„ ,Die Gedanken sind frei!’ Damit ist jetzt Schluß! Das ist nicht Science Fiction. Das ist kein Witz.“
Das Bildungspaket von Digitalcourage

Rena Tangens bei ihrer Laudatio bei den „BigBrotherAwards 2020“ für die Firma BrainCo., ein Tech-StartUp aus dem Dunstkreis der Harvard Universität und des MIT (Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA). „BrainCo stellt EEG-Stirnbänder und die Software dazu her und propagiert die Nutzung dieser Stirnbänder im Klassenzimmer.“

Unvorstellbar? Sehen, hören und lesen Sie bitte auf den Seiten von „Digitalcourage e.V. zum Bildungspaket auf
https://digitalcourage.de/bildungspaket

Der Text der Laudatio von Rena Tangens auf
https://bigbrotherawards.de/2020/bildung-brainco-und-leibniz-wissenschaftscampus-tuebingen

Das Video auf
https://media.ccc.de/v/bba20#t=1860
„Spannend, unterhaltsam und gut verständlich werden die ‚Oscars für Überwachung‘ (Le Monde) an die größten Datensünder des letzten Jahres vergeben. Eine Jury aus prominenten Bürgerrechtlern verleiht jährlich diesen Datenschutz-Negativpreis an Firmen, Organisationen und Politiker. Die BigBrotherAwards bewirken viel: Sie machten zum Beispiel Rabattkarten, Scoring, Mautkameras, Farbkopierer und Handyüberwachung als Gefahr für Grundrechte und Privatsphäre bekannt. Sie warnten schon früh vor der Gesundheitskarte, der Steuer-ID und der Vorratsdatenspeicherung. Schon lange vor den Skandalen bei Lidl, Telekom, Bahn und Co. wurden die BigBrotherAwards an diese Konzerne verliehen. Ein Abend der gelebten Politik mit den Mitteln des Theaters, geschliffener Rede, Musik und Tanz“

Die ganze Veranstaltung mit dem Grußwort von Bundesinnenminister a.D. Gerhart Baum auf
https://mirror.netcologne.de/CCC/events/BigBrotherAwards/2020/mp3/ife-2-deu-BigBrotherAwards_2020_mp3.mp3

– gegen „Überwachungskapitalismus“ und eine „smarte Diktatur“ (Gerhart Baum)!

Zum „Volkstrauertag“ – Der Prozeß in der Siedlinghausener Schützenhalle

Beschriftung in einer Sauerländer Schützenhalle: „Glaube. Sitte. Heimat.“
Diesem Leitspruch folgt der Sauerländer Schützenbund. (foto: zoom)

„Die Zwangsarbeiter/innen wurden in allen notwendigen Bereichen eingesetzt, in der Waffenproduktion, in der Landwirtschaft und – wie in Siedlinghausen – auch in Steinbrüchen.

(Auszug aus dem aktuellen Recherchebericht, insgesamt 28 Seiten.)

In einem der beiden Steinbrüche behandelte man die jungen Menschen laut mehrerer Zeugenaussagen so schlecht, dass sie an den Strapazen früh verstarben oder auf der Flucht erschossen wurden. Die Menschenverachtung ging sogar so weit, dass man sie außerhalb des Dorfes in der Nähe der Müllkippe verscharrte. Ihre sterblichen Überreste wurden erst später auf dem Friedhof in einem eigenen Gräberfeld beigesetzt.“

Zunächst war ich nicht sicher, ob er vielleicht einen anderen Friedhof meinte und habe ihn gefragt. Aber mit „außerhalb des Dorfes in der Nähe der Müllkippe“ meinte er den „Friedhof Röbbecken“.

„Laut mehrerer Zeugenaussagen“ – was mögen das für „Zeugen“ gewesen sein? Wo haben Menschen „Aussagen“ zum Steinbruch der „Fa. Krämer & Co.“ gemacht?

Carl Caspari schreibt in „Unser Dorf Siedlinghausen“: „Im Jahr 1948 fand ein großer Prozeß gegen Dietrich Krämer, wohnhaft in Dortmund, in unserer Schützenhalle statt. Die Gerichtsverhandlung gegen ihn und noch einige andere Männer war am 20.6.1948 in der Schützenhalle. Die Verhandlung wurde von dem englischen Militärgericht aus Arolsen geleitet. Aber wie dieser Prozeß endete, konnte ich leider nicht mehr in Erfahrung bringen.“

Nun muß natürlich nicht alles stimmen, was geschrieben steht. So schreibt Carl Caspari in „Unser Dorf Siedlinghausen“ auch: „Auf dem Viehfriedhof wurde bei 4 russischen Soldaten kein Name auf die Holztafel geschrieben, auch der Sterbetag ist unbekannt. Die Toten hatte man wohl, kurz bevor die beiden Gefangenenlager aufgelöst wurden, dort eingegraben. Den Verantwortlichen blieb sicher keine Zeit mehr, die Gräber zu registrieren und eine Holztafel mit Namen aufzustellen.“

Und diese vier „Unbekannt“ sind es ja nun nicht mehr – waren es eigentlich nie -, und sie starben am 4.12.1941 (Stepan Üschakow, geb. 28.3.1914), am 2.2.1942 (Andrej Borodanow, geb. 30.4.1918), am 16.5.1942 (Kiril Nowikow, geb. 26.4.1920, gestorben am gleichen Tag im gleichen „Arbeitskommando“ „tot aufgefunden“, an dem Iwan Safronow „auf der Flucht erschossen“ wurde) und am 8.12. (oder – laut Sterbeurkunde – am 24.12.) 1942 (Karapet Tschuwadjan, geboren 1904).

Aber auch Franz Mickus spricht von „Zeugenaussagen“, und „ein großer Prozeß gegen Dietrich Krämer … in unserer Schützenhalle … am 20.6.1948 … von dem englischen Militärgericht aus Arolsen geleitet“ ist eine sehr konkrete Spur, zu der manche Dokumente der „Arolsen Archive“ passen, in denen von „Murder and mistreatment of forced laborers and Allied POW’s in Germany“ and „Place of Offence: Siedlinghausen, Germany. Date: 1941-1944. Offence: Murder of Russian Ps/W.“ geschrieben ist.

In einem Dokument stehen besondere Hinweise auf die Anzahl und die Namen der Toten:

„He remembers five Russians buried in the town-cementery and some twenty-four buried in the field, two of which were sent up from a firm Huttemann in Olsberg. (An actual count of the graves on the field gave a total of twenty-six or twenty-seven, therefore thirty-one or thirty-two graves altogether.) The names of the buried PW’s and the dates of their death can be ascertained at the Police Administration in Bigge.“

Und so stellt sich mir wieder die Frage: Was bedeutet die 26. Angabe in der Friedhofsliste zum „Friedhof Röbbhecken“ von 1970, die vorne „25 Gräber“ angibt, und was ist mit diese Lücke zwischen den Grabsteinen von „Sabronow“ und „Boltutschow“?

Und so ist es für mich höchst wahrscheinlich, daß es stimmt, was Carl Caspari in „Unser Dorf Siedlinghausen“ schrieb:

„Im Jahr 1948 fand ein großer Prozeß gegen Dietrich Krämer, wohnhaft in Dortmund, in unserer Schützenhalle statt. Die Gerichtsverhandlung gegen ihn und noch einige andere Männer war am 20.6.1948 in der Schützenhalle. Die Verhandlung wurde von dem englischen Militärgericht aus Arolsen geleitet. Aber wie dieser Prozeß endete, konnte ich leider nicht mehr in Erfahrung bringen.“

Zwar ist sein Buch ja von 1999 und unter den o.a. Dokumenen ID 120848333 120848335 der „Arolsen Archigves“ steht „Declassified per Executive Order 12356, Section 3.3, NND 775032 by RB/Brust NARA, Date Jan. 21, 1993“. Aber erst seit wenigen Monaten werden die Dokumente online gestellt, und so konnte Carl Caspari vieles wohl noch nicht „in Erfahrung bringen“.

