Kommunen waren Ende 2013 mit 59, 8 Milliarden Euro verschuldet. Winterberg ist Spitzenreiter bei der Pro-Kopf-Verschuldung im HSK.

NRW-Kommunen waren Ende 2013 mit 59,8 Milliarden Euro verschuldet

Düsseldorf (IT.NRW). Bei einer Gesamtverschuldung von 49.467.000 Euro entsprechend 3.855,57 Euro je Einwohner ist die Stadt Winterberg im Hochsauerlandkres einsame Spitze im Schuldenmachen. Zum Vergleich: die Durchschnittsverschuldung je Einwohner beträgt im HSK 2.796,48 Euro.

Die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände Nordrhein-Westfalens erreichten Ende 2013 mit 59,8 Milliarden Euro einen neuen Höchststand. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als statistisches Landesamt mitteilt, ergibt sich damit für jeden Einwohner rein rechnerisch eine Verschuldung von 3 408 Euro. Bei dieser Betrachtung sind neben den Schulden der Kernhaushalte auch die Schulden der kommunalen Eigenbetriebe, der eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und der kommunalen Anstalten öffentlichen Rechts enthalten.

Infotabelle (siehe Anhang)

Ende 2003 hatte der Schuldenstand noch bei 40,3 Milliarden Euro gelegen. Die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung war 2013 um 52,7 Prozent höher als im Jahr 2003 (damals 2 232 Euro).

Die Schulden der kommunalen Kernhaushalte beliefen sich Ende 2013 auf 47,8 Milliarden Euro; sie setzten sich aus Kassenkrediten in Höhe von 25,3 Milliarden Euro und langfristigen Verbindlichkeiten (Investitionskredite) in Höhe von 22,3 Milliarden Euro zusammen. Während sich die Kredite für Investitionen gegenüber 2003 um 10,7 Prozent verringerten, erhöhten sich die zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe aufgenommenen Kassenkredite um 267,9 Prozent.

Trotz Wiederwahl: Bürgermeister Werner Eickler stürzt ab. Harald Koch holt 47 Prozent der Stimmen.

Von 67 auf 53 Prozent. Ein satter Absturz für BM Werner Eickler. (grafik: votemanager)
Von 67% im Jahr 2009  auf 53 Prozent. Ein satter Absturz für BM Werner Eickler. (grafik: votemanager)

Im naturschwarzen hohen Hochsauerland ist der wiedergewählte Bürgermeister Werner Eickler abgestürzt. Bei seiner letzten Wahl im Jahr 2009 lag das Ergebnis noch bei 67 Prozent. Heute konnte Eickler sich nur mit Hilfe der schwarzen Dörfer über die Ziellinie retten.

Sein Herausforderer Harald Koch erreichte für einen SPD Kandidaten unglaubliche 47 Prozent, und das trotz eines Stillhalteabkommens zwischen SPD und CDU: das Thema Oversum wurde von beiden Kandidaten aus dem Wahlkampf herausgehalten.

Bei einer Wahlbeteiligung von 58,63% wählten 3.440 BürgerInnen Werner Eickler und 3.044 stimmten für seinen Herausforderer Harald Koch.

Hier geht es zu den Wahlergebnissen: http://wahlen.citkomm.de/EUKW2014/05958048/index.htm

Koch muss sich fragen, ob er bei einer Zuspitzung der Themen nicht doch die fehlenden Stimmen zur Wahl erhalten hätte.

Der zweite Fehler der SPD lag in der mangelhaften Oppositionsarbeit der vorhergehenden Legislaturperiode. Widerspruch statt Einstimmigkeit in Sachfragen hätte den Bürgerinnen und Bürgern zeigen können, was Koch wirklich will und drauf hat. Bis zuletzt haben sich die SPD und ihr Spitzenkandidat von der CDU im schiffbrüchigen Boot „Oversum“ anheuern lassen.

Die Monokultur der Winterberger Ski-Wirtschaft spiegelt sich in der Monokultur der politischen Parteien wider. CDU plus SPD und ein wenig FDP. Das ist zu wenig für eine Stadt, die ihre Vergangenheit zerstört, prächtig vom Heute lebt, aber keine überzeugenden Konzepte für morgen hat.

Rückblick Grundsteinlegung Oversum: Vom „Quell der Gesundheit“ zum Steuergrab?

Oversum2011
Baustelle Oversum im Frühjahr 2011 (archiv: zoom)

Vor knapp vier Jahren erschien im Behördenspiegel, der sich wie eine Werbezeitung der PPP-Wirtschaft las, ein Artikel über die feierliche Grundsteinlegung des Winterberger Oversumkomplexes am 23.07.2010.

