Christian Clements ‘kritische Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners (SKA)’: ‘Des Steiners neue Kleider’

Die als seriös geltende „Neue Zürcher Zeitung“ veröffentlicht eine Rezension der seit 2013 kontinuierlich erscheinenden ‘kritischen Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners (SKA)’: Was nach „Wissenschaftlichkeit“ und „Unabhängigkeit“ aussieht, ist in Wahrheit eine Öffentlichkeitskampagne für die Anthroposophie.

Von Andreas Lichte

„Die Freiheit des Erkenntniswegs“ ist die Rezension von David Marc Hoffmann in der „Neuen Zürcher Zeitung“ überschrieben.[1] Ein Portrait Rudolf Steiners (1861–1925), wie in der NZZ, braucht es nicht, um zu wissen, dass es hier um Anthroposophie geht: „Freiheit“ und „Erkenntnis“, das klebt so fest nur in der Anthroposophie zusammen.

David Marc Hoffmann ist Leiter des „Rudolf Steiner Archivs“ in Dornach, der Zentrale der esoterischen Bewegung Anthroposophie mit ihrem Kultbau „Goetheanum“. Dornach war bis 2011 auch Sitz des anthroposophischen „Rudolf Steiner Verlages“, der in Zusammenarbeit mit dem Frommann-Holzboog Verlag die „kritische Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners“ herausbringt.[2] Und Herausgeber ist Christian Clement, Anthroposoph und ehemaliger Waldorflehrer.

Von der anthroposophischen Zeitschrift „info3“ im Interview gefragt, ob er ein „Insider“ der Anthroposophie sei, oder eher jemand, „der kritisch von außen draufschaut“, antwortet Christian Clement, er sehe sich als „Insider“, der an der Anthroposophie „existentiell interessiert“ sei.[3] Clement lehrt „German Studies“ an der „Brigham Young University“ der Mormonen, deren „lebendige Mysterienkultur“ ihn fasziniere.

Helmut Zander, Autor des Standardwerkes „Anthroposophie in Deutschland“[4], beurteilt Clements Arbeit so:

„Christian Clement hat eine Einleitung zum zeithistorischen Kontext verfasst, mit der er sich in die wissenschaftliche Debatte begibt und sich deren Maßstäben stellt. Diese Einleitung, das lässt sich zunächst sagen, ist vom Stand der wissenschaftlichen Forschung meist weit entfernt.“[5]

Statt Wissenschaft bekommt die Welt von Clement Anthroposophie, noch einmal Helmut Zander:

„Christian Clements ‘kritische Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners (SKA)’: ‘Des Steiners neue Kleider’“ weiterlesen

‘Unsere atlantischen Vorfahren’ im Waldorfkindergarten Schwerte

Auf seiner Homepage stellt der Waldorfkindergarten Schwerte „Literatur zur Waldorfpädagogik“ vor. Darunter Rudolf Steiners rassistischer Science-Fiction-Trash „Aus der Akasha-Chronik“.

(Dieser Gastbeitrag von Andreas Lichte ist zuerst im Ratgeber-News-Blog erschienen.)

Was hat sich die Verantwortliche, Jana Kowol, dabei gedacht, Steiners Buch „Aus der Akasha-Chronik“ auf die Literaturliste des Waldorfkindergartens Schwerte zu setzen? Das Buch wird so beschrieben, Zitat Literaturliste:

„Schilderungen vergangener Entwicklungsstufen des Menschen und der Erde aus übersinnlicher Anschauung.“

Was ist mit „übersinnlicher Anschauung“ gemeint? Rudolf Steiner (1861–1925) behauptete, Einblick in die „Akasha-Chronik“, ein geistiges Weltengedächtnis in der „Ätherwelt“, zu haben. Über diese „Chronik“, in der alle Ereignisse der Geschichte, alle Taten, Worte und Gedanken der Menschheit enthalten seien, schrieb Rudolf Steiner sein Buch „Aus der Akasha-Chronik“, zu dem der Waldorfkindergarten Schwerte auch eine kurze Inhaltsangabe gibt, Zitat:

„Inhalt (Auswahl): Unsere atlantischen Vorfahren / Die lemurische Rasse / Die Trennung in Geschlechter / Von der Herkunft der Erde und ihren planetarischen Zuständen / Die Erde und ihre Zukunft / Der viergliedrige Erdenmensch“

Wer wollte nicht mehr über seine „atlantischen Vorfahren“ erfahren? Das Buch „Aus der Akasha-Chronik“ ist online, vollständig und gratis. Nur wer Steiner selber liest, fühlt wirklich, wie quälend Rudolf Steiners spezielle Mischung aus Dummheit und Bösartigkeit ist. Schneller und weniger schmerzhaft ist meine kurze Inhaltsangabe, mit ausgewähltem O-Ton Steiner.

Aber was macht dieses Buch in einem Waldorfkindergarten? Wird schon den Allerkleinsten von Atlantis erzählt? Auszuschließen ist das nicht, in der Waldorfwelt ist alles möglich … man kann ja gar nicht früh genug damit beginnen, das anthroposophische Geschichtsbild mit Atlantis als historischer Tatsache zu vermitteln.