Heute ist vieles anders als noch bis vor ein paar Jahren. Am schönsten und kürzesten sagt es die Direktorin Floriane Azoulay: „Es kann doch nicht sein, dass nach 75 Jahren immer noch so viele Namen nicht digital erfasst sind. Die Archive gehören uns nicht, die Namen müssen raus in die Welt!“

[…]

Alles lesen, mit Bildern, Anmerkungen und Quellenverweisen (28 Seiten PDF)

Siedlinghausen: Die Kerze für die fünf „Unbekannten“ und die Sprache der Toten Andrej und Wasilij Sergeew („Serkow“)

Gedenkstein, Kranz und Licht auf dem Gräberfeld der sowjetischen Zwangsarbeiter in Siedlinghausen. (fotoarchiv: zoom)

Auf dem Friedhof in Siedlinghausen liegen sechs Grabsteine mit der Angabe „UNBEKANNT“, davon zwei mit den Daten „7.11.1940“ und „April 1945“.

1. „UNBEKANNT + April 1945“
Hier wurde jemand 1965 „aus Madfeld (inmitten der Feldflur)“ zu den anderen 24 auf dem Viehfriedhof, dem späteren „Ehrenfriedhof“ „Am Röbbecken“ ohne Zugang, gelegt – und jedes Mal, wenn ich an diesen Grabstein denke, fällt mir auch Jagos Ze?evi? ein; am 16.10.1980 stellte die Gemeinde Meschede für den „Waldfriedhof Fulmecke“ eine „Ergänzungs-Meldung zur Kriegsgräberliste (§ 6 des Kriegsgräbergesetzes vom 27. Mai 1952 – Bundesgesetzbl. I Seite 320)“ auf.

In dieser fünften Ausfertigung der Gräberliste für den Waldfriedhof steht zur lfd. Nr.56: „JAGOS ZE?EVI?, geboren 10.08.1902 in Vinicka, Jugoslawien. Umgebettet von einer Weide in Schederberge lt. Erlaß des IM NW vom 13.02.79, I C 4/ 18 – 86.12“. Er ist der einzige Jugoslawe auf Meschedes Waldfriedhof und hat den einzigen Grabstein mit Geburtsdatum und Sterbedatum.

Aber auf seiner Sterbeurkunde mit dem „Nur gültig zum amtlichen Gebrauch“- Stempel in der Zentralen Namenskartei (ZNK) des ITS steht, von wo genau er umgebettet wurde: „Der jugoslawische Kriegsgefangene Jagos Zecevic, wohnhaft in Schederberge, ist am 8. April 1945 in Schederberge verstorben. Der Verstorbene war geboren am 20. August 1902 in Vinicka in Jugoslawien. Meschede, den 17. November 1950. Der Standesbeamte [Stempel und Unterschrift]“ Und auf der Rückseite: „Bezeichnung der Grabstelle: Ortschaft Schederberge in einer Weide des Gutspächters H. Meschede, den 23. November 1950. Der Amtsdirektor“ [Stempel und Unterschrift]. Ob es solch eine Sterbeurkunde auch für den „UNBEKANNT“ aus Madfeld gibt?

2. „UNBEKANNT + 7.11.1940“
Dieser „Unbekannte“ war es nie. Denn auf der Skizze zum Katholischen Friedhof in Siedlinghausen stehen die Namen „Montschuk“, „Schur“ und „Tschainikow“ und die Zahlen „10913“ und „16190“. „10913“ ist „Peter“, also Petr Glasurenko, geboren 25.11.1915 in Lwow, und „16190“ ist Andrej Sergeew, dessen „Personalkarte I: Personelle Angaben“ des „Kriegsgefangenen-Stammlagers Stalag 326 Forellkrug“ die „Beschriftung der Erkennungsmarke“ mit „Nr. 16190“ angibt – und den Vornamen und den des Vaters und der Mutter und und und.

  • „Montschuk“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.
  • „Schur“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.
  • „Tschainikow“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.
  • „Glasurenko“ bekam einen Eintrag ins Sterbebuch und einen Grabstein.

Nur Andrej Sergeew bekam keinen Grabstein mit seinem Namen, und hier ist sie wieder, die Sprache der Toten! Denn daß dieser Grabstein ein so offen-sichtlich falsches Datum enthält, ist so auffällig, daß ich sicher war, daß mehr dahintersteckt als ein „einfacher“ Fehler…

[…]

Alles lesen, mit Quellen und Anmerkungen:

https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2020/11/247.-Die-UNBEKANNT-der-30-auf-dem-Friedhof-in-Siedlinghausen.pdf

„Das Magere, das man über sie weiß“ (Westfalenpost, 4. November 2020)
Drei Grabsteine und die Eintragungen 12-14 im Sterbebuch Bigge von 1950

Gedenkstein, Kranz und Licht auf dem Gräberfeld der sowjetischen Zwangsarbeiter in Siedlinghausen. (foto: zoom)

Auf dem Friedhof in Siedlinghausen liegen 30 Bürger der Sowjetunion: die ersten fünf aus dem „Lager Krämer & Co. in Siedlinghausen, die noch auf dem Katholischen Friedhof begraben wurden, und die weiteren 24 aus den Lagern der Firmen Krämer & Co. und Josef Hüttemann in Bigge, die ab November 1941 auf dem Viehfriedhof „Am Röbbecken“ „verschwanden“ – und der eine vom „April 1945“, der 1965 zu ihnen gelegt wurde, „umgebettet“ „aus Madfeld (inmitten der Feldflur)“.

(Die komplette Recherche samt Anmerkungen und Quellenverweisen hier lesen.)

30 Tote, 30 Grabsteine –und nur auf zweien stehen Vor-und Zuname sowie Geburts-und Sterbedatum.

[…]

Am 4. November 2020 erschien in der „Westfalenpost“ der Artikel „Zweiter Weltkrieg. Winterberg: Erinnerung an grausame Zeiten“ von Stefanie Bald. Unter einem Photo mit einem aufrecht stehenden Grabstein in Form eines Kreuzes mit der Aufschrift „In perpetuam memoriam 1939-1945“ steht: „Seit der Umgestaltung 2016 steht auf dem kleinen Gräberfeld der deutschen Gefallenen auch dieser Gedenkstein.“

Und im Artikel lese ich, daß auf dem Friedhof „30 tote sowjetische Kriegsgefangene und 19 deutsche Gefallene“ liegen. … „Alle, die dort liegen, kamen irgendwo im Umkreis von Siedlinghausen zu Tode. Durch Kämpfe, Krankheiten oder aus anderen Gründen. So sollen in dem Steinbruch, in dem die sowjetischen Gefangenen arbeiten mussten, grausame Zustände geherrscht haben.

