Stille Orte und Örtchen

Mit dem Rad am Kattegat (foto: zoom)

Seit 13 Tagen haben wir zum ersten Mal richtig schlechtes Wetter. Es wird Zeit, die Koffer zu packen.

Dänemark hat uns mit Sonne und milden Temperaturen verwöhnt. Es war besser als in manchem verregneten, kühlen Sommer, den wir hier im Norden auch schon bibbernd und fluchend verbracht haben.

Nachdem ich beim Stadtradeln in Winterberg inerhalb von drei Wochen über 1000 Kilometer mit dem E-Bike auf altbekannten und gewohnten Strecken die nähere, bergige Umgebung von Siedlinghausen buchstäblich neu erfahren habe, hat es sehr viel Spaß gemacht, mit meinem alten Tourenrad gegen Wind und Hügel anzukämpfen. Bei Rückenwind allerdings flogen die Wiesen und Felder nur so dahin, Anstieg oder Abfahrt – egal. Wie leicht und wendig das Rad im Vergleich zum E-Bike ist!

Fazit: Mein Muskel-Bike ist noch lange nicht ausgemustert, aber das E-Bike hat im Hochsauerland seinen festen Platz.

Was ich bisher nicht kannte, ist die Nebensaison auf Seeland. Kein Gedränge, noch mehr Platz und noch mehr Ruhe. Endlose Weiten, stille Orte.

Ein stilles Örtchen hinter den Dünen (foto: zoom)

Wenn man Nationen und Staaten wie im Fußball nach Anzahl und Qualität ihrer öffentlichen Toiletten in verschiedene Klassen einteilte, würde Dänemark in der Bundesliga und Deutschland auf einem Ascheplatz in der Kreisliga spielen.

Ob am Strand oder in der Stadt, sobald man ein Bedürfnis verspürt, ist das kostenlose stille Örtchen nicht weit, zu 99 Prozent in einem sehr sauberen Zustand. Selbst die zahlreichen Autobahntoiletten kann man meist bedenkenlos aufsuchen.

Öffentliche Toilette im Schicki-Micki-Touristen-Hotspot Nyhavn: Treppe runter und staunen (foto: zoom)

In Kopenhagen haben wir allerorten öffentliche und kostenlose Toiletten gesehen, kein Klo-Nepp wie in manchen Orten Deutschlands.

Bei uns muss man das Glück bzw. Pech haben, eine der wenigen „Bedürfnisanstalten“ zu finden. Na ja, und dann müssen diese auch noch geöffnet und benutzbar sein.

Zum Schluss noch eine kurze Anmerkung zur Radfahrstadt Kopenhagen: Es gibt in der Tat sehr viele Radfahrer*innen auf sehr vielen, sehr breiten Radwegen, aber gleichzeitig ist der motorisierte Verkehr sehr lebhaft. Autos bestimmen zu einem großen Teil das Bild der Stadt. Die Richtung stimmt, aber eine Verkehrswende habe ich nicht gesehen.

Vom zweithässlichsten[1] Bahnhof im Hochsauerlandkreis zum Bürgerbahnhof in Winterberg … tja …

Der Siedlinghäuser Bahnhof ist seit Jahren völlig heruntergekommen. (foto: zoom)

Der Bahnhof in Siedlinghausen ist potthässlich. Kein schöner Ort, um anzukommen oder wegzufahren.

Am Sonntag sind wir mit der Bahn aus unserem Ortsteil in die sogenannte „Kernstadt“ Winterberg gefahren, um von dort mit Freunden zurück nach Siedlinghausen zu wandern.

Spoiler: die Wanderung hat Spaß gemacht. Drei Stunden durch den Wald. Danach im Ort etwas gegessen.

Der Bürgerbahnhof hat mich allerdings entsetzt. Obwohl auch am Sonntag in Winterberg die Touristen einrollen, ist das Bahnhofsgebäude geschlossen. Für die Bahnkunden bleiben Service, Aufenthalt und Toiletten unzugänglich.

Der Bürgerbahnhof in Winterberg: Sonntag geschlossen, Toiletten jwd. (foto: zoom)

Das Schild mit dem Hinweis zum Klohaus oberhalb des EDEKA-Marktes ist ein Witz. Wer die Strecke kennt, weiß, dass diese 350 Meter sehr lang sind und das Klohaus … funktioniert das überhaupt?

Ich war froh, dass ich „nicht musste“, sonst hätte ich am liebsten vor das Schild „Ferienwelt Winterberg“ gepinkelt (sorry, Männerwitz).

In Willingen steht ein ähnliches Bahnhofsgebäude. Wenn ich dort ankomme, ist es Montag bis Sonntag geöffnet. An der einen Seite gibt es einen kleinen Döner-Laden, auf der anderen Seite sind im Gebäude gepflegte öffentliche Toiletten.

