Der in Peter Bürgers Beitrag erwähnte „Ritterorden vom Heiligen Grab“ heißt genau „Orden der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem“, lateinisch „Ordo Equestris Sancti Sepulcri Hierosolymitani“, Ordenskürzel „OESSH“, und benennt auf seiner Internetseite http://www.oessh.net heute noch den Schlachtruf von 1099 als sein Motto: „Deus lo vult“ („Gott will es“).
(Artikel als PDF: Anmerkungen zu Peter Bürgers Artikel Possenspiel)
Die deutsche „Statthalterei“ wurde im Dezember 1933 in Köln gegründet. Am 9.5.1954 wurde Friedrich August Freiherr von der Heydte zusammen mit Hans Filbinger von Lorenz Jaeger in Freiburg investiert; drei Jahre später war mein Freiherr [2] „Statthalter der deutschen Statthalterei“.
Seit 1951 war er im CEDI aktiv, war Mitglied der „Abendländischen Akademie“, Mitbegründer der Organisation „Rettet die Freiheit“ und neben sehr vielem anderen auch Professor für Völkerrecht sowie bayerisches Staatsrecht an der Universität Würzburg. Er war es auch, der durch seine Anzeige wegen „Landesverrat“ die „Spiegel-Affäre“ genannte Staatsaffäre auslöste, daraufhin von seinem Verteidigungsminister zum Brigadegeneral der Reserve ernannt wurde und den dann wegen seiner Lügen „zurückgetretenen“ Franz-Josef Strauß ein Jahr später mit nach Spanien nahm, wo er vor Franco und vielen anderen „katholischen“ Militärs und ihrer Regierungen im CEDI über „Europa in der NATO“ sprach.
Immer, wenn ich jemanden auf das „Centro Europeo de Documentación e Información (CEDI)“ anspreche, ernte ich fragende Blicke – selbst in Spanien, wo seine Mitglieder sich alljährlich mit Vorliebe im Escorial (!) und im Vaille le los Caídos versammelten – , und auch Friedrich August Freiherr von der Heydte ist wenigen Demokraten bekannt. Wie ist das möglich, bei solch geballter Macht, bei solchen Versammlungen der Mächtigen an solchen Orten?
Lorenz Jaeger war von 1950 bis 1965 Großprior der deutschen Statthalterei der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem, Friedrich August Freiherr von der Heydte von 1958 bis 1965 der Statthalter der Deutschen Statthalterei. 1965 wurde Lorenz Jaeger Kardinal. Der Freiherr zeigt in seinen überaus lesenswerten Memoiren „Muß ich sterben, will ich fallen“ – gewidmet „Dem Vorkämpfer für die Einheit eines christlichen Europas Dr. Otto von Habsburg in Treue und Ergebenheit“ (Otto von Habsburg war als letzter Thronerbe Ehrenvorsitzender des CEDI auf Lebenszeit) – auch das Photo „Im Gespräch mit Kardinal Jäger, dem früheren Erzbischof von Paderborn, in Rom“. Der Freiherr veröffentlicht seine Lebenserinnerungen zur „Spiegelaffäre“, der Geburtstagsfeier mit Franz-Josef Strauß in Angola, seiner Lehrtätigkeit in Südafrika u.v.a.m. 1987 und erhält im gleichen Jahr das Bundesverdienstkreuz. Viele andere Photos sind auch darin, z.B. „Der griechische Koordinationsminister, Oberst N. Makarezos, begrüßt meine Frau und mich zu einem Dinner der ,Auberge’ am 28.5.1970 in Athen“ und „Der Sohn Tschiang Kai-scheks, Oberbefehlshaber der National-Chinesischen Armee, bei einer Parade zu meinen Ehren“.
Immer betont der Freiherr, wie „katholisch“ er ist. Und er schreibt auch ziemlich genau, was er damit meint: „No sólo las sesiones del Centro Europeo de Documentación, sine toda la estancia en España fue para mí una experiencia única: he visto por primera vez un país que vive de le fe y con la fe informa sú política; espero que este país será para una Europa sin fe o, por la menos, con una fe débil, estimulo, ejemplo y base. España es la conciencia católica de Europa.” Das schreibt Freidrich August Freiherr von der Heydte 1953 an Martin Artajo [3], und er meint immer – so sehr ich mich gegen diese Erkenntnis jahrelang gesperrt habe – 100% das, was er schreibt: „Nicht allein die Tagungen des Europäischen Zentrums für Dokumentation, sondern der ganze Aufenthalt in Spanien war für mich eine einzigartige Erfahrung: Ich habe zum ersten Mal ein Land gesehen, das aus dem Glauben lebt und mit dem Glauben seiner Politik Gestalt gibt; ich hoffe, daß dieses Land für ein Europa ohne Glauben oder zum wenigsten einem kraftlosen Glauben eine Anregung, ein Vorbild und eine Basis sein wird. Spanien ist das katholische Gewissen Europas.“
Franco-Spanien ist für Friedrich August Freiherr von der Heydte ein Vorbild. Ein unbedachter Satz – oder die logische Huldigung an die faschistische, national-katholische Regierung, die ihren „cruzada contro los rojos“ („Kreuzzug gegen die Roten“) so erfolgreich geführt hatte? Der Überfall auf die Sowjetunion trug ja auch den Namen „Unternehmen Barbarossa“.