Fest steht, dass das Buch nichts mit Pädagogik zu tun hat, jedenfalls nichts mit dem, was ein Nicht-Anthroposoph unter Pädagogik versteht. Anthroposophische „Erziehung“ geht anders, Zitat „Aus der Akasha-Chronik”:

„(…) und dieser menschliche Eingeweihte wird dann die weitere Hauptführung ebenso übernehmen können, wie das der Manu [ein göttlicher Eingeweihter] am Ende der vierten Wurzelrasse getan hat. So ist die Erziehung der fünften Wurzelrasse [die heutige Erziehung] die, dass ein größerer Teil der Menschheit dazu kommen wird, einem menschlichen Manu frei zu folgen, wie das die Keimrasse dieser fünften mit dem göttlichen getan hat.”[1]

Wer wie Waldorferzieher und Waldorfeltern bestätigt, dass Steiner Recht hat, und seine „Erkenntnisse“ tatsächlich aus „übersinnlicher Anschauung“ schöpft, der hat erfolgreich gelernt, „einem menschlichen Manu frei zu folgen“ – sprich: Steiner zu folgen –, und ist ein Teil der Waldorfbewegung geworden, die der Bildungswissenschaftler Prof. Hopmann als „Sekte“ bezeichnet.

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1 Rudolf Steiner, „Aus der Akasha Chronik“, GA 11, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1986, Seite 56

Ansgar Martins, Christian Clement, und die ‘richtige’ Kritik an Rudolf Steiner

Steiner Buchhandlung in Hamburg an der Rothenbaumchausse (fotos: zoom)
Die Rudolf Steiner Buchhandlung in Hamburg an der Rothenbaumchausse in der Vorweihnachtszeit (fotos: zoom)

Hochstapler, Überzeugungstäter, Geisteskranker – was war Rudolf Steiner? Eine unvollendet gebliebene Diskussion über die „richtige“ Kritik am Begründer der Anthroposophie und Waldorfschulen. Von Andreas Lichte

Ansgar Martins war Waldorfschüler. Heute studiert er Religionsphilosophie, Soziologie und Geschichte in Frankfurt am Main und ist studentische Hilfskraft an der Martin Buber Professur für jüdische Religionsphilosophie. Ansgar Martins ist Autor kritischer Bücher zur Anthroposophie, beispielsweise von „Hans Büchenbacher: Erinnerungen 1933-1949“, einer Studie zur Geschichte der Anthroposophie im Nationalsozialismus, hier dazu die Rezension des Historikers Peter Staudenmaier.

Zum Jahresende 2014 veröffentlichte Ansgar Martins auf seinem „Waldorfblog“ einen Artikel über die in Waldorfschulen aufgeführte antisemitische Kitsch-Orgie „Oberuferer Weihnachtsspiele“.

Dort schreibt Martins, Zitat: „Die Darstellung [i.e.: „den friedlichen Einklang zwischen mittelalterlichem Antijudaismus und hundert Jahre alter anthroposophischer Folklore“] zu kritisieren, blieb wie üblich der einzigen letztlich liberal-anthroposophischen Zeitschrift, Info3, überlassen.“ Wer die Anthroposophie und „Info3“ kennt, wundert sich über die Wortschöpfung „liberal-anthroposophisch“. Ich hakte nach – hier die Diskussion zu Ansgar Martins Artikel:

Andreas Lichte:

Jahres-End-Oxymoron:

“liberal-anthroposophisch”

– entweder man ist Anthroposoph, auf den Hochstapler Steiner hereingefallen

– oder man ist kein Anthroposoph, nicht auf den Hochstapler Steiner hereingefallen

Ansgar Martins:

Oder Steiner ist kein Hochstapler. Das ist ja das Scheitern aller Anthroposophiekritik: Steiner wird zum “Hochstapler” und “Scharlatan” stilisiert, was verschleiert, das er ein Überzeugungstäter war und seine Anhänger keineswegs “reingefallen”, sondern hoch reflektiert mit alledem umgehen. Sie sind keine “Mitläufer”, sondern haben ein Credo. Das wiederum mag sich ändern, wenn ein Anthroposoph Antisemitismus, Steiner hin oder her, blöd findet: Und wenn derlei passiert, kommen Weltanschauungs-Hybride wie die von Heisterkamp, Hau und Gronbach vor.

Andreas Lichte (noch unveröffentlicht):

Kann ja sein, dass Steiner ein “Überzeugungstäter” war …

also die Phantasmagorien, die er der Welt hinterlassen hat, selber für wahr hielt: dann haben Sie aber das Problem, dass der “psychiatrische Befund” wieder ins Bild rückt … siehe zum Beispiel:

https://ratgebernewsblog2.wordpress.com/2014/12/18/rudolf-steiners-rassistischer-science-fiction-trash-aus-der-akasha-chronik/#comment-5828

Fest steht aber doch auf jeden Fall: Rudolf Steiner hat der Welt nicht eine einzige “bedeutende Erkenntnis” hinterlassen. Auch Christian Clement – “Rudolf Steiner Kritische Ausgabe” (“SKA”) – weiß auf mehrfache Nachfrage von keiner zu berichten, sondern versteckt sich hinter vielen leeren Worten:

http://waldorfblog.wordpress.com/2014/11/21/ideologische-vs-ideogenetische-steiner-deutung/#comment-5059

Natürlich geht Christian Clement “hoch reflektiert” mit Steiner um: damit verdient er seinen Lebensunterhalt. Wo ein Hochstapler ist, ist der andere nicht weit.

Rudolf Steiners rassistischer Science-Fiction-Trash: „Aus der Akasha-Chronik“

steinerwordle20141218Ein Gastbeitrag von Andreas Lichte, heute zuerst erschienen im Ratgeber-News-Blog.

