Subventionspolitik beenden: Kleine Bauernhöfe durch Änderung der EU-Förderpolitik vom Intensivierungszwang befreien und gleichzeitig Artenrückgang stoppen

Ökolandbau massiv ausweiten – Strenge Naturschutzauflagen für größere Betriebe

Wollen wir eine naturnahe, kleinteilige Landwirtschaft, die gesunde Nahrungsmittel liefert, die Artenvielfalt erhält und das Klima schützt; oder wollen wir tatenlos zusehen, wie sich umwelt-, Tierschutz- und lebensfeindliche Agrarwüsten weiter ausbreiten? Zudem nutzen außerlandwirtschaftliche Großbetriebe Böden zunehmend als lukratives Anlageobjekt. (Foto: Knoppik)

Über das Vorhaben der drei Koalitionäre aus SPD, Grünen und FDP, die Subventionen für Agrardiesel ersatzlos zu streichen (An der Kfz-Steuerbefreiung soll ja festgehalten werden) gerät völlig in Vergessenheit, daß die Bauern von der Politik jahrzehntelang zu sehr verwöhnt und gehätschelt wurden. Es flossen wie selbstverständlich Milliarden-Subventionen aus Berlin und Brüssel. Und von diesem finanziellen Segen profitieren bis heute in erster Linie große Agrarbetriebe.

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2023 schlägt alle bisherigen Rekorde – wärmstes Jahr seit 1850

Bei plus 13 Grad kamen an Heiligabend im Bergsteigerdorf Ramsau Frühlingsgefühle auf. (Foto: Knoppik)

Laut einer TV-Umfrage aus dem zurückliegenden Jahr waren 57 % der Deutschen der Meinung, die Bundesregierung unternehme viel zu wenig gegen die Folgen des Klimawandels; 61 % hatten Angst vor Tornados, Überflutungen und extremen Hitzewellen.

Werden die Bürgerinnen und Bürger jedoch zu Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet, – ob es dabei immer gerecht zugeht oder nicht, sei mal dahingestellt -, dann wird gemeutert. Bitteschön nicht bei mir und schon gar nicht von meinem Geld. Wie passt das zusammen?

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Wasservorräte schwinden weltweit in atemberaubendem Tempo.

Eine Fortsetzung der jetzigen Wasseraustreibungspolitik und -verschwendung bedeutet das Todesurteil für Menschen und Ökosysteme

Aus Verdunstung (Seen, Bäche, Flüsse) werden 176 Mrd. m³ Wasser umgewälzt und dann als Regen in die Meere geleitet. Wir Deutschen nutzen 20 Mrd. = 11 %. 760 Mio. m³ Wasser verloren wir seit 2002. Zum Vergleich: Der berühmte Königssee in den Berchtesgadener Alpen speichert 511.785.000.00 m³ Wasser. (Foto: Karl J. Knoppik, 1997)

Auch wenn wir uns derzeit über reichlich Regen freuen können, ist das dennoch kein Grund sich beruhigt zurückzulehnen. Dies wäre naiv und kurzsichtig. Zwar gab es in dem Zeitraum von vor einem Jahr bis heute gerechnet in NRW ¼ mehr Niederschlag; aber es besteht nach wie vor ein Defizit, woran die extreme Dürre besonders in den Jahren 2018 und 2019 Schuld trägt.

Die Grundwasserstände sind immer noch zu niedrig. Obwohl man angesichts zunehmender Witterungsextreme durch den Klimawandel damit rechnen muß, daß die nächste Dürre früher oder später unweigerlich kommen wird, geht der Raubbau an den Wasserressourcen durch Naturzerstörung und Naturausbeutung auf globaler Ebene unvermindert weiter. Verantwortlich für dieses deprimierende Fazit ist das auch im Jahre 2023 ungebrochene starrsinnige Festhalten an dem von politischen Parteien und Lobbyverbänden abgöttisch verehrte wirtschaftliche Wachstum.

Die Privatisierung des Wassers führt z. B. in Ländern der so genannten 3. Welt dazu, daß sich eine reiche privilegierte Minderheit, z. B. Großgrundbesitzer, den Zugang zu den Trinkwasservorkommen sichert, und die große Mehrheit der in Armut lebenden Bevölkerung muß das immer knapper werdende Lebenselixier teuer bezahlen und dafür nicht selten weite Strecken auf sich nehmen.

Der Ressourcenverbrauch durch wohlstandsverwöhnte Urlauber aus reichen Industriestaaten ist deshalb aus meiner Sicht heute nicht mehr verantwortbar. Schon in den Mittelmeerländern stellt sich die Lage dramatisch dar. Beispiel Spanien: Der Anbau von Tomaten erfolgt dort in riesigen Plantagen; das begehrte Gemüse wird unter massivem Dünger- und Pestizideinsatz bewirtschaftet und erfordert enorme Mengen an Wasser. Die gesamte Ernte ist für den Export bestimmt.

Profitgier zu Lasten der Natur und der Menschen, welche in diesen Plantagen als Tagelöhner schuften – mühsam ihren Lebensunterhalt verdienen, sind auf unserem Planeten an der Tagesordnung, wohin man auch blickt. Und Trockenheit ist in den südlichen Ländern noch viel mehr ein Thema als bei uns. Wesentlich verschärfend wirkt sich der Klimawandel aus.

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagt: „Wir müssen uns sicher auch in Deutschland von der Gewissheit verabschieden, daß Wasser immer und überall in scheinbar unbegrenzter Menge zur Verfügung steht.“ Fakt ist, daß wir zu den Ländern weltweit gehören, die am meisten Grundwasser verlieren. Der Grundwasserspiegel sinkt rasch und kontinuierlich. Erstmals hat „Correctiv“ Daten von 6.700 Meßstellen aus den vergangenen 3 Jahrzehnten analysiert. Die Auswertung liefert erschreckende Befunde. An knapp der Hälfte aller ausgewerteten Orte ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen.“ Forst- und landwirtschaftliche Monokulturen, intensive Bebauung, Zerstörung von Feuchtgebieten und der Tagebau für die Kohleförderung haben an diesen skandalösen Befunden entscheidenden Anteil.

Siehe: https://correctiv.org/aktuelles/kampf-um-wasser/2022/10/25/klimawandel-grundwasser-in-deutschland-sinkt/

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Zusammenleben von Mensch und Wolf erreichen

Am 17.03. 1839 wurde bei Herbern im Münsterland der letzte Wolf in Westfalen geschossen (Reiner Feldmann). Es gibt in Deutschland 161 bestätigte Rudel (Stand 25.11. 2022), 43 Paare und 21 territoriale Einzeltiere. Die Anzahl der Totfunde war im Vergleich zum Vorjahr angestiegen . (Foto: Archiv Nationalpark Berchtesgaden) – mit freundlicher Genehmigung

Wir alle, die gesamte Bevölkerung, einschließlich Schaf- und Viehzüchter sowie andere Nutztierhalter, sollten ehemals durch den Menschen ausgerottete Beutegreifer hier bei uns vorbehaltlos willkommen heißen und uns davor hüten, die Wiederbesiedelung der Mittel- und Hochgebirge durch den Wolf und anderes „Großraubwild“ als Schreckgespenst an die Wand zu malen.

Jedermann hat zur Kenntnis zu nehmen, daß der Wolf im Rahmen von internationalen Artenschutzabkommen, wie z. B. der FFH-Richtlinie, oder der Berner Konvention, streng geschützt ist. Daraus ergibt sich wiederum die Verpflichtung,, bestehende Gesetze strikt zu achten und einwandernde Individuen, ob es sich nun um Braunbär, Wolf oder Luchs handelt, als ausdrücklich erwünschte Bereicherung unserer heimischen Fauna anzusehen.

Weidetiere machen gerade mal ein Prozent des Beutespektrums von Wölfen aus. Deren Hauptbeutetiere sind Rehe, Hirsche und Wildschweine, wobei in erster Linie kranke, schwache und lebensuntüchtige Exemplare in den Fängen des Wolfes landen. Er trägt daher zur Gesunderhaltung des Wildtierbestandes bei. Aus der Schweiz wird berichtet, daß der Wolf positiven Einfluß auf die Entwicklung naturnaher Wälder hat. Ein bekanntes Sprichwort besagt: „Wo der Wolf geht, wächst der Wald.“ Der selektive Verbiß durch Schalenwild (Rot-, Reh- und Gamswild) nahm deutlich ab, so daß die wichtigen Mischbaumarten (Laubbäume und Weißtanne) ungestört aufwachsen können. Manchmal stehen auch kleinere Tierarten auf dem Speisezettel des Beutegreifers.

