Mit (Schnee-)Kanonen auf die Umwelt – was machen wir heute und morgen „mit ohne“ Schnee?

Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg 2012 (archivfoto: zoom)
Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg 2012 (archivfoto: zoom)

Mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, war und ist sicher nicht Sache der Winterberger. Sie schießen lieber mit Schneekanonen auf die Umwelt. Und das schon seit ungefähr 20 Jahren.

Warum?
Vermutlich weil die Winter-Urlauber nicht durch den Anblick grüner Wiesen vergrault werden sollen. Denn Naturschnee ist in den letzten Jahren auch in den Höhenlagen des Hochsauerlandkreises Mangelware geworden.

Die Lage, die Lage, die Lage
Am 2. Januar 2016, also im tiefsten Winter, bietet sich im Winterberger Skigebiet ein graugrünes, hier und da mit etwas Kunstschnee dekoriertes Bild. Der Wetterbericht meldet plus 5 bis 6 C °, starken Regen und teils stürmische Windböen, Schneefallgrenze 1225 m. Ab Mittwoch soll es dann besser werden. Es werden Schneeschauer erwartet.

Zum Leidwesen von Skifahrern und allen, die vom Wintertourismus leben, sind schneearme Winter keine Ausnahme mehr. Das „Wetterphänomen“ trifft nicht nur Mittelgebirgslagen schmerzlich. Auch in den Alpen kennt man dieses Problem. Manche sehen diese Tatsache offenbar nicht als Problem, sondern als eine „Herausforderung“ an, die mit cleveren Ideen (scheinbar) in den Griff zu kriegen ist, koste es, was es wolle.

Zaubermittel I
Das Zauberwort heißt „Schnee-Erzeuger“, besser als Schnee-Kanone bekannt. Allein im Raum Winterberg sollen mehrere hundert „Schnee-Maschinen“ im Einsatz sein. Die Investoren haben die Auswahl zwischen diversen Typen wie Eiskanone und Propellerkanone. Zu den neuesten und effektivsten sollen die Schneefabriken Snowfactory und Snow-Maker gehören.

Den Einsatz des Snow-Makers muss offenbar vom der Hochsauerlandkreis genehmigt werden. Vielleicht gab oder gibt es ja Bedenken, dass der Betrieb dieser Maschine den einen oder anderen Kollateralschaden mit sich bringen könnte?

Die Kritiker
Umweltschützer kritisieren gewiss nicht umsonst die Beeinträchtigungen und die Schäden, die der Natur durch künstlichen Schnee widerfahren.

Wie sieht es mit der Energiebilanz aus? Gehen wir mal davon aus, dass im Winterberger Skigebiet der überwiegende Teil der Pisten und Bahnen an rund 100 Tagen pro Saison künstlich beschneit wird. Wie hoch ist da der Wasser- und Energieverbrauch?

„Mit rund 170 Schneeerzeugern können pro Stunde gut 5.000 Kubikmeter Schnee hergestellt werden. Gespeist wird diese Anlage aus gleich mehreren Reservoirs …“, wirbt das Skiliftkarussel Winterberg auf seiner Website:

http://www.skiresort.de/skigebiet/winterberg-skiliftkarussell/bewertung/schneesicherheit/

Wie viel Wasser wird dafür tagtäglich verbraucht? Was macht das mit dem Grundwasser und dem Wasserhaushalt, was mit der Natur?

Zaubermittel II
In Österreich, der Schweiz, den USA und noch einigen anderen Ländern kommt eine weitere Wunderwaffe gegen schneelose Zeiten zum Einsatz. Das Produkt stammt aus den USA, nennt sich „SnoMax“, ist äußerst umstritten und daher in Deutschland verboten.

Sein Vorteil: SnoMax soll den Wasserverbrauch für die Herstellung künstlichen Schnees deutlich verringern.

Sein Nachteil: Es wird ihm ein negativer Einfluss auf Fauna und Flora nachgesagt. Der Grund dafür soll ein Bakterienprotein sein, das Pflanzen schadet und Trinkwasser vergiftet. Na. Toll!

Wie gesagt, in Deutschland ist das Zeug namens „SnoMax“ verboten. Stellt sich nur die Frage, ob es im Handel nicht frei zugänglich ist? Online wird es säckeweise angeboten.

