Die Zeit, die Zeit – sie eilt und das Blog will gepflegt werden. Die Ideen sind da. Ich müsste sie nur noch wegschreiben. Das Leben habe ich gesehen. Ich müsste es nur noch ordnen und schon stünde es hier geschrieben. Müsste, wollte, könnte, sollte.
Politik – kein Problem. In meinem Schädel dröhnen tausend Themen. Was fehlt, ist die Zeit.
Und da sind die vielen kleinen Online-Projekte wie Twitter, Facebook, Xing und Co. Eigentlich, eigentlich … eigentlich müsste ich.
Offline tobt der Bär, aber ich schaffe es nicht ihn einzufangen.
Die Blogsoftware fängt zu spinnen an. Eine Komplett-Sanierung täte Not. Datenbank sichern. Dateien sichern. Einstellungen sichern. Handbücher wälzen. Neue Software aufspielen. Datenbank einlesen. Fehler über Fehler können auftreten. Ich weiß, dass es bei mir, gerade bei mir, wieder nicht auf Anhieb klappen wird. Jagd durch die Foren und wieder Handbücher.
Ich habe keine Zeit.
Walter van Rossum hat im neuen Freitag einen interessanten Artikel über den Journalismus der öffentlich-rechtlichen Sender veröffentlicht. Einiges von dem, was er schreibt, lässt sich getrost auf andere journalistische Formen wie Print und Online übertragen.
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Rudel statt Recherche
„Oh, Sie halten also sämtliche Journalisten für korrupt“, wird man mir mit überlegener Empörung entgegenhalten. Nein, ich halte sie bloß für außerordentlich konformistisch. Und Konformismus ist für alle Seiten die billigste und effizienteste Lösung. Wer die Routinen medialer Betriebe ein wenig aus der Nähe kennt, weiß, dass Konformismus die sicherste Währung ist: Rudelbildung bietet den größten Schutz. Das fast reibungslose Funktionieren des Konformismus, hat eine stabile Grundlage: Journalisten wissen nicht, was sie tun. Wenn man einen erfahrenen Journalisten fragt: „Wie kann eigentlich der Journalismus Zeugnis von der Welt ablegen?“ – dann wird er meist schon die Frage putzig finden, bestenfalls wird er ein paar Sätzchen aus dem Katechismus des Journalismus in der freien Welt zum besten geben. Die haben aber mit den Produkten des real existierenden Journalismus nichts zu tun. Dabei wäre ihre Umsetzung der Auftrag der Journalisten – insbesondere beim gebührenfinanzierten Rundfunk.
Ganz, ganz früher hatte der Kaufmann am Schluss alle Waren auf der Theke liegen, schrieb die Preise in Kolonnen auf einen Block, zog einen Strich und addierte gekonnt die Zahlen und Überträge. Er war flink, aber nicht so schnell, als dass man ihm nicht folgen konnte.
Zu Hause wurde meist am Küchentisch noch einmal nachgerechnet. Hätte der Kaufmann einen Fehler gemacht, wäre meine Mutter flugs wieder zurück im Laden gewesen.
Später hatten die Waren Preisetiketten und der Kaufmann eine Registrierkasse, die automatisch addierte. Jetzt musste man darauf achten, dass die Preise auf den Waren mit den Preisen auf dem Bon übereinstimmten.
Am Ende dieser Periode gab es nur noch lange Gänge, die Preise standen nicht mehr auf den Waren sondern auswechselbar auf der Regalleiste.
Die Frauen hinter den Kassen, ja meist Frauen, hatten sämtliche Preise auf wundersamste Art und Weise in ihrem Gedächtnis gespeichert und tippten sie ungeheuerlich schnell in die Kasse. Hinter uns staute sich meist eine Schlange aus ungeduldigen Käufern und Käuferinnen.
Nur renitente Alte und verbohrte Konsumkonservative wagten es in Echtzeit die Kassenbons zu kontrollieren. Die Fehlerquellen waren das Gedächtnis der Kassiererin oder mechanische Fehler beim Tippen. Das Problem des Kunden war es, an der Kasse noch zu wissen, welcher Preis an der Regalleiste gestanden hatte.
