In meinem Briefkasten fand ich heute folgende Pressemeldung der Giordano Bruno Stiftung:
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Mit deutlichen Worten hat der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung die jüngsten Aussagen der Deutschen Bischofskonferenz zu den bekannt gewordenen Fällen von sexuellem Missbrauch in katholischen Institutionen kritisiert. „Bislang haben wir uns mit Kommentaren zum Thema ‚Sexueller Missbrauch in der Kirche‘ bewusst zurückgehalten, da dies ein sehr komplexes Problem ist, das man nicht eindimensional auf zölibatäre Lebensführung zurückführen kann“, erklärte gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon am Stiftungssitz in Mastershausen. „Doch nach den jüngsten Verlautbarungen der Deutschen Bischofskonferenz kommen wir nicht umhin, Stellung zu beziehen.“
Als „schamlos“ bezeichnete Schmidt-Salomon das „24-Stunden-Ultimatum“, das der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gestellt hat: „Ich frage mich, in welcher Welt Herr Zollitsch eigentlich lebt!“ Die Ministerin habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die katholische Kirche bislang nicht gerade durch eiserne Konsequenz bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen ausgezeichnet habe: „Dass Zollitsch es als ‚schwerwiegende Attacke gegen die katholische Kirche‘ wertet, wenn endlich einmal eine Politikerin den Mut aufbringt, die Wahrheit zu sagen, zeigt, wie problematisch das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland noch immer ist!“
Besonders scharf kritisierte der gbs-Sprecher den Versuch des Freiburger Erzbischofs, „die Missbrauchsfälle in katholischen Institutionen herunterzuspielen.“ Wie die ‚Taz‘ am Montag berichtete, hatte Zollitsch behauptet, dass das Risiko, sexuell missbraucht zu werden, in Familien „36 mal größer“ sei als beim Kontakt mit einem katholischen Priester, weshalb es „völlig falsch“ sei, der katholischen Kirche ein „strukturelles Problem“ zu unterstellen. „Mit dieser Aussage erklimmt Zollitsch gewissermaßen den Gipfel der Scheinheiligkeit!“, sagte Schmidt-Salomon.
„Man sollte in diesem Zusammenhang wissen, dass der bischöfliche Vergleich nicht auf einer seriösen, wissenschaftlichen Untersuchung beruht, sondern auf einer tendenziösen Meldung des Domradios. Dort wurden die 94 kircheninternen Missbrauchsfälle, über die ‚Der Spiegel‘ vor kurzem berichtete, einfach mit der Gesamtstatistik der polizeilich erfassten Missbrauchsfälle verrechnet. Abgesehen davon, dass die zugrunde liegende Datenlage höchst problematisch ist, führt ein solcher Vergleich schon allein deshalb zu verzerrten Ergebnissen, weil viele Kirchenbedienstete im Unterschied zur Gesamtbevölkerung keinen regelmäßigen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben.“
Schmidt-Salomon zufolge hätten für einen Vergleich mit Familien nur jene Zölibatäre herangezogen werden dürfen, die etwa in kirchlichen Internaten und Heimen permanenten Zugang zu Kindern haben: „Dadurch wäre sofort sichtbar geworden, dass die Kirche sehr wohl mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat! Denn über Jahrzehnte hinweg war das Risiko sexueller Gewalterfahrungen für Kinder und Jugendliche, die in christlichen Heimen lebten, um ein Vielfaches höher als das Risiko derer, die in Familien aufwuchsen! Nicht ohne Grund sind die Kirchen heute mit den Forderungen vieler Tausend ehemaliger Heimkinder konfrontiert, die endlich eine Entschädigung für die Verbrechen verlangen, die an ihnen begangen wurden!“
Wie der gbs-Sprecher darlegte, verbesserten sich die katastrophalen Verhältnisse in den konfessionellen Heimen erst, als Nonnen, Patres und Priester zunehmend durch pädagogische Fachkräfte ersetzt wurden:
„Paradoxerweise hat es die Kirche ausgerechnet den viel gescholtenen 68ern zu verdanken, dass es in kirchlichen Institutionen mittlerweile weit seltener zu Missbrauchshandlungen kommt. Schließlich wäre es ohne die 68er-Bewegung kaum zu der großen Reform der Heimerziehung gekommen, in deren Folge sich auch in kirchlichen Betrieben allmählich zeitgemäße pädagogische Ansätze durchsetzten. Sicherlich wird diese Erkenntnis den Herren Zollitsch und Mixa nicht sonderlich gefallen, aber dies sind nun einmal die historischen Fakten! Ich hoffe sehr, dass sich die Öffentlichkeit durch die Ablenkungsmanöver der Kirchenvertreter nicht hinters Licht führen lässt…“
Quellen:
Zollitsch holt zum Gegenschlag aus: Ultimatum für Leutheusser-Schnarrenberger
http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/Ultimatum-fuer-Leutheusser-Schnarrenberger_aid_823781.html
Bischofskonferenz: Familie gefährlicher als Priester
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/familie-gefaehrlicher-als-priester/
Die vermeintliche „Missbrauchs-Studie“: Eine Meldung des Domradio
http://www.domradio.de/aktuell/61084/pflicht-zur-selbstpruefung+.html
Lesen Sie zum Thema auch den Beitrag von Mathias Krause: Ultimative Unverschämtheit
http://hpd.de/node/8908
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