Seit über 8.000 Jahren leben Menschen mit großen „Raubtieren“ zusammen. Bis heute hat es nachweislich keinen Fall von tödlichen Übergriffen auf Passanten gegeben; aber neun Menschen wurden vom Weidevieh attackiert – mit Todesfolge.

Bei dem durch eine Bärin im italienischen Trentino getöteten Wanderer blieb bis heute ungeklärt, wie es dazu kam. Es war die Rede davon, daß die Bärin Junge mit sich führte.

Artenschutz auf bayerisch – Nach 170 Jahren tauchte im Mai 2006 zum ersten Mal wieder ein Braunbär in Bayern auf. Das Tier sorgte für viel Aufregung und wurde schließlich zum „Problembären“ gemacht. Am 24.06. 06 erhielt ein Spezialteam den Auftrag, „Bruno“ zu erschießen. Damals regierte Ministerpräsident Stoiber den Freistaat (Quelle: Deutschlandfunk 24.06. 2016) Foto: Georg Pauluhn – mit freundlicher Genehmigung Nationalpark Berchtesgaden

Tatsache ist doch, daß der wirtschaftende Mensch (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Freizeitindustrie, sportliches Privatvergnügen) immer weiter in die Natur und damit in das Reich der Wildtiere vordringt, so daß Konfliktsituationen zwischen Bauern, Jägern und Touristen auf der einen und großen Beutegreifern auf der anderen Seite unausweichlich sind. Das Problem ist: Es gibt zu viele Nutztiere, „Räuber“ sind nämlich Opportunisten. D. h. je weniger Mühe der Wolf aufwenden muß, um an ein Schaf, ein Kalb oder eine Ziege heranzukommen, desto leichteres Spiel hat er, diese zu überwältigen.

So besteht permanent die Gefahr, daß man im Fall eines plötzlichen Auftauchens des Wolfes oder anderer Beutegreifer der Versuchung erliegt, die in jahrelanger mühsamer Kleinarbeit abgebauten Vorurteile wiederzubeleben und irrationale Ängste zu schüren.

Nach dem Vorbild anderer Staaten läßt sich auch in unserer dicht erschlossenen Kulturlandschaft durch gezielte Information der Bevölkerung und ein umfassendes Wildtiermanagement ein Zusammenleben von Mensch und früher heimischem, aus purer Mordlust und Habgier ausgerottetem „Raubwild“ erreichen. Das ist bei gutem Willen aller Beteiligten sehr wohl möglich.

Das Thema Wolf wird nämlich sehr emotional und wenig sachlich geführt – im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarländern. Was wir brauchen, sind pragmatische und auch regionale Lösungen sowie eine angemessene Unterstützung für Weidehalter. Nur mithilfe von konkreten Regelungen und Strukturen kann ein Leben mit dem Wolf ermöglicht werden.

Im Fall des seinerzeit widerrechtlich abgeschossenen Braunbären „Bruno“ im bayerischen Alpenraum stellte ich mir schon im Jahre 2006 die Frage, wer sich eigentlich über die potenzielle Gefährlichkeit beziehungsweise Unberechenbarkeit von Millionen Hunden hierzulande aufregt, die „dank“ lascher gesetzlicher Handhabung mehr oder weniger frei herumlaufen dürfen? Allein diese stellen ein permanentes Sicherheitsrisiko dar. Nicht jedoch Wolf, Braunbär oder gar Luchs, sofern man ihnen genügend Lebensraum zugesteht und der weiteren hemmungslosen Erschließung und Verbauung der Landschaft endlich Einhalt gebietet, im Sauerland wie anderswo.

Politiker, Behörden und selbst ernannte Umweltschützer sollten nicht den rapiden Verlust an biologischer Vielfalt, an Tier- und Pflanzenarten in der so genannten „Dritten Welt“ bejammern und einfordern, sondern den hohen moralischen Anspruch des Biodiversitätsschutzes und der Arterhaltung endlich auch für uns Mitteleuropäer gelten lassen!

Karl Josef Knoppik, 24. August 2023

Wollen wir, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, dieses Land endlich gemeinsam nach vorne bringen, oder tatenlos zusehen, wie es im Stillstandmodus verharrt und weiter an Bedeutung verliert?

Aktivisten von Scientist Rebellion mit einem Banner mit der Aufschrift: „Stoppt den rasenden Stillstand!“ vor dem Bundesverkehrsministerium, im Hintergrund angeklebte Fachartikel zu Verkehrswende-Themen. Berlin, 18.10.22 (Bild: Stefan Müller, Quelle und Lizenz)

Kanzler Scholz möchte seine wankelmütige Politik des Abwartens, Wegsehens und Hinauszögerns unbeirrt fortsetzen, obwohl in diesem Land so ziemlich alles schiefläuft. Obwohl ihm die Wähler davonlaufen, ignoriert und verharmlost er den Umfrage-Höhenflug der AfD und weist alle Mitschuld daran weit von sich. Die rechtsradikale AfD bezeichnet er als „Schlechte-Laune“ Partei und hält ihren Stimmenzuwachs für eine vorübergehende Erscheinung. Nur 31 % der Wähler sind mit ihm zufrieden, 58 % nicht. Im Beliebtheitsranking liegt Scholz an 9. Stelle („Insa“).

Diesem Kanzler ist der Realitätssinn völlig abhanden gekommen. Er weicht dem Unmut des Volkes aus und nimmt oft nur „Wohlfühltermine“ wahr, läßt sich also nicht dort blicken, wo die Sorgen über seine Politik in der Bevölkerung besonders groß sind.

Das Sündenregister, die Liste von Versäumnissen, Unzulänglichkeiten und Defiziten der „Ampel“ ist lang, wenn auch nur z. T. dem Bündnis aus SPD, Grünen und FDP anzulasten. Wesentlichen Anteil an dem Desaster hat auch die zuvor regierende Bundeskanzlerin Merkel. Sie hinterließ zusammen mit ihren Koalitionären ein politisches Trümmerfeld aus unerledigten und auf den St. Nimmerleinstag verschobenen Hausaufgaben.

Und die CDU/CSU? Sie stellt sich den Wählern nicht als Alternative zur „Ampel-Koalition“ dar. Sie hat unter ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz keine überzeugenden Lösungen anzubieten. Merz bleibt den Menschen die Antwort schuldig, was er grundsätzlich besser machen würde als SPD, Grüne und Freie Demokraten. Der CDU-Chef hat kein Draht zum Volk. Seine Herkunft qualifiziert ihn nicht zu einem Politiker höchsten Ranges, der die Lebensinteressen der Menschen, ihre Anliegen und Nöte, im Blick hat und diese genügend ernst nimmt. Außerdem fällt der Union das Erbe von 16 Jahren Angela Merkel auf die Füße. Das ist auch ein Grund, weshalb Friedrich Merz und seine Partei von der Schwäche der Ampel bis jetzt in keiner Weise profitieren können. Den ganzen Frust über die herrschende Politik kann bisher allein die AfD in Wählerstimmen ummünzen. Man hat diese Partei zu lange einfach ignoriert, man hat sie „rechts“ liegen lassen und geglaubt, das Problem löse sich von selbst. Eine grandiose Fehleinschätzung. Und nun, wo die AfD demoskopische Höchstwerte erzielt, erwachen Union, SPD, Grüne und FDP plötzlich aus ihrem Tiefschlaf. Man wird zunehmend nervös und gereizt.

Der Sauerländer Merz, der als Kanzlerkandidat wohl schon jetzt durchgefallen ist, sieht in der Ökopartei künftig den Hauptgegner der CDU. Ohne grüne Themen, Herr Merz, ist aber die Zukunft nicht zu gewinnen! Eine derartige Haltung käme Fortschrittsverweigerung gleich und würde der Union über kurz oder lang noch mehr Wählerstimmen kosten. Welche Folgen es für jeden einzelnen Bürger dieses Landes hätte, wenn ökologische Politik nicht konsequent umgesetzt wird, darüber sind sich leider immer noch die wenigsten Menschen bewußt.

