Adam und Eva in der Hamburger Kunsthalle

Zuerst hat mich das Bild links der Skulptur interessiert, dann haben mich die Disproportionen von Adam und Eva verstört. (foto: zoom)

Die Hamburger Kunsthalle habe ich viele Jahre lang nicht besucht. Mich hat stets das benachbarte (Projekt-)Museum für Kunst & Gewerbe mehr interessiert und gefesselt als die Gemäldesammlung der Kunsthalle.

Der Grund muss in meiner Bildungsgeschichte verborgen sein, aber in diesem Jahr habe ich mich getraut und es nicht bereut.

Es kostet ein paar Euronen, die Kunsthalle betreten zu dürfen. Im Normalfall 14 € plus 4 € für den Audioguide, den ich mir dieses Mal gegönnt habe; also insgesamt soviel wie eine Langspielplatte oder ein Buch oder ein Essen ohne Trinken.

Der Raum mit den Bildern und der Skulptur von Max Beckmann hat mich etwas länger beschäftigt. Warum ist diese Eva so klein in der Hand von Adam? Und die Schlange?

Auf der Museumswebsite lese ich: „Das Motiv Adam und Eva hatte er bereits 1907, 1917 und 1932 in drei Ölbildern behandelt. Während darin die ersten Menschen als gleichwertige Partner erscheinen, zeigt die Plastik einen massigen, merkwürdig starren Adam auf einem schmalen Hocker sitzend. Er hält die kindliche Frau schützend in einer Hand, während die Schlange sich zwischen den Schenkeln hindurch um seinen Körper schlingt und von der Schulter herab auf Eva blickt. Beckmann zeigt die Akteure in rätselhafter Verstrickung, und wie so häufig verbindet er die Beziehung zwischen den Geschlechtern mit den Themen Eros, Schuld und Abhängigkeit.“

Das bringt mich nicht weiter. Euch?

Der Eros ist im Bild „Odysseus und Kalypso, 1943“ links von der Skulptur wesentlich präsenter:

„Das in der Malerei selten dargestellte Thema beschäftigte Beckmann im langjährigen Exil in Amsterdam, wohin er sich 1937 aus Berlin begeben hatte. Homer schildert, wie der Held Odysseus auf seiner Rückfahrt von Troja Schiffbruch erleidet und auf einer Insel strandet. Hier verliebt sich die Nymphe Kalypso in ihn und verspricht ihm Unsterblichkeit, wenn er bei ihr bleibe. Odysseus schlägt das Angebot aus, da er zurück in die Heimat will. Erst nach sieben Jahren kann er mit Hilfe von Zeus den Ort verlassen. Gleich einer Fessel windet sich die Schlange um Odysseus’ Bein und hindert ihn ebenso am Fortgehen wie die schöne Frau, die ihn umfängt und deren üppige Weiblichkeit symbolhaft durch die Katze noch verstärkt wird. Doch bleibt die Darstellung ambivalent, denn der Held scheint sich in die Situation zu fügen, seine Haltung wirkt entspannt. Im Kleid des antiken Epos thematisiert Beckmann die Verführungskraft der Frau und die Beziehung zwischen den Geschlechtern.“

 

 

Nebenbei bemerkt: „I wish a long life to my enemies …“

In der Ausstellung „Social Design“ ist mir dieses Bild mit dem ironischen Spruch aufgefallen. (foto: zoom)

Wenn ich in Hamburg bin, ist der Besuch des Museums für Kunst und Gewerbe Pflicht. Unter dem Dach des MKG werden fortlaufend parallele Einzelausstellungen kuratiert.

Jeder Besuch ist eine Überraschung.

Heute sind wir bei „Social Design“ sowie bei „Wolfgang Schulz und die Fotoszene um 1980“ hängen geblieben.

Da ich zur Zeit nur das Mäuseklavier meines Tablets zur Verfügung habe, halte ich mich mit längeren Beschreibungen stark zurück. Klickt auf die verlinkten Museums-Seiten.

Nur zwei Bemerkungen: beim Social Design haben mich am meisten die Zukunftskonzepte für die heutigen und kommenden Mega-Citys interessiert, denn der Trend zur Urbanisierung wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter verstärken.

Was Wolfgang Schulz und die von ihm 1977 bis 1985 herausgegebene Zeitschrift „Fotografie“ angeht, bin ich teilweise ratlos, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich die „Fotografie“ damals wahrgenommen habe.

