Umleitung: Absahner, Netzsperren, Kultur und Zwergschulen

Die Absahner I : Wie Journalisten um Prozente feilschen … zapp

Die Absahner II: Tom Buhrow und Co – Wie Fernsehmoderatoren ihre Prominenz vermarkten … zapp

Netzsperren und Kinderpornografie: Netzsperren 2.0 … ruhrbarone

Arnsberger Kultur: Puppentheater für die Kleinen, Musik für Mama und Papa Live … ruhrtalcruising

Kreishaus Meschede: SGB II-Expertise unvollständig … sbl

Heimatzeitung: Zwergschulen – Eltern machen Ärger … wp

Meschede, Hochsauerland: Marodierende russische Zwangsarbeiter?

Eversberg, Hochsauerland: Gedenkstein - Mörder unbekannt

Eversberg, Hochsauerland: Gedenkstein – Mörder unbekannt

Als ich gestern zum ersten Mal in der katholischen Kirche von Eversberg, einem Ortsteil von Meschede, saß und in der Kirchenchronik blätterte, fiel mir das oben abgebildete Photo auf.

Das Datum des Mordes schien mir auffällig nah am Kriegsende zu liegen.

Deswegen versuchte ich in kurzer Zeit etwas mehr herauszufinden.

Das Heimatmuseum war leider geschlossen, der Experte für die Ortsgeschichte, den mir einen Einheimische genannt hatte, war nicht zu Hause.

So blieb mir heute ein Blick in dieses 55-seitige  PDF Dokument des Stadtarchivs Meschede (S. 52 ff.):

Vermutlich von „Fremdarbeitern“, freigelassenen Zwangsarbei-
tern, wurde auch Klosterpförtner Bruder Virgil Wilhelm (56),
Kloster Königsmünster, am 8. Juni 1945 im Arnsberger Wald an
der B 55, Abzweig Hirschberg, durch einen Kopfschuss ermordet.
Bruder Virgil war nach der Vertreibung durch die Nationalsozialis-
ten als erster seines Klosters im April 1945 wieder nach Meschede
zurückgekehrt.
Was sich dann an jenem 8. Juni genau ereignet hat, konnte in den
Nachkriegswirren nicht mehr exakt festgestellt werden; dennoch
gibt es viele Fakten: Am frühen Morgen des 8. Juni 1945 lieh
sich Bruder Virgil Wilhelm ein Fahrrad. Trotz Warnungen wollte
er über den Stimm-Stamm nach Kallenhardt fahren, um dort das
Herz-Jesu-Fest mitzufeiern. Er kam niemals an. In der Höhe der
Abzweigung nach Hirschberg wurde er überfallen; vermutlich
wollte man ihm sein Fahrrad stehlen. Virgil Wilhelm muss sich
gewehrt haben. Er streifte sich den Ring seines Klausurschlüssels
über den rechten Zeigefinger und benutzte den Bart des Schlüs-
sels als Schlagwaffe. Bevor er getötet wurde, war erausgeraubt,
an einen Baum gefesselt und gefoltert worden.
Erst ein Jahr später fand man die verscharrte Leiche des Ermorde-
ten. Ob die mit Reisig bedeckte Leiche am 26. September 1946,
wie erzählt wird, von Pilzsuchern oder von Forstleuten gefunden
wurde, kann im Kloster niemand mehr genau sagen. Der fest
umklammerte Klausurschlüssel und Wäschereste ermöglichten
die Identifizierung.
Virgil Wilhelm wurde zunächst auf dem Südfriedhof der Stadt
Meschede beerdigt, am 29. September 1964 aber auf den Klos-
terfriedhof umgebettet.
Die Frage nach dem oder den Tätern konnte nie zweifelsfrei
geklärt werden…

Wer die Geschichte der russischen Zwangsarbeiter im Hochsauerland besser einordnen will, sollte sich die Broschüre von Beginn an durchlesen.

Denn die erste Frage lautet doch:

Wieso gab es hier überhaupt russische Zwangsarbeiter? Wo arbeiteten sie? Wie wurden sie behandelt?