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Globale Erwärmung verläuft weiter dramatisch

Klimapolitik wird von Ideologien geleitet und scheitert an wachstumsgetriebenen Partikularinteressen

Im Sommer 2022 sind nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts etwa 4.500 Menschen infolge von Hitze in Deutschland verstorben. Pflasterbeschriftung (archivfoto: zoom))

Mehr als 400 Politiker, Wissenschaftler, Vertreter aus Religion und Gesellschaft hatten Olaf Scholz im April in einem offenen Brief zu mehr Klimaschutz aufgefordert. „Je länger wir zögern, so der gemeinsame Wortlaut, desto drastischer sind die Konsequenzen unseres Abwartens. Wir gehören zur letzten Generation, die aufhalten kann, was uns droht, natürlich der globale Verlust unserer Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise. Klima ist kein Thema, sondern eine parteiübergreifende, staatstragende und historisch beispiellose Aufgabe. Die Anpassung der Infrastruktur ist eine Mammutaufgabe.“

Laut Weltklimarat IPCC hat Deutschland seine Klimaziele eindeutig verfehlt. Sollen diese bis 2030 noch erreicht werden, muß die Minderungsrate der CO2-Emissionen 6 % pro Jahr betragen. Seit 2010 waren es im Schnitt jedoch nicht einmal 2 %. Außerdem müßte der ökologische Fußabdruck pro Bürger von derzeit 11 auf 2 Tonnen im Jahr gesenkt werden. Die Hiobsbotschaften der Klimatologen reißen unterdessen nicht ab; deren alarmierende Daten lassen der Menschheit keine Zeit mehr.

2022 war das zweitwärmste Jahr in Europa, der Sommer sogar der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Zum 8. Mal lagen die Temperaturen um mehr als 1 Grad über dem vorindustriellen Niveau (Quelle: Copernicus Climate Change Service).Weltweit stiegen die CO2-Konzentrationen seit der ersten Klimakonferenz um 60 %. Im November 2022 hatten wir die 27. Konferenz! Das Jahr 2020 ist nach Angaben des IPCC das wahrscheinlich wärmste Jahrzehnt seit der letzten Zwischeneiszeit vor ca. 125.000 Jahren.

Die Zahl der Hitzetage in Deutschland hat sich verdreifacht. Und in Italien registriert man heute 5-mal so viele Extrem-Wetterereignisse wie noch vor 10 Jahren. Extreme Hitzewellen erfassen einen immer größeren Teil der Erdoberfläche, ebenso Starkregenereignisse, auf die z. B. Deutschland überhaupt nicht vorbereitet ist.

Frankreich, die Schweiz und Norditalien erlebten bereits im Frühjahrsmonat März d. J. eine nie da gewesene Dürre in Verbindung mit hohen Temperaturen. Und Südspanien stöhnte im April unter einer Gluthitze von 35 bis 39 Grad C. Dann meldet Norditalien jetzt, Mitte Mai schwere Überschwemmungen. Ein Extrem löst das andere ab – binnen kurzer Zeit.

Das Mittelmeer wies im August letzten Jahres eine Temperatur von 30 Grad auf; es erwärmt sich schneller als andere Meere.

Und aus Indien wurde im April 2022 die Rekordtemperatur von über 50 Grad gemessen. Auch das unter Touristen so berühmte Death Valley in den USA meldete einen neuen Hitzerekord von 53 Grad Celsius.

Kaum Schnee, wenig Regen: So präsentierte sich der Winter 2022/23 in den Alpen. 5 Kubikkilometer Gletschereis sind in diesem europäischen Zentralgebirge bisher abgeschmolzen; das entspricht etwa 3 Millionen wassergefüllter Badewannen. 10 – 100 cm beträgt der jährliche Gletscherrückgang. Bis 2100 wird auch von den großen Eisströmen nur noch die Hälfte übrig geblieben sein. Und bereits 40 Jahre früher werden die meisten Gletscher Österreichs der Vergangenheit angehören.

215.000 Gletscher gibt es weltweit, über 5.000 davon in den Alpen. Dort haben sie seit 1850 2/3 ihres Volumens verloren.

Über 90 Mio. Menschen hängen am Tropf der Wasservorräte aus den alpinen Gletschern, die große Ströme und deren Nebenflüsse speisen.

Düstere Aussichten: Wenn es heiß und trocken ist (in den Monaten Juli und August), steht kein Wasser zur Verfügung. Die Kühlung von Industrieanlagen wird zum ernsten Problem. Der italienische Fluß Po trocknet aus, wie schon in den letzten Jahren. Landwirtschaftliche Bewässerung ist nicht mehr möglich. Davon sind z. B. Reispflanzen betroffen.

Hochaktuell ist diese Meldung, welche gestern, am 18. Mai, das Fernsehen veröffentlichte. Danach verlieren mehr als die Hälfte der weltweit größten Seen Wasser. Dies ergab die Auswertung von Satellitendaten eines internationalen Forschungsteams, nachzulesen im Fachblatt „Science“. Schuld an der Austrocknung ist den Wissenschaftlern zufolge größtenteils der Klimawandel sowie die ungezügelte Wasserentnahme durch den Menschen. Übrigens hat sich der Wasserstand des berühmten Gardasees im Vergleich zum Vorjahreszeitraum halbiert.

Maßlos ist auch die jährliche Wasservergeudung durch Schneekanonen. Der Verbrauch entspricht sage und schreibe dem von 3 Mio. Städten der Größe Münchens! Von den Wassermengen, die der schweizerische Fluß Rhone ins Mittelmeer befördert, stammen 40 % aus Gletschereis (Quelle ZDF).

Feuchtgebiete wie Auenwälder und Moore besitzen überragende Bedeutung für den Klima- und Biodiversitätsschutz, gerade auch in Zeiten des Klimawandels. Sie regulieren den Wasserhaushalt, halten den Grundwasserspiegel auf hohem Niveau und speichern enorme Mengen von dem kostbaren Nass. (Naturschutzgebiet Ruhrtal bei Stockhausen – Foto: Karl Josef Knoppik)

Trinkwasser wird aber auch in Deutschland zunehmend knapp. Nur ein Beispiel: In den Braunkohlerevieren Nordrhein-Westfalens wird Energie im Tagebau gewonnen. Um an die begehrte Kohle zu gelangen, wird Grundwasser im großen Stil abgepumpt. Die Anwohner sind aber auf Gedeih und Verderb von dem kostbaren Lebenselixier abhängig.

Laut Dirk Jansen vom BUND NRW benötigen die Bürger gigantische Mengen Trinkwasser. Ihnen bleibt aber nichts davon, weil der größte Teil einfach Richtung Nordsee weggeleitet wird. Eine Wasserverschwendung unvorstellbaren Ausmaßes! Lediglich das übrig gebliebene Nass wird zu einem kleinen Teil genutzt.

Die Menschen hierzulande haben das volle Ausmaß der Umwelt- und Klimakrise offenbar noch nicht begriffen. Es ist leider immer noch so, daß eine Mehrheit der Bevölkerung für konsequenten Klimaschutz nicht gewonnen werden kann. So befürworten rd. 60 % laut einer Umfrage den projektierten Autobahnausbau, wie ihn die FDP möchte; nur 30 % votieren für den Ausbau der Bahn. Die Gesellschaft ist nicht nur in dieser Frage gespalten. Das betrifft auch die Haltung zum Tempolimit. Die Politik ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Sehr viele Menschen sind aus Gleichgültigkeit, mangelndem Interesse und aufgrund von Bildungsdefiziten überhaupt nicht urteilsfähig. Dieser Eindruck entsteht, wenn z. B. Leute auf der Straße zu Ihrer Meinung bezüglich tagesaktueller politischer Themen befragt werden. Wie in der Politik steht innerhalb der Gesellschaft Meinung gegen Meinung, ohne daß die Aussicht bestünde, daß in den entscheidenden Zukunftsfragen ein Grundkonsens über den richtigen Weg erzielt würde.

Auf der anderen Seite ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik in den letzten Jahrzehnten ständig gesunken, auch deshalb, weil die Sorgen und Nöte der Menschen nie wirklich ernst genommen wurden. Zahlreiche Bürger sind schon jetzt überfordert, wissen nicht, wie sie in der derzeitigen Situation über die Runden kommen sollen. Schlimm genug, daß viele Bürgerinnen und Bürge von gesunder Ernährung ausgeschlossen bleiben.. Jahrelang bekamen diese Menschen für ihre Ersparnisse keine Zinsen. Jeder 3. Bundesbürger hat nach neuesten Medienveröffentlichungen nicht genug zum Leben. Und besonders auch für Rentner im hohen Alter ist es schwer, die finanziellen Mittel für die Umsetzung der Maßnahmen aufzubringen, die sich aus den Verpflichtungen des Gebäude-Energiegesetzes der Koalition ergeben. Wer 70 Jahre und älter ist, erhält von seiner Bank keinen Kredit mehr. Die vom Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck ausgerufene „Wärmewende“ ist zweifellos nötig.