Das Ende … oder der Anfang
Es scheint so, als sei „umweltfreundlicher Schnee“ Schnee von gestern. Was machen wir also heute und morgen „mit ohne“ Schnee?

Wetter. Klima. Wandel. Winterberg. Ein Schlag in die Magengrube. PlusMinus: „Teurer Schnee – Warum viele Skigebiete unrentabel sind“

"Wie sich Touristen verhalten, wenn sie wiederholt mit weissen Bändern in grünbrauner Landschaft konfrontiert werden, ist ungewiss." (fotos: zoom)
Heute Mittag um 13 Uhr bei 4° Celsius im Dauerregen aufgenommen. „Wie sich Touristen verhalten, wenn sie wiederholt mit weissen Bändern in grünbrauner Landschaft konfrontiert werden, ist ungewiss.“ (fotos: zoom)

In der Sendung Plusminus vom letzten Mittwoch wird dem Wintersport in den deutschen Mittelgebirgen und damit auch in Winterberg das Ende vorhergesagt. „Teurer Schnee – Warum viele Skigebiete unrentabel sind“, lautete der für die Region Winterberg apokalyptische Titel[1].

„Damit die Wintersportler auch weiter optimistisch ins Hochsauerland zum Skifahren kommen, wurde zu dieser Saison erneut investiert. Rund neun Millionen Euro gingen in zwei moderne Sesselbahnen, die im letzten Sommer gebaut wurden. Außerdem wurde das Fassungsvermögen des Speicherteichs auf 35.000 Kubikmeter Wasser erweitert. Sein Wasser wird für die Schneekanonen gebraucht, die für Schneesicherheit sorgen sollen.“[2]

Zum Beschneien sei es allerdings an den meisten Tagen dieser Saison zu warm gewesen. Um die Schneekanonen anzuwerfen, müsse es mindestens minus vier Grad kalt sein. Nur dann ließe sich künstlicher Schnee produzieren. Dies wäre im Dezember nicht der Fall gewesen, sodass die Schneekanonen erst im Januar zum Einsatz gekommen wären.

Der Klimawandel habe nicht zum ersten Mal das lukrative Weihnachtsgeschäft zunichte gemacht.

Die Aussichten für die Mittelgebirge sind schlecht.

In dieser Saison, so der Bericht, käme Winterberg bei optimalem Verlauf höchstens auf rund 80 Betriebstage. Das sei auch der Durchschnitt der vergangenen Jahre. 100 Tage seien jedoch nötig, um ein Skigebiet rentabel betreiben zu können, und das bei Kosten von etwa 500.000 Euro pro Saison für die Beschneiung.

Bei 4° Celsius und Dauerregen überlebte heute nur der gepresste Schnee im ansonsten grünen Hochsauerland.
Bei 4° Celsius und Dauerregen überlebte heute nur der gepresste Schnee im ansonsten grünen Hochsauerland.

Ob sich das in Zukunft noch rechnete, bezweifeln, laut PlusMinus, Experten der Tourismuswirtschaft.

Man müsse davon ausgehen, dass der Klimawandel die Temperaturen um mindestens zwei Grad ansteigen lassen werde, so Prof. Jürgen Schmude, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München:

„Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass bei zwei Grad Temperaturerwärmung in Deutschland fünf Skigebiete übrig bleiben. Und da verschwinden alle Mittelgebirgsskigebiete.“[3]

Das Investitionsrisiko schlage sich auch in den Skipasspreisen nieder. In Winterberg koste der Tagespass für nur 26 Pistenkilometer mittlerweile 32 Euro und damit 23 Prozent mehr als in den letzten drei Jahren. Der Pistenkilometer sei hier inzwischen deutlich teurer als in den großen Skigebieten Österreichs.

Skitourismus nur noch über 1300 Meter

In den nächsten 50 Jahren rechne man mit einem kontinuierlichen Anstieg der Schneefallgrenze. Der Skitourismus dürfte sich dadurch auf höhere Lagen konzentrieren, ab 1300 Meter über Meer, heißt es in einem lesenswerten Artikel des Schweizer Tagesanzeiger vom 26. November 2015[4].

Für Carmen de Jong, Professorin für Hydrologie an der Universität Strassburg, sei Kunstschnee grundsätzlich die falsche Strategie. Sie bemängelte, dass bei der Beschneiung nicht nachhaltig gedacht werde.