Die „Ritter vom heiligen Grabe zu Jerusalem“ sind Gegenstand von Oliver Schröms und Egmont R. Kochs Buch „Verschwörung im Zeichen des Kreuzes. Die Ritter vom Heiligen Grabe“ [4], und Birgit Aschmann schreibt in ihrem Buch „ ,Treue Freunde …’? Westdeutschland und Spanien 1945-1963“ [5] ausführlich über „Die Abendländische Aktion und das CEDI“ (Kapitel 5.4.3). Viele Namen finden sich hier und dort; manche nennen so etwas „Personalunion“.
„Ich bin ein praktizierender Katholik, aber diesen Ritterorden muß die Kirche schließen.“ So zitieren Oliver Schröm und Egmont R. Koch Leoluca Orlando in „Verschwörung im Zeichen des Kreuzes“ auf S. 233. Und weiter steht dort: „Orlando weiß, wovon er spricht: Sein Vater steht noch im Mitgliederverzeichnis der sizilianischen Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, ist aber wegen der Mafia-Connection des Ordens mittlerweile ausgetreten. ,Die Kirche muß kämpfen. Aber nicht mehr der Kommunismus ist der Feind, sondern geheimbündlerische Logen und Orden wie die P2, das Opus Dei oder der Ritterorden vom Heiligen Grab – Feinde also innerhalb der Kirche, oft als Bischöfe verkleidet.’“ Als Beispiele werden der Bischof von Montreale, Salvatore Cassisa, und der „Graf Arturo Cassina, jahrzehntelang Statthalter der sizilianischen Grabesritter: größter Grundbesitzer auf der Insel“ genannt.
„Orlando verweist auf das Schicksal seines Vorgängers: Giuseppe Insalaco. Der frühere Bürgermeister von Palermo führte Tagebuch. Aus einer Eintragung Mitte Januar 1988 geht hervor, daß er Graf Cassinas mafiösen Machenschaften auf der Spur war, die ihn zum Ritterorden führte. Insalaco vertraute sich nicht nur seinem Tagebuch, sondern auch dem Geheimdienstchef Siziliens, Bruno Contrada, an. Der sitzt mittlerweile wegen seiner Mafiaverbindungen im Gefängnis. Aber davon konnte Insalaco damals nichts wissen. Ebensowenig konnte er wissen, daß Contrada auch ein Grabesritter ist. Wenige Tage nach dieser Tagebucheintragung starb Insalaco im Kugelhagel der Mafiakiller.“ So steht es im Buch und auch im Zeitungsartikel „Dunkle Ritter im weißen Gewand“ in „Die Zeit“ vom 25.3.1994 [6].
Immer wieder wurde über den ersten „Rapporteur“ im CEDI aus Deutschland und den Statthalter der deutschen Statthalterei der „Ritter vom Heiligen Grabe zu Jerusalem“ Friedrich August Freiherr von der Heydte geschrieben; hier nur einige Artikel in „Der Spiegel“:
„Weltanschauung/ Abendland: Die missionäre Monarchie“ am 10.8.1955 [7]
„Weltanschauung: Wo hört der Unsinn auf?“ am 15.2.1956 [8]
„Zeitgeschichte/ Von der Heydte: General-Anzeiger“ am 21.11.1962 [9]
„Verzicht-Gutachten: Im Alleingang“ am 20.03.1963 [10]
„Hochschulen/ Relegation: Athener Format“ am 3.3.1969 [11]
„Spionage/ Von der Heydte: Sofort zuschlagen“ am 6.4.1970 [12]
„1/3Graf Lambsdorff, 2/3 Landesverband“ am 26.9.1983 [13]
„Rechtsextremisten: Südtirol ist überall“ am 7.11.1994 [14]
Der letzte Artikel erschien nach seinem Tod im gleichen Jahr und löste eine Anfrage im Parlament aus.