Zur Erinnerung an die damalige Euphorie möchten wir einige wichtige Aussagen erneut aufgreifen und erläutern. Der Behördenspiegel schreibt:

Der eiförmige Hotelkomplex als prägendes Element ragt markant hervor, die restlichen Gebäudeteile integrieren sich perfekt in die Landschaft. Auch das Finanzierungsmodell ist zukunftsweisend. In privat-öffentlicher Kooperation haben die Verantwortlichen ein Modell entwickelt, das in bislang nicht dagewesener Weise Synergiemöglichkeiten ausschöpft.

Der zweite Satz geht uns nach den Erfahrungen der vergangenen fast vier Jahre runter wie Butter. Zur Erinnerung:

Eröffnung des Oversums mit Hotel und Schwimmbad am 15. Mai 2012.

Am 26.03.2013 ging die Vitalresort Winterberg GmbH in die Insolvenz.

Am 01. 05.2013 schloss das Winterberger Schwimmbad im Oversum.

Am 28.06.2013 stellte die Aquasphere, die Betreibergesellschaft des Badbereichs des Oversum Vital Resort Winterberg  Insolvenzantrag.

ruhrquelle
Ruhrquelle bei Winterberg. Wasser aus der Ruhr und der Lenne haben Wolfram Wäscher und Winterbergs Bürgermeister Eickler 2010 bei der Grundsteinlegung für das Oversum eingemauert. (archiv: zoom)

Weiter im Text des Behördenspiegels:
„Jetzt haben Bürgermeister Werner Eickler und Wolfram Wäscher, geschäftsführender Gesellschafter der investierenden s.a.b. Gruppe, gemeinsam den Grundstein für den neuen Komplex gelegt. In einem symbolischen Akt haben sie deutlich gemacht, dass das Oversum ein „Quell der Gesundheit“ sein wird. Je einen Behälter mit Wasser aus der Ruhr- und aus der Lennequelle haben die Verantwortlichen mit eingemauert und so Bezug genommen auf die künftigen Aktiv- und Gesundheitsangebote sowie den großzügigen Badbereich.“

Welch großartige Geste, welch bedeutsamer symbolischer Akt: Einen Behälter mit Wasser einmauern. Wasser aus Ruhr und Lenne. Ehrlich, wer kommt auf eine so beknackte Idee? Das eingemauerte Wasser war wohl ebenso wenig von Dauer wie das Schwimmbad im Oversum und die Symbolik somit ungewollt treffend.

Die Grundsteinlegung ist gleichzeitig der Auftakt des „Winterberger Wasserratten Förderpreises“, gestiftet von der s.a.b. Gruppe. Alljährlich zum 22. Juli soll ein Malwettbewerb für Kinder unter dem Thema Wasser starten.

In meinem Umfeld hat niemand je vom „Winterberger Wasserratten Förderpreis“ gehört. Kein Wunder. Ein Jahr später konnten Winterberger Kinder schon gar nicht mehr im Oversum schwimmen, es war ja bereits wieder geschlossen.

Das Oversum Vital Resort … zentralisiert und bündelt damit die Haupt-Gesundheitsangebote der Ferienwelt Winterberg an einem Ort. Durch neue, bislang fehlende Offerten füllen die Anbieter Lücken in der bisherigen Angebotspalette.

Danke, liebe „Anbieter“. Aber Lücken gibt es eigentlich erst, seit es das Oversum gibt. Mir fehlt ein Freibad und den Kindern die Eishalle. Aber …

Das Oversum Vital Resort ist das erste PKSP-Projekt. Von den so geschaffenen Synergien profitieren alle, von der Stadt über den Betreiber und die Dienstleister bis hin zu jedem einzelnen Gast und Bürger.

…da sind die Synergieeffekte. Super Dinger. Und das Tollste ist: Wir wissen bis heute nicht, was der Spaß gekostet hat, momentan kostet und in Zukunft kosten wird. Wenn also kein Quell der Gesundheit, dann zumindest ein Quell der Freude.

Nachtrag zur Oversum Berichterstattung. Wann ist eine Pressemeldung eine Pressemeldung?

Das Winterberger Freibad im März 2014 (foto: zoom)
Geschichte: Das geschlossenen Winterberger Freibad im März 2014 (foto: zoom)

Die floskelhafte Pressemeldung der Stadt Winterberg zum Ergebnis der Gläubigerversammlung hat bei uns Fragen nach dem Ursprung eines derartigen Schriftstücks aufgeworfen.

Wer verfasst solche Texte und wer autorisiert sie nachfolgend? Wer verschickt sie, wer veröffentlicht, wer liest und wer glaubt?

