Das Jahr der ungeschriebenen Blogbeiträge

Am Ende des Jahres eine Radtour um die Insel Föhr (foto: zoom)

Das Jahr der ungeschriebenen Blogartikel geht zu Ende. Bücher, Lesungen, Diskussionsveranstaltungen, Online-Kurse, Museumsbesuche, Reisen, Lokalpolitik – die meisten Dinge blieben unerwähnt.

Dabei war das Jahr 2022 eines der besten. Ich habe bei aller Aufmerksamkeit für die Pandemie-Entwicklung so viel unternommen, wie seit langem nicht mehr und mich trotz alledem nicht mit Corona oder anderen fiesen Viren infiziert (klopf, klopf, klopf).

Meinem Jugend-Idol Kurt Tucholsky bin ich in Rheinsberg ein wenig näher gekommen, habe mir en passant den Trottel von Jan Faktor vorlesen lassen, und weiter ging es mit dem ausgezeichneten Jüdischen Museum in Frankkfurt, dem Hinterlandmuseum in Biedenkopf, dem Museum für Hamburgische Geschichte sowie der Kunsthalle und dazu dem Museum Kunst der Westküste in Alkersum (Föhr).

Am meisten beeindruckt hat mich die Ausstellung EINE STADT WIRD BUNT Hamburg Graffiti History 1980-1999 im Museum für Hamburgische Geschichte, wahrscheinlich weil sie zufällig die Zeit meines Lebens in der Hansestadt umfasst und daher eine große assoziative Kraft entwickelt. Wirklich entdeckt habe ich Graffiti als (Alltags-)Kunstform merkwürdigerweise erst seit ich im Sauerland lebe. In den 80er und 90er Jahren war Graffiti lediglich ein Hintergrundrauschen der Alltagswahrnehmung.

Sei’s drum. Das Jahr 2022 bleibt im Blog eine Leerstelle, gewissermaßen missing in action, also persönlich ein gutes Jahr.

Zu einer sehr beunruhigenden Komponente hat sich der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entwickelt, und gerade zur Zeit scheint das Putin-Regime die Ukraine in einen dunklen, kalten Winter bomben zu wollen. Entsetzlich. Es würde mich beruhigen, wenn im kommenden Jahr 2023 Putin nicht mehr handlungsfähig sein sollte. Es gibt genug andere Probleme zu lösen; ganz vorne mit dabei die Klimakrise.

Seit Beginn der Pandemie habe ich keine Konzerte und kein Theater besucht, auch im Kino bin ich nicht gewesen. Ob ich im nächsten Jahr ein Kino betreten werde, weiß ich noch nicht, aber ich vermisse das Konzerthaus Dortmund und die Ruhrfestspiele.

Schluss mit dem eklektischen Schreiben. Ich höre mir zum Start in den Tag die verschiedenen Versionen von Eight Miles High an. Die Byrds sind durch, Golden Earring ist dran und Hüsker Dü warten auf ihren Einsatz.

Wyk oder Winterberg?

Am Hafen in Wyk auf Föhr (foto: zoom)

Wenn ich die Webcam-Bilder aus Winterberg und meine Handy-Fotos am Meer vergleiche, fällt meine Wahl dieses Jahr erneut auf die See.

Der Winter hat sich kurz im Hochsauerland blicken lassen, die Schneekanonen wurden euphorisch angeworfen, die Medien schmissen weiße Schneebilder ins Netz und jetzt haben wir Plustemperaturen, Regen, einen schneefreien Kahlen Asten, schmutzig-graue Bänder von Kunstschnee auf grünen Hängen und die kürzesten Tage des Jahres.

Wenn ich zu Hause aus dem Fensters schaue, sehe ich nicht mehr die dunkelgrünen Fichtenwälder meiner ersten Jahre im Hochsauerland, sondern Maisfelder, Weihnachtsbaumkulturen und Kahlschläge.

Nun ja, ein paar Fichten stehen noch, aber nicht mehr lange. Schon nach den großen Stürmen, als die Fichtenplantagen riesige Ausmaße annahmen, hatte ich einen Widerwillen gegen den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer entwickelt. Auf der einen Seite sterben die Wälder und auf der anderen Seite werden kurzlebige Schmuckbäumchen angepflanzt und für ein paar Tage im Jahr geerntet, geschmückt und vernichtet. Ein einträgliches Geschäft für die Waldbauern.

Am Straßenrand stehen immer noch die großen Plakate, die davor warnen, dass Windräder „unsere“ Wälder zerstören. Das Wundersame: Winterberg war bislang stolz darauf, keine Windräder zu haben, aber die Wälder sind trotzdem zerstört.

Eine widersinnige Installation zwischen Brunskappel und Winterberg (archivfoto: zoom)

Der Klimawandel wird auch dem Ski-Sport im Hochsauerland ein Ende bereiten, aber die Politik agiert immer noch wie der Wurmfortsatz der Wintertouristiker*innen.

