Mächtige Lobby aus der Gas-, Öl- und Kohlebranche drückt dem Klimagipfel ihren Stempel auf

Deprimierendes Fazit der Verhandlungen in Baku/Aserbaidschan

Dargestellt ist mit Balken die Abweichung der Temperatur in den bisherigen Jahren im Vergleich zum vorindustriellen Klimamittel im Zeitraum 1881-1910 (rot = wärmer, blau = kälter). Die rote Fläche zeigt die Bandbreite der Klimaprojektionen für die nächsten Jahrzehnte bei einem weltweit ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen, die blaue Fläche bei konsequentem globalen Klimaschutz (Einhaltung der Pariser Klimaziele) (Grafik: © DWD) Siehe auch hier im Blog: UN-Klimakonferenz COP-29 in Baku

1.700 Lobbyisten aus der Gas-, Öl- und Kohleindustrie waren auf der 29. Klimakonferenz, welche diesmal in Baku in Aserbaidschan ausgetragen wurde, anwesend.

Dagegen hielten Bundeskanzler Scholz, der Franzose Macron, Noch-US-Präsident Biden, der brasilianische Regierungschef Lula da Silva und EU-Komissionspräsidentin Von der Leyen ihr Erscheinen offenbar nicht für erforderlich, obwohl die Lage so ernst ist wie nie zuvor.

Der Klimaforscher Mojib Latif, Seniorenprofessor am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, nannte es unter www.tagesschau.de vom 23.11. 24 absurd, wenn Klimakonferenzen in Staaten stattfinden, die von Öl oder Gas leben – so wie zuletzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder jetzt in Aserbaidschan. „Diese Staaten blockieren den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, obwohl der dringend geboten ist.“

Seit fast 30 Jahren kommt die Weltgemeinschaft zu Klimakonferenzen zusammen. Der Wissenschaftler hält sie für ein „Spektakel“ ohne große Wirkung. Er zieht den Sinn der jährlichen UN-Klimakonferenzen grundsätzlich in Zweifel. „Wir haben 28 Konferenzen hinter uns, und die Emissionen sind explodiert. Die COP (Conference of the Parties) ist ein Spektakel, das dem Klima bisher nichts gebracht hat“, sagte er der Rheinischen Post. Gut sei nur, daß dort die Entwicklungsländer gehört werden und Technologiemessen entstehen.

Infolge des Klimawandels heute ein sehr seltener Anblick: Winterlicher Naturgarten in der Morgensonne (Foto: Doris Knoppik)

Besser als die jährlichen Mammutkonferenzen wäre es aus seiner Sicht, wenn die großen Verursacher klimaschädlicher Treibhausgase sich in kleinerem Format zusammensetzen und handeln. „China und die USA verursachen zusammen fast die Hälfte der globalen Emissionen, die G20-Staaten zusammen 80 Prozent“.

Der Meteorologe und Klimatologe forderte Ehrlichkeit von der Politik. „Wir haben das 1,5 Grad-Ziel de facto schon gerissen. Wir werden es nicht mal schaffen, die Erderwärmung unter 2 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu halten.“ Umso wichtiger sei es, jetzt zu handeln. Es ist fünf nach zwölf.“

Die Positionen der anwesenden Teilnehmer lagen von Anfang an weit auseinander. Vereinbart war, daß die reichen Industriestaaten einen angemessenen Beitrag an jene Länder zahlen, die besonders vom Klimawandel betroffen sind. Ihre berechtigten Forderungen wurden aber wieder nicht erfüllt. Und für ihre Anliegen gab es auch keine Rückendeckung von Seiten des aserbaidschanischen Präsidenten. Das Austragungsland zeigte lt. NGO`s von vornherein wenig Interesse am Klimaschutz. Die Durchsetzung geopolitischer Interessen hat wohl oberste Priorität. Man setzt also auch weiterhin auf die Nutzung fossiler Energie, wenn auch in Baku der Ausstieg aus den fossilen Energien beschlossen wurde, fragt sich nur bis wann. Denn dieser Beschluß wurde auf früheren Konferenzen auch schon gefasst. Bis heute nichts als unverbindliche Absichtserklärungen.

