Der Artikel besteht eigentlich aus zwei Artikeln. Ich bin da irgendwie aus der Bahn getragen worden, halte aber im Nachhinein beide Teile für wichtig. Teil 1 ist international und Teil 2 vordergründig lokal.
Teil 1 USA
Die beiden Journalisten Howard Rosenberg und Charles Feldman malen in ihrem neuen Buch „No Time To Think – The Menace of Media Speed and the 24-hour News Cycle“ ein düsteres Bild über die Medien in den USA. Die Berichterstattung über die bevorstehende Präsidentschaftswahl bezeichnen sie als die schlechteste, die es ja gegeben habe. Derweil geht es für die Presseerzeugnisse des WAZ Konzerns Richtung Dessous und Volksbibeln. Für viele Mitarbeiter leider Richtung Arbeitsamt.
„Früher waren Nachrichten all das, was neu war. Es konnte Britney Spears sein, die sich den Zeh stößt. Das ist eine banale Nachricht, aber es ist neu. Aufgabe des Journalisten war es, Prioritäten zu setzen, zu entscheiden, was gesendet oder geschrieben wird und was nicht. Jetzt läuft alles unter dem Begriff Nachrichten…Im CNN-Studio spekulierten vor den Präsidentschafts-Debatten zeitweise mehr als zehn Gäste gleichzeitig live im Studio darüber, was die Kandidaten sagen werden, sagen müssen und auf keinen Fall sagen dürfen. Während der Debatten konnten CNN-Zuschauer via bunter Linien und Grafiken verfolgen, wie unentschiedene Wähler und die sogenannten Experten im Studio den Auftritt der Kandidaten bewerteten.“
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Teil 2 Lokal
Der neue WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus spricht in der Süddeutschen über den neuen Sparkurs für die vier WAZ-Blätter rund ums Ruhrgebiet. Bei der Bild-Zeitung hat er gelernt,
„dass man mit starken Marken eine ordentliche Rendite erwirtschaften kann. Und ich habe gelernt, dass man eine aggressive Marketingstrategie und Markenpflege betreiben muss. Bei Bild haben wir Dessous, Volksbibeln und Handytarife vermarktet. Diese Zeitung ist in Wahrheit eine Marketingmaschine. Da muss man schauen, was davon übernommen werden kann. Erfolg kann man nicht genug haben.“
Tschüs heißt es für viele Mitarbeiter, die dann den Konzern leider Richtung Arbeitsagentur werden verlassen müssen. Die betriebsbedingten Kündigungen sind anscheinend beschlossene Sache. Weitere Informationen finden sich im Kölner Stadtanzeiger sowie im Spiegel.
Fleißig zum Niedergang gebloggt wurde und wird im „Pottblog“ sowie bei Coffee and TV. In Iserlohn regt sich ebenfalls die zarte Pflanze der Aufklärung.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass sich die Westfalenpost auf ihr Kerngeschäft beschränken sollte. Dafür wird sie doch gekauft! Damit ich heute abend weiß, warum heute mittag so viele schwarz gekleidete Menschen durch den Dorfkern gelaufen sind. Ist doch peinlich, wenn der dritte Mann beim Skat fehlt und du weißt nicht, warum.
Zurück zum Ernst der Lage. Ich denke allerdings, dass sich eine Zeitung in der Qualität, wie sie hier im Hochsauerland als „Westfalenpost“ ausgeliefert wird, durchaus mit verdünnter Mann- und Frauschaft betreiben lässt. Die Lokalseiten sind schlecht! Die Redakteure redigieren, aber recherchieren kaum. Die Zeitung frisst entweder der Lokalprominenz aus den Händern oder druckt lieber gleich die Verlautbarungen der Parteien, Verbände und Vereine ab.
Die Lokalseiten sind schlechter als schlecht! Ja! Aber ich habe einige JournalistInnen kennen gelernt, die ihr Handwerk beherrschen. Gute Leute! Die sitzen dann in den Redaktionen und schieben den lieben langen Tag den Müll, den sie von den Parteien, Verbänden und Vereinen erhalten, opportunistisch in den Satz, machen nebenher noch die ganze Büroarbeit und laden zum guten Schluss noch ihre Elaborate auf die unsägliche „Click-Clack-Pop-Up-Website“ hoch. Die werden einfach zugemüllt. Und niemand rettet sie. Vor allen Dingen nicht die Geschäftsführung der WAZ und deren Unteroffiziere. Alle scheinen, nein sind, gefangen zwischen Anzeigenkunden und dem Druck und Terror der lokalen Politik- und Wirtschaftskasper. Ich bin sicher: In jeder Redaktion sitzt einer oder eine, die jede Woche ein journalistisches Bravourstück hinlegen könnte. Im WAZ Konzern verrotten die Talente. Und bald werden sie entlassen. Die fr von heute.