Allerdings kann man eine so folgenschwere Entscheidung den Leuten nicht einfach so überstülpen. Das grüne Gesetzeswerk ist unzureichend durchdacht. Deshalb ist es mehr als fraglich, ob die Realisierung in der geplanten Form gelingt, zumal die Verhältnisse von Fall zu Fall sehr unterschiedlich gelagert sind. „Manche können auf genügend Rücklagen zugreifen, um die nötige Modernisierung zu bezahlen. Andere haben nichts auf der hohen Kante und erhalten nicht einmal einen Kredit. Hier braucht es dann staatliche Unterstützung“, sagt Antje von Broock vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Und weiter: „ Finanziert werden könnte eine ausgewogene Förderung, die soziale Härten abmildert, z. B. mit der Abschaffung umweltschädlicher Subventionen.“ Schön wäre es. Das könnte viele Probleme lösen, würde aber mit der FDP und auch der SPD sicherlich nicht zu machen sein. Um die erforderlichen Investitionen stemmen zu können, sollen staatliche Beihilfen ausgezahlt werden. Sie ändern aber kaum etwas an dem Grundproblem, nämlich daß die finanziellen Belastungen auf hohem Niveau verbleiben. Daher würde ich eine Vermögensteuer für Großverdiener ins Spiel bringen, um so einkommensschwachen Haushalten unter die Arme zu greifen, damit diese die Umstellung auf erneuerbare Energien und Modernisierung ihrer Heizungsanlagen besser schultern können. Doch auch hier wird Christian Lindner sicherlich Einwände haben.

Unabhängig davon, welche Position man nun zu dem Projekt von R. Habeck einnimmt, ob man es positiv oder negativ beurteilt, prallt der ganze Ärger, die ganze Wut über dieses in der Kritik stehende Gesetz, allein an der Ökopartei ab. Dabei hat Bauministerin Geywitz (SPD) das Gesetz zusammen mit dem Wirtschaftsminister verabschiedet und der Öffentlichkeit präsentiert. In Umfragen haben als Folge davon jedoch nur die Grünen an Zustimmung verloren.

Der selbstherrliche Regierungsstil des Herrn Habeck hat zweifellos auch auf das Ergebnis der Bürgerschaftswahl in Bremen am letzten Sonntag, 14. Mai, durchgeschlagen. Der Stimmenverlust der Grünen von 5,7 Prozent hat seine Ursache aber bestimmt nicht nur in dem beschlossenen Gebäude-Energiegesetz, sondern ebenso in den familiären Verflechtungen innerhalb des Ministeriums Das Wahlresultat im kleinsten Bundesland könnte nach Einschätzung verschiedener Gazetten der Auftakt für weitere Wahlniederlagen der Grünen sein. Im kommenden Jahr werden die Bürger gleich in 5 Bundesländern zur Urne gerufen.

Bei einem anderen Thema, der ökologischen Verkehrswende, sind die Grünen abermals vor der FDP in die Knie gegangen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bekanntlich eine Senkung der CO2-Emissionen angeordnet. „Wenn man jetzt nicht handelt, wird es in 15 Jahren zu spät sein; man hat keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr“, heißt es in dem o.g. Brief an den SPD-Bundeskanzler.

Das beschlossene Klimaschutzgesetz verstößt nämlich eindeutig gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dennoch geht es mit der Flächenversiegelung, Asphaltierung und Betonierung der Landschaft munter weiter. Das hat die FDP noch nie interessiert.

Die Liberalen haben erreicht, daß der Verkehrssektor vom Makel des Klimasünders befreit wurde, obwohl die Partei sämtliche Klimaschutzmaßnahmen bis heute sabotiert. Zur Erinnerung: Bündnis 90/Die Grünen hatten sich schon im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen bei den Sondierungsgesprächen dem Druck der FDP gebeugt und auf eine ihrer Kernforderungen, das allgemeine Tempolimit, bedingungslos verzichtet. Denn nicht mehr – wie bisher – muß jeder Fachbereich für sich Treibhausgase so weit wie möglich reduzieren. Nach den vereinbarten Beschlüssen des Koalitionsausschusses im März können sich die einzelnen Ressorts gegenseitig helfen, das anvisierte Klimaziel gemeinsam zu erreichen. Hier verläßt sich einer auf den anderen. Nur ein Punkt war damit nicht mehr verhandelbar: Autos, Luxuslimousinen, LKWs, Motorräder, Mopeds und „Quads“ können weiterhin ungebremst Treibhausgase ausstoßen, während der Rest der Bevölkerung zu umfassenden energetischen Innovationen und Sparmaßnahmen verpflichtet wird. Für die Porsche-Fahrer ändert sich also nichts. Sie können nach wie vor aufs Gaspedal drücken. Die Hauptlast der Energiewende müssen die „kleinen Leute“ tragen. Ob der Bereich Verkehr, wo die CO2-Emissionen seit Jahren ständig steigen, seine Klimaziele krachend verfehlen wird, juckt niemanden.

Und dann sind da noch die Privatjets als Klimakiller unterwegs. In 2022 verzeichnete Deutschland einen Rekordwert von mehr als 94.000 Flugbewegungen. Weitaus mehr als die Hälfte dieser Flüge erstreckte sich über eine Distanz von weniger als 300 Kilometer.

Nebenbei bemerkt: Nur 1 % der Weltbevölkerung verursacht durch häufiges Fliegen mehr als die Hälfte aller Emissionen der kommerziellen Luftfahrt. Ein Milliardär verursacht so viel Treibhausgase wie 1 Millionen nicht reicher Menschen.

Der Bundeskanzler hält sich indes vornehm zurück, bezieht keine Stellung zu dem Dauerstreit zwischen Ökopartei und FDP, als hätte er mit all dem nichts zu tun. Er schaut dem Treiben der FDP untätig zu. Schließlich ist Volker Wissing in seinen Augen ein guter Verkehrsminister. Olaf Scholz ist davon überzeugt, bei den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland gut dazustehen und träumt schon von seiner Wiederwahl im Jahre 2025. Und er vertraut auf die unbedingte Loyalität der Grünen zu seiner Politik.

Das dürfte der Partei von R. Habeck, A. Baerbock und Cem Özdemir kaum schwer fallen. Längst haben sie sich zu einer Wirtschaftspartei gewandelt. Was früher nur den Altparteien zugeschrieben wurde, nämlich Filz, Vetternwirtschaft, Familienklüngel, ist auch bei der Ökopartei längst angekommen. Die Grünen wollten, nachdem sie im Jahre 1983 als Neulinge in den Bundestag eingezogen waren, mit gutem Beispiel vorangehen und immaterielle Werte, wie Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit, wieder zum Maßstab des politischen Handelns machen. Was daraus bis heute geworden ist, sehen wir.

Unterdessen hat der Schwachsinn in der politischen Auseinandersetzung eine neue Dimension erreicht. Das pervertierte Denken nimmt immer groteskere Formen an. So ließ Ricarda Lang, die Bundesvorsitzende der Grünen, nach der Vorstellung des Ergebnisses des Koalitionsausschusses über TV und Presse verlauten: „Wir Grüne verbinden Klimaschutz mit Autobahnbau.“. Offenbar wurde hier versucht, die eigene Niederlage im Streit mit der FDP um einen Autobahnausbau nach Kräften schönzureden. Links und rechts von Fernstraßen sollen laut Beschluß Photovoltaik-Anlagen installiert werden. Als wenn die mit Solarmodulen verbrämte Asphalt- und Betonorgie des Herrn Wissing dadurch ihren Schrecken verlieren würde!

Längst gibt es unter kritischen Verkehrsforschern keinen Zweifel mehr darüber, daß unser Land keine neuen Autobahnen benötigt. Zu bedenken ist außerdem, daß jeder Kilometer neu gebauter Fernstraßen wieder instandgehalten werden muß. Und das verschlingt horrende Kosten.