Auf beiden Grabfeldern liegen überwiegend junge Burschen, manche erst in den 1920ern geboren. Auf den Grabsteinen steht das Magere, was man über sie weiß: Mal ein kompletter Name, mal nur ein Nachname, ein Todes-oder Geburtsdatum, manchmal auch nur ,Unbekannt’ und nichts weiter.“ [Hervorhebungen, durch die Autorin]

Das „Magere, was man über sie weiß“. Durch die Sterbeurkunden wissen wir jetzt schon einmal, daß die sowjetischen Kriegsgefangenen nicht alle im Steinbruch Krämer in Siedlinghausen Zwangsarbeiter waren, sondern auch bei Josef Hüttemann in Bigge.

  • Nr. 12. … Der russische KriegsgefangeneAlex Bobkow, Kriegsgefangener Nr. 62750, … ist am 17. November 1942in Bigge im Kriegsgefangenenlager der Firma Josef Hüttemann verstorben … Todesursache: unbekannt“
  • „Nr. 13… Der russische Kriegsgefangene Palw Hawri, Kriegsgefangenen Nr. 55165, …ist am 19. Dezember 1942 in Bigge im Kriegsgefangenenlager der Firma Josef Hüttemann verstorben. … Todesursache: unbekannt“
  • „Nr. 14… Der russische Kriegsgefangene Tschuwoelltschow, Kriegsgefangenen Nr. 73611, … ist am 24. Dezember 1942 in Bigge im Kriegsgefangenenlager der Firma Josef Hüttemann verstorben. … Todesursache: unbekannt“

Alle drei „Eingetragen auf schriftliche Anzeige der Gemeindebehörde in Bigge … am 14. Februar 1950“.

Und so sieht diese Liste des Arbeitsamtes Meschede-Brilon über „Fremdarbeiterlager und sanitäre Betreuung von Fremdarbeitern während des Krieges“ vom Oktober 1948 heute für mich anders aus als „damals“, als ich anfing, nach den Toten auf dem „Franzosenfriedhof“ in Meschede zu suchen:

[…]

Alles lesen, Text, Anmerkungen, Quellen (PDF, 17 Seiten)

Nikolai Koslow, geboren am 19. März 1917, und der Handkarren in der Siedlinghauser Heimatstube.

Grabplatte auf dem Friedhof in Siedlinghausen. (foto: schiebener)

In „Die Frau, die den ,Friedhof Röbbecken’ in Siedlinghausen besuchen wollte, aber Angst vor Bullen hatte“[1] zitiere ich aus dem Kapitel „Die Geschichte der russischen Kriegsgefangenen“ aus Carl Casparis Buch „Unser Dorf Siedlinghausen“[2]. Darin wird einmal ein „Handkarren“ und zweimal ein „Handwagen“ erwähnt.

1. Handkarren:
„Wie qualvoll und grausam das Gefangenendasein war, kann man schon daran erkennen, daß es viele Tote gab. In dem Gefangenenlager des Steinbruchs Bertram am Iberg gab es keine Toten. Alle sind bei Dietrich Krämer am Meisterstein umgekommen. …

Ab November 1941 wurden die verstorbenen russischen Soldaten auf dem Viehfriedhof begraben. …

Hier fuhr man auch die toten russischen Gefangenen mit dem Handkarren herauf. Sollte ein toter russischer Gefangener beerdigt werden, so legte man ihn in einer Kiste mit einem Deckel. … Man stellte sie auf eine Karre. Die Gefangenen fuhren sie hinauf zum Röbbecken. Dort mußten sie auch das Grab ausheben. … Die Kiste wurde einfach umgekippt und der Tote fiel in das Grab. …

Später fertigten der Schreiner Se.[3] oder der Schreiner Si. eine andere Kiste an. Sie hatte auch im Boden eine Klappe. Man stellte sie einfach über das Grab, öffnete die Klappe am Boden und der Tote fiel nach unten.“[4]

2. a) Handwagen:
„Am frühen Morgen des Karfreitags 1944 floh ein russischer Kriegsgefangener aus des dem Steinbruch am Meisterstein. Er lief durch den Allenberg am Schieben (heute Ennertstraße) herunter und versteckte sich in dem Holzschuppen hinter dem Haus von Rudolf K. in der Sorpestraße. …

Der Nachbarjunge Reinhard K., der damals 13 Jahre alt war, erlebte das Drama als Augenzeuge mit und erzählte mir folgende Geschichte. … Der Geflohene saß auf dem Boden und lehnte vor Erschöpfung an einer Leiter. Mein Vater sagte zu den Wachposten: ,Der Mann braucht Hilfe!’ Der Wachposten gab zur Antwort: ,Der braucht keine Hilfe mehr.’

So gingen die beiden Soldaten wieder aus dem Schuppen heraus. Auf der Straße hatten sich mittlerweile einige Nachbarn eingefunden. Ein Soldat sagte ihnen, sie sollten nach Hause gehen, das wäre hier kein Kindergarten.

Danach ging er noch einmal in den Schuppen und erschoß einfach den wehrlosen Mann. Auf die Frage, warum er das gemacht hätte, antwortete der Soldat, es wäre Notwehr gewesen. …

Kurze Zeit später wurde der Tote mit einem Handwagen abgeholt. Noch heute sieht Reinhard dieses Bild vor sich.“[5]Karfreitag ist ein beweglicher Feiertag und fiel 1944 auf den 7. April -wenn es stimmt, was im Internet steht[6].

Sieht man sich die Sterbedaten der 30 sowjetischen Zwangsarbeiter auf dem Friedhof in Siedlinghausen an, gibt es niemanden, der am 7.4.1944 starb. „Koslaw“ starb am 12. (8), „Gurischkin“ (20) am 21. April 1944. Die Zahlen in Klammern sind die Gräber auf meiner Friedhofskizze, hier mit Blickrichtung auf die Friedhofstraße: …

[…]

2. b) Handwagen:
„Was ich aber 1943 oder 1944 mit einigen Freunden, wir waren etwa 14 Jahre alt, in der Abenddämmerung im November gesehen und gehört habe, war so furchtbar, daß ich das mein Leben lang nicht vergessen kann.

Hinter dem Stacheldrahtverhau sah man schon mal kahlgeschorene Gefangene hervorschauen. Davor patrouillierten die Wachposten natürlich mit Karabinern. Wir kamen mit einem Posten ins Gespräch. Plötzlich aber schrie ein Gefangener in der Baracke ganz fürchterlich. Der Wachposten jedoch verzog keine Mine[18] und meinte, daß der Gefangene Kameradendiebstahl begangen hätte und nun Prügel dafür bekäme….

Es war auch schlimm, als wir Kinder mit ansehen mußten, wie die kranken Gefangenen zu unserem Dorfarzt Dr. Schranz gingen und andere, die nicht mehr gehen konnten, wurden auf einem Handwagen von anderen Kranken gezogen. Sie sahen zerlumpt und abgemagert aus und hatten kahl geschorene Köpfe. Manchmal konnte man meinen, sie wären schon halb tot. Sie wurden immer von Soldaten mit Gewehren begleitet.“[19]

Reinhard erlebt mit 13, wie ein Gefangener von einem deutschen Soldaten in einem Schuppen in seiner Nachbarschaft erschossen wird. Er hört dessen klare Ansage „Der braucht keine Hilfe mehr“ und dann (mindestens) einen Schuß.

Dann sieht er wahrscheinlich, wie halb tote Gefangene, mit zerrissener Kleidung und kahlgeschoren, die blutige Leiche mit einem Handwagen wegziehen.