Rudolf Steiner (1861–1925) behauptete, Einblick in die „Akasha-Chronik“, ein geistiges Weltengedächtnis in der „Ätherwelt“, zu haben. Über diese „Chronik“, in der alle Ereignisse der Geschichte, alle Taten, Worte und Gedanken der Menschheit enthalten seien, schreibt Rudolf Steiner sein Buch …

‘Aus der Akasha-Chronik’1. Ich versuche, einem Freund den Inhalt zu erklären:

„Es ist die Geschichte der Menschheit, wie sie sich dem Eingeweihten zeigt. So eine Art ‘Evolutionsgeschichte’, nur dass der Eingeweihte auch in die Zukunft schauen kann. Die Menschheit entwickelt sich laut Steiner auf sieben Planeten. Von Planet zu Planet steigt das Menschengeschlecht höher in der Entwicklung. Dabei helfen ihm Führer, die selber schon auf einer höheren Entwicklungsstufe stehen. Es geht los auf dem Saturn, dann kommt die Sonne, der Mond und schließlich die Erde …”

„Rudolf Steiners rassistischer Science-Fiction-Trash: „Aus der Akasha-Chronik““ weiterlesen

… ein fortgeschrittener Dunghaufen ist das im Gehirn sich Ausbreitende …

steinerwordle20141123Ein Gastbeitrag von Andreas Lichte, hier auch als PDF

Und wenn einer so wirklich gar nichts gesagt hat, das auch nur irgendwie von Bedeutung sein könnte? Was tun?

Eine originelle Strategie: Man macht sein Werk „unendlich“ groß, und die Nicht-Existenz einer Idee lässt sich nicht mehr nachweisen – so wie die Welt in all ihren Erscheinungen niemals vollständig erfasst werden kann, die Nicht-Existenz „Gottes“ also nicht beweisbar ist.

Ein Gefühl von „Unendlichkeit“ erzeugt die „größte Gesamtausgabe eines einzelnen Menschen weltweit“ von der bereits „354 Bände und 24 Ergänzungsbände“ erschienen sind, und „viele noch ausstehen“. Die Rede ist von der Rudolf Steiner Gesamtausgabe1.

In die Nähe „Gottes“ rückt Rudolf Steiner (1861–1925) selbst. Für seine Anhänger – die „Anthroposophen“ – hat Steiner den Status des Propheten, des Vermittlers der ewigen Wahrheiten aus der „geistigen Welt“.

„… ein fortgeschrittener Dunghaufen ist das im Gehirn sich Ausbreitende …“ weiterlesen

Harry Rowohlt als Waldorfschüler? Quatsch!
Rudolf Steiners ‘Töne wie aus einer undichten Gummizelle!’

Was soll ich reinschreiben? Harry Rowohlt nahm sein Publikum sehr gelassen und ohne Allüren.
Was soll ich reinschreiben? Harry Rowohlt ist ein Autor und Künstler ohne Allüren. Hier im letzten Jahr in Recklinghausen. (archiv: zoom)

Harry Rowohlt wird immer wieder öffentlich als „prominenter Waldorfschüler“1 genannt, hat aber nie eine Waldorfschule besucht, sondern die „Walddörfer Schule“ in Hamburg, was er in einem pointierten Leserbrief an die „taz“2 klar stellte. Bernd Durstewitz fragt Harry Rowohlt am 1. April 2009 in einem Telefoninterview:

Durstewitz: „Haben Sie etwas dagegen, mit der Waldorfschule in Verbindung gebracht zu werden?“

Rowohlt: „Alles. Wegen der ewigen Verwechselung habe ich mich mal mit den Schriften Rudolf Steiners beschäftigt. Da fand ich eine schöne Textstelle: ‘Der Blonde, Blauäugige ist dem Dunkelhaarigen, Braunäugigen intellektuell überlegen, weil bei Letzterem zuviel Geisteskraft in die Pigmentierung fließt’. Das wäre geeignet gewesen für ein Quellenverzeichnis von Hitlers ‘Mein Kampf’. Töne wie aus einer undichten Gummizelle!“3

Was hat Harry Rowohlt da nur gelesen? Das, Zitat Rudolf Steiner:

„(…) Die blonden Haare geben eigentlich Gescheitheit. Geradeso wie sie wenig in das Auge hineinschicken, so bleiben sie im Gehirn mit Nahrungssäften, geben ihrem Gehirn die Gescheitheit. Die Braunhaarigen und Braunäugigen, und die Schwarzhaarigen und Schwarzäugigen, die treiben das, was die Blonden ins Gehirn treiben, in die Augen und Haare hinein. Daher werden sie Materialisten, gehen nur auf dasjenige, was man sehen kann, und es muss durch eine geistige Wissenschaft ausgeglichen werden. Man kann also eine Geisteswissenschaft haben in demselben Masse, als die Menschheit mit der Blondheit ihre Gescheitheit verliert. (…) Denn es ist tatsächlich so, dass, je mehr die blonden Rassen aussterben, desto mehr auch die instinktive Weisheit der Menschen stirbt. Die Menschen werden dümmer. (…)“4

Wie gut, dass es die „Geisteswissenschaft“ (= „Anthroposophie“) gibt, die die Menschheit vor der völligen Verdummung rettet! Und noch besser, dass Rudolf Steiners „Hirnforschung“ auch noch letzte Klarheit in der „Rassenfrage“ schafft, Zitat Rudolf Steiner:

„(…) So daß also ein Schwarzer in Afrika ein Mensch ist, der möglichst viel Wärme und Licht vom Weltenraum aufsaugt und in sich verarbeitet. Dadurch, daß er das tut, wirken über den ganzen Menschen hin die Kräfte des Weltenalls so. (Es wird gezeichnet.) Überall nimmt er Licht und Wärme auf, überall. Das verarbeitet er in sich selber. Da muß etwas da sein, was ihm hilft bei diesem Verarbeiten. Nun, sehen Sie, das, was ihm da hilft beim Verarbeiten, das ist namentlich sein Hinterhirn. Beim Neger ist daher das Hinterhirn besonders ausgebildet. Das geht durch das Rückenmark. Und das kann alles das, was da im Menschen ist an Licht und Wärme, verarbeiten. Daher ist beim Neger namentlich alles das, was mit dem Körper und mit dem Stoffwechsel zusammen hängt, lebhaft ausgebildet. Er hat, wie man sagt, ein starkes Triebleben, Instinktleben. Der Neger hat also ein starkes Triebleben. Und weil er eigentlich das Sonnige, Licht und Wärme, da an der Körperoberfläche in seiner Haut hat, geht sein ganzer Stoffwechsel so vor sich, wie wenn in seinem Innern von der Sonne selber gekocht würde. Daher kommt sein Triebleben. Im Neger wird da drinnen fortwährend richtig gekocht, und dasjenige, was dieses Feuer schürt, das ist das Hinterhirn. (…)“5

Rudolf Steiner hat dann noch 1923, kurz vor seinem Tod, als Höhepunkt seiner anthroposophischen „Rassentheorie“6, das Schicksal der Menschheit geklärt, als er feststellte:

„Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.“7

Waldorfschulen sind heute -wie hier in Dinslaken-Eppinghoven- fast allgegenwärtig (foto: zoom)
Waldorfschulen sind heute -wie hier in Dinslaken-Eppinghoven- fast allgegenwärtig (foto: zoom)

In Deutschland werden Rudolf Steiners Waldorfschulen8 (zum größten Teil) staatlich finanziert und nach Kräften gefördert – heute mehr denn je, mehr als 1984, als Fritz Beckmannshagen schrieb:

„Heute sind die Kultusministerien einiger Länder bezüglich der Waldorfschulen total unkritisch und unangemessem großzügig geworden. Ich kann mir dieses irrationale Verhalten nur erklären, indem ich vermute, daß an wichtigen Stellen der Ministerien stille Förderer der Bewegung sitzen und lenken, so daß man bald zutreffend von Okkultusministerien spricht.“9

Das klingt dann doch gewagt. Nach „Verschwörungstheorie“. Vielleicht sitzen in den („Ok“-) Kultusministerien auch einfach nur Menschen, die „Töne wie aus einer undichten Gummizelle“ mögen?

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Mehr Information über Rudolf Steiner, Anthroposophie und Waldorfschule:

Anthroposophie und Nationalsozialismus: ‘Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft’ – über die anthroposophische Zusammenarbeit mit nationalsozialistischen Organisationen

3 Jahre Rudolf Steiner ist „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen“ – die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) entschied, dass Bücher Rudolf Steiners rassistischen Inhalt haben

Geschichte in der Waldorfschule: ‘Atlantis’ und die ‘Rassen’ – über anthroposophische Neo-Mythologie im Geschichtsunterricht der Waldorfschule

Man kann nicht nur ein ‘bisschen’ Waldorf sein – Interview mit Prof. Dr. Stefan T. Hopmann, Bildungswissenschaftler an der Universität Wien

Gegenteil-Tag, 365 Tage im Jahr – Rudolf Steiner, ‘Denker’ der Waldorfschule – über Rudolf Steiners Prinzip, jedem bekannte Tatsachen als „falsch“ hinzustellen, um das genaue Gegenteil als „richtig“ zu erklären

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1Richard Roman, „Selbstsicher dank Waldorfschule“, taz, 01.10.2005

2Harry Rowohlt, „Selbstsicher dank Walddörferschule“, taz, 06.10.2005

3„Anhang zur Pressemeldung für die Lesung mit Harry Rowohlt und Christian Maintz am 8.10.2009 im Nordkolleg Rendsburg – Telefoninterview Bernd Durstewitz mit Harry Rowohlt am 1. April 2009“, Nordkolleg Rendsburg – Akademie für kulturelle Bildung, 9. September 2009

4Rudolf Steiner, „Über Gesundheit und Krankheit. Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen Sinneslehre“, GA 348, FÜNFTER VORTRAG, Dornach, 13. Dezember 1922, Seite 103

5Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, DRITTER VORTRAG, Dornach, 3. März 1923, Seite 50

6vergleiche: Helmut Zander, „Anthroposophie in Deutschland – Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, Seite 631f:

„Steiner ordnete die Rassen einer Fortschrittsgeschichte zu, in der beispielsweise heutige Indianer als ‘degenerierte Menschenrasse’ im ‘Hinsterben’ (GA 105,106.107 [1908]) oder schwarze Afrikaner als defiziente Spezies der Menschen- und Bewußtseinsentwicklung, als ‘degenerierte’, ‘zurückgebliebene’ Rasse (ebd., 106) erschienen. Umgekehrt habe die weiße Rasse ‘das Persönlichkeitsgefühl am stärksten ausgebildet’ (GA 107,288 [1909]). Dies sind nur Kernsätze einer Rassentheorie, die Steiner 1904 erstmals formulierte, um sie 1910 in einem komplexen System und in zunehmender Abgrenzung zu theosophischen Positionen auszufalten. Mit seinem Ausstieg aus der Theosophie hat er diese Vorstellungen keinesfalls über Bord geworfen, sondern sie 1923 nochmals in Vorträgen vor Arbeitern des Goetheanum in vergröberter, ‘popularisierter’ Form wiederholt, aber ohne Revision im inhaltlichen Bestand. Die weiße war nun ‘die zukünftige, die am Geiste schaffende Rasse’ (GA 349,67 [1923]).“