„Der rechtskonservative Politiker geriet Anfang der Achtziger erneut in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, daß das von ihm viele Jahre geleitete ,Institut für Staatslehre und Politik’ in Würzburg als Geldwaschanlage für Parteienspenden an Union und FDP gedient hatte.“ [15] Gleichwohl erhielt Friedrich August Freiherr von der Heydte 1987 das Bundesverdienstkreuz.
Zu seinem 70. Geburtstag erschien eine Festschrift mit dem Titel „Um Recht und Freiheit“ [16], in der u.a. Ernst Benda über „Verteidigungsfall und Bundesverfassungsgericht“ und Alfred Seidl unter dem Titel „Die Beiträge Bayerns zur Sicherung des inneren Friedens“ zum §129a StGB schrieb.
Friedrich August Freiherr von der Heydte hatte viele Freunde, die ihn sehr schätzten und heute noch verehren. Sucht man unter seinem Namen im Internet nach Bildern, findet man viele Internetseiten, die ihn rühmen. Es wimmelt von Soldaten, und die „Ritter vom heiligen Grabe zu Jerusalem“ fühlen sich nicht nur, sondern nennen sich auch „miles Christi“, „Soldaten Christi“.
„Soldaten Christi“? Wie ist das nur möglich?
Als Jesus (Isa), der mit seinen Eltern fliehen mußte und sie niemand aufnehmen wollte, so daß Maria ihn in einer Scheune gebar, am Ölberg gefangen wurde und einer seiner Jünger zum Schwert griff, sagte er: „Tu dein Schwert an seinen Platz. Denn alle, die das Schwert ergreifen, werden durch das Schwert umkommen“ (Mt 52). Auf Lateinisch, der Sprache der römisch-katholischen Christen, heißt das: „Converte gladium tuum in locum suum; omnes enim, qui acceperint gladium, gladio peribunt.“
Aber Franz-Josef Strauß sagte in dem Gespräch mit Günther Gaus in der Reihe „Zur Person“ 1964 – zwei Jahre nach seinem „Rücktritt“ als Bundesverteidigungsminister und ein Jahr nach seinem Vortrag vor Franco u.a.: „Ich habe nie gesagt: Jemandem soll die Hand abfallen, bevor er ein Gewehr wieder ergreift, sondern ich habe darüber gesprochen, daß der Staatsmann nicht zur Gewalt greifen darf nach dem Bibelwort: ,Wer das Schwert zieht, wird durch das Schwert umkommen.’ Das steht nicht im Widerspruch zur legitimen Verteidigung.“ [17]
Da war sie wieder, diese merkwürdige Kurzform von Mt 26,52. Und so drängt sich mir die Frage auf, ob Mt 26,52 hier nicht wie von mir als Waffenverbot, sondern als Warnung oder sogar Drohung interpretiert wird: „Gladio peribunt“ = „Sie werden durch das Schwert umkommen“.
„Warum gebrauchen Sie Formulierungen, wie zum Beispiel jene aus einer Rede im Oktober 1956 in Hollfeld, von der Möglichkeit des Westens, die Sowjetunion auszuradieren, wenn es darauf ankomme?“, hatte Günther Gaus gefragt, und später sagte Franz Josef Strauß im Interview: „Aber zum Beispiel die Äußerung in Hollfeld hätte in demselben Sinn auch anders formuliert werden können.“ Aber sie ist eben so formuliert worden, ein Jahr nach Einreihung der Bundesrepublik Deutschland in die NATO, ein Jahr nach ihrer Remilitarisierung („Trotz des von den Siegermächten auf der Potsdamer Konferenz gefassten Beschlusses zur vollständigen Entmilitarisierung Deutschlands kommt es im Zuge des Kalten Krieges schon bald zur Wiederbewaffnung“ [18]) mit den vielen deutschen kampferprobten Soldaten, die den Tod von 55 Millionen Menschen, darunter allein 27 Millionen Bürger der Sowjetunion, mit zu verantworten hatten.
Nein, mit „Schwertern“ haben viele, die sich „Christen“ nennen, kein Problem. Sie berufen sich auf jemanden, der „Liebet Eure Feinde“ predigte – und das ist mir einfach völlig unverständlich, das schließt sich in meinem Verständnis absolut aus.