Er wird weiter neben diesem Schuppen wohnen und ihn täglich sehen müssen und noch ein ganzes Jahr die ewige Propaganda hören und sehen, bis zur letzten Durchsage nach Adolf Hitlers Tod: „Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet, daß unser Führer, Adolf Hitler, gestern in seinem Befehlsstand in der Reichskanzleibis zum letzten Atemzuge gegen den Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen ist.“[20] …

[…]

Weiterlesen mit sämtlichen Anmerkungen und Abbildungen (PDF):

https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2020/10/245.-Nikolai-Koslow-und-der-Handkarren-in-der-Siedlinghauser-Heimatstube.pdf

Die Frau, die den „Friedhof Röbbecken“ in Siedlinghausen besuchen wollte, aber Angst vor Bullen hatte.

Die Bullenwiese, der Schuppen rechts, die Steine in der Bildmitte …. (foto: schiebener)

Auf einem Photo in meiner vorigen Datei sieht man den mehrfach „Russenfriedhof“ genannten und seit 1989 aufgehobenen „Friedhof Röbbecken“  auf mehreren Karten. Das Photo oben läßt den folgenden Text aber vielleicht ein bißchen besser verstehen.

Mein zweiter Siedlinghausener Engel, Herr Hellwig, hatte mir die S. 173-177 aus „Unser Dorf Siedlinghausen, Bd. II“ von Carl Caspari kopiert und in die Hand gedrückt, das Kapitel „Die Geschichte der russischen Kriegsgefangenen“.

Vieles habe ich aus diesen fünf Seiten gelernt. Zum „Friedhof Röbbecken“ steht geschrieben:

„Was unter den Augen der Siedlinghausener von 1941 bis 1945 bei uns im Ort passierte[,] war furchtbar. Zu dieser Zeit war Fritz S. unser Bürgermeister, der Ortsgruppenleiter hieß Heinrich C., unser Pastor war Pfarrer H. und der Dorfarzt hieß Dr. Schranz. … Wie qualvoll und grausam das Gefangenendasein war, kann man schon daran erkennen, daß es viele Tote gab. In dem Gefangenenlager des Steinbruchs Bertram am Iberg gab es keine Toten. Alle sind bei Dietrich Krämer am Meisterstein umgekommen. Die ersten russischen Toten wurden auf unserem Friedhof an der Hecke zum Bahnhof hin begraben. Das ist heute die Stelle, an der der russische Ehrenfriedhof ist. Bereits einige Monate nach Kriegsbeginn gegen Rußland waren schon die ersten Gefangenen gestorben. Im September 1941 waren es drei Tote und im Oktober 1941 ein Toter. Ab November 1941 wurden die verstorbenen russischen Soldaten auf dem Viehfriedhof begraben.“

Besieht man sich die Todestage auf den Grabsteinen, erkennt man genau, warum. Es starben in zeitlicher Reihenfolge laut Sterbeurkunden bzw. Grabsteinen bzw. Nummer der „Erkennungsmarken“:

1 Tschainikow 21.09.1941
2 Schur 27.09.1941
3 Glasurenko 03.10.1941
4 Unbekannt 07.11.1940
5 Montschuk 14.11.1941
6 Petrew 14.11.1941
7 Boltutschow 15.11.1941
8 Samilow 06.02.1942
9 Istomin 04.03.1942
10 Smirnow 13.03.1942
11 Reszow 28.03.1942
12 Rodkidischwew 01.04.1942
13 Serkow 23.04.1942
14 Sabronow 16.05.1942
15 Afanasief 29.05.1942
16 Lenik 28.06.1942
17 Sid 11.09.1942
18 Batrak 24.09.1942
19 Alex Bobkow 07.11.1942
20 Palw Hawri 09.12.1942
21 Koslaw 12.04.1944
22 Gurischkin 21.04.1944
23 Schergin 24.04.1944
24 Iwanikow 26.04.1944
25 Pradkujin 06.02.1945
26 Unbekannt
27 Unbekannt
28 Unbekannt
29 Unbekannt
30 Unbekannt April 45

Wenn der Satz „Im September 1941 waren es drei Tote …“ stimmt, muß einer der „Unbekannt“-Grabsteine zu ihm gehören und die Friedhofskizze mit den Fünfen wäre unvollständig. Alle 30 – bis auf den letzten „Unbekannten“, der 1965 aus Madfeld dazugelegt wurde, und „Alex Bobkow“ und „Palw Hawri“, Zwangsarbeiter bei Josef Hüttemann in Bigge – arbeiteten bei der Firma Krämer & Co.

Weiter im Text: „Den Ausdruck Viehfriedhof kann man nur so erklären. Früher hatte man Rinder, Schafe, Schweine, Ziegen, Pferde und Hunde, die an einer Krankheit gestorben waren, an dieser Stelle begraben. …

Der Weg zum Viehfriedhof führte am Bildstock Judas Thaddäus vorbei hinter das Röbbecken in Richtung des heutigen Bauernhofes K. über den Bach Hamekebieke. Zu der Zeit gab es dort noch keine Brücke und so mußte man ca. 200 Meter den Bachlauf herauffahren, um zu dem Friedhof zu kommen. Hier fuhr man auch die toten russischen Gefangenen mit dem Handkarren herauf.

Der Weg zum Viehfriedhof führte am Bildstock Judas Thaddäus vorbei. (foto; schiebener)

Sollte ein toter russischer Gefangener beerdigt werden, so legte man ihn in eine Kiste mit einem Deckel. An der Kiste waren vorn und hinten je zwei Griffleisten zum Tragen. Man stellte sie auf eine Karre. Die Gefangenen fuhren sie hinauf zum Röbbecken. Dort mußten sie auch das Grab ausheben. Dem Leichnam hatte man einen Sack über den Kopf und die Beine gezogen. Die Kiste wurde einfach umgekippt und der Tote fiel in das Grab. So erzählte es mir Franz P., der damals als 13jähriger in der Nähe die Kühe der Gemeinde hüten half. Am Grab wurde kein Gebet oder irgendetwas anderes gesprochen. …

Später fertigten der Schreiner Se. oder der Schreiner Si. eine andere Kiste an. Sie hatte auch im Boden eine Klappe. Man stellte sie einfach über das Grab, öffnete die Klappe am Boden und der Tote fiel nach unten.“

„So etwas“ kann man sich auf einem „Katholischen Friedhof“ kaum vorstellen,

[Bild mit Hakenkreuz]

auf einem „Viehfriedhof“ schon.

Lorenz Jaeger: „Schaut hin auf Rußland! Ist jenes arme unglückliche Land nicht der Tummelplatz von Menschen, die durch ihre Gottfeindlichkeit und durch ihren Christushaß fast zu Tieren entartet sind? Erleben unsere Soldaten dort nicht ein Elend und ein Unglück sondergleichen? Und warum? Weil man die Ordnung des menschlichen Lebens dort nicht auf Christus, sondern auf Judas aufgebaut hat.“

Quelle siehe Anmerkungen in der PDF (s.u.)

„Gebet für Führer, Volk und Vaterland
Lasset uns beten

In Deiner Hand, o Gott, liegt die Herrschaft über alle Reiche und Völker der Erde. Segne unser deutsches Volk in Deiner Güte und Kraft und senke uns tief ins Herz die Liebe zu unserem Vaterlande. Laß uns ein heldenhaftes Geschlecht sein und unserer Ahnen würdig werden. Laß uns den Glauben unserer Väter hüten wie ein heiliges Erbe.

Segne die deutsche Wehrmacht, die dazu berufen ist, den Frieden zu wahren und den heimischen Herd zu beschützen, und gib ihren Angehörigen die Kraft zum höchsten Opfer für Führer, Volk und Vaterland.