Heute gibt es Scannerkassen und alles ist gut, denn der Scanner kann kaum irren. Die Kassensysteme werden online aus der Zentrale des Konzerns mit Preisen gefüttert. Die Kassiererin muss gar nichts mehr wissen. Der Bon, der aus der Scannerkasse kommt, druckt sogar die Namen der Waren aus. Alles fast perfekt.
Na. ja – die Schlangen sind manchmal noch länger als zu Zeiten des alten Kaufmanns, weil ab und an niemand hinter der Kasse sitzt, denn die Kassiererin hat noch andere Aufgaben im Supermarkt. Die Kunden sind noch etwas ungeduldiger, weil sie noch weniger Zeit haben als früher.
Wer stiehlt denen eigentlich die Zeit? Graue Männer wie bei Momo?
Die Waren stehen in den Regalen, die Preise sind auf den Regalleisten, die Scannerkasse weiß alles, die Kassiererin muss nichts mehr wissen. Wer nichts wissen muss, hat keine Verantwortung.
Die Verantwortung hat der Kunde. Der muss nämlich wissen, ob die Auszeichnung an der Regalleiste mit dem internen Preis der Scannerkasse übereinstimmt.
Vor zwei Tagen war ein Leser – oder war es eine Leserin – dieses Blogs unter großem Zeitdruck im Supermarkt einkaufen, schnell ein paar Teile. So um die vier, fünf und dazu noch einen Bund Frühlingszwiebeln.
Frühlingszwiebeln werden nicht gescannt. Für Frühlingszwiebeln tippt die Kassiererin einen Zahlencode in die Kasse, der meist auf einer Tafel steht, die an der Kasse angebracht ist.
Vierzig Euro und ein Keks. Der Leser hatte keine Zeit. Schnell, schnell, den Fünfziger gezückt und nix wie raus.
Nix wie raus? Vierzig Euro und ein Keks für fünf läppische Teile.
Unser Leser hatte Glück. Irgendwo in seinem Hirn schlugen trotz Stress und Hektik ein paar Nervenzellen Alarm. Den Bon hatte er auch noch nicht achtlos weggeworfen wie sonst immer.
Statt Frühlingszwiebeln stand ein Kasten Veltins auf der Abrechnung.
Was wäre gewesen, wenn unser Leser nicht fünf läppische Teile im Wert von 24 Euro, sondern 20 Teile für 80 Euro gekauft hätte und dann im Stress Veltins statt Zwiebel bezahlt hätte? Und hinter ihm wäre die Schlange lang und ungeduldig gewesen. Und die Kinder hätten gequengelt.
Der Kunde ist König. Sein Königreich muss er selber schützen, das lehrt die Geschichte, sonst wird er geplündert.
Zum Glück bleibt uns die Illusion. Veltins statt Zwiebeln. Oder ist es umgekehrt?
Wie versprochen ein paar Worte zu unserem Weihnachtswerkzeug:
Mit diesem hölzernen Nussknacker gibt es bislang keine Probleme. Er ist solide gearbeitet und der wuchtigen Schraube hat noch keine Nuss widerstanden.
Gekauft haben wir ihn bei der Schreinerei und Drechslerei Hanfland in Siedlinghausen. Die Werkstatt mit Verkaufsraum liegt in Richtung Silbach kurz vor dem Viadukt rechter Hand in einem unscheinbaren hölzernen Flachbau.
Nach dem Klingeln muss man etwas Geduld haben, oder mehrmals klingeln, wenn die Besitzer gerade in der Werkstatt arbeiten.
Ob es den Nussknacker zur Zeit zu kaufen gibt, weiß ich nicht, aber eigentlich habe ich bei jedem Besuch irgend etwas Interessantes entdeckt.
Die Holzschale auf der Abbildung stammt auch von Hanfland und ist als Brotschale im Dauereinsatz.
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