Ebd., Seite 636: „Steiner formulierte mit seinem theosophischen Sozialdarwinismus eine Ethnologie, in der die Rede von ‘degenerierten’, ‘zurückgebliebenen’ oder ‘zukünftigen’ Rassen keine ‘Unfälle’, sondern das Ergebnis einer konsequent durchgedachten Evolutionslehre waren. Ich sehe im Gegensatz zu vielen Anthroposophen keine Möglichkeit, diese Konsequenz zu bestreiten.“

7Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, DRITTER VORTRAG, Dornach, 3. März 1923, Seite 63

8Laut „Bund der Freien Waldorfschulen“ gibt es im August 2014 in Deutschland 232 Waldorfschulen.

9Fritz Beckmannshagen, „Rudolf Steiner und die Waldorfschulen“, Paul-Hans Sievers Verlagsgesellschaft mbH, 1984, Seite 29

Gegenteil-Tag, 365 Tage im Jahr – Rudolf Steiner, ‘Denker’ der Waldorfschule

steinerwordle01Ein Gastbeitrag von Andreas Lichte hier auch als PDF

Wer ihn kennt, kennt Rudolf Steiner (1861 – 1925) meist als Begründer der Waldorfschulen.1

1919 finanzierte Emil Molt, Besitzer der „Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik“ in Stuttgart, Rudolf Steiners erste „Waldorf“-Schule. Zuvor hatte Steiner mit mäßigem Erfolg versucht, seine eigene, esoterische Weltanschauung – die „Anthroposophie“ – zu verbreiten, die er aus der Theosophie der Okkultistin Helena Petrovna Blavatsky abgeleitet hatte. Nun sah Steiner mit der Waldorfschule eine neue Chance und sagte in einer Ansprache am 20. August 1919 an seine zukünftigen Lehrer gerichtet:

„Die Waldorfschule wird ein praktischer Beweis sein für die Durchschlagskraft der anthroposophischen Weltorientierung.“2

Steiner übernahm persönlich die Ausbildung der Lehrer. Alles was in der Waldorfschule passieren sollte, wurde von ihm vorgegeben. Das ist bis heute so. Steiners Buch „Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik“, in dem seine Vorträge für die Lehrer aus dem Jahr 1919 festgehalten sind, gehört noch heute „zur Grundausstattung all jener Lehrer, die an einer Rudolf Steiner- oder Waldorfschule unterrichten“3, so das Vorwort, und wird in den anthroposophischen Ausbildungsstätten, beispielsweise im „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“, gelesen.

Das Wort Rudolf Steiners ist dem Anthroposophen heilig, nur so ist zu erklären, dass fast jede Äußerung Steiners festgehalten, und als Buch veröffentlicht wurde: der letzte Band der „Rudolf Steiner Gesamtausgabe“ – „GA“ – trägt die fortlaufende Nummer „GA 354“.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass der „Bund der Freien Waldorfschulen“ der Öffentlichkeit erklärt, Anthroposophie spiele in den Waldorfschulen keine Rolle. Und auch öffentliche Schulträger, wie die Hamburger „Behörde für Schule und Berufsbildung“ im Rahmen des Schulversuches „Staatliche Waldorfschule“, betonen, „es gehe lediglich um die Integration allgemein akzeptierter Elemente der Waldorfpädagogik“4 in eine staatliche Regelschule, nicht aber um die Übernahme ihrer anthroposophischen Grundlagen.

Tabu ist, Rudolf Steiners Original-Texte als Grundlage der Waldorfpädagogik zu diskutieren, es hat den Anschein, Waldorfschulen hätten den inoffiziellen Bildungsauftrag: „Verlernt Lesen!“

Wer überlegt, sein Kind in eine Waldorfschule zu schicken, sollte vielleicht aber doch einmal zu einem Buch Steiners greifen. Nur so kann der Unterschied von, Zitat Prof. Klaus Prange, „allgemeiner öffentlicher Präsentation der Waldorfschule, die sich der üblichen Vokabeln und Formeln bedient, und dem, was eigentlich damit gemeint ist“, erkannt werden und man vermeidet, mit der anthroposophischen Pädagogik eine „Mogelpackung“ zu kaufen, „die ein sehr eigenwilliges Produkt in einer geläufigen und höchst normalen Verpackung an den Mann zu bringen versucht.“5

Als ausgebildeter Waldorflehrer habe ich natürlich Steiner gelesen, bei der „Steiner-Exegese“ im „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“. Und mir ist etwas aufgefallen. Nein, heute möchte ich nicht über „Rudolf Steiners Rassismus“, „Anthroposophie und Nationalsozialismus“, oder „Atlantis in der Waldorfschule“ sprechen. Etwas anderes:

Bei Rudolf Steiner ist Gegenteil-Tag, 365 Tage im Jahr

Rudolf Steiner erklärt am besten selber, was damit gemeint ist, Zitat Steiner:

„Nun glaubt die Wissenschaft, daß das Herz eine Art von Pumpe ist. Das ist eine groteske phantastische Vorstellung. Niemals hat der Okkultismus eine solch phantastische Behauptung aufgestellt wie der heutige Materialismus. Das, was die bewegende Kraft des Blutes ist, sind die Gefühle der Seele. Die Seele treibt das Blut, und das Herz bewegt sich, weil es vom Blute getrieben wird. Also genau das Umgekehrte ist wahr von dem, was die materialistische Wissenschaft sagt.“6

Ausgewählt habe ich, meine Zusammenfassung, „Das Herz ist KEINE Pumpe!“, weil hier vermutlich jeder Leser umdenken muss. Aber das Prinzip, dass Rudolf Steiner jedem bekannte Tatsachen als „falsch“ hinstellt, um das genaue Gegenteil als „richtig“ zu erklären, zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Auch hier gilt: selber lesen, selber staunen!