Der untaugliche Versuch von R. Lang und ihren Parteifreunden, die Zerstörung der Landschaft durch Autobahnen zu romantisieren, indem Photovoltaikanlagen diesseits und jenseits der Asphaltbänder aufgestellt werden, hat der Partei vernichtende Kritik beschert. Prof. Dr. Claudia Kemfert vom DIW, die Olaf Scholz als einen „Klimakatastrophenkanzler“ bezeichnet, kommentiert das wie folgt: „Ein Salatblatt im Burger ist ja auch noch keine Ernährungsumstellung.“ Es ist leider so weit gekommen, daß sich die Grünen lieber selbst verleugnen, als daß sie den Mut hätten, die Koalitionsfrage zu stellen. Reif dafür wäre der Zeitpunkt seit langem.

Würden alle Sektoren ihre Emissionsreduktionen verschleppen wie der deutsche Verkehrssektor, würde sich die Erde um mehr als 3 Grad C erhitzen. Daß bei einem der dunkelsten Kapitel der Politik hierzulande unverändert alles falsch läuft, wird an einem Beispiel deutlich: Das (marode) Schienennetz wächst jährlich um ca. 75 km; das Straßennetz hingegen um 10.000 km. 145 neue Autobahnprojekte sind bundesweit geplant, 66 davon in NRW. Oliver Krischer, Verkehrsminister im einwohnermäßig größten Bundesland, hatte sich den Betonphantasien des Volker Wissing zunächst widersetzt und wollte die einzelnen Projekte erstmal auf den Bedarf hin prüfen. Es dauerte allerdings nur kurze Zeit, bis er verkünden ließ, nun doch zuzustimmen, wenn auch zähneknirschend. Mittlerweile haben sich schon zahlreiche Bürgerinitiativen gegen den Bau neuer Autobahnabschnitte formiert. Wieder einmal erleben wir, daß die Grünen, ob in den Ländern oder im Bund, charakterlos umfallen, wenn es darum geht, unbeugsam und standhaft zu bleiben. An einer Regierungsbeteiligung um jeden Preis festzuhalten, war ihnen stets wichtiger als klare Kante zu zeigen. Wo es Ihnen doch eigentlich unter den Nägeln brennen müßte, ihre Urthemen kompromisslos gegen alle Widerstände durchzufechten.

Aber selbst im Jahre 2023 ist nicht zu erkennen, daß sich irgendein Politiker dazu aufrafft, die umwelt- und klimafreundliche Bahn endlich wieder zum wichtigsten Massenverkehrs- und Transportmittel der Zukunft zu machen.

Das ab 1. Mai gültige 49,– €-Ticket erhält jeder, unabhängig vom Einkommen, also nach dem Gießkannenprinzip. Für Bürger, die finanziell nicht so gut dastehen, ist es zu teuer.

Jens Hilgenberg vom BUND meint dazu: „Damit auch Menschen mit geringem Einkommen die Vorteile des Deutschlandtickets nutzen können, muß es durch ein Sozialticket ergänzt werden. Einige Bundesländer, so Hilgenberg, planen bereits, das Deutschlandticket für bestimmte Gruppen günstiger anzubieten. „Sinnvoller und sozial gerecht wäre es, das ermäßigte Ticket bundesweit für maximal 29 Euro auszugeben, finanziert aus Bundesmitteln. Denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kostet das Deutschlandticket netto deutlich weniger als 49 Euro, wenn sie die steuerrechtlichen Möglichkeiten nutzen.“

Leider lohnt sich für viele Menschen der Kauf des 49,– €-Tickets insofern nicht, da sie wegen unattraktiver Angebote und schlechter Verbindungen auf dem Land nicht flexibel reagieren können. Daraus ergibt sich die Forderung nach deutlich mehr Geld für Schiene und ÖPNV, damit diese Verkehrsträger ihre Aufgaben in der Fläche optimal leisten können.

Auch bei der LKW-Maut haben sich die Grünen von der FDP über Tisch ziehen lassen. Die Gebühr ist viel zu niedrig angesetzt – und auch schon seit 2 Jahren überfällig. Eigentlich waren hierfür 800,– € vorgesehen. In der jetzigen Form hat die Maut somit keine Lenkungswirkung und wird deshalb auch keine entscheidenden Impulse für die Bahn bringen.

Von Herrn Dr. Wissing kam der Vorschlag, jeden Bürger mit einem 49,–€ Ticket zu belohnen, wenn er sich einen neuen PKW anschafft.

Ich habe eine bessere Idee: Jeder Fahrgast müßte für die Abschaffung seines PKW`s dieses Ticket erhalten, und zwar zu einem darüber hinausgehenden, noch günstigeren Tarif, als wirksamen Anreiz zum Umstieg auf Bahn bzw. ÖPNV. Das wäre eine bedeutender Beitrag zur ökologischen Verkehrswende.

Streitbar, fundamentalistisch, gewaltfrei, prinzipientreu: Lang, lang ist`s her: Früher kämpften die Grünen für ihre Werte und Ideale. Heute beherrschen sie die Sprache der Ökonomen wie aus dem FF. Sie wollen, um es noch mal zu sagen, nur eines: Die Macht erringen, unter wem und mit wem und zu welchen Konditionen, spielt keine Rolle.

So kann es nicht weitergehen. Darum hört mal her, ihr Grünen: Weniger Pathos ist angesagt, stattdessen mehr Ethos. Glaubwürdigkeit hat sich noch immer ausgezahlt. Sie gewinnt man aber nur dadurch, daß man den notwendigen Einsatz zeigt und alle Kräfte für den über Jahrzehnte hinweg wiederholt ausgerufenen radikal-ökologischen Politikwechsel bündelt. Das wäre ein wahrer Segen für dieses Land, seine Menschen, unser aller Zukunft und die demokratische Streitkultur.

Karl Josef Knoppik, 18. Mai 2023

Die Grünen an der Abbruchkante: Wo sie regieren, wächst kein Gras mehr – Eine Partei ohne eisernen Willen zu fundamentalen Veränderungen und Mut zu Konfliktbereitschaft

Haben es sich die Grünen in den Liegestühlen am Rande der Abbruchkante bequem gemacht? Braunkohleabbau am Hambacher Forst im Okober 2021. (archivfoto: zoom)

Das Wort Klimaterrorist hat die Jury sprachkritischer Unwortaktion zu Recht zum Unwort des Jahres 2022 erklärt. Es kriminalisiert den demokratischen Widerstand gegen den Braunkohletagebau und andere naturzerstörerische bzw. klimaschädliche Großprojekte, die längst nicht mehr nur von den C- und F-Parteien, sondern auch den Grünen energisch vorangetrieben werden. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre betrat die Öko- und Friedenspartei politisches Terrain und kämpfte für Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung. Es war auch die Geburtsstunde der Naturschutzorganisationen. Der Einzug von Petra Kelly, Gert Bastian, Waltraud Schoppe oder Joschka Fischer in die Parlamente sorgte damals dafür, daß Begriffe wie Fortschrittsgläubigkeit, Wachstum und Umweltzerstörung zum Werkzeug der Gesellschafts- und Gesetzeskritik wurde.

Windenergie bei Einhaus, oberhalb von Remblinghausen. Eine noch gründlichere Zerstörung erfährt die Landschaft durch den massiven Ausbau der Windenergie. WKA und Windparks verursachen tiefgreifende Veränderungen des Landschaftsbilds. Früher schwammen die Grünen gegen den Strom; heute verkaufen sie ihn – und ihre Seele gleich mit. (archivfoto: zoom)

Heute ist aus den ehemaligen Ökofundis eine dem Zeitgeist angepasste Gruppierung geworden, die Industriepolitik auf ihre Fahnen schreibt und z. B. den massiven Ausbau der Windkraft trotz brutaler Eingriffe in sensible Naturräume, historisch bedeutsame Kulturlandschaften und sogar ausgewiesene Naturschutzgebiete genehmigen will. Und dieser „Notfallplan“ soll auf Biegen und Brechen durchgesetzt werden, ohne Rücksicht auf Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft und ohne gesetzlich garantierte Einspruchs- und Mitwirkungsrechte von Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen. Für den Bau dieser Anlagen sind lt. Wirtschaftsminister Habeck weder eine Umweltverträglichkeits- noch artenschutzrechtliche Prüfungen vorgesehen. Doch damit nicht genug: Der Windenergiebranche werden keine Ausgleichsmaßnahmen für die Inanspruchnahme von Flächen vorgeschrieben. Sogar die „Bildzeitung“ nahm in einem Beitrag vom 1. Februar Anstoß an der energiepolitischen Geisterfahrt des Ministers.

Auch beim Thema Braunkohleförderung betätigen sich die Grünen als Vollstrecker von Lobbyinteressen.