Segne besonders unsern Führer und Obersten Befehlshaber in allen Aufgaben, die ihm gestellt sind. Laß uns alle unter seiner Führung in der Hingabe an Volk und Vaterland eine heilige Aufgabe sehen, damit wir durch Glauben, Gehorsam und Treue die ewige Heimat erlangen im Reiche Deines Lichtes u. Deines Friedens. Amen.“

So stand es auch in „God is myn Leydsmann“, dem „Katholischen Gesang- und Gebetbuch für die Kriegsmarine“, das mein Vater bei sich hatte, als Granatsplitter ihm beim Beschuß „seines“ Schnellbootes Teile seiner Hände zerfetzten.

Siehe Anmerkung in der PDF (s.u.)

Ich bin heilfroh, daß meine Eltern anders, aber eben auch „katholisch“ waren; ich glaube, sonst wäre „Katholizismus“ für mich wohl eine schreckliche „Religion“ (Konfession) – trotz Maximilian Kolbe, Erzbischof Romero und so vielen Anderen, die vom Gegenteil künden!

Vom Hölzken auf Stöcksken. Also zurück zu Carl Caspari. Nach den ersten fünf gestorbenen sowjetischen Zwangsarbeitern – später komme ich zu jedem einzelnen – , die noch auf dem Katholischen Friedhof beerdigt wurden, kamen alle anderen also auf den „Viehfriedhof“ „Am Röbbecken“.

Wer wohl auf die Idee gekommen ist, die getöteten sowjetischen Zwangsarbeiter fürderhin „Am Röbbecken“ verschwinden zu lassen?

Weiter im Text; ich springe auf S. 175: „Der damalige Sozialminister des Landes Nordrhein-Westfalen ordnete auf Druck der Militärregierung im Jahr 1947 an, daß die Kriegsgräber aller Nationen in Ordnung zu bringen wären. Danach mußte auf jedem Grab ein Holzkreuz oder eine Holztafel mit Namen, Geburtstag und Todestag angebracht werden. Von nun an wurde auch jedes Jahr eine Kontrolle durchgeführt. Die Gemeinde mußte dafür sorgen, daß alles gepflegt wurde. Im Jahr 1964 wurde auf Druck des ,Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge’ der Russenfriedhof zum richtigen Ehrenfriedhof ausgebaut. Jedes Grab bekam einen Gedenkstein mit den vorhandenen Daten eingemeißelt. Der große Gedenkstein oder Obelisk stammt aus dem Steinbruch am Meisterstein, in dem die verstorbenen Gefangenen so gelitten haben.“

S. 176 beginnt genau hinter „Meister-“ mit einem Photo samt Bildunterschrift: „Vor dem Schuppen war der Friedhof mit einem Jägerzaun umrandet. Von diesem Weg aus gab es keinen Zugang zu dem Russenfriedhof. Dahinter fließt die Hamekebieke.“

Weiter im Text: „Auch heute steht dieser Stein noch dort und erinnert an die Tragödie, die hier passiert ist. Die fünf toten russischen Soldaten, die auf unserem Friedhof in Siedlinghausen beerdigt wurden, sollten nun auf den Ehrenfriedhof am Röbbecken umgebettet werden. Aber das wurde nicht genehmigt, weil eine Umbettung nach 20 Jahren nicht mehr vertretbar ist.“

Stop.

Weiterlesen (PDF), mit Abbildungen und Anmerkungen:

242. Die Frau aus Mülheim und ihre Angst vor Bullen

Der Friedhof in Siedlinghausen – Für „16190“ [*] und all die Anderen

Screenshot Script Seite 1. Details können dort vergrößert dargestellt werden.

In diesem Beitrag lesen Sie Auszüge aus einer Recherche zu den sowjetischen Zwangsarbeitern im Ort Siedlinghausen/Winterberg. Trotz ihres Umfangs von 25 Seiten und den Nachforschungen von 2018, ist die Geschichte hier und heute noch nicht zu Ende geschrieben. Viele Fragen sind offen oder noch nicht gestellt.

Oder wie es zum Schluss der aktuellen Recherche heißt:

Nein, Freunde und Kollegen (m/w/d), so geht das nicht! Laßt uns alle zusammen nach den Toten suchen, und durch die wunderbaren „Arolsen Archives“ (bis Mai 2019 kurz ITS”) ist das ja jetzt auch viel einfacher möglich. 30 Millionen Dokumente sind inzwischen für jeden von zuhause aus erreichbar, und wir können unsere Geschichte(n) erarbeiten und versuchen, Menschen ihre Würde zurückzugeben. 27 Millionen Tote der Sowjetunion, davon 3,5 Millionen gestorben in deutscher Gefangenschaft, und 30 von ihnen liegen in Siedlinghausen …Suchen wir gemeinsam!(Nicht nur) Jugend forscht im ITS!

[…]

Klickt man den Reiter „Ansprechpartner“, wird „Stadt Winterberg, Friedhofswesen, Fichtenweg 10, 59955 Winterberg“ genannt, und bei „Weitere im Umkreis“ erscheint: „Folgende Einträge befinden sich in der Nähe: Winterberg-Siedlinghausen 0 km, Brilon 18 km, Meschede-Fulmecke 18 km“.

Nun kann man sich die „Standorte“ ansehen, indem man die Karte anklickt. Hier zunächst der der „Grabstätte für fünfsowjetische Opfer des Zweiten Weltkriegs“, dem Friedhof an der Friedhofstraße, zu dem mir der Standesbeamte in Winterberg den Weg so wunderbar beschrieben hatte: Die Hochsauerlandstraße immer weiter durch den Ort durch, dann „Im Schling“ rechts abbiegen und hoch bis zum Friedhof. Wenn man an der gleichnamigen Straße links abbiegt, findet man viele freie Parkplätze.

Der „Standort“ ist richtig angegeben, aber dort sind 30 Gräber sowjetischer Kriegsgefangener mit folgenden Angaben auf ihren Grabsteinen:

  • 1 Afanasief 29.05.1942
  • 2 Batrak 24.09.1942
  • 3 Boltutschow 15.11.1941
  • 4 Glasurenko 03.10.1941
  • […]
  • 29 Unbekannt
  • 30 Unbekannt April 1945

Zu ihnen allen komme ich später.

Zunächst noch der „Standort“ der „Grabstätte für 26 sowjetische Opfer des Zweiten Weltkriegs“, des „Friedhof Röbbecken“. Zu meiner großen Überraschung lagen am 13.10.2020 anscheinend „26 sowjetische Opfer des Zweiten Weltkriegs“ mitten auf der Straße begraben und wurden wohl alsbald von einem Auto überfahren:

Script Seite 5, dort weitere Details und Anmerkungen.

Denn nach dieser „Standort“-Karte liegt der „Friedhof Röbbecken“ zwischen den beiden Metzgereien Heinz-Thomas Knieb und Fleischerei Kuhlmann an der Hochsauerlandstraße, unweit des Kriegerdenkmals in Siedlinghausen.

Aber Gott schickte mir vor ein paar Tagen wieder Engel, diesmal in Gestalt des bereits erwähnten Standesbeamten im Rathaus der Stadt Winterberg, bei dem die Sterbebücher von Siedlinghausen von 1941-1956 liegen und der mir den Kontakt zu Herrn Hellwig ermöglichte, der so freundlich war und mit mir zum inzwischen aufgehobenen „Friedhof Röbbecken“ fuhr.