Ich erinnere mich. Zuerst wurde der Klimawandel geleugnet. Dann wurde behauptet, dass man noch nicht so genau wisse, ob es ihn gebe. Als nun wirklich nicht mehr zu übersehen war, dass auch Winterberg der Klimakatastrophe nicht entkommen würde, hieß es, dass es nicht so schlimm werde wie in den Alpen, ja, dass sogar aufgrund der Westlage mehr Schnee fiele.

Auf keinen Fall Windräder, denn der Strom für die Schneekanonen kommt aus der Steckdose und das Wasser für die Eiskristalle aus dem Wasserhahn.

Schon lange mahnen Naturschützer*innen eine touristische Wende auch im Hochsauerland an, aber die letzte Generation der Skitouristiker*innen hängt starr, wie mit Sekundenkleber befestigt, an ihren Lift-Installationen und Bobbahnen.

Die Wende wird wahrscheinlich erst dann kommen, wenn diejenigen, die das Geld ins Sauerland bringen, dem Skifahren auf Kunstschnee und der zerhackten Landschaft den Rücken kehren.

Der Spaziergang vor der Radtour

Der Himmelsstürmer am Alten Bahnhof in Kassel (foto: zoom)

Die kleine Novemberradtour entlang Fulda, Eder und Lahn hat in Kassel begonnen, aber am Vorabend haben K1 und ich erst einmal einen ausgedehnten Spaziergang durch die sogenannte Documenta-Stadt gemacht.

Alter Bahnhof, Karlsaue, BuGa, Fritze … außerdem nebenbei alles einkaufen, was es in Siedlinghausen nicht in die Satteltaschen geschafft hat. Zahnpasta, Rasierzeug, Luftpumpe. Just in case.

Unbedingt auch zur Fuldabrücke und aufs Wasser starren. Beruhigend. Die erste mehrtägige Radtour seit Jahren, dank der Pandemie.

Abenddämmerung an der Fulda in Kassel (foto: zoom)

Schluss jetzt, es wird dunkel. Radfahren kostet Kalorien. Ab zum Döner Anadolu gegenüber dem Scheibenbeißer, da wo ich in letzter Zeit meine Schalllplattensammlung aufgestockt hatte. Dürüm vegetarisch und ein alkoholfreies Weizenbier. Ich bin so leicht auszurechnen. Immer das gleiche, und immer schmeckt es mir hervorragend.

Reiselektüre: James Baldwin, The Fire next Time, und ich frage mich, warum erst jetzt?

Die Radtour kann beginnen. Aber nicht mehr heute Abend hier im Blog.

Vom Ende her gesehen

Abriss der Jugendherberge in Marburg (foto: zoom)

Bin wieder im Lande. Unsere coole Novemberradtour, die in Kassel begonnen hatte, endete heute in Marburg an der Lahn, gerade rechtzeitig, um den Abriss der Jugendherberge zu beobachten.

Der Abriss ist keine schlechte Nachricht, denn das Haus war in die Jahre gekommen, und an derselben Stelle neben der Lahn soll in den nächsten Jahren eine neue Jugendherberge entstehen. Ich bin gespannt.

Mit Kindern, ohne Kinder, mit der gesamten Familie, mit Freunden, alleine, aber meist mit dem Fahrrad – ich habe dort in den letzten Jahren (Jahrzehnten?) häufig übernachtet.

Heute mit einem kleinen sentimentalen Seufzer Abschied genommen; Vorfreude auf die nächste Radtour.

Die Edermündung bei Grifte (foto: zoom)

Pausen-Ausblick vom Hirzstein

Blick vom Aussichtspunkt am Hirzstein (foto: zoom)

Am Aussichtspunkt Hirzstein ist es laut, denn der Verkehrslärm der A 44 wird vom Wind den Habichtswald hinaufgetragen. Der Blick allerdings entschädigt für die Lärmbelästigung.

Die Windräder auf dem Bild rechts stehen rund um den 486 Meter hohen Lindenberg. In der linken Mitte liegt der Ort Hoof am Fuße des Burgbergs (500 m).

Trotz des bedeckten Himmels herrschte am vergangenen Sonntag angenehmes Herbstwetter, ein Hauch von Indian Summer in Hessen.

Pausenbild: Meute in der Schlucht

Der Bildtitel mag im Auge der Betrachter*in liegen. (foto: zoom)

Auch in der Blogpause knipse ich das ein oder andere Foto, wie hier auf dem Weg zum Jüdischen Museum in Frankfurt.

Die Stadtansicht auf dem Bild oben habe ich von einer Verkehrsinsel aus aufgenommen, gleichsam in der Rotpause zwischen zwei Grünphasen der Fußgänger-Ampel.

Fällt euch noch ein anderer Titel ein? Meute in der Schlucht klingt doch arg reißerisch.

Mehr zu Frankfurt und dem Jüdischen Museum vielleicht nach der Blogpause.