Fortsetzung folgt, sobald ich Zeit habe, denn:

„Die Arbeit versaut einem die ganze Bloggerei 🙁 “ (Selbstzitat, noch nicht mit Google zu finden)

Mehr Transparenz: Agrar-Subventionen mit Namen und Betrag im Internet

Seit Dienstag hat die Bundesregierung auf Geheiß der EU Namen und Summen ins Internet gestellt, wer in Deutschland wie viel EU-Agrarsubventionen bezieht. … DerWesten

Ich finde das gut. Zwar beschweren sich laut dem oben zitierten Artikel einige Landwirte und fühlen sich ungerecht behandelt – „Ein ganzer Berufsstand wird an den Pranger gestellt”, ärgert sich Landwirt Antonius Brüggemann aus Meschede. Andere Subventionen für Industrieunternehmen dagegen würden im Netz nicht preisgegeben….“ – aber es gibt keinen anderen Weg zu mehr Transparenz, Mitbestimmung und Demokratie.

Ich gebe dem Landwirt Antonius Brüggemann insofern recht als auch ich meine, dass die Subventionen für die übrigen Industriezweige ebenfalls offen gelegt werden müssen.

In Winterberg mit seinen Dörfern sind beispielsweise 103 EU Subventionsempfänger genannt. Die höchste Summe beträgt für das Jahr 2008 105.738,08 Euro , die niedrigste 82,83 Euro.

Neugierig? Klick. (Postleitzahl und Ort eintragen genüg)

Von mir aus sollten neben den Büchern der Betriebe auch die Einkommen aller Bürger für jeden einsehbar sein. Dann hörte die ganze Lügerei und Flunkerei endlich auf, und die „Neid-Diskusssionen“ hätten eine nachprüfbare Faktengrundlage.

Ich denke wir Deutschen würden entspannter leben können 😉

P. S. Es ist wie man’s vermuten könnte. Wer hat, dem wird gegeben: Spitzenreiter in Südwestfalen ist Südzucker: 34,4 Millionen Euro hat der Nahrungsmittelkonzern im vergangenen Jahr an EU-Agrarsubventionen bekommen.

Brilon: Frauentheater in der „Lok“

Sechs Frauen - sechs Stimmen. Morgen Abend in Brilon / Hochsauerland.
Alles Theater: sechs Frauen – sechs Stimmen. Morgen Abend in Brilon, Hochsauerland.

„Und wenn man auch sagt, heutzutag, man braucht sie gar nicht, ich bin doch froh, dass es noch Kerls gibt.
Junge Kerls, dünne Kerls, ich mag auch dicke Kerls und Kerls mit Glatze….“

Das Frauentheater FRAUENSTIMMEN tritt morgen,  Mittwoch, den 17. Juni um 20 Uhr in der
„Lok“ (im Alten Briloner Bahnhof) auf.

Unter dem Motto „Frauenliteratur durch die Jahrhunderte“ werden die unterschiedlichsten fraulichen Erfahrungen, aus dem Völker- und Ehekrieg, aus dem Fitnessstudio und der Haushaltsführung, vielzüngig kommentiert und seziert.

Zu den FRAUENSTIMMEN gehören sechs Frauen aus Meschede, die sich seit fünf Jahren der
Literatur hingeben, Lyrik und Prosa theatralisieren und in Szene setzen.

Ihr drittes Programm „Frauenliteratur durch die Jahrhunderte“ umfasst Lyrik von Schiller über
Brecht, Kästner, Strittmatter bis hin zu Irene Dische.

Einen Mann gönnen sie sich trotzdem, die sechs Hochsauerländerinnen:

Mirko Wiedeking, der die FRAUENSTIMMEN am Klavier begleitet.

Die Veranstaltung wird von der Briloner Bürger-Liste (BBL) präsentiert. Der Eintritt
beträgt 3 Euro.

Karten sind im Vorverkauf in der „Lok“ und in der „Alten
Werkstatt“, Am Kalvarienberg 1, sowie an der Abendkasse erhältlich.

Mir als Herausgeber und Redakteur dieser Pressemeldung bleibt nur folgende kleine Frage: Der Klavierspieler wird zwar genannt, doch wie heißen die Damen? Es eilt, denn schon morgen stehen sie auf der Bühne 😉

Die Rotbuche, der Flugzeugabsturz und der Iran

Die Rotbuche in Hamburg Langenhorn
Die „Rotbuche“ in Hamburg Langenhorn (Foto: wie fast immer von mir 😉 )

Vor ein paar Tagen in der Rotbuche. Drei US-Amerikaner aus Philadelphia sitzen an der Theke, sind begeistert vom Essen und vom deutschen Bier. Gerade am Morgen sind sie in Hamburg angekommen, alle drei Ingenieure mit Zusatzausbildung „Betriebswirtschaft“. Sie arbeiten für einen Ausrüster der Lufthansa und haben während des Tages Verkaufsgespräche geführt. Morgen früh werden sie nach Paris weiter fliegen  und auch dort versuchen, die Flotte der Lufthansa auszurüsten.