[…]

Der Standort ist bzw. war hier: Wo? „Sie fahren hier ’runter, aber dann nicht ,In den Zäunen’ weiter ’runter, sondern immer weiter. Die Straße macht Kurven, erst nach links und dann nach rechts, und sie fahren immer weiter. Dann kommt ein Bauernhof etwas weiter ab, den lassen Sie liegen. Dann kommen Sie an einem anderen Bauernhof vorbei. Beim dritten fahren Sie weiter geradeaus und kommen später an noch einem vorbei, und dahinter, etwa 200 Meter …“An dieser Stelle – Herr Hellwig zeichnete alles sorgsam auf ein Blatt Papier – bat ich dringend, er möge bitte mit mir dahin fahren. „Sie haben Angst, ne?“ Hätte ich die nächste Karte gehabt, hätte ich mich getraut, aber so …Und der Engel, den Gott mir geschickt hatte, fuhr tatsächlich mit mir den Weg zum ehemaligen „Friedhof Röbbecken“.

[…]

Wenn Sie bis hierhin gekommen sind, lesen Sie doch das ganze Script.

Und ich wiederhole mich: Laßt uns alle zusammen nach den Toten suchen, und durch die wunderbaren „Arolsen Archives“ (bis Mai 2019 kurz ITS”) ist das ja jetzt auch viel einfacher möglich … 27 Millionen Tote der Sowjetunion, davon 3,5 Millionen gestorben in deutscher Gefangenschaft, und 30 von ihnen liegen in Siedlinghausen … Suchen wir gemeinsam!(Nicht nur) Jugend forscht im ITS!

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[*] Und „16190“ ist Andrej Sergeew, dessen „Personalkarte I: Personelle Angaben“ des „Kriegsgefangenen-Stammlagers Stalag 326 Forellkrug“ die „Beschriftung der Erkennungsmarke“ mit „Nr. 16190“ angibt –und den Vornamen und den des Vaters und der Mutter und und und …

Zum 8./9. Mai 1945+75: 60 Namen der 208 in Suttrop, Warstein und Eversberg Ermordeten

Gregory Bossenko, geb. 24.8.1899, Zwangsarbeiter bei Langemann & Co. in Plettenberg, ermordet in Suttrop

Die „Arolsen Archives, International Center on Nazi Persecution“ – früher kurz „ITS” [2] – haben sechs Seiten (1-5 und 45) eines Dokumentes vom 18.5.1945 digital zugänglich gemacht [3], in dem u.a. die 128 sowjetischen und polnischen Zwangsarbeiter und ihre Kinder aufgelistet werden, die wenige Tage vor ihrer Befreiung von deutschen Soldaten in Suttrop und Warstein erschossen und erschlagen wurden.

121 von ihnen wurden 1964 aus Einzelgräbern auf den „Franzosenfriedhof” in Meschede „umgebettet”, wo sie sowohl ohne erkennbare Grabflächen – wie alle meist sowjetischen Zwangsarbeiter dort [4] – als auch anonym begraben liegen.


„Hier liegen 27 sowjetische Bürger, die in der schweren Zeit 1941 – 1945 fern von ihrer Heimat starben“ (oben links) – „Hier liegen 30 sowjetische Bürger, die in der schweren Zeit 1941 – 1945 fern von ihrer Heimat starben“ (oben rechts) – „Hier liegen 36 sowjetische Bürger, die in der schweren Zeit 1941 – 1945 fern von ihrer Heimat starben“ (unten links) – „Hier liegen 28 sowjetische Bürger, die in der schweren Zeit 1941 – 1945 fern von ihrer Heimat starben“ (unten rechts)

Wo liegen die 27+30+36+28, also 121 (von 128) in Suttrop und Warstein am 20. und 21.3.1945 ermordeten sowjetischen und polnischen Zwangsarbeiter?

Knapp die Hälte von ihnen werden im Dokument namentlich genannt, und so können wir nun gemeinsam nach ihnen suchen [5].

Frau Marmontowa hat nicht nur die Liste im Netz gefunden, sondern auch einige Arbeits- und Versicherungskarten einiger dieser „OST”-Arbeiter [6], und so freue ich mich über ihren Erfolg und ihre Hilfe und hoffe auf weitere Zusammenarbeit möglichst vieler! Bisher liegen folgende erste Ergebnisse vor:

  1. „60 Namen der Ermordeten in Warstein und Suttrop – und mein Oppa als Zeuge. Ein Ermordeter des Massakers in Suttrop: Gregory Bossenko, geb. 24.8.1899, Zwangsarbeiter bei Langemann & Co.“ auf
    http://afz-ethnos.org/index.php/aktuelles/153-60-namen-der-ermordeten-in-warstein-und-suttrop-gefunden-und-mein-oppa-als-zeuge
  2. „60 Namen der in Suttrop und Warstein Ermordeten. 1. Gregory Bossenko – und Frau und Tochter?“ auf
    http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Links/NTK-215.%20Gregory-Feodosia%20-u-Nadeschda-Bossenko.pdf
  3. „60 Namen der Massaker in Suttrop und Warstein. 2. Iwan Demidow – und weitere vier Namen?“ auf
    http://www.hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/216_60_Namen_der_in_Suttrop_Ermordeten-2.Iwan_Demidow.pdf
  4. „60 von 208 Namen. 3. Sophia Kotowa“ auf http://www.hpgrumpe.dens_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/217_60_von_208_Namen-3.Sophia_Kotowa.pdf
„Hier liegen 28 sowjetische Bürger, die in der schweren Zeit 1941 – 1945 fern von ihrer Heimat starben“ (Photo vom 1. September 2019)

Liegen hier vielleicht Gregory Bossenko, geb. 24.8.1899, Zwangsarbeiter bei Langemann & Co.“, Iwan Demidow, geb. 1897, Zwangsarbeiter in Balve und Volkringhausen, und Sophia Kotowa, geb. 2.1.1925, Zwangsarbeiterin der Klopp-Werke, alle drei ermordet in Suttrop, kurz vor ihrer Befreiung?

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Anmerkungen:

[1] Große Allee 5-9, 34454 Bad Arolsen, 05691 / 629-0, arolsen-archives.org

[2] „ITS – International Tracing Service. Ein neuer Name und eine neue alte Bitte“ auf
https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2019/09/182.-ITS-ein-neuer-Name-und-eine-neue-alte-Bitte.pdf

[3] https://collections.arolsen-archives.org/archive/7-6-1_1100012340/?p=1&s=warstein&doc_id=120848141

[4] siehe „Der ,Franzosenfriedhof’ in Meschede“, Norderstedt 2018, ISBN 978-3-7528-6971-2

[5] „Schulen könnten die Namenslisten erarbeiten“, Leserbrief in der „Westfalenpost“ vom 5.7.2017 auf
https://www.wp.de/staedte/meschede-und-umland/schulen-koennten-die-namenslisten-erarbeiten-id211134385.html

[6] „Kennzeichnung ,OST’ für Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion“ (Bilddatensatz von Doc.Heintz – Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ostarbeiter.jpg#mediaviewer/File:Ostarbeiter.jpg

Einer der letzten weitgehend im Originalzustand erhaltenen sowjetischen Stelen in Nordrhein-Westfalen (Photo vom 1.9.2019)
„HIER RUHEN RUSSISCHE BÜRGER, BESTIALISCH ERMORDET IN FASCHISTISCHER GEFANGENSCHAFT. EWIGER RUHM DEN GEFALLENEN DES GROSSEN VATERLÄNDISCHEN KRIEGES 1941 – 1945“

Nach über 75 Jahren – Eine Gedenkstätte in Borki: „All das blieb in ihrem Gedächtnis und schmerzt im Herzen bis zum heutigen Tag“

Kennzeichnung „OST“ für Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion (Bilddatensatz von Doc.Heintz – Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Als ich die Liste der „beschäftigten” „Russen” der „Firma Heinrich Jungeblodt, Metallwarenfabrik Lippstadt“ (heute in Warstein) [1] abtippte [2], wußte ich bei Alexandra Andrjuschenko (geb. 1.8.1925) nicht, ob ihr Geburtsort „Norki“ oder „Borki“ hieß.