„Es wird nur so weit in die Zukunft geschaut, bis die Investitionen amortisiert sind. Das sind in der Regel 15 bis 20 Jahre.» De Jong beobachtet den Drang zur künstlichen Beschneiung seit Jahren mit grosser Skepsis und hat diverse Studien zum Thema veröffentlicht. Sie schätzt das Potenzial von Schneekanonen geringer ein: «Damit eine Anlage eine relevante Menge schneien kann, braucht es drei Tage am Stück Temperaturen von minus 3 Grad. Doch diese Zeitfenster werden auch in den hoch gelegenen Skigebieten immer unberechenbarer und seltener.» Debatten um künstliche Beschneiung seien immer stark politisch geprägt. «Skitourismus ist heute too big to fail. Dass Kunstschnee eine Fehlstrategie sein könnte, will niemand hören, auch wenn man die Limiten heute schon sieht.“[5]

Noch sei der Kunstschnee akzeptiert. So argumentierten Skigebiete für die künstliche Beschneiung und verwiesen auf die Erwartungshaltung der Touristen: Buche man teure Ski­ferien, so wolle man genügend Schnee auf den Pisten vorfinden[5].

Allerdings:

Wie sich Touristen verhalten, wenn sie wiederholt mit weissen Bändern in grünbrauner Landschaft konfrontiert werden, ist ungewiss.“[5]

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[1] http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/skigebiete-wintersport-steuergelder-unrentabel-100.html
[2] ebenda
[3] ebenda
[4] http://www.tagesanzeiger.ch/wissen/technik/5370-Kanonen-und-98-Seen-sollen-es-richten/story/15760004
[5] ebenda

Steile Hügel – steile Thesen: Winterberg vom Klimawandel weniger betroffen als die Alpen.

Waiting for the cold. Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg (foto: zoom)
Waiting for the cold. Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg 2012. (foto: zoom)

In der Westfalenpost erscheint heute ein Artikel, der mehr nach PR für den Wintersport riecht als nach ernsthaftem Journalismus.

Es werden zwar kräftige Thesen geliefert, aber nach belastbaren Belegen habe ich vergeblich gesucht.

Hier die beiden Thesen, die mir beim ersten Lesen sofort aufgefallen sind:

In dem Gutachten werde eine geringere Auswirkung des bisherigen Klimawandels auf Schnee und Schneeproduktion in niedrig gelegenen Skigebieten belegt.

Die Zeit, in der Beschneiung möglich ist, ändere sich in Höhenlagen unter 1000 Metern sogar weniger als in denen darüber, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Wintersport-Arena.

Die Westfalenpost kann diese Aussage leider nicht mit einer nachprüfbaren Quelle belegen. Wo finde ich als Leser/in das Gutachten? Ein Titel oder eine URL fehlen.

Zweites Beispiel:

Nach außen, also auf der Internet-Seite thematisiert werden soll künftig auch der Energie-Einsatz. Michael Beckmann rechnet ein Beispiel vor: Die Grundbeschneiung von 65 Pistenkilometern benötige die gleiche Menge Energie wie ein Flug mit 200 Personen in die Südsee. Auf den Pisten aber betreiben, so der Tourismusdirektor, 400 000 Menschen Wintersport.

Wie und was der Tourismusdirektor rechnet, verschweigt uns der Artikel.

Mein Eindruck: Die Winter-Saison naht, die PR ist schon da. Meine Hoffnung, dass die Lokalzeitung journalistischer würde, ist weg.

Winterberg: Ski und Rodel gut. Doch wie kommt man hin zum „Hochstauerland“ und wie wieder raus?

Schon am heutigen Samstagnachmittag staut sich der Rückreiseverkehr aus den Skigebieten. (foto: zoom)
Zwischen Nuttlar und Bestwig. Schon am heutigen Samstagnachmittag staut sich der Rückreiseverkehr aus den Skigebieten. (foto: zoom)

Der Winter ist in das Hochsauerland eingekehrt. Das ist gut für die einheimische Tourismusindustrie und gut für die Schneebegeisterten aus dem Ruhrgebiet, den Niederlanden und …

Leider wird bei idealen Skibedingungen das Sauerland zum „Stauerland“.

