sie zu bieten hat.“ Das würde der Eigenart des Sauerlandes weit mehr entsprechen und wäre darüber hinaus hervorragend mit der häufig erwähnten nachhaltigen Entwicklung im Rahmen der lokalen Agenda in Einklang zu bringen. Fest steht, daß sich die Menschen nach Ruhe und Erholung in unzerstörter Natur sehnen, wo man sie denn noch antrifft. Kaputt gemacht worden ist schließlich schon en masse!
Dazu noch einmal der Wissenschaftler: „Die Naturorientierung der Menschen wächst. Sie wollen raus, wollen an die frische Luft; sie wollen sich bewegen – wie und auf welche Weise auch immer.“ Die Lösung heißt deshalb: Touristische Konzepte dem Klimawandel anpassen. Es kann und darf nicht überall Ski gefahren werden! Diese Einsicht muß den Leuten abverlangt werden. Der demographische Wandel hat bereits deutliche Spuren hinterlassen. Im Klartext bedeutet es, daß die Menschen weniger, älter, ärmer und damit seßhafter werden. Diesem Umstand gilt es Rechnung zu tragen!
Der Wintersport ist bislang im Hochsauerland noch nicht in Fahrt gekommen. Obwohl es in den letzten Tagen kalt war und es auch ein wenig geschneit hatte, reicht der Naturschnee für den Ski-Sport nicht aus.
Selbst auf dem Kahlen Asten bedeckt der Schnee den Boden, die Bäume und die Sträucher nur hauchdünn. Würden die Winterberger der Natur den Winter überlassen, wäre die Saison sehr kurz.
„Winter“ funktioniert hier an der Luv-Seite des Rohaargebirges fast nur noch mit Kunstschnee. Seit einigen Jahren vermehren sich die Schneekanonen und die künstlichen Wasserbecken (gefühlt) exponentiell, ebenso wie der Strom an niederländischen Touristen.
Was wäre die Alternative? Ich mache mal eine von vielen möglichen primitiven Ableitungen:
Ohne Schneekanonen kaum noch Ski-Tourismus. Ohne Skitourismus keine Knochenbrüche und andere Verletzungen. Ohne Verletzungen kein Krankenhaus in Winterberg. Ohne Krankenhaus keine Ärztinnen und Ärzte. Ohne Ärztinnen und Ärzte weniger Bildungs“streber“. Ohne bildungshungrige Eltern kein Gymnasium.
Es kommt immer auf den unmittelbaren Zusammenhang an. Vor dem Kaufpark in Winterberg ist der Schnee eine Last, auf den Ski-Pisten im selben Ort ist er eine Lust.
Auf dem Bild von heute Abend 21 Uhr ist zu sehen, wie das weiße Gold des Hochsauerlandes gerade abgeräumt wird, während zwei Kilometer weiter die Schneekanonen fauchen und zischen, was auf dem Bild nicht zu sehen ist.
Hält der Schnee bis zum Wochenende, muss die Innenstadt zum Shoppen geräumt sein, während die Abfahrten eine dicke Schneeschicht benötigen.
Nun – eigentlich ein dummes Deutsch, denn den Schnee in den Skigebieten brauchen sowohl die Skiliftbetreiber als auch die SkifahrerInnen. Die einen nehmen das Geld ein, die anderen geben es aus.
Hoffentlich regnet es am Samstag nur in der Ebene.
Die Umgebung von Winterberg wird winterfest gemacht. Der neue Teich für das Schneekanonenwasser an den Minenplätzen nimmt Form an. Die Folien sind ausgelegt. Alles wie im Kleingarten, nur ein bisschen größer. Was sonst noch so geschah:
Piraten in Bochum: Ein netter Parteitag … ruhrbarone
Das Leben in 100 Jahren: Hoffnung und kalte Schauer beim Blick in die Zukunft … revierpassagen
Aus für die FTD: Überlegungen zur Zukunft der Zeitung … jurga
Gruner + Jahrs Wirtschaftspresse: Auch unternehmerisch ein Debakel … postvonhorn
Zülfiye Kaykin (SPD): Die NRW-Staatsekretärin und die Schwarzarbeit … wazrechercheblog
Die ursprüngliche Akkumulation der nächsten Gesellschaft: „Schirrmacher dreht die Debatte der letzten Tage über das Zeitungssterben um, stellt sie in den Kontext irreleitender Versprechen, wie etwa, dass die große industrielle Revolution, deren Zeitgenossen wir heute sind, uns den Eindruck nahelegte, Herren eigener Produktionsmittel zu werden“, meint Hans Huett … wiesaussieht
Schwimmbad schließen? „Denen gehört der Hintern versohlt“ … DerWesten
Billig oder Service? Dann doch lieber zur Fachwerkstatt, meint Axel Schwenke … schwenke
Das Wetter im Hochsauerland ist fast noch schöner als am vergangenen Samstag. Statt langweilig blauen Himmel sieht man interessante Wolken vorüberziehen.