Was für eben diese „Christen“ absolut ausgeschlossen war, steht im „Manifest der abendländischen Aktion“ von Gerhard Kroll, der auch in der Festschrift des CEDI auf einem der vielen, vielen Photos zu sehen ist: „So verständlich die Ursachen sind, die zur Entstehung des Sozialismus führten, so wenig hat er die Billigung der Christen gefunden, die es mit ihrer Lehre je ernst nahmen. Auch aller religiöser Sozialismus kann hierüber nicht hinwegtäuschen, in dem Augenblick, wo man zwei völlig miteinander unvereinbare Lehren zu vereinigen sucht, ist man selbst der Betrogene. In den Enzykliken der Päpste wird jeder Versuch einer Verwischung der Grenzlinien (wie sie wiederum unseren christlichen Modernisten auch im katholischen Gewande z.B. Walter Dirks und den Frankfurter Heften zu eigen ist) scharf abgelehnt. Eindeutig heißt es in Quadrigesima anno bei Betrachtung der Lehren gerade der gemäßigten Sozialisten: ,Der Sozialismus … bleibt mit der Lehre der katholischen Kirche immer unvereinbar …: der Gegensatz zwischen sozialistischer und christlicher Gesellschaftsauffassung ist unüberbrückbar.’ Und ferner: ,Enthält der Sozialismus … auch einiges Richtige, so liegt ihm doch eine Gesellschaftsauffassung zugrunde, die … mit der echten christlichen Auffassung aber in Widerspruch steht. Religiöser Sozialismus, christlicher Sozialismus sind Widersprüche in sich; es ist unmöglich, gleichzeitig guter Katholik und wirklicher Sozialist zu sein.“ [19]
Die Quadrigesima anno ist die „nach ihren Anfangsworten benannte Sozialenzyklika Papst Pius’ XI. vom 15. Mai 1931. Sie betont „die Notwendigkeit gesellschaftl. Reformen und entfaltet das Subsidiaritätsprinzip der ?katholischen Soziallehre und den Leitwert der berufsständ. Ordnung (?Ständestaat).“ [20]
„Es ist unmöglich, gleichzeitig guter Katholik und wirklicher Sozialist zu sein“? „Ständestaat“? Was bedeutete das für Katholiken, die 1953 die SPD wählen wollten? Waren sie „Ketzer“?
Friedrich August Freiherr von der Heydte, Gründungsmitglied der „Abendländischen Aktion“, „Ritter vom Heiligen Grabe zu Jerusalem“ und 1953 erster deutscher „Rapporteur“ im CEDI. Der langjährige CEDI-Generalsekretär Georg von Gaupp-Berghausen gibt in seiner Festschrift „20 años / années / years / Jahre CEDI“ (Madrid 1971) auf S. 15 die „MESSAGE DE LA SAINTE PAUL VI AUX MEMBRES DU CEDI A L’OCCASION DE LA REUNION DU CONSEIL INTERNATIONAL A ROME LE 21 JANVIER 1967“ wieder; der Papst liebte das CEDI, und auch der OESSH steht unter besonderem Schutz des Vatikan.
„Converte gladium tuum in locum suum; omnes enim, qui acceperint gladium, gladio peribunt.“
Was bedeutet es, wenn immer wieder Zitate aus der Bibel im Zusammenhang mit Militär benutzt werden? In seinem „strategischen Modell“, wie Friedrich August Freiherr von der Heydte sein Buch „Der moderne Kleinkrieg als wehrpolitisches und militärisches Phänomen“ [21] nennt [22], gibt der ranghöchste Militär der Reserve unter „Literatur“ auch zwei Bücher von Maxwell Davenport Taylor an, dem er auch sein Buch gewidmet hat: eines heißt „Und so die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Streite rüsten? (1 Korinther 14,8)“, gefolgt von „Testfall Vietnam“. Die erste gezündete Atombombe hieß „Trinity“, „Dreifaltigkeit“ [23]. „Deus lo vult“ – Gott will es?
Über Friedrich August Freiherr von der Heydte berichten Oliver Schröm und Egmont R. Koch in zwei Absätzen:
„Würzburg, 1955: Grabesritter Friedrich August Freiherr von der Heydte gründete die Abendländische Aktion. Ihr Credo: Abschaffung wesentlicher demokratischer Grundrechte. Mit von der Partie ist der Großprior der deutschen Grabesritter, Kardinal Lorenz Jaeger, der als Militärpfarrer während des Zweiten Weltkrieges gegen die ,slawischen Untermenschen’ gehetzt und für den Ostfeldzug geworben hatte. Nun gab Kardinal Jaeger in der Abendländischen Aktion und im Ritterorden die Marschrichtung vor. ,Die Spielregeln der Demokratie haben das Denken weithin verbogen’, sagte er bei einer Investiturfeier. ,Da braucht es eine religiöse Führerschaft, die sich den ewigen Wahrheiten verschrieben hat.’