Aber weil auch bei Alexandra Dentschik (12.9.1923), Maria Dunaschenko (geb. 4.6.1926), Barach Kulbatschna (geb. 13.11.1924), Tanja Matjach (geb. 29.1.1914), Maria Pilipez (6.7.1923) und Anastasia Tkatschenko (geb. 1910) die „Beschäftigungsdauer“ am 11.9.1944 begann und bei „Abgang“ bei allen „Eins. i. Westen“ bzw. „zum Westen im Einsatz“ bzw. „zum Westen“ steht, denke ich, daß auch sie aus Borki war.

„Am 15. Juni dieses Jahres wird in Borki eine Gedenkstätte für die Opfer des verbrannten Dorfes eingeweiht. Dort kamen ungefähr 2200 Menschen um, darunter fielen den Flammen zwei Cousins meiner Mama und die Frau ihres Onkels zum Opfer. Der Sohn ihrer Großmutter väterlicherseits kam nicht aus dem Krieg zurück, und ihre Tochter wurde von den Deutschen erschossen. Das Leid der Mutter, die alle verlor, ihre Kinder und ihre Enkel, ist unbeschreiblich.“

So schreibt Sinaida Aleksejewna Je. aus Belarus, Gebiet Mogiljow, im „Freitagsbrief Nr. 122“ vom März 2020 (Übersetzung aus dem Russischen von Karin Ruppelt), und vorher:

„Als Borki brannte, fuhr der Großvater gerade mit dem Fuhrwerk zur Mühle ins Nachbardorf nicht weit von Borki, um Getreide zu mahlen. Die Großmutter sah den Widerschein eines gewaltigen Feuers am Himmel, und die Nachbarn erhoben ein Geschrei, dass Borki brennt. Die Großmutter wusste nicht wohin mit sich vor lauter Angst, dass der Großvater umkommen könnte. Aber er war auf dem Weg umgekehrt und kam rechtzeitig zurück. Und alle Dorfbewohner, ebenso wie auch die Bewohner des Nachbardorfs, flohen in den Wald in die Sümpfe. Jeder nahm ein Bündel nur mit dem Allernotwendigsten mit. Die restliche Kleidung und Dokumente stopften sie in ein Fass und vergruben es in der Erde. Sie schlichen sich durch die Sümpfe in die Tiefe des Waldes. Meine Mutter und ihre Schwester liefen als letzte und gerieten in einen Morast. Der Großvater bemerkte ihre Abwesenheit noch rechtzeitig, rannte zurück – da steckten sie schon bis zum Hals im Morast. Er rettete sie.

Sie lebten zwei Jahre lang im Moor im Wald. Sie bauten eine Erdhöhle und aßen, was sie fanden: verfaulte Kartoffeln, grünes Gras, Beeren, Pilze. Wie sie überlebten, weiß nur Gott. Mama sagt, dass noch lange Zeit der furchtbare Gestank verbrannter menschlicher Körper, Asche in der Luft hing.

1944 befreite die Rote Armee den Kirov-Bezirk von den Deutschen, und Großvater ging an die Front. Die Familie kehrte in ihr Dorf zurück, von dem nichts mehr übrig war. Die Deutschen hatten alles verbrannt, auch die Sachen, die sie im Fass vergraben hatten. Und die ganze Familie hatte praktisch weder Kleidung noch Schuhe.

Der Großvater kämpfte an der Front, wurde verwundet, blieb aber am Leben und kam bis nach Berlin. Er wurde mit Orden und Medaillen ausgezeichnet. Als einer von wenigen kehrte er aus dem Krieg zurück, war am Leben geblieben und heil. Viele kamen aus dem Krieg nicht zurück. Als der Großvater an der Front war, wuchsen die älteren Kinder, die Söhne, heran, halfen beim Bau der Erdhöhle, …“

Das ist nur ein Teil dieses jüngsten „Freitagsbriefes“ – und ich schäme mich wieder: „Norki“ oder „Borki“ – nie vorher gehört. Sie sind so wichtig, diese „Freitagsbriefe“ von „KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V., Verein für Kontakte zu Ländern der ehemaligen Sowjetunion“:

„Mehrere tausend ehemalige sowjetische Kriegsgefangene … erfüllten unseren Wunsch …, indem sie uns ihre Erinnerungen aufschrieben. Um einen blinden Fleck im deutschen Geschichtsbewusstsein zu tilgen, veröffentlichten wir wöchentlich … Zeitzeugenberichte als ,Freitagsbriefe’.
… Dokumente im Unterricht nutzen. Schauspieler/innen inszenierten daraus Lesungen … Hörbuch: ,Wir haben den Deutschen verziehen, um Menschlichkeit zu bewahren’ (Sprecher: Kornelia Boje, Wolfram Grüsser, Eberhard Radczuweit, Musik und Gesang: Jegor Wysotsky) … für 10,00 € erhältlich … Workshop ,Post für dich’ für Jugendliche … kann auch in Einfacher Sprache und für Gebärdensprache-Verständige … über das Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst gebucht werden.
Alle Freitagsbriefe können hier gelesen werden. Wir sind daran interessiert, dass die ,Freitagsbriefe’ genutzt werden, bitten aber um eine schriftliche Anfrage (Mail genügt).“ [3]

Aus dem „Freitagsbrief“ von Wasilij Dawidowitsch Lipartija aus Russland, Gebiet Rostow (aus dem Russischen von Valerie Engler) vom 2.6.2009:

„Ich, Wasilij Dawidowitsch Lipartija, wurde am 23.3.1922 in Schdawa im Bezirk Galskij, Republik Abchasien, geboren. Ich bin Georgier. Ich habe die Schule nach zehn Klassen abgeschlossen und wurde 1941 in Kriegskommissariat berufen, da der Krieg begonnen hatte. Ich kam in die Fliegerschule in Nowypomynsk, dort wurde ich nur zwei Monate ausgebildet, da die Schule von den Deutschen bombardiert wurde. Mit den anderen Offiziersschülern wurde ich in die Infanterieschule in Stawropol´ verlegt. Im Mai 1942 kam ich als Unterleutnant an die Front bei Charkow. Im Juni 1942 wurde ich bei einem Gefecht durch Splitter am Arm und am Kopf verwundet. Durch den sogenannten ,Kessel von Charkow’ waren wir eingeschlossen.

Mit einer Gruppe von 18 Mann versuchten wir, den Kessel zu durchbrechen, aber während eines Gefechts mit den Deutschen wurde ich verwundet, ich hatte einen Brustdurchschuss und war bewusstlos, wie lange, weiß ich nicht. Als ich wieder zu mir kam, war ich voller Blut, hatte keine Stiefel mehr an den Füßen, mit Mühe stand ich auf und ging barfuß los. Ganz in der Nähe war ein Dorf, dort sah ich eine Frau, die ich um Wasser bat, sie sagte, ich dürfe kein Wasser trinken, dann befeuchtete sie mir Brust und Hals mit Wasser. Die Frau sagte, dass die Deutschen im Dorf seien. Die Deutschen entdeckten mich, aber ich hatte keine Kraft, um fortzulaufen, ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Zwei junge Deutsche kamen auf mich zu, sie schlugen mich nicht, sondern führten mich zu einer Hütte, in der ihr Stab war.