2021 schien die grüne Welt noch in Ordnung. Alle demonstrierten für den Erhalt des Dorfes Lützerath. (archivfoto: zoom)

Lützerath, der Hambacher Wald oder zuvor Garzweiler II stehen beispielhaft für den erbittert geführten Kampf gegen den Ausverkauf von Heimat, Natur und Landschaft und die Versündigung an den Lebenschancen nachfolgender Generationen. Daß es bei den Demonstrationen in und um das Dorf Lützerath heftige Auseinandersetzungen geben würde, war von vornherein absehbar.

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Ist das Verfeuern von Holz wirklich klimaneutral oder besiegelt die Übernutzung dieses Rohstoffs nicht den Ausverkauf des deutschen Waldes unter dem Label der Nachhaltigkeit?

Es geht nicht in erster Linie um den Wert des Waldes, sondern – wie schon bei den Forstklassikern vor 200 Jahren – fast ausschließlich um Holz (Foto: Karl Josef Knoppik)

Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann aus dem Erzgebirge, prägte als erster im Jahre 1713 den Begriff der Nachhaltigkeit. Dieser wurde im frühen 18. Jahrhundert vor dem Hintergrund einer zunehmenden Holznot definiert.

Kein Begriff wird heutzutage so mißbräuchlich verwendet wie Nachhaltigkeit. Er wurde zum geflügelten Wort und muß heutzutage für nahezu alles herhalten.

Genauso wie das Attribut „aus regionaler Herkunft“ oder „regionaler Erzeugung“, was den Menschen suggerieren soll, daß die Nahrungsmittel, die ihnen über die Ladentheke gereicht werden, tiergerecht und ohne chemische Dünger und Pestizide angebaut werden.

Fast jeder Betrieb, jedes Unternehmen reklamiert für sich fortschrittlich und innovativ zu sein und damit dem hohen Anspruch der Nachhaltigkeit zu genügen. Alle möchten am liebsten ganz vorn dabei sein. Das betrifft aber nicht nur die Lebensmittelbranchen. Vorausgesetzt, es würde zutreffen, daß eine große Anzahl von Betrieben Nachhaltigkeit nicht nur predigen, sondern auch in der Praxis anwenden, dürfte es kaum noch Massentierhaltung geben, könnte man glauben.

Am Urwaldsteig im NP Kellerwald-Edersee – Foto: Doris Knoppik

Ein anderes geflügeltes Wort betrifft unsere angeblich vorhandenen Werte, die immer dann besonders herausgestellt und verteidigt werden, wenn die eigene Wirtschaft von außen bedroht ist, durch Länder, in denen Bürgern ihre demokratischen Grundrechte vorenthalten werden und wo Umwelt- und Gesundheitsschutz keine Rolle spielen. Von welchen Werten sprechen diese Politiker eigentlich? Sie hat man doch längst über Bord geworfen.

Die deutsche Politik ist nicht wertorientiert. Wir beuten die sog. 3. Welt aus. Durch unsere höchst zweifelhafte Exportwirtschaft vergrößern und zementieren wir die dortige Armut, vernichten deren Lebensgrundlagen, plündern ihre Ressourcen. Die Bundesregierung unter Scholz blockiert bis heute ein Lieferkettengesetz, das auf allen Produktionsstufen die Einhaltung der Menschenrechte und wirksamen Natur- und Klimaschutz garantieren soll. Von nachhaltigem Denken geschweige denn Handeln also keine Spur. Für diese irrationale Vorgehensweise gibt es nur eine Erklärung: Entweder ist man sich über die Bedeutung des Begriffs nicht im klaren, oder es fehlt einfach der Wille und/oder die Kraft zur Durchsetzung solcher Maßnahmen, weil in Regierungsverantwortung stehende Politiker allein die Interessen der Wirtschaft im Auge haben.

Natürlicher Eichenwald, oft gemischt mit Hainbuche und anderen Laubhölzern: Heute fast nur noch in Reservaten, wie hier im Nationalpark Kellerwald-Edersee zu beobachten. Foto: Doris Knoppik

Natürliche Ressourcen dürfen nur in dem Maße verbraucht werden, wie sie sich durch Nachwuchs erneuern. Das gilt für das Ökosystem Wald ebenso wie für die Ressource Wasser. Eine Binsenweisheit!

Zu Beginn der industriellen Revolution wurde die erneuerbare Ressource Holz nur dadurch vor der endgültigen Vernichtung bewahrt, – die nachhaltige Nutzung des Waldes also nur dadurch möglich -, daß Stein- und Braunkohle die Holzkohle ersetzten.

Holzverbrennung ist klimaschädlich. Holz zu verheizen, gilt nach landläufiger Meinung als „klimaneutral“. Dieser Rohstoff weise die bessere CO²-Bilanz auf, so die gängige Auffassung. Die holzverarbeitende Industrie sieht darin ein großes Einsparpotenzial. Tatsächlich? Nach Ansicht des Wissenschaftlers Prof. Dr. W. Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist das eine Milchmädchenrechnung. Denn Bäume wachsen bekanntlich sehr langsam. Während die eine Biomasse langsam nachwächst, holzt man schon die nächste ab. In Minutenschnelle wird verbrannt, was innerhalb von Jahrzehnten gewachsen ist. Man ist also ständig im Minus, so Prof. Lucht; und es dauert Jahrzehnte, bis dieses System irgendwann ins Plus kommt. Und in diesen langen Zeiträumen haben wir mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre als wenn man nicht abholzen würde. So reichert sich ständig mehr CO² in der Atmosphäre an, was die globale Erwärmung weiter befeuert. Nach Aussage des Experten vom PIK fällt durch die Verbrennung von Holz 1 ½ mal soviel CO² an wie bei der Kohleverbrennung, doppelt so viel wie bei der Ölverbrennung und sogar dreimal so viel wie bei der Verbrennung von Gas.

Einschichtig aufgebauter Fichtenreinbestand im Sauerland (Altersklassenwald) – Foto: Karl Josef Knoppik

Raubbau am deutschen Wald

Der Buchautor und Forstwirtschaftskritiker Peter Wohlleben beklagt seit langem den Raubbau am deutschen Wald: Der Einschlag pro Waldfläche liege 4-mal höher als der Weltdurchschnitt und auch noch deutlich höher als jener in der EU (Quelle: ARD-Magazin Plusminus vom 25.8. 2022). Wo soll die ganze Biomasse herkommen?

Ausgedehnte Waldgebiete werden radikal abgeerntet und in Pelletwerken verheizt, gehen in Flammen auf. Holz ist aber viel zu wertvoll, um einfach verbrannt zu werden. Der blanke Hohn ist, daß dieser Wahnsinn auch noch als „klimaneutral“ gilt. Mit demselben Recht könnte man auch den fossilen Brennstoff Kohle als nachhaltig bezeichnen. Fossile Energie wird aus Brennstoffen gewonnen, die in geologischer Vorzeit aus Abbauprodukten von toten Tieren und Pflanzen entstanden. Das sind z. B. Riesen-Farne, Bärlappe oder Schachtelhalmgewächse. Letztere gediehen in Sümpfen und Mooren. Den größten Bestandteil der Wälder in der Karbonzeit vor ca. 300 Mio. Jahren stellen die Farnpflanzen dar. Sie erreichten Höhen von 10 bis 15 Metern. Riesige Pflanzenmassen sammelten sich an, aus denen im Verlauf der weiteren Erdgeschichte durch langsam verlaufende chemische Prozesse unter dem Druck darüber liegender Erdschichten die Steinkohlelagerstätten entstanden (Quelle: Wikipedia).

Die Redaktion von „Plusminus“ wollte zu diesem Problem den Wirtschaftsminister Habeck und die ebenfalls grüne Umweltministerin Steffi Lemke interviewen. Doch von keinem der beiden Amtsträger war für die ARD-Reporter eine Stellungnahme zu bekommen.

Unterdessen liefen zahlreiche Verbände gegen den Beitrag des ARD-Magazins Sturm, namentlich die Säge- und Holzindustrie, die Fachagentur nachwachsende Rohstoffe, der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband und die Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF). Sie alle gingen auf die Barrikaden. Das werte ich als eindeutiges Zeichen dafür, daß das „Plusminus“-Autorenteam und die in der Sendung zu Wort gekommenen Experten ins Schwarze trafen.