Vorstellen möchte ich nur noch eine Erkenntnis Rudolf Steiners zu einem Organ, das ähnlich elementar ist wie das „Herz“: der „Kopf“. Elementar wie der Waldorf-Werbeslogan: „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“.

Und der Leser erfährt ganz nebenbei, warum Joseph Beuys kein origineller Künstler ist, sondern ein dreister Steiner-Plagiator, wenn er mit seinem in die (Kunst-) Geschichte eingegangenen Zitat sagt:

„Ich denke sowieso mit dem Knie“

Wie Rudolf Steiner ‘denkt’, erklärt er in seinem Buch „Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung“, Pflichtlektüre im „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“7.

In seinem Vortrag von 1921 appelliert Steiner zunächst an seine Leser – bzw. an die ihm zuhörenden Waldorflehrer –, sich von den „Vorurteilen der Wissenschaft“ frei zu machen:

„Es handelt sich ja so sehr darum, wenn man wirklich das Wesen des Menschen in der richtigen Weise sich vergegenwärtigen will, dass man Abschied nimmt von mancherlei Vorurteilen, die die neuere wissenschaftliche Weltanschauung schon einmal mit sich heraufgebracht hat.“8;

Es folgt Steiners anthroposophische Wahrheit über das Denken:

„Von den logischen Funktionen: Vorstellen, Urteilen, Schließen, ist eigentlich nur das Vorstellen eine wirkliche Kopffunktion. Und dessen sollen wir uns sehr bewußt werden, dass eigentlich nur das Vorstellungen bilden, nicht aber das Urteilen und das Schließen, eine Kopffunktion ist.“9

Möglichen Einwänden noch ungläubiger Lehrer und Leser begegnet Steiner so:

„Sie werden sagen: Allmählich wird der Kopf durch die Geisteswissenschaft [Anmerkung: „Geisteswissenschaft“ ist synonym für „Anthroposophie“] ganz außer Gebrauch gesetzt. – Aber das ist tatsächlich etwas, was im tiefsten Sinn der Wirklichkeit entspricht, denn wir haben an unserem Kopf nicht so außerordentlich viel als Menschen im Leben zwischen der Geburt und dem Tode.“10

Eine wirkliche Funktion hat der Kopf nur im Hinblick auf die nachtodliche – bzw. vorgeburtliche – Existenz des Menschen, „weil er eigentlich ein Abbild ist unserer geistigen Organisation zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Er ist in gewissem Sinn ein Siegelabdruck desjenigen, was wir waren vor unserer Geburt, vor unserer Empfängnis.“11

Um die anthroposophische Erkenntnis zu vertiefen, benutzt Steiner dann ein eindrucksvolles Bild für den „Kopf“:

„Er sitzt auf dem Körper wie ein Parasit darauf und benimmt sich auch wie ein Parasit. Es ist schon notwendig, daß man die materialistische Anschauung, als ob wir vom Kopf so außerordentlich viel hätten – wir brauchen ihn als Spiegelungsapparat –, daß man diese Ansicht aufgibt. Das ist schon notwendig. Wir müssen den Kopf ansehen lernen als ein Bild unserer vorgeburtlich geistig-seelischen Organisation.“12

Wenn wir also nicht ausschließlich mit dem Kopf denken, womit dann? Steiners Antwort:

„Das Urteilen ist eigentlich an den mittleren Organismus und namentlich an die Arme und Hände gebunden. Wir urteilen eigentlich in Wirklichkeit mit den Armen und Händen. Vorstellen tun wir mit dem Kopf. Wenn wir also also den Inhalt eines Urteils vorstellen, so geht das Urteilen selbst in den Mechanismus der Arme und Hände vor sich, und nur das vorstellungsgemäße Spiegelbild geht im Kopfe vor sich. Sie werden da ja auch innerlich begreifen können und es dann als eine wichtige didaktische Wahrheit durchschauen.“13

„Das Schließen, das Schlüsse bilden, hängt nun zusammen mit den Beinen und Füßen. Natürlich werden Sie heute ausgelacht, wenn Sie einem Psychologen sagen, man schließt mit den Beinen, mit den Füßen, aber das letztere ist doch die Wahrheit, und würden wir als Mensch nicht auf Beine und Füße hin organisiert sein, würden wir eben nicht Schlüsse bilden können. Die Sache ist so: Vorstellen tun wir mit dem Ätherleib, und der hat seinen Rückhalt an der Hauptesorganisation, aber urteilen tun wir – also in ursprünglicher elementarer Weise – mit dem astralischen Leib, und der hat seinen Rückhalt an Armen und Händen für das Urteilen. Schließen mit den Beinen und Füßen, denn schließen tun wir mit dem Ich, das hat dabei Rückhalt an den Beinen und Füßen.“14

Wer wollte hier lachen? Joseph Beuys wurde mit Steiners ‘Denken’ berühmt, und Rudolf Steiners Denkschule Waldorfschule erfreut sich größter Beliebtheit.

 

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1 Laut „Bund der Freien Waldorfschulen“ gibt es im August 2014 in Deutschland 232 Waldorfschulen.