Auf der Hinreise Staus ab Bestwig, Staus zwischen Assinghausen und Winterberg, Staus vor dem Kreisel in Winterberg. Auf dem Rückweg tröpfelt der abfließende Verkehr aus den Skigebieten zäh auf die B 480, staut sich, quält sich durch die Kreisel Richtung Niedersfeld, um am Abzweig zur B 7 wieder zieharmonikaartig zum Stillstand zu kommen. Nach der Ampel wieder der Stau vor und in Bestwig.

Das Hochsauerland ist an einem Tag wie heute, wo zumindest morgens der Schnee unter einem makellos blauen Himmel glitzerte, phantastisch anzuschauen.

Ein makelloser Morgen auf der Ennert zwischen Silbach und Siedlinghausen. Joggen im Schnee. Geht auch.
Ein makelloser Morgen auf der Ennert zwischen Silbach und Siedlinghausen. Joggen im Schnee. Geht auch.

Aber hinkommen muss man erst einmal, aus dem Ruhrgebiet, den Niederlanden …

Winterberg hat an Winterwochenenden ein Kapazitätsproblem. Wer schlau ist, weicht erstens auf alternative Skigebiete wie Bödefeld und Bruchhausen aus und folgt zweitens nicht blind seinem Navi. Überhaupt sollte man genau das Gegenteil von dem tun, was die anderen machen, beispielsweise nicht am Samstag morgen auf der B 480 zwischen Niedersfeld und Winterberg im Stau stehen.

Wintersport im (Klima-)Wandel – Die Illusion von der weißen Pracht / Eine umweltkritische Bestandsaufnahme des zweifelhaften Skivergnügens

Waiting for the cold. Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg (foto: zoom)
Warten auf die Kälte. Schneekanonen vor einem Rückhaltebecken in Winterberg (archiv: zoom)

Mit dem heutigen 1. März beginnt der meteorologische Frühling; und blickt man zurück auf die Wintermonate Dezember, Januar und Februar, so erinnert witterungsmäßig nichts an die kalte Jahreszeit. Nur noch übertroffen vom Rekordinhaber 2006/2007 mit einer Abweichung von 4,4 Grad C(!) war der Winter 2013/14 der viertwärmste seit Beginn der Messungen im Jahre 1881.

Die Durchschnittstemperatur lag um beachtliche 3,1° C über dem langjährigen Mittel der Jahre 1961 – 1990. Extreme Wetterereignisse, die immer Vorboten von Klimaänderungen waren, hielten auch 2013/14 Millionen Menschen in Atem, brachten deren Lebensalltag durcheinander und sorgten in den Medien laufend für Schlagzeilen.

Sintflutartige Regenfälle, Überschwemmungen und Erdrutsche in Großbritannien und Italien, Massive, unaufhörliche Schneefälle auf der Alpensüdseite (Ost- und Südtirol), wochenlanges Schneechaos auch in den USA mit Temperaturen unter minus 30 Grad, sowie Dürre und aktuell wieder Starkregen in Kalifornien. Nur eine Laune der Natur? Mitnichten!

Das gehäufte Auftreten von Extrem-Wetterlagen führt uns den Klimawandel drastisch vor Augen und ist ein untrügliches Zeichen dafür, daß dieser Klimawandel allgegenwärtig ist. Selbst Fachleute zeigen sich überrascht von der Geschwindigkeit, mit der sich unser Planet erwärmt. Das betrifft insbesondere auch die beispiellosen Hitzewellen, die sich auf unserer Erde rasant ausbreiten.

All jenes läßt sich nicht mehr mit natürlichen Ursachen erklären. Denn wissenschaftlich bewiesen ist, daß nur ca. 20 Prozent der Klimaveränderung auf solche Einflüsse zurückgehen (z. B. Sonnenaktivität, Vulkane, El Nino), aber 80 % dem Konto des Menschen zuzuschreiben sind. Aber zurück zum Winter, der keiner war.

Pistenplaner, Tourismusspekulanten, Seilbahn- und Skiliftbetreiber haben offenbar große Probleme damit, die in den neuesten Klimamodellen enthaltenen Zukunftsperspektiven für den Massenskilauf zur Kenntnis zu nehmen, bzw. sie weigern sich dies zu tun. Der Wintersport hat sich längst vom Winter emanzipiert. Und damit die Illusion vom ewigen Weiß aufrechterhalten werden kann, verprassen die Kunstschneeproduzenten Unmengen an Energie. Und die Landesregierungen unterstützten diese Entwicklung noch, indem sie Millionen Euro an Fördergeldern in die Skizentren pumpen.