Nein, ihre Firma habe nicht die Instrumente an Air France verkauft. Die Geschwindigkeit des Flugzeugs werde über den Luftwiderstand an drei Punkten gemessen.  In einem solchen Unwetter wie bei der großen Katastrophe müsste man eigentlich GPS dazuschalten. Das werde aber nur bei komplizierten  Landeanflügen gemacht.

Wir sprechen über die Finanzkrise in den USA, die Gesellschaft in Texas, die Baptisten in Dallas, die Katholiken in Philadelphia  und den Familienstress in der beschleunigten US-amerikanischen Ökonomie. Von Duckstein zu Weizen und zurück. Als der Small-Talk nach einer unamerikanisch langen Stunde beendet ist, weil die Ingenieure vor dem Verkaufen in Paris noch schlafen müssen, habe ich Zeit mit dem Perser zu sprechen.

Der Perser, ein Iraner, war erst kürzlich in Teheran. Wir unterhalten uns lange. Es ist der Freitag vor den Wahlen.

Der Perser ist optimistisch. Teheran, so schwärmt er, habe überhaupt nichts mit dem Bild zu tun, was uns in Deutschland vermittelt werde; Teheran sei eine moderne, aufgeklärte Metropole. Und während wir weiter reden fällt mir ein, dass ich vor über 20 Jahren ein ähnliches Gespräch an einem anderen Ende der Welt geführt hatte.

Ein Perser, Iraner,  Professor der Soziologie, hatte mich damals darüber aufgeklärt, dass der Iran, dass Teheran, viel moderner sei, als es in den Medien vermittelt werde.

Beide sind/waren zur jeweiligen Zeit gerade eben erst von einer Reise aus dem Iran zurückgekehrt. Sie hatten/haben Familie im Iran. Sie scheinen sich auszukennen.

Und dann die Wahlergebnisse. Ich bin enttäuscht und frage mich, wo denn dieses tolle, moderne Stück Iran geblieben ist.

Es muss da sein, irgendwo existieren.

Die, die vor 20 Jahren jung und modern waren, sind doch heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen und sie werden sich nicht zu religiösen Fanatikern gewandelt haben.

Zu diesen addieren sich fortlaufend die neuen „modernen Jungen“.

Vielleicht steht es doch nicht so schlecht um den Iran. Das Potenzial scheint vorhanden zu sein, meine ich – nach einem langen Kneipengespräch in Hamburg-Langenhorn – in der Rotbuche.

Umleitung: SPD, Iran und WAZ

umleitungSPD Parteitag I: Man trägt jetzt wieder „Proletarier“ … faz-blogs

SPD Parteitag II: Identitätsverlust … weissgarnix

Iran I: Erschossen beim Protest … ruhrbarone

Iran II: Crushed Hopes … iranian

Iran III: There will be blood … spiegelfechter

WAZ-Konzern: will crossmedialer werden – mit ähhhm z.B. Kamps … w&v

Heimatzeitung: Nicht mit dem Auto durchs Orketal (denn da jogge ich 😉 ) … wp

SPD: Vorwärts und schnell vergessen, worin unser Fehler bestand …

Die SPD will einen schnellen, harten Wahlkampf führen. Sie will fulminant gegen eine Politik kämpfen, die sie selbst eingeleitet hat. Sie muss auf das kurze Gedächtnis der Wähler hoffen. Die SPD wird ihre falsche Politik nicht aufarbeiten. Sie wird ihr Personal nicht erneuern. Augen zu und durch. Wer sehen und lesen will, wie sich die sogenannte Linke in der SPD dreht, krümmt und windet, betrachte Andrea Nahles.

Andrea Nahles stimmt gegen die eigene Erkenntnis und Einsicht für die Verankerung der „Schuldenbremse“ im Grundgesetz und hat auch noch die Stirn dies auf ihrer Website zu begründen (Hervorhebungen durch mich):

3. Wir sind überzeugt, dass es zur Bekämpfung von Staatsverschuldung keiner grundgesetzlichen Regelung bedarf wie dieser, über die wir heute abstimmen

6. Entgegen diesen oben angeführten Argumenten, eine solch detaillierte, unflexible  Regelung nicht in das Grundgesetz aufzunehmen, sehen wir uns in der Gesamtverantwortung gegenüber unserer Fraktion und unserer Partei und stimmen diesem Gesetz zu.