Die Fotografien und Fotografen, leider nur wenige Fotografinnen, sollte man sich in Ruhe anschauen.

Heute in der Rückschau ist die „Fotografie“ DAS interessante Projekt, was sie damals schon war.

Mehr, wenn ich das Mäuseklavier durch eine ordentliche Tastatur ersetzt habe.

 

Frage in die Runde: Wie weit sind wir gekommen? Und gibt es überhaupt ein Ziel?

Eine Momentaufnahme aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung 1968, ausgestellt im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (foto: zoom)

In der Ausstellung „Pop und Protest 68“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe spielen Frauen als treibende Kräfte kaum eine Rolle. Im Vordergrund stehen die männlichen Ikonen, Dutschke, Che Guevara und Co.

Eine der wenigen Ausnahmen: Die Demonstrantin mit der Zigarette in der rechten Hand, den auffälligen Ohrringen, Rüschenhemd und Samt(?)rock,  und dem ernsten taxierenden, leicht silbernen Blick in die Kamera. Sie erinnert mich an Porträts von Frida Kahlo.

Ihr Plakat mit der Forderung nach Power to the People, Gay Power, Black Power, Women Power, Student Power – noch fehlen die Working Class Heroes – hatte ich kurz nach dem Ausstellungsbesuch spontan mit einer Frage verbunden:

Wie weit sind wir gekommen? Oder anders: Wo stehen wir 2018?

Hat der Fortschritt eine Richtung? Und was wäre, wenn überhaupt, das Ziel?

Nachlese: Publikumsbeschimpfung – die Geburtsstunde des deutschen Hip Hop?

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Video-Link: https://youtu.be/hGHARIR0tNw

In der „Pop und Protest 68“ Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe gibt es vielleicht wichtigere Installationen als die Aufzeichnung der Publikumsbeschimpfung von Peter Handke.

Merkwürdigerweise bin ich aber gerade dort „hängen geblieben“: Fernseher, Kopfhörer und die grandiose Schluss-Szene.

Ich habe sie mir mehrmals angesehen/angehört: Hip Hop, Rap, egal. Vor 52 Jahren (1966) rockten Peter Handke, Claus Peymann und vor allem Michael Gruner, Ulrich Hase, Claus-Dieter Reents und Rüdiger Vogler das Theater am Turm in Frankfurt.

Guckt’s euch an. Vielleicht zwei- oder dreimal.

Souvenirs from Hamburg: viele Eindrücke, einige Bilder und eine fette Erkältung

Psychedelisch oder die 100 Augen der Schlange Kaa: Verner Pantons Kantine für das SPIEGEL-Verlagsgebäude – ein Designklassiker der 1960er Jahre. Zum Vergrößern aufs Bild klicken. (foto: zoom)

Mit einem kleinen Schnupfen nach Hamburg gefahren, mit einer großen Erkältung zurückgekommen. Der Matratzengruft entkommen, auf dem Wege der Besserung, sortiere ich meine Eindrücke und Bilder.

Das „Programm“ reichte vom „Pop und Protest 68“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe bis zur Abschiedsvorstellung von Henning Venskes „Summa Summarum“ auf der Kabarett-Bühne von „Alma Hoppe“; vom Bummel über den DOM zu Streifzügen durch das Karo- und Schanzenviertel. Auf der Suche nach Graffiti ließen wir uns durch die Straßen von St. Pauli treiben.

Außerdem … ach, das wird jetzt zu viel. Ich belasse es vorerst dabei und berichte über etwas Nebensächliches: die ehemalige Kantine im SPIEGEL-Verlagsgebäude.

Aus der Beschreibung des Museums auf einer Wandtafel:

„1968 beauftragt der SPIEGEL-Verlag den dänischen Architekten und Designer Verner Panton mit der Innenausstattung des neuen Verlagsgebäudes in Hamburg.

Panton dekliniert die Farbskala des Regenbogens stockwerkweise durch: Konsequent gestaltet er alles einheitlich in jeweils einem Ton – von der Wandfarbe bis zum Aschenbecher.