Zwei deutsche Offiziere traten aus der Hütte, sie warfen einen Blick auf mich und einer der Offiziere sagte etwas, dann gingen sie zurück in die Hütte zum Essen. Dann kam eine russische Krankenschwester, eine Kriegsgefangene, zu mir, sie schnitt mein Hemd auf und machte mir einen Verband, dann bettete sie mich auf die Erde. So lag ich bis zum nächsten Morgen auf der Erde. Morgens etwa um sieben Uhr fuhr ein Wagen mit zwei Polizisten heran, sie riefen ,Steh auf!’ und beschimpften mich, aber ich konnte nicht aufstehen und so hoben sie mich hoch und warfen mich auf den Wagen, auf dem etwas Heu lag. Wir fuhren etwa zwölf Kilometer, wahrscheinlich zur Kreisstadt. Dort brachten sie mich in den Klub, in dem schon einige Verwundete waren, die aber laufen konnten. Danach brachten sie mich in einen Pferdestall, in dem schwer verwundete Soldaten lagen, etwa 300 Personen. Wir wurden von niemandem bewacht, da wir nicht laufen konnten. Meine Wunder infizierte sich und ich hatte Würmer. Zu Essen bekamen wir nichts, nur die Frauen und alten Frauen aus dem Dorf brachten uns manchmal etwas. Nach elf Tagen waren etwa 150 Männer gestorben.

Die Kriegsgefangenen, die noch am Leben waren, wurden auf die Straße getrieben, eine weitere Gruppe Kriegsgefangener stieß zu uns und zusammen marschierten wir etwa 80 Kilometer. Wer hinfiel und nicht mehr gehen konnte, wurde an Ort und Stelle erschossen. Wir waren etwa 1000 Mann und sie brachten uns in ein offenes Lager in Proskurow [Stalag 355], das mit Stacheldraht umzäunt war. Dort lagen und saßen wir auf der Erde. Wenn jemand aufstand, schossen die Wachleute von ihrem Wachturm herunter. Ich war dort eine Woche. Dann wurden wir nach Wlodzimier Wolynski [Stalag 365] getrieben, das war ein geschlossenes Lager, in dem wir in Baracken lebten. Dort war ich zwei Monate. Dann brachten sie uns nach Polen in die Stadt Schotakowa [Tschenstochau Stalag 367]. Dort war es sehr hart. Wir bekamen 333 Gramm Brot und zweimal am Tag Balanda mit Kartoffelschalen. Von 30000 Kriegsgefangenen sind etwa die Hälfte an Hunger und Kälte gestorben. Ich war dort bis 1943.

Dann wurde ich nach Deutschland gebracht, nach Stuttgart, wo ich in der Schillerschule Nr. 2030 oder 3020 war, genau weiß ich das nicht mehr. Meine Lagernummer war 28880. Dort war ich bis 1945. Wir wurden zu Schwerstarbeit gezwungen, mussten Zement oder Sand ausladen, arbeiteten in der Kanalisation, räumten die Straßen und die Straßenbahnschienen nach den Bombenangriffen der Amerikaner usw. Wir arbeiteten von früh bis spät. Die Deutschen behandelten uns Kriegsgefangene schlecht und schikanierten uns, für sie waren wir keine Menschen.“

Und wieder denke ich an Petr Turischew und frage mich, wie viele Mühen das Personal der „Anstalt“ in Suttrop [4] wohl auf sich genommen hat, ihn und die vielen anderen sowjetischen Bürger zu pflegen, die noch nach ihrer Befreiung im „Reservelazarett Warstein“ starben. In den nächsten Wochen ist fast jeder Tag in Warstein ein Gedenktag, wenn wir auch an die vielen sowjetischen Soldaten denken, die dort vor 75 Jahren starben.

„Pascha, paß auf die Kinder auf!“ [5]

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Anmerkungen:

[1] 2.1.2.1 / 70681785 – 70681801, ITS Digital Archive, Arolsen Archives

[2] „Jugend forscht im ITS. Ein Fallbeispiel – Heinrich Jungeblodt. 1“ auf www.hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/203_Jugend_forscht_im_ITS-Ein_Fallbeispiel-Heinrich_Jungeblodt.pdf

[3] https://kontakte-kontakty.de/freitagsbriefe/; E-Mail: info@kontakte-kontakty.de

[4] „ ,Massenmord auf dem Dienstweg’. Texte aus dem Landeshaus“ auf http://www.hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/205_Massenmord_auf_dem_Dienstweg.pdf, auch als Artikel auf https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/massenmord_auf_dem_dienstweg?nav_id=8758

[5] „ ,Hier ruhen russische Bürger, in faschistischer Gefangenschaft bestialisch gequält’. Die Toten auf dem ,Russischen Ehrenfriedhof des Anstaltsfriedhofs’ der LWL-Klinik in Warstein-Suttrop. Eine Spurensuche“ auf http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Links/NTK-BUCH-RussEhrenfriedhofSuttrop-TextStand202001040.pdf, S. 64-71

DGB Kreis Soest – Pressemitteilung: „Stilles Gedenken an ermordete (Zwangs-)Arbeiter“

„Am Gedenkstein an der Lippstädter St. Josephkirche legten Britta Peter (IG Metall Hamm-Lippstadt, rechts) und Holger Schild (DGB Kreis Soest (links) Kränze nieder.“ (Zur Gedenkfeier 2019 siehe http://www.hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/212_Lippstadt_am_Karsamstag.pdf)

Eigentlich gibt es Karsamstags für die ermordeten (Zwangs-)Arbeiter der ehem. Lippstädter Union eine Gedenkfeier – in diesem Jahr fiel diese Feier aus, in einem stillen Gedenken erinnerten der DGB Kreis Soest, die IG Metall Hamm-Lippstadt, die Stadt Lippstadt und das Int. Rombergpark-Komitee an die 13 Ermordeten.

Diese wurden in den Ostertagen 1945 kurz vor Ende des Krieges von Nazi-Schergen im Dortmunder Rombergpark getötet. Damals fanden Friedrich Sprink, Stefan Freitag, Franz Schultenjohann, Franz Engelhardt, Johann Liebner, Albert Klar und die französischen Zwangsarbeiter Edouard Abejean-Uguen, Robert Geoffroy, Léon Chadirac, Robert Deyredk, Paul Deleforge-Burette, Léon Deloor und Robert Vanderyssen den Tod.

In Vertretung für alle Organisationen legten Britta Peter (IG Metall) und Holger Schild (DGB) Kränze am Gedenkstein gegenüber dem Hauptportal der St. Josephkirche nieder. Auch am Grab der ermordeten sowjetischen Zwangsarbeiter auf dem Erwitter Friedhof legten die Gewerkschaften zur Erinnerung einen Kranz nieder.

Am Ostersonntag 1945 waren die acht Zwangsarbeiter von einem Volkssturmmann des »Freicorps Sauerland« an der Erwitter Hellwegkreuzung erschossen worden. Zu diesen Endzeitverbrechen gibt es eine Broschüre, die man kostenlos bei der IG Metall und dem DGB bekommen kann. Außerdem wurde jetzt für ein virtuelles Gedenken eine Webseite unter der Adresse www.der-gedenkstein.de veröffentlicht.

Die sowjetische Stele auf dem „Franzosenfriedhof“ in Meschede (siehe https://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Links/NTK213-20200328BlackBoxMeschede.pdf)