Friedrich August Freiherr von der Heydte wurde 1958 Statthalter des Ordens. Als oberster deutscher Grabesritter betrachtete er den Orden als Stoßtrupp des Vatikans im Kampf gegen den Bolschewismus, war gerngesehener Gast in Francos Spanien, Berater der griechischen Militärjunta und stieg 1968 zum Brigadegeneral der Reserve auf. [Das war 1962; eigene Anmerkung] Ende der Achtziger engagierte er sich für die ,Patrioten für Deutschland’. Jedoch das meiste Aufsehen erregte der Würzburger Juraprofessor Anfang der achtziger Jahre im Zusammenhang mit der Parteispendenaffäre: Sein Institut für Staatslehre und Politik e.V. (ISP) in Würzburg wurde als Geldwaschanlage für Parteispenden enttarnt.“
Um so verblüffender, daß der Freiherr gleichwohl das Bundesverdienstkreuz erhielt.
„Converte gladium tuum in locum suum; omnes enim, qui acceperint gladium, gladio peribunt.“ Dieser an sich so schöne Satz geistert immer wieder in meinem Kopf herum. Das liegt vor allem an meinem Freiherrn, der mich so viele schreckliche Sachen hat lesen lassen. Bei jeder Zeile von ihm und über ihn standen mir die Haare zu Berge. Diesen tollkühnen und nimmermüden Menschen wird man wohl mit Fug und Recht als den Theoretiker und Praktiker des Krieges bezeichnen dürfen, was sich nirgends deutlicher zeigt als auf den Seiten 148 f. bzw. 149 seines „strategischen Modells“ bzw. seiner Autobiographie [24].
Anderes ist für mich nicht so leicht zu verstehen. So frage ich mich heute noch, warum mein Freiherr 1987 so großen Wert darauf gelegt har, den Wortlaut seines letzten Tagesbefehls wiederzugeben: „Der Tagesbefehl, in dem ich mich von meinem Regiment verabschiedete, wiederholte einen Appell, den ich bei Aufstellung des Regiments in Wahn an die Soldaten gerichtet hatte: ,Wenn alles zusammenbricht und Welle über Welle über unserem Volk zusammenschlägt, dann wird noch ein Fallschirmjäger meines Regiments dem Schicksal trotzen und im Sturm und Ungewitter die Fahne hoch über die Fluten halten, auf der ein Wort in leuchtenden Buchstaben steht: >Groß-Deutschland<!’“
So schreibt der Autor von „Daedalus returned“ [25], der „Gentleman at Arms“, der „remarkable man– as he then was, Lieutenant Colonel Friedrich Freiherr von der Heydte, commander of the 1st Parachute Battallion …” [26] in „ ,Muß ich sterben, will ich fallen …“ [27] im Kapitel „Ein fliegender Holländer“.
„Converte gladium tuum in locum suum; omnes enim, qui acceperint gladium, gladio peribunt.“
Inzwischen habe ich mehrfach von „Gladio“ gehört. DER SPIEGEL 47/1990 vom 19.11.1990 schrieb über „Das blutige Schwert der CIA“ u.a.: „In ganz Europa gibt es geheime Nato-Kommandos, die dem Feind aus dem Osten widerstehen sollen. Kanzler, Verteidigungsminister und Bundeswehrgenerale wußten angeblich von nichts. Die Spuren führen nach Pullach, zur ,Stay Behind Organisation’ des Bundesnachrichtendienstes“ [28].
Knapp einen Monat später erschien Constanze Reuschers Artikel „Die Rebellion des Leoluca Orlando. Gegen Mafia und Machtkartell. Palermos ehemaliger Bürgermeister setzt die italienische Politik auf die Anklagebank“ mit dem Satz: „Die Affäre um die Nato-Geheimorganisation Gladio, die inzwischen europaweit für Wirbel sorgt, nahm in Italien ein besonders großes Ausmaß an.“ [29].
Ulrich Chaussy erwähnt sowohl in seinem Buch „Das Oktoberfestattentat. Wie die Verdrängung des Rechtsterrors begann“ [30] als auch in seinem Feauture „Geheimarmee ,stay behind’. Der Staat als Pate des Terrors?“ [31] „Gladio“.
Hans Roth [32] schreibt in seinem Brief an Bundespräsident Joachim Gauck vom 5.5.2012: „G. Wallraff hatte mich einst gebeten, mich einzuschleichen in ein geheimes ,Gladio’-Lager; er kannte nur einen Offizier, der das konnte“. Und er erwähnt Mt 10, in dem steht: „Sehet, ich schicke euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“ Heute sagt Björn Höcke, daß es Zeiten gebe, in denen Menschen zu Wölfen und Schafen würden, und er entscheide sich dann dafür, „Wolf zu sein“.