Übrigens haben schon jetzt jährlich mehr als 20 Milliarden von fehlgeleiteten Subventionen für die Holzverbrennung Wälder in Europa und weltweit massiv geschädigt, den Klimawandel und das Artensterben angeheizt und die Luftverschmutzung vorangetrieben. Derzeit wird das Verbrennen von Holz als Energierohstoff in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU überdacht, heißt es nach Recherchen der Umweltorganisation ROBIN WOOD. Das Verfeuern von Wäldern ist nicht erneuerbar und kein Beitrag zum Klimaschutz. Der Biomassennachfragemarkt gilt bisher als grüne Energie, weil sich damit viel Geld verdienen läßt.

Pellets in Deutschland

Die Forst- und Holzlobby weist darauf hin, daß Pellets in Deutschland zu etwa 90 Prozent aus Rest- und Abfallstoffen der Säge- und Holzindustrie hergestellt werden. Das übrige Zehntel werde auf Basis von nicht sägefähigem Waldholz erzeugt, welches als Teil des Einschlags von Holz für die Säge- und Holzindustrie oder bei notwendigen forstlichen Maßnahmen, wie der Verkehrssicherung, anfällt. An dieser Stelle muß ich darauf hinweisen, daß unter dem Deckmantel der Verkehrssicherung allzu oft Kahlschlag auf breiter Front betrieben wird, ohne jede Rücksicht auf Aspekte der Biodiversität. Der Wald wird regelrecht zu Tode genutzt. Von Nachhaltigkeit kann deshalb nicht die Rede sein.

Alles Holz, das geerntet wird, ist Teil des natürlichen Kreislaufs im Ökosystem Wald. Dies sollte sich die Holzindustrie hinter die Ohren schreiben. Es gibt keine Biomasse welcher Art auch immer, die für die Wald-Lebensgemeinschaft nicht von essentieller Bedeutung wäre. Der natürliche Kreislauf kann doch nur funktionieren bzw. aufrechterhalten werden, wenn Biomasse, die durch Abbau- und Zerfallsprozesse ständig anfällt, wieder in diesen Kreislauf zurückgeführt wird. Das ist Recycling in Perfektion. Von der Natur lernen, lautet die Devise!

Klimaschutzwald mit hohem CO²-Speichervermögen und reicher Artenvielfalt – Foto: Knoppik

Rund 50 Mio. Tonnen CO² nimmt der deutsche Wald jedes Jahr auf. Aber wenn er weiter so genutzt wird wie bisher, wird dieser Wert sinken, prognostizieren Forscher des Freiburger Ökoinstituts in einer bereits zu Beginn des Jahres 2018 veröffentlichten Greenpeace-Studie (www.waldvision.de) Anhand von Computermodellen haben sie errechnet, daß der Wald zu Anfang des nächsten Jahrhunderts nur noch ca. 1/3 der Menge absorbieren kann. Um das Aufnahmevolumen von heute auch künftig zu erreichen, brauche es mehr Schutzgebiete, eine ökologische Bewirtschaftung vom Rest des Waldes sowie „eine moderate Verringerung des Holzeinschlags.“

Nur noch 2,9 % der Landfläche befinden sich in ursprünglichem Zustand. Eine Steigerung der Anzahl von Wildnisgebieten in Deutschland wird nach wie vor angemahnt. Momentan sind 0,6 % reine Wildnisgebiete, viel zu wenig. 2 % sollten es bis 2020 sein. Dieses Ziel wurde klar verfehlt. Die Interessen der Holz- und Forstwirtschaft haben sich einmal mehr durchgesetzt. Das ganze Gerede von der Politik ist damit wie eine Seifenblase zerplatzt. Nur 3 % der Waldfläche können als Naturwälder angesprochen werden.

Klimagerechter Mischwald ist chancenlos

Einen wesentlichen Anteil daran, daß bei uns ein klimagerechter Mischwald aus heimischen Baumarten chancenlos ist, hat auch die am Trophäenkult sich ergötzende Jagdlobby. Die Schalenwildpopulationen sind fast überall viel zu hoch, als daß die so wichtigen Edellaubhölzer mit der Buche als Leitbaum den selektiven Wildverbiß im Jugendstadium überstehen könnten. Wald wird zur bloßen Kulisse eines bequemen Jagdvergnügens und degeneriert zur reinen Holzplantage.

Vorbildlich bewirtschaftete Wälder, die das Prädikat Ökologisch und Nachhaltigkeit für sich in Anspruch nehmen können, gibt es in Deutschland seit vielen Jahren. Ein sehr positives Vorzeigeobjekt unter ihnen ist der Lübecker Stadtwald, zertifiziert durch den Ökoverband NATURLAND. Hier lag zu Beginn der 90er Jahre die durchschnittliche Holzmenge pro Hektar bei etwa 300 Kubikmetern. Inzwischen kommt man in diesem Wirtschaftswald auf fast 500 Kubikmeter. Der deutsche Durchschnitt liegt bei höchstens 330. Das Rezept der dort verantwortlichen Förster für einen höheren Holzvorrat: Geduld und ein solides wirtschaftliches Konzept. Knut Sturm vom Stadtwald Lübeck erklärt: „Wir lassen unsere Bäume im Schnitt um mindestens 30 Jahre älter werden als die meisten anderen Forstbetriebe. Das Holz ist dann deutlich dicker und hochwertiger. So schlagen wir insgesamt weniger Holzstämme ein, erzielen damit jedoch höhere Preise.“ (Quelle Schrot & Korn 10/22). Damit ließe sich etwa so viel verdienen wie mit einem normalen Wirtschaftswald. Gleichzeitig wird der Wald jedoch gestärkt und kann seine Gemeinwohlfunktionen besser erfüllen. Das Lübecker Modell wurde in engem Austausch mit Bürgern, Politik, Wissenschaft und Umweltorganisationen entwickelt. Heute, 30 Jahre später, ist die positive Veränderung deutlich spürbar: „Man muß kein Experte sein, um wahrzunehmen, daß unser Wald dunkler, geschlossener, kühler, feuchter und offenbar gesünder ist als viele unserer Wälder.“

Naturwälder reichern mehr Holz an als Wirtschaftsforste

Längst ist erwiesen, daß Naturwälder, läßt man sie wachsen, mindestens doppelt so viel Holzvorräte anreichern wie Wirtschaftsforste, so Dr. Hans Bibelriether, früherer Chef des Nationalparks Bayerischer Wald. In Naturwäldern werden die Bäume 400 bis 600 Jahre alt. Das Durchschnittsalter in deutschen Wäldern liegt bei 77 Jahren. Würde auf 5 Prozent der Fläche keine Nutzung stattfinden, ergäbe das eine viel höhere CO²-Bindung als in Wirtschaftsforsten, von der überreichen Artenvielfalt ganz zu schweigen. Buchenreiche Naturwaldreservate mit lebendem Holzvorrat bis zu ersten Vorratsfestmetern zeigen, daß in diesen Wäldern die Holzvorräte mindestens verdoppelt werden können. Die CO²-Speicherleistung in den Waldböden ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Erst ab einem Alter von 800 Jahren halten sich Aufnahme und Abgabe von CO² die Waage. Die Tatsache, daß beachtliche 6.700 Tier- und 4.300 Pflanzenarten(!) in natürlichen Buchenwäldern vorkommen, unterstreicht die überragende Bedeutung eines Nutzungsverzichts. Darunter befindet sich ein hoher Anteil an Pilzen mit weit über 500 Arten, außerdem Moose, Flechten, Kerbtiere, sowie hunderte von Käferarten, die „Totholz“ in mehreren Entwicklungsstadien besiedeln.

Werfen wir ein Blick nach Nordbayern, wo seit Jahren um einen Buchenwald-Nationalpark Steigerwald gestritten und gerungen wird. Die bayerische Staatsregierung weigert sich bis heute, dort ein Naturreservat von internationaler Bedeutung einzurichten.

Die Holzlobby und die Bayerischen Staatsforste werben vielmehr offensiv für ein anderes Konzept. Ihr Gegenentwurf zu einem Nationalpark lautet: „Schützen durch Nützen“.

Irreführende Öffentlichkeitskampagne

„Mit Öffentlichkeitskampagnen, Walderlebniszentren und Baumwipfelpfaden reklamieren sie das Thema Umweltbildung im Wald für sich und suggerieren der breiten Öffentlichkeit, daß Wald am besten durch „nachhaltige Nutzung“ zu schützen sei. So wurde bspw. das 2011 vom Bayerischen Landtag beschlossene Steigerwald-Zentrum als „bundesweites Vorzeigeprojekt zur nachhaltigen und umweltschonenden Waldbewirtschaftung“ gemacht und damit die jahrelang diskutierte Einrichtung eines Nationalparks konterkariert. (Quelle NATIONALPARK 1/2019 – Hans-Dieter Knapp, Dipl.-Biologe).