Ja, ja –  jeder Abgeordnete ist seinem Gewissen … das Nähere regelt die Fraktionsdisziplin …

Für mich ist das nicht vermittelbar, darum bekommt die SPD meine Stimme wieder einmal nicht. Vielleicht sind die anderen Wählerinnen und Wähler gnädiger mit Steinmeier, Nahles und Co.

Ich jedenfalls vertraue auch dieser Partei zur Zeit nicht.

Die FAZ beschreibt heute Abend den Parteitag süffisant (Hervorhebung von mir):

Die Delegierten klatschten ziemlich lange. Zehn Minuten mögen es gewesen sein. Bilder mit Ehefrau. Steinbrück und Müntefering, auch Andrea Nahles und Generalsekretär Heil kamen auf die Bühne. Sie umringten den Kandidaten. Sie wirkten fröhlich. Die Delegierten klatschten weiter. Hernach versicherten die Leute, sie seien begeistert. Manche sagten gar, Steinmeier habe nicht bloß seine beste, sondern auch eine historisch bedeutende Rede gehalten. Mindestens habe er die Anwesenden im Saal begeistert. Er habe die Erwartungen erfüllt. Der Rest des Parteitages wurde rasch absolviert. ganzer Artikel

Zitat aus den FAZ-Kommentaren:

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Da regiert eine Partei mit ihrem eher links orientiertem Traumkoalitionspartner, den Grünen, und sie macht in dieser Zeit nichts anderes, als den Spitzensteuersatz und die Unternehmenssteuern so lange zu senken, bis der Staat total in die Schuldenfalle läuft. Zwar versprechen sie dann vor der nächsten Wahl, die MWSt. nicht zu erhöhen, aber sobald sie wieder an der Regierung sind, diesmal zwar als Juniorpartner, wird diese Steuer, die wirklich alle und jeden trifft um 3%-Punkte erhöht. Der Handel mit ABS Papieren, die mit zur der momentanen Krise geführt haben, wird unter dieser Partei zugelassen, der größte Lobbyist sitzt mitten im Finanzministerium (Asmussen) und dann schickt der Obersozi seine Leute noch mit einem Bibelzitat in den Wahlkampf. Schlimmer geht’s einfach nicht mehr. Die sind doch alle vom Schwachsinn befallen! …  zum Artikel unter Klaus Roderer 14. Juni 20:28

Limits of Control: Wie kann man sich den neuen „Jim Jarmusch“ angucken ohne zu verzweifeln?

Zeise Kinos Hamburg Altona: Jim Jarmusch - Limits of Control
Zeise Kinos Hamburg Altona: Jim Jarmusch - Limits of Control

Dies ist keine Rezension des neuen Films von Jim Jarmusch. Dies ist eine kleine Gebrauchsanweisung, wie man nach knapp zwei Stunden verstörender Kinozeit dem Regisseur eine Chance geben kann.

Aber wie so oft beginne ich erst einmal am anderen Ende:

Vor mehr als zwanzig Jahren habe ich „Down by Law“ im Abaton-Kino in Hamburg das erste Mal gesehen und war derartig mitgerissen, dass ich mir den Film am nächsten Abend sofort wieder angeschaut habe. Und dann noch einmal und … bis heute immer mal wieder.

Kein anderer der „Jim-Jarmusch-Filme“ hat mich seitdem derartig gebannt – nicht „Stranger than Paradise“, nicht „Night on Earth“, nicht „Dead Man“, nicht  …

„Limits of Control“ ist völlig anders und bei wikipedia gibts auch alle möglichen Erklärungen und Links zu den Rezensionen.

Wer gerne Rezensionen liest, dann ins Kino geht und anschließend den Rezensionen widerspricht, zustimmt oder was auch immer, der soll das auch weiterhin tun und der kann hier aufhören zu lesen.

Für alle anderen empfehle ich diese Nachbereitung:

  1. „Limits of Control“ einfach angucken.
  2. Am besten mit Freunden.
  3. Nach dem Film die Klappe halten.
  4. Zehn Minuten bis zur nächsten Wohlfühl-Kneipe gehen
  5. Hinsetzen.
  6. Bestellen.
  7. Ein, zwei Schlucke trinken.
  8. Dann sagt jeder reihum, was er verstanden hat. Achtung! Nicht, was er nicht verstanden hat.
  9. Nach ungefähr drei Runden hat jeder das Gefühl, dass er was verstanden hat.
  10. Jetzt fragen: Was soll das alles bedeuten?
  11. Ende offen
  12. Zeit: Eine Stunde.