Leoluca Orlando schreibt in „Ich sollte der Nächste sein. Ein Politiker im Fadenkreuz der Mafia“ (Freiburg 2002): „Ich habe, wie wohl jeder andere Katholik auch, den starken Glauben, daß diese Welt von Kindern des Lichts und Kindern der Dunkelheit bewohnt ist.“
Ich weiß nicht genau, was er mit Licht und Dunkelheit meint. Aber das es überall solche und solche gibt, das weiß ich. Als ich zum Beispiel folgenden Satz las, hätte ich ihn bis dahin irgendwelchen fundamentalistischen Salafisten zugeordnet: „ …, und wo Gott fehlt, hat niemand das Recht, Normen aufzustellen über das, was erlaubt und nicht erlaubt, was richtig und unrichtig ist. Auch der Staat hat, wie wir noch sehen werden, dieses Recht verloren, ihm wurde der Boden der Autorität unter den Füßen weggezogen, er wurde zum bloßen nützlichen Zweckverband ähnlich der Krankenkasse oder Lebensversicherung.“
„Wo Gott fehlt, hat niemand das Recht, Normen aufzustellen“? Der Staat hat dieses Recht verloren? So schreibt es Gerhard Kroll 1951 im „Manifest der Abendländischen Aktion“ [33], von dem auch mein Freiherr begeistert war. Und vier Seiten vorher: „Die Autorität des Staates und der Kirche war gottgewollt, eine Auflehnung gegen diese Ordnung war Rebellion gegen Gott, aber diese Obrigkeit selbst war keine Willkürherrschaft, denn sie war den göttlichen Geboten unterworfen, der König so gut wie der letzte Leibeigene oder Hintersaß auf irgendeinem Gutshofe hatten das göttliche und natürliche Recht zu achten und würden Gott im letzten Gerichte für ihr Verhalten Rechenschaft ablegen müssen. Alle Leiden dieser Welt wurden nicht begriffen als reines Übel, sondern als Läuterung und Weg zum Heil, als Prüfung oder Strafe von Gott, zur Erziehung in Demut und Geduld.“
Gerhard Kroll war Mitglied des Parlamentarischen Rates und lehnte als solches konsequenterweise das Grundgesetz ab. Er und mein Freiherr sprachen im CEDI [34], mein Freiherr war Statthalter der deutschen Statthalterei des „Ordens der Ritter vom Heiligen Grabe zu Jerusalem“ mit dem Kreuzzugsmotto „Deus lo vult“ [http://www.oessh.net], investiert von Lorenz Jaeger.
Am 2.12.1977 schrieb Friedrich August Freiherr von der Heydte in der „Deutsche Tagespost“: „Die Unionsparteien haben mit Recht sofort scharf die einseitige Beurteilung des Chile-Besuches von Franz Josef Strauß zurückgewiesen. Wenn wir trotzdem in einer katholischen Zeitung für Deutschland noch einmal auf diese einseitigen Stellungnahmen zurückkommen, so geschieht dies nur deshalb, weil auch die eine oder andere Zeitung oder Zeitschrift, die vorgibt, vom katholischen Geiste geprägt zu sein und katholische Interessen zu vertreten, sich kritiklos am Kesseltreiben zu dem von der Linken gegen Franz Josef Strauß wegen seiner Chile-Reise und der dort von ihm gemachten Äußerungen geblasen worden ist“.
Francos Spanien, Makarezos’ Griechenland, Pinochets Chile – immer wieder äußert sich mein Freiherr. Am klarsten und deutlichsten tut er es in seinem strategischen Modell, wenn er schreibt:
„Strategie ist vielmehr nach moderner Auffassung die Kunst, Macht schlechthin – sei es als Gewalt, sei es als Einflußnahme sonstiger Art – bei der Durchsetzung politischer Ziele zur Geltung zu bringen. Macht ist im Grunde – es wurde immer schon darauf hingewiesen – ja nichts anderes als Einfluß bestimmter Intensität: Ein Einfluß, der so stark ist, daß derjenige, den er erfaßt, sich so verhält, wie der es will, der ihn ausübt.
Demonstration der Macht soll den Gegner überzeugen, daß es nutzlos sei, den, der die Macht zeigt, daran hindern zu wollen, die politischen Ziele zu erreichen, um deretwillen diese Macht gezeigt wird. Strategie ist die Kunst einer richtigen Demonstration der Macht; sie will beim Gegner eine bestimmte psychologische Reaktion hervorrufen, um ein politisches Ziel zu erreichen.