Meist nur ein kurzes Intermezzo: Geschlossene Schneedecke auf rd. 290 m Seehöhe (Foto: K. J. Knoppik)

Das nimmt keiner mehr für bare Münze. Saudi-Arabien und anderen Erdöl exportierenden Staaten beschert das Festhalten an einer rückwärtsgewandten Energiepolitik auf fossiler Basis dauerhaft sprudelnde Geldquellen, zumal die Gier nach diesen Rohstoffen weltweit ungebrochen ist und immer noch viel zu wenig getan wird, um davon unabhängiger zu werden.

Man erinnere sich: 2009 wurde von Ex-Bundeskanzlerin Merkel während des Besuchs des US-Präsidenten Obama in Schloß Elmau das Zeitalter der Dekarbonisierung ausgerufen. Was diese Äußerung einer selbstgefälligen Kanzlerin wert war, sehen wir heute. Deutschland bezieht nach wie vor Kohlestrom aus Kolumbien, Polen und Australien.

Ein Wintertag am Galenbecker See – Mecklenburg-Vorpommern (Foto: Heinz Tuschl)

240 Mrd. Dollar lautete das Angebot der reichen Industrienationen, mit dem sie in die Konferenz starteten. Diese Summe wurde schließlich, quasi in allerletzter Minute, auf 300 Mrd. erhöht, um ein Scheitern der Konferenz doch noch abzuwenden. Die Differenz soll nun aus Entwicklungsbanken kommen. Nach Meinung der ärmeren Länder ist das immer noch viel zu wenig. Sie fordern 1 Billionen US-Dollar an Unterstützung, wenn auch zu bedenken ist, daß schon viel Geld dorthin geflossen ist. Deshalb sollte eine Vergabe weiterer finanzieller Mittel, so dringend sie erforderlich sind, an die Bedingung geknüpft werden, daß die Entwicklungsländer ihre Natur auch konsequent schützen.

Vorweihnachtliche Stimmung im Sauerland. (Bild: K. J. Knoppik)

Offen blieb bis zuletzt, welchen Beitrag der Wirtschaftsriese China zahlt, drittgrößtes Land der Erde, das offiziell nach wie vor als Entwicklungsland gilt.

Der alte und neue US-Präsident Trump hat bereits angekündigt, daß die USA mit seinem Amtsantritt erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen werden. Doch auch unter Joe Biden wurden i. S. Klimaschutz keine nennenswerten Fortschritte erzielt. Zu groß war der Widerstand im republikanisch geführten Senat. Seit Trumps Wiederwahl steht zudem fest, daß sich zukünftig beide Häuser des Kongresses, also Senat und Repräsentantenhaus, in der Hand der Republikaner befinden werden. Überall, wo man auch hinschaut, stehen die Zeichen auf Blockade, wenn es um Natur- und Klimaschutz geht, weiß Gott nicht nur in den USA. Hier will Donald Trump, – was ebenfalls nicht neu ist -, Naturschutzgebiete verkleinern, um sowohl das dreckige Fracking-Gas zu fördern als auch nach Öl zu bohren, ohne Rücksicht auf Verluste, auch im Golf von Mexiko. Ganz beendet hatte sein demokratischer Vorgänger die Ölbohrungen in arktischen Schutzgebieten aber auch nicht!

Seit 30 Jahren hangeln sich die Weltstaaten von Konferenz zu Konferenz. Deren Verhandlungsführer jetten für nichts und wieder nichts um den Erdball und schädigen das Weltklima, das sie eigentlich retten wollen, unwiderruflich.

Dabei haben gesundheitsbedingte Krankheiten durch den Klimawandel seit den 1990er Jahren um 170 Prozent(!) zugenommen.