Schnee bald Mangelware am Kahlen Asten? (archiv: zoom)
Schnee bald Mangelware am Kahlen Asten? (archiv: zoom)

Klimagerechte Beschneiung heißt das Zauberwort. Doch kann so etwas überhaupt noch funktionieren? Daß der Wettlauf gegen die globale Erwärmung nirgendwo zu gewinnen ist, paßt nicht ins Konzept des am Wintersport verdienenden nutzungsorientierten Lobbyismus! Was also will man tun? Etwa die Natur weiter malträtieren, nur um noch ein paar Jahre dem vermeintlichen Skivergnügen frönen zu können?

Die auf dieses Ziel gerichtete technische Verbauung der Alpen ist nichts als nutzlose Torschlußpanik.  In welchem Ausmaß der fortschreitende Klimawandel die Möglichkeiten zur Ausübung des alpinen Wintersports zusehends einschränkt, beweisen die monatelang schneefreien Täler im Alpenraum. Wohin das Auge blickte, sah man trostlos braun gefärbte Hänge. Überall herrschte Flaute.

Ein solches Bild dürfte schon in nicht ferner Zukunft die Regel sein, weil die Anzahl milder Winter ständig zunimmt. In 15 – 20 Jahren werden viele Skigebiete, die bisher noch als relativ schneesicher galten, dicht machen müssen, so daß es lt. einer Studie des Deutschen Alpenvereins (DAV) um das Jahr 2050, also Mitte des Jahrhunderts, nur noch wenige Skigebiete geben wird, so auf dem Zugspitzplatt oder am Fellhorn im Allgäu.

In Anbetracht so düsterer Aussichten ist daher jeder Versuch, unter Anwendung modernster Technik Frau Holle zu spielen, zum Scheitern verurteilt. Denn für die Herstellung von Kunstschnee ist es bereits heute vielerorts zu warm. Eine Beschneiung der nach menschlichem Wunschdenken fabrizierten Winterwelt kommt uns alle teuer zu stehen. Durch diese wird mehr Wasser vergeudet, als die Stadt München in einem ganzen Jahr verbraucht, was natürlich die Erwärmung weiter stark anheizt. Ebenso katastrophale Auswirkungen sind darüber hinaus durch die Verlärmung und enorme Inanspruchnahme von Natur und Landschaft zu erwarten, mit verheerenden Konsequenzen für die empfindliche Tier- und Pflanzenwelt.

Und bei uns im Sauerland? Lt. Prof. Dr. Jürgen Schmude vom Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung in München können die Skilifte hierzulande „mittelfristig eingemottet werden“.  Schneekanonen werden um Winterberg und den Kahlen Asten in nicht allzu langer Zeit ausgedient haben.

Kunstteich für die Schneekanonen (archiv: zoom)
Kunstteich für die Schneekanonen (archiv: zoom)

Schon vor gut 10 Jahren kritisierte ich in einem ausführlichen Leserbrief an den „Sauerlandkurier“, daß auch im Land der 1.000 Berge ein hochtechnisierter, winterlicher Massentourismus stets brutaler in das natürliche Gefüge eingreift. Als eine neue Form des Größenwahns hat dabei auch unsere Region die massive Aufrüstung mit Schneekanonen voll erfaßt.

Anvisiertes Ziel dieser allein auf den Profit abgestellten Erschließungsmaßnahmen, die bis heute andauern, war es seitens der Planer, das vom Charakter eher lieblich anmutende Mittelgebirge mangels naturgegebener weißer Pracht in eine so genannte „Wintersport-Arena“ alpinen Zuschnitts umzukrempeln. Mammutprojekte dieser Größenordnung stellen neben den Eingriffen, welche die kommerziell motivierte Ausuferung des Pistensports ohnehin verursacht, eine weitere Dimension ökologischer Zerstörung dar. Schnee aus Kanonen bewirkt eine Verkürzung der Vegetationszeit, hat außerdem einen Düngeeffekt, ist also nährstoffreich und kann die Zusammensetzung der Pflanzenarten verändern. Damit nicht genug: Er reduziert die Artenvielfalt. Außerdem besteht die Gefahr zunehmender Erosion infolge erhöhten Schmelzwasseranfalls.