2 Rudolf Steiner, „Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik“, GA 293, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, Taschenbuchausgabe 2005 – „Ansprache am Vorabend des Kurses Stuttgart, 20. August 1919“, Seite 17

3 ebd. – „Zur Einführung“, Seite 5

4 RP Online, „Staatlicher Schulversuch mit Waldorfpädagogik“, von Sarah Biere, 30. August 2014, http://www.rp-online.de/politik/staatlicher-schulversuch-mit-waldorfpaedagogik-aid-1.4488846

5 Klaus Prange, „Erziehung zur Anthroposophie – Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik“, Verlag Julius Klinkhart, Bad Heilbrunn, 2000, Seite 86

6 Rudolf Steiner, „Die Theosophie des Rosenkreuzers“, GA 99, Rudolf Steiner Verlag, Dornach – Dreizehnter Vortrag, 5. Juni 1907, Seite 148

7 Die einzigen 3 Bücher, die im „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“ benutzt wurden, waren von Rudolf Steiner:
1. „Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik“
2. „Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung“
3. „Theosophie – Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung“

Berichte zur Ausbildung im Seminar für Waldorfpädagogik Berlin, online:
– Nicole Glocke: „Inkarnieren zum Klavier
– Andreas Lichte: „Waldorflehrer werden! – am ‘Seminar für Waldorfpädagogik Berlin’

8 Rudolf Steiner, „Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung“, GA 302, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, Taschenbuchausgabe 1996 – Zweiter Vortrag, Stuttgart, 13. Juni 1921, Seite 27

9 ebd. Seite 27f.

10 ebd. Seite 28

11 ebd.

12 ebd.

13 Seite 29

14 ebd. Seite 29f.

‚Waldorfpädagogik ist gefährliche Esoterik‘ – André Sebastiani im Interview mit der taz über die geplante ’staatliche Waldorfschule‘

ausgangNoch im Januar 2013 warb Christian Füller in der taz für die umstrittene erste „staatliche Waldorfschule“ Deutschlands und diffamierte dabei André Sebastiani, Gastautor der Ruhrbarone, tollpatschig als „Rudolf-Steiner-Hasser“. Nun bietet die taz Sebastiani die Chance, in einem Interview die Gründe für die von ihm initiierte Petition „Gegen die geplante staatliche Waldorfschule in Hamburg“ darzustellen.

(Dieser Artikel unseres Gastautoren  Andreas Lichte ist zuerst  bei den Ruhrbaronen erschienen.)

Sebastiani nutzt seine Chance, gibt der taz ein eindrucksvolles Interview, Leseempfehlung!

Ich möchte hier nur einen wichtigen Punkt herausgreifen, und ergänzen, Zitat taz:

„taz: Hamburg will in dem Schulversuch diejenigen Teile der Waldorfpädagogik übernehmen, die gut funktionieren. Viel Kunst und Musik und keine Noten. Da spricht doch nichts dagegen.

Sebastiani: Natürlich nicht. Aber für all das brauche ich keine Waldorfpädagogik. Die staatliche Schule, an der ich unterrichte, ist ebenfalls notenfrei. Meine Befürchtung ist, dass es nicht bei ein paar guten pädagogischen Elementen bleibt, sondern man sich die ganze unsinnige Weltanschauung dahinter mit in die Schule holt.

Der Bund der Freien Waldorfschulen hat in einer ersten Mitteilung zum Schulversuch „Waldorf light“ ausgeschlossen. Inzwischen haben sie die Mitteilung interessanterweise von ihrer Homepage gelöscht.“

Unwidersprochen bleibt hier der Mythos, dass Waldorfschulen Kunst und Kreativität fördern. Ein Kommentar zum taz-Interview stellt das richtig (die Autorin ist mir persönlich bekannt), Zitat:

„‚Waldorfpädagogik ist gefährliche Esoterik‘ – André Sebastiani im Interview mit der taz über die geplante ’staatliche Waldorfschule‘“ weiterlesen

Waldorfschule: Versteinerte Erziehung

Im Dezember 2012 gibt es in Deutschland 234 Waldorfschulen, die nach der von Rudolf Steiner entwickelten Waldorfpädagogik unterrichten. Sie versprechen freieres und ganzheitliches Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“ als Alternative zur öffentlichen Schule. Doch ist die Waldorfschule wirklich frei? Von André Sebastiani***.

Cover (Ausschnitt) der Ausgabe 4/2011 des Magazins „Skeptiker“, dort Erstveröffentlichung im Print
Cover (Ausschnitt) der Ausgabe 4/2011 des Magazins „Skeptiker“, dort Erstveröffentlichung im Print

Anthroposophie

Die Waldorfpädagogik ist mit der Anthroposophie Rudolf Steiners (1861–1925) untrennbar verbunden. Steiner entwickelte sein pädagogisches Konzept auf der Basis seiner anthroposophischen Lehre.

Die Anthroposophie, die „Weisheit vom Menschen“ (griech. ánthropos = Mensch; sophίa = Weisheit), bezeichnet die ganzheitliche, „kosmologische“ Anschauung des Menschen und behauptet, eine Anleitung zu dessen Selbst- und Welterkenntnis zu liefern.

Nach Steiner ist die Anthroposophie eine „Geisteswissenschaft“, eine wissenschaftliche „Ergänzung zu den Naturwissenschaften. Sie will dem materiellen Wissen die unsichtbaren geistigen Aspekte hinzufügen“[i]. Neben der materiellen Welt, auf die die herkömmlichen Naturwissenschaften beschränkt sind, gibt es nach anthroposophischer Vorstellung noch eine geistige kosmische Welt, die unseren Sinnesorganen verborgen bleibt.