Könnte „Immer weiter“ ein Lebensmotto sein?

An der Straße des Friedens in Röbel/Müritz (foto: zoom)

Reise-Steno: Neubrandenburg, Waren/Müritz, Röbel/Müritz, Rheinsberg. Nur ein paar Bilder, und dann ist es schon wieder Zeit, den Computer herunterzufahren.

Die Windmühle in Röbel hatten wir heute gar nicht auf dem Plan, doch dann wurde die Besichtigung unverhofft zum kleinen Highlight des Tages.

Die restaurierte Windmühle in Röbel – heute ein kleines, aber feines Museum (foto: zoom)

Ein engagierter Mitarbeiter des örtlichen Natur- und Heimatvereins hat uns über die Geschichte der Mühle erzählt.

Die Windmühle auf dem ehemaligen Burgberg wurde als Galerieholländermühle zwischen 1802 und 1825 erbaut und 2006 aufwändig restauriert. Sie hatte seit 1479 mehrere Bockwindmühlen als Vorgänger und war zuletzt zwischen 1929 und 1990 als Jugendherberge genutzt worden. Danach stand sie lange leer. Die Stadtvertretung ließ sie 2005/2006 umfassend sanieren. Ein Verkauf zur Nutzung im Gastronomie- bzw. Beherbergungsbereich konnte nicht realisiert werden.

Der Bund für Natur und Heimat „Müritz-Elde“ e.V. setzte sich für eine öffentliche Nutzung ein und pachtete die Mühle 2008. Seitdem wird sie von Mai bis Oktober für Ausstellungen genutzt, in denen Hobbykünstler aus Röbel und Umgebung ihre Fotografien oder Malereien zeigen.

Aktuell interessant die Ausstellung „Vor 100 Jahren“: Im Erdgeschoss ist Mecklenburg in schwarzweiß zu sehen. Die ausdrucksstarken Photographien Karl Eschenburgs entstanden mit seiner 9 x 12-cm-Plattenkamera. Gestochen scharfe Bilder in einer unglaublichen Auflösung.

Auch ein Blick aus den zahlreichen Fenstern lohnte sich.

Blick auf Röbel durch eines der vielen Mühlenfenster (foto: zoom)

Röbel werde ich auf jeden Fall, nicht nur wegen der Mühle, auf dem Reisewiedervorlagezettel vermerken.

Leider hatten wir nicht viel Zeit – eine der Todsünden des Reisens – , denn wir waren auf dem Weg nach Rheinsberg, ja genau dem Rheinsberg von dem Kurt Tucholsky in seinem Bilderbuch für Verliebte erzählt.

Kurz vor Sonnenuntergang haben wir unser Tagesziel erreicht: Schloss Rheinsberg.

Die Seele baumeln lassen. Schloss Rheinsberg im Abendlicht (foto: zoom)

Die anderen 90 % des Tages, zumindest einen Teil davon, muss ich später erzählen. Reisen macht müde. Gute Nacht!

Bye, bye Wohnbrikett und See

Blick über den Tollensesee (foto:zoom)

Das war’s mit Neubrandenburg und dem Tollensesee. Viele Gegensätze und Widersprüche, aber wo gibt es das nicht?

Wenn ich irgendwelche Orte in Deutschland, Europa und der Welt besuche, stelle ich mir relativ schnell die Frage: Möchtest du hier wohnen? Eine Art Hilfsfrage oder Krücke, um meine Eindrücke zu sortieren.

Die Antworten dauern oft, so auch heute, sehr lange.

Erst mal weg.

Der 3. Oktober: Prost aus Neubrandenburg

Fein dosiertes Feiertagsbier (foto: zoom)

Zum Tag der deutschen Einheit habe ich mir ein Lübzer Pils ohne Umdrehungen in der alten DDR gegönnt. Ok, es sind die neuen Bundesländer. Aber aus welchem Grund sollte man den Osten Deutschlands nach mehr als drei Jahrzehnten immer noch „neu“ nennen?

Höhepunkt des heutigen Tages war im wahrsten Sinne des Wortes die Aussichtsplattform des Hauses der Kultur und Bildung (HKB). Aus einer Höhe von mehr als 50 Metern kann man seinen Blick über Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern schweifen lassen.

Das HKB von unten betrachtet. (foto: zoom)

Ein Aufzug bringt die Besucher*innen zur gut gesicherten Terrasse auf der 15. Etage des „Kulturfingers“.

Blickrichtung Tollensesee (foto: zoom)

Ähnlich wie gestern bin ich auch heute voller Eindrücke, die ich allerdings mangels Zeit nicht weiter schildern kann. Vielleicht noch ein Bild vom Spaziergang entlang der alten Stadtmauer um die Kernstadt …

Alte Stadtmauer mit Wieckhäusern (foto: zoom)

… und das Bild einer Siedlung außerhalb der Stadtmauern.

Hier stand früher eine Plattenbausiedlung. (foto: zoom)

Gute Nacht!