Pausenbild: Funkturm, Covid-19, Brandenburgische Konzerte, Tago Mago und Amos Oz – und was macht ihr so im Lockdown?

Der Funkturm auf dem Kreuzberg in Winterberg

Ich verrate jetzt, was ich im kommenden Lockdown anders mache als in den vorangegangenen Wochen und Monaten: Nichts.

Nach wie vor gehöre ich zu den „Drosten-Ultras“ (Vorsicht, grobschlächtige Ironie!), führe ein sozial verarmtes Leben und treffe auf meinen Spaziergängen meist Fichten, lebendig (grün) oder tot (braun).

Trotz aller Unkenrufe in den Lebensberatungsspalten funktioniert unser Familienleben weiterhin gut. Klar, ich vermisse Cafés, Großstädte, Reisen, Restaurants, Musseen, Theater, Konzerte, Freunde und das Schwimmbad. Klar, ich ärgere mich über die Politiker*innen, die den Menschen Lockerungen über die Weihnachtsfeiertage versprochen hatten, wenn sie nur ihren sogenannten „Lockdown Light“ mitmachten. Klar, die Kultusminister*innen habe es verstanden, den Föderalismus ins Lächerliche zu ziehen.

Der faschistoide Charakter der sogenannten „Querdenker-Bewegung“ zeigt erschreckend, wie viel Dummheit und Hass in Deutschland wieder möglich sind. Wir brauchen gar nicht mit dem Finger auf Trump zu zeigen und uns über „die USA“ lustig zu machen.

Ich leide unter Covid-19-Lockdown-Ermüdung und muss doch noch ein paar Monate durchhalten und alles dafür tun, aber auch hoffen, dass das Virus mich nicht erwischt. Wie viel Glücksspiel ist dabei? Risiko-Gruppe, kein gutes Gefühl.

Derweil lege ich Scheiben aus der Studentenzeit auf, Brandenburgische Konzerte, Tago Mago kunterbunt durcheinander. Wer hat eigentlich die Unterscheidung zwischen E- und U-Musik erfunden?

In Amos Oz Autobiografie und Familiengeschichte, A Tale of Love and Darkness, lerne ich einiges über die Kultur und (Vor-)Geschichte Israels, jüdische Geschichte, Shoa, Holocaust. Es hat gedauert, bis ich mich hineingelesen hatte. Viele Namen, Familienmitglieder, Generationen, Länder und Kulturen, aber mit der Gründung des Staates Israel hat es mich jetzt auch emotional gepackt. Amos Oz‘ Buch – eines der Freunde, die jahrelang geduldig auf dich im Bücherregal warten, bis ihr Augenblick gekommen ist. Habt ihr auch solche Bücher?

„Aumgn“ singt Kenji ‚Damo‘ Suzuki auf der dritten Seite der Doppel-LP. Das Schlagzeug-Solo setzt ein. Ich bin dann mal weg.

August 1973: Can veröffentlicht „Future Days“-LP

Vor wenigen Minuten von Besuch bei Freunden zurück. Anlass: nur „mal so quatschen“ an einem lauschigen Sommerabend.

Gastgeber Ulla und Jens sind hobbytechnisch Inhaber einer nicht kleinen LP-Sammlung der sog. „Krautrock-Mucke“. Im Laufe des Abends wurde zwecks Hintergrundbeschallung „Future Days“ (Seite 2 – „Bel Air“) von Can aufgelegt.

Jens beiläufig augenzwinkernd nach LP-Wechsel:

Übrigens, hinten auf dem Cover von Future Days steht August 1973.

Jau, Jens und Musik-Wiki liegen richtig.

Gerade daheim „Future Days“ aus Vinyl-Regal befreit, in Rotation versetzt und noch 2 Krom aufgemacht … 🙂

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=wQxMB4Wk_y8

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Ach so, wir stören mit unserer Terrassenmusik garantiert nicht die Nachbarschaft. Drei Gärten weiter läuft ne „Leitkultur-Fete“ … – der DJ spielt Ballermann-Mucke, Helene Fischer Scheiß etc. bis zum geht nicht mehr.
Vermutlich werden von teilnehmenden Personen tausende Selfies gemacht und umgehend online gestellt. So isse halt, die Leitkultur.

In Memoriam Holger Czukay – *24.03.1938 · †05.09.2017

Holger Czukay (* 24. März 1938 als Holger Schüring in Danzig; † 5. September 2017 in Weilerswist) war ein deutscher Bassist, der als Bandmitglied und Mitbegründer von Can auch international bekannt wurde.

https://www.youtube.com/watch?v=kNhuwkmmzak

Seine musikalische Karriere begann Czukay 1960, als er seine ersten Aufnahmen machte und in einer Amateur-Jazzband spielte. Von 1963 bis 1966 studierte er Komposition bei Karlheinz Stockhausen an der Musikhochschule Köln.