Ich meine, um das Sauerland für den Wintertourismus attraktiv zu halten, bedarf es ganz bestimmt keiner vom Wachstumszwang diktierter hochfliegender Pläne, wodurch nur erreicht wird, daß der Fremdenverkehr seine eigene Grundlage zerstört. Alternativen im naturnahen Tourismus gibt es seit langem und kommen bundesweit schon vielerorts zur Anwendung. Dazu zählen etwa das Winterwandern oder andere qualitätsorientierte Angebote, die sich auf Herbst, Spätwinter und Frühjahr erstrecken.

Prof. Schmude: „Jede Region muß sich darauf besinnen, welche Besonderheiten sie zu bieten hat.“ Das würde der Eigenart des Sauerlandes weit mehr entsprechen und wäre darüber hinaus hervorragend mit der häufig erwähnten nachhaltigen Entwicklung im Rahmen der lokalen Agenda in Einklang zu bringen. Fest steht, daß sich die Menschen nach Ruhe und Erholung in unzerstörter Natur sehnen, wo man sie denn noch antrifft. Kaputt gemacht worden ist schließlich schon en masse!

Dazu noch einmal der Wissenschaftler: „Die Naturorientierung der Menschen wächst. Sie wollen raus, wollen an die frische Luft; sie wollen sich bewegen – wie und auf welche Weise auch immer.“ Die Lösung heißt deshalb: Touristische Konzepte dem Klimawandel anpassen. Es kann und darf nicht überall Ski gefahren werden! Diese Einsicht muß den Leuten abverlangt werden. Der demographische Wandel hat bereits deutliche Spuren hinterlassen. Im Klartext bedeutet es, daß die Menschen weniger, älter, ärmer und damit seßhafter werden. Diesem Umstand gilt es Rechnung zu tragen!

Flutlicht-Ski bei Möppis Hütte. Sulziger Kunstschnee.

Heute Abend: Flutlicht-Ski bei Möppis Hütte. (foto: zoom)
Heute Abend: Flutlicht-Ski bei Möppis Hütte. (foto: zoom)

Von der entfernten Landstraße 740 ist der helle Lichtschein der Flutlichskihänge bei Möppis Hütte zu sehen.

Wir sind ins Skigebiet abgebogen und haben nachgeschaut. Viel ist heute nicht los. Der Naturschnee ist nach dem tagelangen Tauwetter verschwunden, der sulzige, feuchte  Kunstschnee bildet aber eine ausreichende Unterlage um die Hänge hinunterzufahren.

Es regnete. Die Besucherzahl blieb sehr übersichtlich. Laut Wetterbericht soll es in den nächsten Tagen schneien.

Alles andere wäre eine kleine Katastrophe für den Skitourismus.

Wenn es Nacht wird in Winterberg … wird Schnee mit Treckern weggefahren.

Auf den Skipisten mit Kanonen erzeugt, in der Kernstadt mit Treckern abgeräumt: Schnee (foto: zoom)
Auf den Skipisten mit Kanonen erzeugt, in der Kernstadt mit Treckern abgeräumt: Schnee (foto: zoom)

Es kommt immer auf den unmittelbaren Zusammenhang an. Vor dem Kaufpark in Winterberg ist der Schnee eine Last, auf den Ski-Pisten im selben Ort ist er eine Lust.

Auf dem Bild von heute Abend 21 Uhr ist zu sehen, wie das weiße Gold des Hochsauerlandes gerade abgeräumt wird, während zwei Kilometer weiter die Schneekanonen fauchen und zischen, was auf dem Bild nicht zu sehen ist.

Hält der Schnee bis zum Wochenende, muss die Innenstadt zum Shoppen geräumt sein, während die Abfahrten eine dicke Schneeschicht benötigen.

Nun – eigentlich ein dummes Deutsch, denn den Schnee in den Skigebieten brauchen sowohl die Skiliftbetreiber als auch die SkifahrerInnen. Die einen nehmen das Geld ein, die anderen geben es aus.

Hoffentlich regnet es am Samstag nur in der Ebene.

Wie teuer sind die Highlights von Winterberg?

Skipiste und Bobbahn in Winterberg
Skipiste und Bobbahn in Winterberg (archiv: zoom)

Die Stadt Winterberg ist als Wintersport- und Urlaubsort seit Jahrzehnten weit über das Sauerland bekannt, nicht zuletzt auch wegen der zahlreichen Wintersporteinrichtungen, wie Bobbahn oder Skisprungschanze.