Warum schafft Willingen, was Winterberg nicht kann?

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[1] Der hässlichste Bahnhof im HSK ist Brilon-Wald

Zu guter Letzt: Inkontinenz in Winterberg. Ist die öffentliche Toilette in Gefahr?

Klohaus im Winterberg
Ungeliebtes Klohaus in Winterberg? (foto: zoom)

Gestern ist ein mutmaßlicher PR Artikel der Stadt Winterberg in der Westfalenpost erschienen. „Mutmaßlich“, weil kein Autor angegeben wird und unter dem Bild als Quelle „Stadtmarketing“ steht. Soweit, so gut oder schlecht.

Winterberg will ein Pinkelnetzwerk über seine Verkaufsflächen errichten. Das ist eigentlich eine gute Idee, denn nirgendwo ist es so schwer eine öffentliche Toilette zu finden wie in Deutschland.

In dem Artikel heißt es wörtlich:

Mit der Aktion „Nette Toilette“ will die Einkaufswelt Winterberg Kundenfreundlichkeit beweisen. Das Konzept sieht eine Art WC-Netzwerk zwischen Bahnhof, Oversum Vital Resort, Innenstadt und Rathaus vor, das das vorhandene Angebot an öffentlichen städtischen Toiletten ergänzt. Die Idee: Gastronomen und Einzelhändler stellen ihre Sanitärräume und auch Wickelmöglichkeiten, soweit vorhanden, allen Besuchern kostenlos zur Verfügung. Zu erkennen sind jene Unternehmen, die bei der Aktion mitmachen, an Aufklebern und Hinweisschildern.

Das ganze freundliche Getue bekommt allerdings einen anderen Zungenschlag, wenn man sich in der Winterberger Geschäftswelt umhört.

Dort wird gemutmaßt, dass sich die Stadt Winterberg ihrer öffentlichen Toilette oberhalb des Edeka-Marktes (siehe Foto) am liebsten eher gestern als heute entledigen würde, um die Kosten für die Wartung loszuwerden und sie auf die Gewerberbetreibenden abzuwälzen.

Gerade die kleinen Geschäfte mit wenig Platz ständen dann ziemlich blöde da – als Spiel- oder Spülverderber, wie man’s gerade nimmt.

„Gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der damit einhergehenden steigenden Zahl älterer Menschen, sind Toiletten in ausreichender Anzahl und Erreichbarkeit für die Aufenthaltsqualität in einer Stadt ein wichtiges Angebot“, so [Tourismusdirektor] Michael Beckmann.

Deutschland hat eine bescheidene Toilettenkultur und jedes Örtchen mehr macht eine Stadt gerade für die älteren Menschen attraktiver.

Doch die Frage bleibt: Will Winterberg die städtische Toilette auf Kosten der Privatbetriebe schließen und dafür noch 10.000 Euro aus dem Leader Programm kassieren?

Hier werden Sie abgezockt: Pinkeln am Dammtor Bahnhof in Hamburg

Wir berichteten vor einiger Zeit über die Wucherpreise für die Nutzung öffentlicher Toiletten im Bahnhof Dortmund. Noch besser abgezockt werden Sie jedoch am Bahnhof Dammtor in Hamburg:

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Weihnachtlich geschmücktes WC-Center der Deutschen Bahn am Dammtor Bahnhof in Hamburg (foto: chris)

Wer diese optisch einladende und festlich dekorierte Toilettenanlage am Hamburger Bahnhof  Dammtor benutzen möchte, muss einen Euro zahlen. Dafür erhält der bedrängte Gast neben Erleichterung einen Wert-Bon von 0,50 € für die Geschäfte des „Einkaufsbahnhofs“.

Der Besitzer des Vouchers eilt nach Nutzung des WC-Centers zum nächsten Geschäft und will seinen Gutschein bei dem Kauf einer Flasche Almdudler für 2,30 Euro einlösen. Das freundliche Verkaufspersonal weist ihn allerdings darauf hin, dass dies keinesfalls möglich sei. Auf der Rückseite des Wert-Bons stehen die „Einlösebedingungen“, die da sind:

voucherdammtor

* Pro Einkauf nur 1 Wert-Bon einlösbar

* Mindesteinkaufswert 2,50 €

Der Almdudler ist zu billig, um sich für das Einlösen des Wert-Bons zu qualifizieren. Diese Regelung habe die Deutsche Bahn zu verantworten, heißt es in dem Geschäft. Ob das stimmt? Fest steht jedoch: Am Dammtor Bahnhof ist das Pinkeln verdammt teuer.