Was sind Tatsachen, Bewertungen und eventuell sogar versuchte Meinungsmanipulationen?

Im Fall der oben genannten Pressemeldung der Stadt Winterberg scheint es verwirrend. So schreibt die Westfalenpost/DerWesten heute:

Die Stadt Winterberg ließ über ihren Notar aus Münster gestern eine Pressemitteilung verbreiten. Für Rückfragen standen weder Bürgermeister Eickler noch Konkursverwalter Dr. Kampmann (Dortmund) zur Verfügung.

Wir fragen uns, warum der Bürgermeister keine Auskunft geben mag. Der Schlüssel zur Antwort liegt unter Umständen darin, dass die Pressemeldung der Stadt Winterberg möglicherweise keine „Pressemeldung der Stadt Winterberg“ im engeren Sinne ist.

Es liegt vielmehr näher, das Schriftstück namens „Pressemeldung“ als Produkt der Verhandlungen selbst zu sehen. Die Verhandlungspartner hätten in diesem Fall den Text und die Art der Veröffentlichung miteinander abgestimmt.

Insofern hätte die „Pressemeldung“ einen merkwürdigen Doppel-Charakter. Einerseits meldete sie das Ergebnis der Verhandlungen, andererseits wäre ihre Erstellung selbst Produkt, wenn nicht gar Voraussetzung, derselbigen Verhandlungen.

Wessen Interessen in der Pressemeldung in welchem Maße Berücksichtigung fanden, sei der geneigten Leserin und dem aufmerksamen Leser überlassen.

Alles klar?

Oversum: über die Kosten wird weiter geschwiegen – Stadt Winterberg veröffentlicht Stellungnahme zum Ergebnis des Insolvenzverfahrens. Viele Phrasen und hohle Worte.

Oversum Schwimmbad geschlossen
Demnächst wieder geöffnet? Schwimmbad im Oversum. (archiv: zoom)

Unter der Überschrift „Alle Beteiligten haben sich auf neue Oversum-Strukturen geeinigt“ veröffentlicht die Stadt Winterberg eine Stellungnahme zum Ergebnis der Insolvenzverhandlungen.

Der Text ist im üblichen blablabla-Stil der Stadt Winterberg geschrieben, kombiniert mit einer Rehabilitierung des Winterberg-„Investors“ Wolfram Wäscher.

450 Wörter, Phrasen und nichtssagende Füllmasse:

Die Insolvenzverhandlungen: lang, intensiv, fruchtbar, laufend, nicht einfach, zunächst unterschiedlich Ursachenbewertung, intensiv analysiert, viele lange, teilweise sehr schwierige Verhandlungen, konstruktive Mitwirkung aller Beteiligten.

Das Oversum: projektiert, entwickelt, gebaut, einer guten Zukunft entgegensehend, gutes tragfähiges Objekt, von großer Bedeutung, zukunftsweisend, konzentrierte Angebote, wichtig, Überaltetes aufgeben, Angebot, Angebotsvielfalt, notwendige Synergien, kann jetzt gelebt werden, erwarteten Erfolg ermöglichen, neue vertragliche Grundlagen, die Interessen wurden neu justiert!

Wolfram Wäscher: innovativ, europaweit durchgesetzt, Mann mit Philosophie.

Winterberg vor dem Oversum: überaltet, monostrukturiert, großer Investitionsstau,

Das Ergebnis der Verhandlungen im O-Ton der Stadt:

Das Ergebnis der Verhandlungen: Die Stadt Winterberg hat sich im Rahmen des Insolvenzverfahrens das Erbbaurecht zurückgeben lassen und wird nun alles daran setzen, den Badbetrieb in den nächsten Tagen in Eigenregie wieder zu eröffnen. Der genaue Zeitpunkt wird noch bekannt gegeben. Alle weiteren städtischen Räumlichkeiten auf dem Erbbaugrundstück sind durch langfristige Verträge verpachtet. Darunter fallen wie bisher die Räumlichkeiten der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH und des Medizinischen Versorgungszentrums des St. Franziskus-Hospitals Winterberg. Neu ist die Verpachtung des Wellness-, Sauna- und Beautybereich an den neuen Eigentümer des Hotelgrundstücks. Dessen Geschäftsführer Gerhard Huber wird den Spa-Bereich auch für die Bürger und Gäste öffnen.
Alle Verträge wurden heute nach der Gläubigersammlung vom 27.03.2014 von allen Beteiligten unterschrieben.

Fazit: Wahlkampf pur. Wer hoffte, endlich zu erfahren, was auf die Winterberger in den kommenden 30 Jahren finanziell zukommen wird, muss sich weiter gedulden.