Die Homepage der Wintersport-Arena Sauerland wirbt mit „dem größten Schneevergnügen nördlich der Alpen“ und über 150 Liftanlagen mit 280 Hektar Pistenfläche. Die Bobbahn hat laut wikipedia eine Gesamtlänge mit Auslauf von 1.609 m. Die Eisoberfläche beträgt ungefähr 65.000 m². Die Sprungschanze aus Stahlbeton ist 733 m hoch (über NN) und wurde im Jahr 2000 komplett renoviert und umgebaut. Das sind beeindruckende Zahlen und Fakten, vielleicht aber auch beeindruckende Kosten.

Ob und in welcher Höhe vom Hochsauerlandkreis Finanzmitteln für die Sport-Einrichtungen an die Stadt Winterberg fließen, z.B. für die Betriebsverluste der Bobbahn, das interessierte die Mitglieder der Sauerländer Bürgerliste (SBL) im Wirtschaftsausschuss des HSK, Reinhard Loos und Stefan Rabe. Die SBL stellte daraufhin am 20.03.2012 folgende Anfrage an den Landrat:

• In welcher Höhe pro Jahr und für welche Zwecke und Einrichtungen fließen Finanzmittel vom Hochsauerlandkreis an die Stadt Winterberg oder an im Gebiet der Stadt Winterberg gelegene Einrichtungen für Sport, Touristik o. ä.?
• In welcher Größenordnung könnte für das laufende Jahr die Kreisumlage gesenkt werden, wenn die freiwilligen Leistungen an die Stadt Winterberg nicht aus dem Kreishaushalt gezahlt würden?

Die Organisationseinheit Finanzwirtschaft beantwortete am 29.03.2012 im Auftrag des Landrats die SBL-Anfrage wie folgt:
„An Zahlungen des Kreises in diesem Sinne sind bezogen auf den Kreishaushalt zu nennen:

  • 241.000 Euro Anteil des Kreises am Betriebsverlust der Erholungs- und Sportzentrum Winterberg GmbH
  • 102.258 Euro Finanzierungsanteil des Kreises für Investitionen der Gesellschaft
  • 25.000 Euro Betriebskostenzuschuss St. Georg-Schanze
  • 15.750 Euro Beitrag an der Wintersport-Arena, wobei der Verein auch Wintersportregionen in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein betreut.

Das zuvor gennannte Finanzvolumen entspricht umgerechnet auf den Hebesatz der Kreisumlage einem %-ualen Anteil von 0,13-Punkten.“

Die Highlights von Winterberg kosten also dem Hochsauerlandkreis allein in diesem Jahr 384.008 Euro. Der Hebesatz der Kreisumlage beträgt im Jahr 2012 36,55 Prozent; ohne die Winterberger Attraktionen könnte er bei 36,42 Prozent liegen.

Ende Februar hat der Kreistag den Haushalt 2012 beschlossen. Die aus den Haushalten der Städte und Gemeinden zu finanzierende Kreisumlage stieg von 96,0 Mio Euro auf 109,6 Mio Euro, also um 13,6 Mio Euro. Die touristischen und sportlichen Einrichtungen in Winterberg bezahlen alle Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis zu einem kleinen Prozentsatz über die Kreisumlage mit.

Guten Morgen – im Schnee …

Blick von der Ennert Richtung Nordwesten. (fotos: zoom)
Blick von der Ennert Richtung Nordwesten. (fotos: zoom)

Es ist Winter im Hochsauerland. Gut für Skiläufer und Tourismus. Laufen im Wald ist wegen der Schneehöhe kaum noch möglich. Die  Straßen allerdings, hinauf zu den Orten rund um den Kahlen Asten, sind wie in jeden Winter vorzüglich geräumt.

Gut geräumt: die Landstraße 740 hinter Silbach in Richtung Winterberg.
Gut geräumt: die Landstraße 740 hinter Silbach in Richtung Winterberg.

Schnee im Hochsauerland. Jetzt nicht gleich in Aufregung verfallen. Ein paar persönliche Gedanken zum Saisonbeginn.