Die Anthroposophische Gesellschaft Frankfurt schreibt auf ihrer Homepage: â€žAlles im Kosmos und unserer Welt ist Materie und Geist! Wo Materie ist, ist immer auch Geist. Geist ist das Primäre, der Ursprung, aus dem alles Materielle entstanden ist.“[ii] Mensch und Kosmos sind darüber hinaus gleichartig, oder, wie Klaus Prange treffend formuliert: „Der Mensch ist im kleinen ein Kosmos, der Kosmos im großen ein Mensch. Welt, Natur, und Geschichte sind ein genaues Pendant des Menschen, der Mensch deren Synthese en miniature.“ (2000, S.64) Die Anthroposophie will die „Geistorgane“ des Menschen schulen, um ihn zum Zugriff auf die geistige Welt und damit zu höheren Erkenntnissen zu befähigen.

„Der Mensch ist keine physikalische, biologische und chemische ‚Maschine‘, in der alles materiell abläuft, sondern ein ,Wesen‘, das nur vorübergehend, – also im Leben -, einen menschlichen Körper trägt. In diesen sind eingeschlossen eine unsterbliche Seele und ein ewiger Geist, so dass der Mensch, Körper, Seele und Geist ist. Der Körper zerfällt mit dem Tode, Seele und Geist bleiben erhalten und leben in der geistigen Welt des Kosmos weiter, nicht anonym, sondern konkret als eine Individualität, als persönliches ICH. Unser ICH ist ein Geistwesen.

Durch diese, im menschlichen Leib eingeschlossene Geistseele kann der Mensch auf Höheres zurückgreifen, wenn er sie schult. Rudolf Steiner war ein Mensch, der diese neuen Geistorgane ausgebildet hatte, und sie waren ihm dadurch Träger für seine umfangreichen geistigen Fähigkeiten. Menschen mit derartigen Fähigkeiten nennt man Universalgelehrte oder ,Eingeweihte‘“. (Anthroposophische Gesellschaft Frankfurt)

„Wissenschaft“ für Eingeweihte

Steiner verknüpft mystische Vorstellungen und im Wortsinn okkulte (=geheime, verborgene) Wahrheiten mit einer Lehre, die er bemerkenswerterweise in den Rang einer Wissenschaft erhebt. Der „Eingeweihte“ gelangt durch die „Schauung“ geistiger kosmischer Welten, die normalen Menschen verborgen bleiben, zu absoluten Wahrheiten. Diese Wahrheiten sollen darüber hinaus durch den anthroposophischen Weg der Erkenntnis wissenschaftlich überprüfbar sein. Der „Eingeweihte“ ist dadurch zugleich Seher, Priester und Wissenschaftler. (vgl. Giese 2008, S.40 ff.)

Der Anspruch der Wissenschaftlichkeit hält einem kritischen Blick jedoch nicht stand. Die durch Schauung der geistigen Welten gewonnenen Erkenntnisse sind für Außenstehende nicht überprüfbar, weil die entsprechenden geistigen Organe zur Erkenntnis nicht ausgebildet sind. Dadurch macht sich die Anthroposophie immun gegen äußere Angriffe. Doch Steiner geht noch einen Schritt weiter; er schreibt: „Waldorfschule: Versteinerte Erziehung“ weiterlesen

Esoterik an Waldorfschulen – Bildung dank „Bildekräften“: Lest Rudolf Steiner!

‘Aus der Akasha-Chronik’, Buchcover (Foto: Wikipedia, Lizenz: PD)
„Aus der Akasha-Chronik“, Buchcover (Foto: Wikipedia, Lizenz: PD)

Die aktuelle Debatte um die Gründung einer „staatlichen Waldorfschule“ in Hamburg wirft die Fragen auf: Soll Anthroposophie zum staatlichen Schulprogramm zählen? Wie esoterisch ist die Waldorfschule?

Von Jana Husmann.

Der Artikel ist zuerst bei den Ruhrbaronen erschienen.
Autoreninfo:
Dr. Jana Husmann, Kulturwissenschaftlerin und Gender-Forscherin, lebt und arbeitet in Berlin. In ihrer Dissertation „Schwarz-Weiß-Symbolik. Dualistische Denktraditionen und die Imagination von „Rasse“. Religion  – Wissenschaft – Anthroposophie“ (2010) hat sie sich ausführlich mit Rudolf Steiners Lehre und Rassismus auseinandergesetzt.

Wer sich ein wenig mit Waldorfpädagogik beschäftigt und die Schriften ihres Begründers Rudolf Steiner (1861-1925) studiert, wird leicht über die sprachlichen Besonderheiten stolpern, welche die anthroposophische Rhetorik ausmachen. Das Wort „Bildekräft“ etwa gehört in diese Kategorie, ebenso wie der Begriff des „lebendigen Denkens“, den Steiner seinerzeit vom „toten“ abstrakten Denken abzugrenzen suchte. Der heute zentrale Oberbegriff zur Beschreibung von Anthroposophie und Waldorflehre ist „ganzheitlich“. Das klingt irgendwie nach östlicher Weisheit, dem Einklang von Leib und Seele, nach Ausgeglichenheit und Wellness-Oasen. Wer wollte sich nicht gerne „ganzheitlich“ fühlen und die Aromen von Weleda im Entspannungsbad genießen? „Esoterik an Waldorfschulen – Bildung dank „Bildekräften“: Lest Rudolf Steiner!“ weiterlesen