Auch die militärische Strategie, die ein Teil der allgemeinen Strategie ist, stellt es auf einen solchen psychologischen Effekt ab. Sie unterscheidet sich von der allgemeinen Strategie nur dadurch, daß sie bestimmte Machtmittel, nämlich die Mittel militärischer Gewalt, verwendet.“
Die Worte, die ich unterstrichen habe, sind in seinem Buch „Der moderne Kleinkrieg“ [35] durch eine Weitstellung der Buchstaben hervorgehoben. Sie sind ihm besonders wichtig.
Und das möchte ich allen denjenigen mit auf den Weg geben, die so manches Mal militärische Begriffe im Zusammenhang mit friedlich scheinenden Inhalten benutzen. Besondere Karriere hat das Wort „Strategie“ (meist in seiner englischen Variante „strategy“) gemacht, das oft in Verbindung mit „Kommunikation“ (gebraucht wird. „Strategie“ ist laut Duden die „ ,Kunst der Heerführung, Feldherrnkunst; [geschickte] Kampfplanung’ (Ende 18. Jh.; nach entsprechend frz. stratégie aus griech. strat-egia ,Heerführung; Feldherrnkunst’)“ [36].
Bei Strategie geht um Krieg, und niemand sagt das präziser als mein Freiherr: „Auch die militärische Strategie, die ein Teil der allgemeinen Strategie ist, stellt es auf einen solchen psychologischen Effekt ab. Sie unterscheidet sich von der allgemeinen Strategie nur dadurch, daß sie bestimmte Machtmittel, nämlich die Mittel militärischer Gewalt, verwendet.“ Der Einsatz des Militärs unterscheidet sich von der allgemeinen Strategie nur dadurch, daß militärischer Gewalt eingesetzt wird. Ein unglaublicher Satz, der mir die Haare zu Berge stehen läßt. Wie so viele der schrecklich wahren Sätze, die mein Freiherr schrieb und die ich auch länger in meinem Buch „Der Freiherr und der Citoyen“ [37] zitiert habe. Es stimmt eben, was Hans Roth gesagt hat: „Es gibt unterschiedliche Logiken.“ [38]
Friedrich August Freiherr von der Heydte, einer der „Miles Christi“, der Soldaten des „Ordens der Ritter von heiligen Grabe zu Jerusalem“.
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Anmerkungen:
[2] Publikationshinweis zu „Der Freiherr und der Citoyen“ auf http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Links/NTK-PublikationFuC2016.pdf
[3] Carlos Collade Seidel, UNED: „En defensa de occidente. Perspectivas en las relaciones del régimen de Franco con las gobiernos democristianos de Alemania (1949-1966)“; in: Javier Tusell, Susana Sueiro, José Marín und Marina Casanova (Hrsg.): „El régimen de Franco (1936-1975)“, Madrid 1993, Bd. 2, S. 481
[4] München 2002 (Orbis Verlag), Sonderausgabe. Titel der Originalausgabe: „Das Geheimnis der Ritter vom Heiligen Grabe“, Hamburg 1995 (Hoffmann und Campe)
[5] Stuttgart 1999 (Franz Steiner Verlag)
[6] http://www.zeit.de/1994/13/dunkle-ritter-im-weissen-gewand, als PDF: http://pdfarchiv.zeit.de/1994/13/dunkle-ritter-im-weissen-gewand.pdf
[7] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31970943.html
[8] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-31587424.html
[9] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45124776.html
[10] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45142767.html
[11] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45763619.html
[12] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45197375.html
[13] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14021356.html
[14] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13684555.html
[15] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9285396.html
[16] Festschrift für Friedrich August (Freiherr) von der Heydte: „Um Recht und Freiheit“; Berlin 1977 (Duckler & Humblot)
[17] „Zur Person“, Günther Gaus im Gespräch mit Franz-Josef Strauß, erstmals ausgestrahlt am 29.4.1964, nachzulesen unter http://www.rbb-online.de/zurperson/interview_archiv/strauss_franz_josef.html
[19] Dr. Gerhard Kroll: „Grundlagen abendländischer Erneuerung. Das Manifest der Abendländischen Aktion“, München 1951 (Neues Abendland), S. 100
[20] Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 19, Mannheim 1977
[21] Würzburg 1972, „Jacques Massu und Maxwell Davenport Taylor, die unter den ersten waren, die das Wesen und die militärische Bedeutung des modernen Kleinkriegs erkannt hatten, gewidmet“ und neu aufgelegt 1986 in Wiesbaden mit einem Vorwort von Lyndon LaRouche von den „Patrioten für Deutschland“
[22] „Er hat sich nie gescheut, zu sagen, was er für wahr und zu tun, was er für richtig hielt. Diese Freimütigkeit kennzeichnet auch das vorliegende Buch.“ So steht es auf dem Klappentext 1972 über den Autor von „Der moderne Kleinkrieg“.