Man möchte einen Wald, bestehend aus Gruppen von jüngeren und älteren Bäumen vorhalten. Nur: Wenn ich ihn umschneide, kann ich ihn nicht mehr schützen. Denn Bäume, die frühzeitig geerntet werden, sind automatisch nicht richtig geschützt. Man begnügt sich mit kleinen Inseln inmitten eines forstwirtschaftlichen genutzten Waldes. Das ist pure Augenwischerei.

Der Ebracher Forst im Steigerwald, nun schon seit Jahren für einen NP favorisiert, wird künstlich jung gerechnet, obwohl hier überall alte Bäume stehen. Die alten Bäume werden mit den jungen verrechnet, daraus wird ein Mittelwert gebildet. Und damit haben wir keine 140 bis 180 Jahre alten Wälder, sondern nur 120-jährige.

So ein jüngerer Wald erscheint natürlich weniger schützenswert.

Das Weltnaturerbe Steigerwald liegt am Boden. Für Vertreter der Bayerischen Staatsforste sind erst 250- und 300-jährige Buchen alte Bäume.

Der Landes-Staatswald ist in weiten Teilen ein ökologisch unreifer Wald. Der Anteil der Baumaltersklasse über 160 Jahre erreicht gerade mal 4 Prozent. Im Laubwaldbestand liegt der Anteil der Althölzer bundesweit bei nur 3 Prozent, das sind 99.755 Hektar. Dabei handelt es sich häufig um weitgehend bereits abgeerntete, aufgelichtete Altholzbestände. Das nahezu vollständige Fehlen von Altersphasen mit fortgeschrittener Waldentwicklung hat fatale Wirkungen auf die biologische Vielfalt unserer Wälder (NATIONALPARK 2019).

Fazit: Wenn der Begriff Nachhaltigkeit in unseren Wäldern seine Berechtigung haben und nicht zur Farce werden soll, bedarf es eines behutsamen und auf strikte Sparsamkeit bedachten Umgangs mit der Ressource Holz. Anzustreben ist eine sofortige Abkehr von Monokulturen einschließlich darin eingebrachter fremdländischer Baumarten, die nur dem Zweck dienen sollen, möglichst viel Holz zu erzeugen. Das Ziel muß aber sein, endlich auf breiter Front naturnah aufgebaute und artenreiche Mischwälder zu begründen, die schonend nach dem Dauerwaldprinzip mit Augenmaß bewirtschaftet werden. Sie sind auch weitaus widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels.

Die Nachhaltigkeit der deutschen Wälder, – es handelt sich ja meist um intensiv genutzte Forste, – ist längst überstrapaziert. Wälder werden in Nacht- und Nebelaktionen leergeräumt, ohne jede Rücksicht ihrer organischen Substanz beraubt (Äste, Zweige für Schmuckreisig, „Totholz“, Stubben, Strünke etc., allesamt für ein funktionierendes Ökosystem unentbehrliche Biotop- und Strukturelemente, alles im Namen der Nachhaltigkeit.

Karl Josef Knoppik, 14. November 2022

Der Nationalpark Berchtesgaden – Ein Naturjuwel im südöstlichsten Winkel Deutschlands – Hotspot der Artenvielfalt – gefährdet durch Massentourismus

Arnika (Arnica montana) Eine der ältesten Heilpflanzen im Alpenraum. Zerstreut, aber gesellig in mageren Rasen auf kalkfreien, sauren Böden zwischen 1.100 und 1.900 m – (Foto: Nationalpark Berchtesgaden)

In diesem Jahr schreibt die Nationalparkidee Geschichte. Vor 150 Jahren wurde der Yellowstone-Nationalpark in den USA gegründet, der erste weltweit. Deutschland kann bis heute 16 solcher Naturreservate der höchsten Schutzkategorie vorweisen. Einer davon liegt im äußersten Südosten der Republik unmittelbar an der Grenze zu Österreich. Es ist der bislang einzige Alpen-Nationalpark in Bayern, bestehend aus mächtigen Gebirgsstöcken, wie des Hochkaltermassivs, der Reiteralpe, Hohem Göll und Hohem Brett und natürlich dem Watzmann als Wahrzeichen des Berchtesgadener Landes.

Das 210 km² große Schutzgebiet existiert seit fast genau 44 Jahren. Am 1. August 1978 trat die Verordnung offiziell in Kraft, nachdem es in den Jahren zuvor immer wieder harte Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern eines Nationalparks Königssee gab.

Eingang ins Klausbachtal, im Hintergrund die Mühlsturzhörner (Foto: Doris Knoppik)

1975 wurden Pläne aus der Schublade geholt, die vorsahen, den Watzmann durch eine Seilbahn zu erschließen. Dieses Vorhaben stieß auf erbitterten Widerstand, wurde zum Glück nicht realisiert. Es hätte das vorzeitige Aus für den NP bedeutet. Kurze Zeit später drohte dem Schutzgebiet dann noch eine weitere Gefahr, ausgehend von Tourismusspekulanten und Kommunalpolitikern. Sie hatten die ökologisch hochbewertete Südseite des Jenner (1.874 m) ins Visier genommen, um dort einen Skizirkus zu errichten, mitten in der heutigen Kernzone des Parks.

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Rot-Grün-Gelb: Der Kanzler zaudert, die Grünen tun, was sie können, und die FDP bremst.

Unterfinanziert, aufs Abstellgleis geschoben, kaputtgespart: Die umwelt- und
klimafreundliche Eisenbahn – von der Politik im Stich gelassen! (fotos: knoppik)

Nach etwas mehr als 5 Monaten Regierungszeit gibt die Koalition kein einheitliches Bild ab. Die Stärke des sozialdemokratischen Bundeskanzlers liegt in seiner Führungsschwäche. Er agiert zögerlich und unentschlossen, hat laut „Bild-Zeitung“ den Fuß halb auf der Bremse, halb auf dem Gaspedal. Olaf Scholz vertraut darauf, daß seine ruhige hanseatische Art von der Bevölkerung positiv aufgenommen und mit guter Politik gleichgesetzt wird. Darin ist er seiner Vorgängerin Angela Merkel sehr ähnlich.


Die Wirklichkeit sieht aber so aus, daß jeder in der Koalition versucht, seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Für den Kanzler wird es deshalb immer schwerer, seine Regierung zusammenzuhalten. Ich sehe weder eine gemeinsame Linie, noch eine ressortübergreifende Strategie, welche auf die großen Zukunftsthemen, sprich die soziale Frage und die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen als übergeordnetes Ziel ausgerichtet wäre.

Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP entspricht nicht den Anforderungen an eine ökologisch-soziale Politikwende. Die Ökopartei mit Robert Habeck, A. Baerbock, Cem Özdemir und Steffi Lemke haben durch ihre Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen der FDP den Grundstein dafür gelegt, daß der seit langem überfällige Kurswechsel wieder nicht stattfindet. Bündnis 90/Die Grünen beharren im Gegensatz zu damaliger Zeit längst nicht mehr auf ihren Forderungen; sie stellen keine Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung.

Heutzutage ist es leider gängige Praxis, daß nahezu alle Parteien miteinander koalieren, egal ob das inhaltlich zusammenpasst oder nicht. Die gewaltigen Herausforderungen Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Soziales und Friedenssicherung können jedoch nur dann erfolgreich gemeistert werden, wenn dieses sehr ehrgeizige Zukunftsprojekt von allen drei Parteien getragen wird. Das ist eindeutig nicht der Fall. Das Grundproblem ist: SPD und Grüne haben sich in der FDP den falschen Partner ausgesucht. Das gilt besonders für die Ökopartei. Man sollte eigentlich wissen, daß anders als die LINKEN die FDP für eine ökologisch-soziale Wende nicht gewonnen werden kann. Die FDP ist ihrem Ruf als politischer Arm der Lobbyisten bisher stets treu geblieben. Nach wie vor besteht eine große Nähe zu Reichen und besser Verdienenden, also den Privilegierten in unserer Gesellschaft, denen sie sich traditionell eng verbunden fühlt. Gleiches trifft natürlich auch auf die CDU/CSU zu.

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