Die Stadt Winterberg wird uns wahrscheinlich diesen Deal als Erfolg ihres Verhandlungsgeschicks verkaufen. Wie wäre es mit folgender Schlagzeile:

„Bürgermeister Eickler jubelt: Herr Wäscher hat uns ein Schwimmbad geschenkt!“ – Klar, das ist jetzt völlig überzogen.

Meinungsmanipulation: aquasphere Winterberg GmbH insolvent = Positive Entwicklung

Sauerlandkurier Artikel
Sauerlandkurier, gestern, S. 2, rechts unten (foto: zoom)

Jeden Sonntag und Mittwoch liegt die Reklamezeitung „Sauerlandkurier“ in unserem Briefkasten. Die Inhalte bestehen aus fast journalistischen Artikeln (wenige) und jeder Menge PR, Selbstdarstellung von Parteien, Vereinen etc.

Das wäre alles nicht bedenklich, wenn den Leserinnen und Lesern klar wäre, dass im Sauerlandkurier zwangsläufig manipulative Artikel erscheinen.

Einer von diesen Artikeln ist mir gestern ganz sauer aufgestoßen: „Positive Entwicklung – aquasphere Winterberg GmbH offiziell insolvent“, heißt es im Titel (siehe Bild oben).

In der Einleitung geht es weiter: „Winterberg. Positive Entwicklung für die Stadt Winterberg: Das Amtsgericht Arnsberg hat jüngst [sic!] das Insovenzverfahren gegen die aquasphere Winterberg GmbH, der Eigentümerin und Vermieterin des Oversum-Komplexes, offiziell eröffnet. … Für Bürgermeister Werner Eickler kommt diese Entwicklung nicht überraschend, er sieht sie als durchaus positiv an: …“

Das Positive soll laut Autorin sein, dass die Stadt jetzt nicht mehr mit vielen Rechtsvertretern zu tun habe, sondern einzig und allein mit dem Insolvenzverwalter.

Im weiteren Verlauf wird die Meinung des Bürgermeisters referiert. Nachfragen, Widersprüche, Recherche = Null. „Positives“ an sich ist nicht mehr belegt.

Der Artikel mutet wie eine verdünnte Ausgabe des WP-Artikel vom 8. Februar an. Wir hatten uns mit dem Inhalt und den Aussagen des Bürgermeisters dort („absolut positiv“) auseinandergesetzt: „Kommentar: Oversum Eigentümerin “aquasphere” insolvent – Bürgermeister Eickler begeistert.“

Der Artikel im Sauerlandkurier kommt zu spät, erreicht nicht den Diskussionsstand. Die Autorin ist nicht einmal der Lage, das Datum der Insolvenzeröffnung aufzuschreiben.

„jüngst“ bedeutet „ich habe keine Ahnung und bin zu faul nachzugucken“. Hier im Blog hätte sie es tun können: Über das Vermögen der aquasphere Winterberg wird das Insolvenzverfahren eröffnet.

„Positive Entwicklung“ bedeutet in diesem Fall „ich habe mich mit den möglichen negativen Entwicklungen nicht beschäftigt“.

Zahlen, in diesem Fall Euro, kommen in dem Artikel nicht vor, Verpflichtungen der Stadt werden nicht angesprochen.

Der Artikel manipuliert, weil er einseitig einen nicht ausreichend belegten Begriff „Positive Entwicklung“ in die Köpfe der Leserinnen und Leser hämmert.

Leider gibt es noch immer viele Menschen, die die Reklamezeitungen für Produkte des Journalismus halten.

Über das Vermögen der aquasphere Winterberg wird das Insolvenzverfahren eröffnet.

Parkplatz und Zufahrt zum Oversum (archiv: zoom)
Parkplatz und Zufahrt zum Oversum (archiv: zoom)

Vielen Dank an unseren Leser @Marker für die Information, dass am 31. Januar das Insolvenzverfahren über das Vermögen der aquasphere Winterberg GmbH eröffnet worden ist.

Die Bekanntmachung kann jede/r unter

https://www.insolvenzbekanntmachungen.de/cgi-bin/bl_suche.pl

nachlesen. In der Suchmaske einfach „aquasphere Winterberg“ eingeben.

Zur Erinnerung: Die Eröffnung des Insolvensverfahrens erfolgt aufgrund des am 21.06.2013 bei Gericht eingegangenen Antrags der Schuldnerin.

Im Wortlaut:
„Über das Vermögen der aquasphere Winterberg wird das Insolvenzverfahren eröffnet.“ weiterlesen