[23] Oliver Stone: „Die unerzählte Geschichte Amerikas” („The untold history“), USA 2012 (3 DVD)
[24] „Eine von den Guerilleros organisierte Massendesertion in einem bestimmten Augenblick kann den Gegner in seinen Aktionen stören und behindern. So verließ am Vorabend der Invasion in Frankreich, am 5. Juni 1944, auf Weisung einer französischen Widerstandsgruppe eine größere Anzahl Elsässer und Lothringer, die im Fallschirmjägerregiment 6, der Korpsreserve auf der Halbinsel Cotentin, als Kraftfahrer Dienst getan hatten, schlagartig unter Mitnahme der Kraftfahrzeugschlüssel die Truppe; das Regiment war gezwungen, an Stelle der Fahnenflüchtigen neue Kraftfahrer einzuteilen und in Eile neue Kraftfahrzeugschlüssel zu beschaffen. Wäre diese Massendesertion nur einige Stunden später erfolgt, wäre es im Augenblick der alliierten Landung nur mit Teilen bewegungsfähig gewesen.“ So schreibt der Freiherr in seinem strategischen Modell. Und in seinen Lebenserinnerungen: „Am 5. Juni desertierte ein großer Teil der elsässischen Fahrer meines Regimentstrosses.“ Die „Massendesertion“ fand also in seinem eigenen „Regimentstroß“ statt. Friedrich August Freiherr von der Heydte erzählt eben aus seinem Leben.
[25] Friedrich August Freiherr von der Heydte: „Daedalus returned. Crete 1941”; Übersetzung aus dem Deutschen durch W. Stanley Moss, Hutchinson, London 1958
[26] J. W. Lloyd in der Festschrift für Friedrich August (Freiherr) von der Heydte: „Um Recht und Freiheit“; Berlin 1977 (Duckler & Humblot), Bd. 2, S. 1379
[27] Friedrich August Freiherr von der Heydte: „ ,Muß ich sterben, will ich fallen…’.Ein ,Zeitzeuge’ erinnert sich“ Berg am See 1987 (Vowinckel)
[28] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13501822.html
[29] „Die Zeit, 14.12.1990 auf http://www.zeit.de/1990/51/gegen-mafia-und-machtkartell
[30] Berlin 2014, Ch. Links Verlag
[31] gesendet am 5.10.2014 auf WDR 5 um 11:05 Uhr
[32] Der zweite Protagonist in „Der Freiherr und der Citoyen“, dem Buch aus sieben Büchern auf http://berufsverbote.de/tl_files/HR/Freiherr-Citoyen1.pdf – http://berufsverbote.de/tl_files/HR/Freiherr-Citoyen7.pdf
[33] Dr. Gerhard Kroll: „Grundlagen abendländischer Erneuerung. Das Manifest der Abendländischen Aktion“, München 1951 (Neues Abendland), S. 17
[34] Photos in der Festschrift von Georg von Gaupp-Berghausen: „20 años / années / years / Jahre CEDI“, Madrid 1971 (Editora Nacional, San Augustin, 5). Einige Photos auch hier: http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Links/NTK-195.CEDI.pdf
[35] Friedrich August Freiherr von der Heydte: „Der moderne Kleinkrieg als wehrpolitisches und militärisches Phänomen“; Band 3 der „Würzburger Wehrwissenschaftlichen Abhandlungen“, Würzburg 1972 (Holzner), neu aufgelegt Wiesbaden 1986 mit einem Vorwort von Lyndon LaRouche von den „Patrioten für Deutschland“, „Jacques Massu und Maxwell Davenport Taylor, die unter den ersten waren, die das Wesen und die militärische Bedeutung des modernen Kleinkriegs erkannt hatten, gewidmet“, unter „IV. ALLGEMEIN-STRATEGISCH-POLITISCHE PROBLEME. § 1 Der Kleinkrieg in der Strategie“, S. 50ff
[36] Der Duden in 10 Bänden; das Standardwerk zur deutschen Sprache, hrsg. vom Wiss. Rat d. Dudenred.: Günther Drosdowski …, Mannheim 1989; Band 7: „Herkunftswörterbuch“
[37] „Der Freiherr und der Citoyen“ auf http://berufsverbote.de/tl_files/HR/Freiherr-Citoyen1.pdf – http://berufsverbote.de/tl_files/HR/Freiherr-Citoyen7.pdf
[38] Sendung der Reihe „5 nach 10“ mit dem Thema „Geheimdienste: Wer kontrolliert wen?“ im ZDF, 16.2.1984