Verschneite Bank am Wanderweg auf den sogenannten Marktplätzen. (fotos: zoom)
Verschneite Bank am Wanderweg auf den sogenannten Marktplätzen. (fotos: zoom***)

Ja, es hat im Hochsauerland geschneit und – Nein, der Wintersportzirkus hat noch nicht ernsthaft begonnen. Von 88 Kilometern Piste sind heute 3 Kilometer eröffnet. Sechs Lifte laufen und auf 15 von 623 Kilometern soll Langlauf möglich sein. Angucken kann man sich die aktuelle Lage hier.

Wenn ich im Ruhrgebiet wohnte und auf die Idee käme, am morgigen Sonntag ins Hochsauerland zu fahren, dann nur, um durch die verschneiten Wälder zu stromern. Zu Fuß.

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Der Schnee sieht heute schon ganz prächtig aus. Hier kurz vor den Minenplätzen.

Ich wohne seit 14 Jahren hier im Hochsauerland. Heute ist mir aufgefallen, dass ich noch nie Urlaub im Sauerland gemacht habe. Falls ich hier mal wieder wegziehen sollte, werde ich auch weiterhin keinen Urlaub im Hochsauerland buchen. Warum auch? Ich bin nicht so ein Wintersport-Typ. Ich laufe lieber oder fahre Rad. Diese Bretter unter den Füßen sind mir zu schnell.

Niederländer und Ruhrgebietler kommen gerne ins Hochsauerland – ob alle, das kann ich nicht beurteilen, aber genug, um hier eine passable Tourismusindustrie am Laufen zu halten.

Blick aus dem Wald auf den Rand des Landal-Ferienparks.
Blick aus dem Wald auf den Rand des Landal-Ferienparks.

Ich wäre ein großer Fan des Ski-Tourismus in Winterberg, wenn ich direkt daran verdienen würde. So aber verkrieche ich mich während der Ski-Saison in den Wald oder in meine Lieblingsschwimmbäder. Die liegen nicht in Winterberg.

Richtig ist aber auch: ohne den Tourismus wäre Winterberg tot. Solange sich die Menschen bei den Ski-Abfahrten und im Bike-Park die Knochen brechen, wird es in Winterberg ein Krankenhaus geben. Die Ärzte, die in diesem Krankenhaus arbeiten und in Winterberg leben, benötigen für ihre Kinder eine Schule. Mein Vorurteil ist: Ärzte wollen für ihre Kinder ein Gymnasium.

Mein Vorteil als Bürger von Winterberg ist: ich habe eine Krankenhaus um die Ecke und kann meine Kinder auf ein Gymnasium schicken.

Es gibt sehr schöne Ecken rund um Winterberg. Man kann hier eine ganzen Tag lang wandern oder laufen, ohne dass ein Auto den Weg kreuzt.

Und wenn die Hölle des Ski-Zirkus losbricht? Dann stauen sich auf den Zufahrtsstraßen die Autoschlangen aus dem Ruhrgebiet, dann sind die Skipisten schwarz vom Gewimmel der Ski-Fanatiker, aber schon ein paar Meter abseits ist es menschenleer wie eh und je.

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Die Minenplätze in der Nähe von Winterberg

Gäbe es eine Alternative zur Ökonomie des Ski-Tourismus im Hochsauerland? Natürlich. Das wäre dann so eine Art „A-45neu“ von Norden nach Süden, die Meschede, Brilon und Paderborn mit dem Frankfurter Raum verbände.

Dann bräuchten wir auch gar nicht mehr über den demografischen Wandel zu schwadronieren, weil das Hochsauerland ruckzuck verstädtern würde. Sämtliche zur Zeit überflüssigen ausgewiesenen Gewerbegebiete, von den Bürgermeistern heute angeboten wie sauere Äpfel, würden weggehen wie warme Semmeln.

Bahn statt Autobahn. Zurück auf dem Weg von Winterberg nach Dortmund.
Bahn statt Autobahn. Zurück auf dem Weg von Winterberg nach Dortmund.

Vielleicht passiert das irgendwann genau so oder auch anders. Wer will schon die Zukunft vorhersagen?

Bis dahin allerdings freue ich mich über die menschenleeren Jogging-Strecken, die das Hochsauerland bietet. Wohnen und arbeiten, wo andere Urlaub machen.

Herz, was willst Du mehr?

*** alle Bilder sind heute in der Zeit von 11 bis 13 Uhr bei einem lockeren Lauf durch das verschneite Hochsauerland entstanden