Mit dem Film muss jeder selbst klar kommen. Für mich ist die Schlüsselszene fast am Ende des Films, als Isaach De Bankolé in das Zentrum der Macht eindringt.

The Limits of Control: In höchstem Maße subversiv! Selber schauen. Eigene Meinung bilden.

Wenn einer eine Reise tut: Hertie Langenhorn meets Krohnstieg Center und dann noch Thomas Middelhoff.

Schon lange herunter gewirtschaftet und pleite: Hertie Hamburg-Langenhorn
Schon lange herunter gewirtschaftet und pleite: Hertie Hamburg-Langenhorn

Vorbemerkung: Das Wichtigste kommt am Ende 😉

Jetzt erst einmal das Vorgeplänkel:

Es gab eine Zeit da war das Karstadt Kaufhaus in Hamburg Langenhorn eine fester Bezugspunkt für die Menschen in diesem erdigen, nicht ganz so „gestylten“ Hamburger Stadtteil an der Grenze zu Schleswig-Holstein.

Es gab eine vorzügliche Lebensmittelabteilung, und auch wenn ich Laufschuhe brauchte, konnte ich mir sicher sein, diese dort zu erhalten. Hemden, Hosen, Schreibkram, Spielwaren … Es gab immer einen Grund zu Karstadt zu gehen.

Doch von Jahr zu Jahr wurde das Angebot dürftiger. Die Lebensmittelabteilung verschwand, Kinderklamotten gab es nicht mehr, die Laufschuhe ein Graus … Es gab kaum noch einen Grund zu Karstadt zu gehen.

Karstadt wurde zwischendurch Hertie, aber es gab keinen Grund mehr zu Hertie zu gehen.

Auf der anderen Seite der Straße entstand ein ungeheuer kolossales, unglaublich hässliches „Krohnstieg-Center“, welches im Wesentlichen ein Mega-Edeka, Billigklamottenläden, Drogerien, ein Parkhaus und Bürofläche enthält.

Ich bin auf die oberste Ebene des alten Karstadt-Parkhauses gegenüber geklettert, um knapp die Hälfte des Betonklotzes namens „Krohnstieg-Center“ fotografieren zu können:

Krohnstieg Center Langenhorn
Die Bausünde hat einen Namen und ein Gesicht: Krohnstieg Center Langenhorn

Der Edeka-Laden darinnen ist sogar noch größer als der in Winterberg 😉 Er erstreckt sich über mehrere Etagen. Wer, sagen wir mal,  zehn Teile einkaufen will, dem kann es passieren, dass er ohne Kenntnis des genauen Grundrisses einen halben Tag in den Dimensionen dieser Shopping-Erlebniswelt herum irrt.

Es ist für ältere Menschen unabdingbar, dass ihnen die Enkel, die vorzugsweise über eine Informatik-Ausbildung verfügen, vorher den Algorithmus des Einkaufsablaufs mit rekursiven Funktionen errechnet haben, da sonst die zurückzulegende Wegstrecke zwischen den Regalen im Quadrat zur Anzahl der zu erwerbenden Einkaufsteile wächst.

Wenn das Krohnstieg Center, dieser Flash-Back der Architektur in die Waschbeton-Ästhetik der Siebziger Jahre, der Hässlichkeit ein Gesicht gibt, dann gilt gleiches für Thomas Middelhoff, das hässliche Gesicht des Kapitalismus.

Ja – so einfach sage ich das jetzt, nachdem ich in den U- und S-Bahnen von HH-Langenhorn Richtung HH-Altona einen Artikel von Werner Rügemer in der Zeitung „jungen welt“ (n. b. : in Großstädten pflege ich Zeitungen zu kaufen, die ich auf dem Lande nie in die Hände bekomme) gelesen habe.

Trotz all meiner Vorbehalte gegenüber der „junge welt“, bin ich der Meinung, dass dieser Artikel unbedingt lesenswert ist:

Hit and run
Porträt. Kranke Unternehmen zu sanieren ist die Spezialität des Vorzeigemanagers Thomas Middelhoff. Doch er saniert nur sich selbst und seine Freunde. Letztes Meisterstück: KarstadtQuelle. Die nächsten Projekte sind in Vorbereitung … weiterlesen