1968 gründete er zusammen mit Irmin Schmidt, mit dem er in Köln studiert hatte, die Band Can. 1977 verließ er die Gruppe.

https://www.youtube.com/watch?v=akbRWGFZkQ8

Als Solokünstler veröffentlichte er eine Reihe von Soloalben, auch mit Beteiligung ehemaliger Can-Mitglieder. Er arbeitete mit einigen internationalen Künstlern zusammen, darunter in den frühen 1980er Jahren mit Jah Wobble, The Edge, den Eurythmics, David Sylvian, Brian Eno, oder auch Phew. 1987 spielte er die Hauptrolle in dem Experimentalfilm Krieg der Töne, zu dem er auch die gesamte Musik beisteuerte und in dem auch Trio-Sänger Stephan Remmler auftrat. Zu Beginn der 1990er Jahre arbeitete Czukay mit Künstlern wie Peter Gabriel oder Annie Lennox; außerdem trat er seitdem oft gemeinsam mit seiner Frau Ursula Schüring („U-She“/„Ursa Major“) in Erscheinung.

Am 5. September 2017 wurde Czukay im „Can-Studio“, einem ehemaligen Kino, das er auch als Wohnung nutzte, in Weilerswist bei Köln tot aufgefunden.
Quelle: Wikipedia u.a.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=j-HJfO9GUmA

Anfang 2017 begann man beim Label Grönland-Records (Gründer Herbert Grönemeyer) ein Projekt, mit dem assoziativ Holger Czukays fast 60 Jahre währende künstlerische Karriere dokumentiert werden sollte. Die Vinyl/CD/DVD-Box mit dem Titel „Cinema“ war dementsprechend nicht nur als Retrospektive gedacht, sondern auch als Geburtstagsgeschenk, als Ehrung, als Dankeschön. Holger Czukay war bis zu seinem Tod im September 2017 an den Arbeiten beteiligt.

„Cinema“ ist – nun leider posthum – seit dem 23.03.2018 im Handel.
Die Box ist in verschiedenen Versionen erhältlich. Der Preis bewegt sich zwischen 40 Euro und (bei Thalia) 147 Euro (!).

Auf Spiegel.de erschien am 23.03.2018 der lesenswerte Artikel Holger Czukay, „Cinema“: Werkschau zum 80. Geburtstag des Can-Genies

Can-Gründer Holger Czukay erlebt seinen 80. Geburtstag nicht mehr, aber wir können ihn trotzdem feiern! Ein liebevoll kuratiertes Boxset würdigt das Solo-Werk eines Pop-Genies, das die Masse nie entdeckte.

(…)

Da die Gruppe (Can) in nur einem Jahrzehnt immerhin dreimal den Sänger wechselte, wäre eine vierte Phase mit Czukay als Frontmann durchaus logisch gewesen. Doch jeder weiß: Band-Ehen sind kompliziert! Und obwohl „Movies“ mit „Cool In The Pool“ einen echten Novelty-Hit von der Kragenweite „Da-Da-Da“, „Flat Beat“ oder „They’re Coming To Take Me Away, Ha-Haaa!“ enthielt, blieb Czukay auch solo von Anfang an ein Nischenthema.

Dennoch wird sich kaum ein einflussreicher Popmusiker auf Erden finden lassen, der nicht gleich ehrfürchtig auf die Knie geht, wenn er die Namen Holger Czukay oder Can vernimmt. Das breite Publikum da draußen wird jedoch auch heute noch ahnungslos mit den Achseln zucken. Ob die jetzt pünktlich zu seinem 80. Geburtstag erscheinende Werkschau „Cinema“ – an der Czukay noch bis zu seinem Tod im September vorigen Jahres mitwirkte – an dieser öffentlichen Wahrnehmung etwas ändern wird, muss leider stark bezweifelt werden.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=wWAplMCK03Q

» Holger Czukay: Schere in der Hand statt Schere im Kopf – Der Standard, 21.03.2018

R.I.P. Holger Czukay – *24.03.1938 · †05.09.2017

https://de.wikipedia.org/wiki/Holger_Czukay
https://de.wikipedia.org/wiki/Can_(Band)

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=DKo73roXiec

Pop revolutioniert man mit dem Schwert | SZ, 06.09.2017

Im Internet sind zum Tod von Holger Czukay zahlreiche Nachrufe zu finden.
Insofern ist es an dieser Stelle nicht ganz unpassend, auf den Czukay-Song „Das Massenmedium“ aus dem Solo-Album „Der Osten ist rot“ (1984) zu verweisen.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=jTY3iN62ScM

btw:
Holger Czukay wurde am 05.09.2017 in seinem Haus/Studio tot aufgefunden. Das konkrete Todesdatum soll durch gerichtliche Untersuchungen ermittelt werden.