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Der österreichische Politikwissenschaftler Walter Manoschek[1] war aus Wien angereist, um Fragen zur Geschichte seiner Recherchen und zum Film selbst zu beantworten.
Den Film habe ich oben verlinkt, er liegt als DVD dem gleichnamigen Buch[2] von Walter Manoschek bei. Einfach angucken, dann können wir in den Kommentaren weiter diskutieren.
Zum Inhalt des Films und des Buchs (Klappentext hinten):
Am 29. März 1945 erschossen drei Angehörige der Waffen-SS-Division „Wiking“ mindestens 57 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter im burgenländischen Deutsch Schützen. Einer der mutmaßlichen Täter hieß Adolf Storms. 63 Jahre nach dem Massenmord gelang es Walter Manoschek, mit Storms und zwei weiteren beteiligten HJ-Führern zu sprechen.
Was mich beeindruckt hat:
die Hartnäckigkeit, mit der Adolf Storms jegliches Erinnerungsvermögen an sein Verbrechen in Deutsch Schützen abstreitet
die Art der Interviewführung durch Manoschek und seinen Kameramann
Konfrontiert mit den erdrückenden Beweisen für dein Verbrechen äußert (Klappentext Buch) der SS-Mann Storms (Telefongespräch 28.7.2008):
Storms: Wenn das stimmt, dann bin ich ja ein Mörder!
Manoschek: Wenn das stimmt, sind Sie ein Mörder.
Storms: Ja, dann kann man ja nicht mehr leben. Nein …
Manoschek: Das sind die Aussagen von einigen HJ-Angehörigen. Ich kann das nicht verifizieren, ob es stimmt.
Storms: Ich auch nicht. Aber wenn es stimmt, bin ich ein Mörder. Das waren doch Wehrlose dann. Das waren doch Wehrlose!
Manoschek: Das waren wehrlose Juden.
Seit 1946 war Adolf Storms zur Fahndung ausgeschrieben, doch eine Verfolgung unterblieb. Erst 63 Jahre nach der Tat stieß im Frühjahr 2008 der Student Andreas Foster beim Studium von Prozessakten auf den Namen Adolf Storms (Manoschek, S. 9).
Manoschek schreibt: „Es war nicht schwer, Adolf Storms zu finden. Der Name des ehemaligen SS-Unterscharführers stand im deutschen Telefonbuch. Er lebte seit 60 Jahren unbehelligt an derselben Adresse in einer Kleingartensiedlung am Rande von Duisburg“ (S. 7).
Sowohl in der Diskussion als auch im Vorwort des Buches (S. 8) beschreibt Walter Manoschek, was danach geschah.
Er sei 2008 nach Duisburg geflogen, habe an der Haustür von Adolf Storms geläutet, habe gefragte ob dieser bereit wäre, ein Interview über seine Kriegsvergangenheit zu führen undwsei verblüfft über dessen Zustimmung gewesen(ebda).
Auf der Veranstaltung in Dortmund schilderte Manoschek, wie er vorsichtshalber ein Krankenzimmer in Duisburg habe reservieren lassen, „falls Storms unter der Last der Schuld zusammengebrochen wäre.“
Doch der einzige emotionale Satz, den Manoschek als Interviewer von Storms gehört habe, wäre im Telefongespräch gefallen: „Wenn das stimmt, dann bin ich ja ein Mörder!“
Auf die Frage einer Besucherin, wie er es ausgehalten habe, mit einem mutmaßlichen Mörder zu sprechen ohne emotional überwältigt zu werden, antwortete Walter Manoschek:
„Ganz einfach – durch professionelle Herangehensweise. Distanz. Ernst nehmen. Wir beide hatten ein Arbeitsbündnis geschlossen.“
Die simple Frage ‚Warum spricht er mit mir?‘, sei nicht leicht zu beantworten. Im Buch habe er einige Thesen aufgestellt, die ihn aber selbst nicht restlos überzeugten.
Storms habe sich gut an diejenigen Ereignisse erinnern können, bei denen er selbst in Gefahr war.
Er, Walter Manoschek, sei sicher, dass es nicht die einzige Tat Storms war. „Er war wahrscheinlich an anderen Tötungen und Morden beteiligt.“
„Lachend, plaudernd und kaltblütig“ seien die SS-Männer nach Zeugenaussagen zum Mord geschritten. „So verhält man sich nicht, wenn es das erste Mal ist.“
[1] Walter Manoschek, geb. 1957; Außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Wien, 1995-1999 Mitgestalter der Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“.
[2] Walter Manoschek, „Dann bin ich ja ein Mörder!“ Adolf Storms und das Massaker an Juden in Deutsch Schützen, Wallstein Verlag, Göttingen 2015
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