Der „kleine Unterschied“ zu letzter Woche beträgt 20° Celsius … Es ist sehr kalt. Schneekanonentemperaturen.
Vor ein paar Tagen hatte ich über meine Beobachtungen während einer MTB-Tour nach Winterberg an den Minenplätzen berichtet.
Offensichtlich waren dort junge Fichten großflächig gerodet worden. Nun sagten Gerüchte, die ich allerdings bislang nicht erhärten konnte, dass dort ein Regenwasser-Rückhaltebecken, also ein kleiner See, für die Versorgung der Schneekanonen im Winterberg angelegt werden solle.
Im Ratsinformationssystem der Stadt Winterberg findet sich aber tatsächlich eine Vorlage der Verwaltung für den Bau- und Planungsausschuss vom 30. Juni 2011, in welcher die Anlage eines Speicherteichs „zur weiteren
Optimierung der maschinellen Beschneiung“ angesprochen wird:
„a) Die Lifttrasse sowie der geplante Lift in Richtung „Minenplätze“ entfallen ersatzlos. In Folge dieser Planungsänderung konnte auch eine Verkürzung des geplanten Sesselliftes zum „Sürenberg“ erfolgen. Des Weiteren entfällt die ursprünglich geplante Gastronomiefläche im Bereich „Minenplatz“. Der Sürenbergrücken wird nun nicht mehr nach Norden überschritten. Die Einwirkungen auf Natur und Landschaft im Abgleich mit der ursprünglichen Planung können auf diese Weise erheblich gemindert werden. Der nördlich des Sürenbergs gelegene (Wald)-Bereich behält dadurch seine
abschirmende Funktion gegenüber dem Freizeitbereich.
b) Neben der planungsrechtlichen Absicherung der vorhandenen privaten Parkplatzanlage auf dem Flurstück 444 tlw. soll weiter die Möglichkeit geschaffen werden, unter der privaten Parkplatzanlage (Flurstück 444 tlw.) einen Speicherteich zur weiteren Optimierung der maschinellen Beschneiung anzulegen.
c) Östlich an die vorhandene private Parkplatzanlage angrenzend soll eine überbaubare Fläche festgesetzt werden, um dort u.a. einen Skiverleih, einen Verleih von Spiel und Sportgeräten sowie ein unterirdisches Speicherbecken (unter dem geplanten Gebäude) einschl. der notwendigen technischen Einrichtungen für die maschinelle Beschneiung zu ermöglichen.“
Eine Karte habe ich leider noch nicht gefunden. Mir ist also nicht bekannt, ob sich der im Zitat erwähnte Speicherteich mit der Rodung an den Minenplätzen „deckt“.
Falls jemand weitere Informationen hat, wäre ich sehr interessiert.
Die Minenplätze lagen schon seit Jahren auf unseren Hauptwander-, Lauf- und MTB-Routen zu Möppis Hütte.
Die Veränderungen und Eingriffe durch die Errichtung des Landal Ferienparks, dessen Bebauung nicht weit von den Minenplätzen entfernt beginnt, waren seinerzeit recht dramatisch.
Ich bin gespannt, wie sich die Umsetzung der neuen Pläne auf die Landschaft auswirkt.
Sofern Sie Ihre Datenschutzeinstellungen ändern möchten z.B. Erteilung von Einwilligungen, Widerruf bereits erteilter Einwilligungen klicken Sie auf nachfolgenden Button.
Einstellungen