Damit durchschlagende Erfolge im Kampf gegen die Erderwärmung erzielt werden könnten, müßten China, Indien und die USA an einem Strang ziehen. Davon sind wir aber weit entfernt, und man kann nur pessimistisch in die Zukunft blicken. Wo kein Wille – da ist kein Weg. Zudem messen 7 Prozent der deutschen Bevölkerung dem Klimaschutz eine nachrangige Bedeutung bei.

Unterdessen nehmen Wetterextreme global weiter zu, z. B. Feuersbrünste: Sie verlaufen immer dramatischer. Brände, die man nicht löschen kann – sowie Starkregenereignisse: Binnen 1,2, Tagen kommt jenes vom Himmel, was sonst in einem ganzen Jahr fällt.

Wir brauchen auf den internationalen Klimakonferenzen einen neuen Mechanismus, um die Klimaziele zu erreichen. 2025 trifft man sich in Brasilien zum nächsten Gipfel.

Ein schwacher Trost, daß lt. der in Baku anwesenden Delegationen eine Grundlage geschaffen wurde, auf der man nächstes Jahr in Südamerika weiterverhandeln kann, um vielleicht dann eine vorzeigbare Vereinbarung zu erzielen, die konkrete Beschlüsse mit echten Fortschritten für einen wirksamen Klimaschutz enthält. Mir fehlt jedoch bisher der Glaube. Dennoch bleibt das Provisorium Hoffnung; sie stirbt bekanntlich zuletzt.

01. Dezember 2024

2 Gedanken zu „Mächtige Lobby aus der Gas-, Öl- und Kohlebranche drückt dem Klimagipfel ihren Stempel auf“

  1. Mojib Latif hat doch alles gesagt:

    „Wir haben 28 Konferenzen hinter uns und die Emissionen sind explodiert. Die COP ist ein Spektakel, das dem Klima bisher nichts gebracht hat.“

    Was hilft da noch?

    Wir werfen UNSERE ZEITMASCHINE an – und das hat dieser Blog doch schon sehr erfolgreich getan – voll das 19. Jahrhundert-Feeling hier:

    – Klimawandel gibt es (noch) nicht: https://www.schiebener.net/wordpress/vier-tage-blogpause/

    – Kunst als Religion des Bürgertums: https://www.schiebener.net/wordpress/zerrissene-traeume-expressionistische-kunst-vom-aufbruch-in-die-moderne-bis-zur-ns-verfolgung/

    – Sozialpolitik als Verteilung von Almosen: https://www.schiebener.net/wordpress/nein-zu-gewalt-gegen-frauen-der-gefaehrlichste-ort-fuer-frauen-ist-nach-wie-vor-ihr-zuhause/

    Laßt uns wieder Merz-Türme bauen! Pardon, da ist mir Gegenwart reingerutscht, dummer Fehler, ich meinte natürlich Bismarck!

    .

    apropos „Zeitmaschine“: auch der Artikel „Mächtige Lobby …“ ist eine Zeitmaschine: Problemloser Zeitsprung zwischen dem „30. November 2024“ und dem „01. Dezember 2024“! Ich bin sicher, da geht noch mehr: Falls also jemand verbessern will, bitte eine größere Rückwärts-Datierung! Irgendwas mit 19-hundert …

    1. Das Pseudonym passt nicht. Das 19. Jahrhundert begann kalendarisch am 1. Januar 1801 und endete am 31. Dezember 1900.

      Das Herumwerfen mit Verlinkungen ersetzt keine Argumentation.

      Der Beginn war doch ein guter Einstieg:

      Mojib Latif hat doch alles gesagt:

      „Wir haben 28 Konferenzen hinter uns und die Emissionen sind explodiert. Die COP ist ein Spektakel, das dem Klima bisher nichts gebracht hat.“

      Was hilft da noch?

      Das ist tatsächlich die Frage, die es ernsthaft zu beantworten gilt.

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