Die Reaktion der Mitarbeiter ist gespalten: Die einen sind begeistert von der Modernität der Einrichtung, die andern hadern mit ihrer Umgebung und kreieren immer neue Wortschöpfungen für die ungewöhnliche Raumgestaltung. Im Laufe der Jahre allerdings werden die Farben der Redaktionsräume [im Original „Reaktionsräume“] und Konferenzzimmer weiß übermalt, einerseits, weil sich der Geschmack ändert, andererseits, weil sich so mancher Mitarbeiter nie wirklich mit „seiner Farbe“ hat anfreunden können.

Allein die Kantine bleibt vor Eingriffen verschont. Hier wird nur ersetzt, was abgenutzt oder beschädigt ist.

2008 stellt die Hamburger Denkmalschutzbehörde den Raum als letztes noch verbliebenes Element des Gesamtkunstwerkes unter Denkmalschutz.

2011 – anlässlich des Umzugs des SPIEGEL an die Ericusspitze – werden Mobiliar, Leuchten, Vorhänge, Teppich, Decken- und Wandverkleidung ab – und als Schenkung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg wieder aufgebaut.“

Wir haben eine Weile in dieser Kantine gesessen und Farben sowie Design auf uns wirken lassen: unruhig, verstörend, nervös. Ich frage mich, ob ich es 1968 genauso gefühlt hätte.

Vielleicht nicht, denn – so meine laienhafte Meinung – während wir heute von Außenreizen geflutet werden, war die damalige Zeit „ärmer“ an optischen und anderen medialen Reizen. These: was heute abstoßend wirkt, wurde damals aufgesogen. Es war die Zeit als die „Reizsenke“ sich schlagartig zu füllen begann.

Kaffeepause im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe

Kaffeepause zwischen Polaroid und Islam im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. (foto: zoom)

In der letzten Woche haben wir das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe besucht. Das Museum ist für mich inzwischen eine feste Adresse geworden. Der Eintritt ist nicht schmerzfrei – 12 Euro pro Person -, aber ich habe den Aderlass bislang noch nie bereut.

Diesmal hatte ich mein Augenmerk auf die Polaroid-Ausstellung gerichtet. En Passsant habe ich am Schluss noch eine weitere Fotoausstellung und die Ausstellung über den Islam gestreift.

Ich bleibe in diesem Artikel bei der Polaroid Ausstellung, die mich sehr positiv überrascht hat. Die chemische Ästhetik der Polaroid Generation hat den digitale Instagram-Hype in sich getragen und vorweggenommen.

Digital trifft Polaroid. Vielschichtig im Museum für Kunst und Gewerbe (foto: zoom)

Die digitalen Filter von heute emulieren die Vergangenheit. In der Ausstellung habe ich mich gefragt, wo der Ausgang aus dieser Schleife zu finden ist. Sind wir als Polaroid-Hipster im Gestern angekommen oder zitiert die heutige digitale Ästhetik die Vergangenheit, um in eine neue Zukunft zu weisen? Aber wohin?

„Polaroid! Die Marke ist längst zum universellen Mythos geworden. Sie hat Gebrauchsweisen ermöglicht, die – ein Blick auf Instagram genügt – die Alltagsfotografie bis heute beeinflussen. Die Ausstellung positioniert das Phänomen Polaroid an der Schnittstelle von Kunst und Technologie. Herausragende Künstler – von Ansel Adams bis Andy Warhol – haben im Medium der Sofortbildfotografie neue Wege beschritten und die Ästhetik einer Ära geprägt. Mit rund 240 Werken von 120 Künstlern beleuchtet sie das ästhetische Spektrum der Sofortbildfotografie und stellt mit 87 Kameramodellen und Prototypen jene innovative Technik vor, die diese visuelle Revolution überhaupt erst ermöglichte.“

Es gibt nichts Gutes, denn man tut es … ich empfehle die Polaroid-Ausstellung und freue mich über weitere Eindrücke anderer LeserInnen.

Hardware in der Vitrine und Papier im Rahmen an der Wand. Blick in einen der Ausstellungsräume (foto: zoom)

Das Vermarktungskonzept von Polaroid war genauso genial wie es heutige Vermarktungskonzepte sind: Die Hardware an bekannte KünstlerInnen verschenken, die dann als „Influencer“ die Masse – Masse ist das Zauberwort – von der Erotik der Kameras überzeugen. Die Künstler machen Kunst, die Masse kauft und generiert den notwendigen Profit bis, ja bis zur digitalen Wende. Das Ende von Polaroid. Bankrott. Wiedergeburt?