Schule unter Druck – Argumente jenseits des Mainstreams

In unserem BriefkastenNiederkassel. (ahs) PISA hat die Bildungspolitik unter Druck gesetzt. Mit Bildungsstandards, Vergleichsarbeiten, Schulinspektion und anderem mehr versucht diese seither, für Qualitätssteigerung zu sorgen.

In vielen Schulen wird das alles jedoch als steigender Druck erlebt: Zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer brennen aus, weil die Politik sie verheizt; Schülerinnen und Schüler entwickeln psychosomatische Symptome in besorgniserregendem Ausmaß.

„Schule unter Druck“ heißt die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Humane Schule“. Der Leitartikel „Druck machen – für mehr Menschlichkeit“ von Detlef Träbert ermutigt die Leser, dem Druck zu widerstehen und sich für humane Schule einzusetzen.

Mit klaren Worten unterstützen Autoren wie Otto Herz, Prof. Dr. Renate Valtin, Prof. Dr. Paulig und weitere engagierte Pädagogen dieses Anliegen. Ein Interview mit Prof. Brügelmann, ein Kommentar sowie fünf Besprechungen aktueller Bücher runden das nicht-kommerzielle 28-seitige Heft ab.

„Schule unter Druck“ kann für € 3,- plus Versand über info@aktion-humane-schule.de oder telefonisch unter 02208 / 921 99 – 47 (Fax: – 46) bestellt werden.

Mehr Informationen zum Heft und zur Aktion Humane Schule gibt es auf www.aktion-humane-schule.de.

Umleitung: Grüner Spagat, Afghanistan und PISA für Journalisten

Grüner Spagat: vor 30 Jahren hier und heute dort … schöne Schreibe  von WirInNrw

Afghanistan: „Können Sie das glauben, wenn Sie jetzt aus dem Fenster sehen, auf den tauenden Schnee, dass wir, wir Deutsche, Sie und ich, einen Krieg führen? Wir tun das. In Afghanistan.“ … ruhrbarone

Medien: PISA für Journalisten fordert … ruhrtalcruising

Schulstudien: Ungerechtigkeiten beim Schulwechsel. Daten zurückgehalten.

Heute befasst sich die Süddeutsche in einem „Spezial“ mit der Bildungspolitik. In einem Kommentar weist Tanjev Schultz auf die die Zunahme der Schul-Tests hin hin und bemerkt:

„In den USA lässt sich studieren, wie eine grassierende Testiritis immer mehr Frust erzeugt. Die Schulen sind dort jedenfalls nicht besser geworden.“

Die Einschränkung der freien Schulformwahl durch die verbindlichen Gutachten der Grundschullehrer/innen ist von den Eltern ohne große politische Gegenwehr geschluckt worden. Es rumort zwar in den „Tiefen der Elternschaft“, aber diese Unzufriedenheit konnten die Bildungspolitiker/innen bislang erfolgreich zerstreuen.

Die Grundschulgutachten stehen, wie die Studien nach Einschätzung von Experten zeigen, auf tönernen Füßen. Die entsprechenden Daten werden pikanterweise noch nicht veröffentlicht.

Dies nährt bei mir den Verdacht, dass die Tests mehr und mehr zu einem Manipulationsinstrument der Bildungspolitiker werden.

Weiter im Kommentar der SZ: (Hervorhebungen von mir)

„…Tests reichen eben nicht, es muss auch die nötige Hilfe für die Schulen geben. Werden sie mit den Studien alleingelassen, fördert das Abwehrreaktionen und Tricks bei der Statistik. Schon jetzt versuchen einige Kultusminister die Arbeit der Forscher so zu beeinflussen, dass sie möglichst wenige schlechte und möglichst viele gute Nachrichten verkünden können. So konnten in der Iglu-Studie die heiklen Ergebnisse zu den Schullaufbahn-Empfehlungen noch nicht vorgestellt werden.

Die Minister hatten offenbar Angst, die Freude über die guten Leseleistungen wäre dahin, wenn bekannt wird, wie ungerecht es beim Wechsel aufs Gymnasium zugeht. Nun müssen die Forscher diese Daten zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen – mit dem Effekt, dass es dann wieder genervt heißen wird: Noch eine Studie!“

Testen – testen – testen … doch wer unterstützt Lehrkräfte und Schüler?

„…Die teilweise albernen Rituale der Kultusminister, die Rankings und methodischen Probleme im Zusammenhang mit PISA-E, dem Bundesländervergleich, nähren die Überzeugung: Diese Vergleiche sind höchst entbehrlich. Sie werden parteipolitisch instrumentalisiert und dienen der Legitimierung von allen möglichen, ideologisch motivierten Schnellschüssen: Kopfnoten, Turbo-Abitur, ein Übermaß an Lernstandserhebungen und Vergleichsarbeiten. Solche Maßnahmen bereiten den Schulen nichts als Probleme, ohne dass Unterstützung und Hilfen folgen. Und immer noch haben die wenigsten Kultusminister kapiert, dass sie ihre Politik auf die Schülerinnen und Schüler mit den größten Lernproblemen konzentrieren, die Aussonderung in Sonderschulen beendet und der Hauptschulbildungsgang abgeschafft werden müssen…“ weiter auf der Website der GEW

Mein Gott – schon wieder PISA! Wann beginnt der Unterricht?

Abendblatt! Gemein! Verhunzt man so seine PISA Gegner?
Abendblatt! Gemein! Verhunzt man so seine PISA Gegner?

Anstatt Politikerinnen blöde Nasen zu malen schulen wir unsere Lesekompetenz bei der taz:

…In einem Radiointerview hat Tillmann das für den Laien deutlich gemacht, was Pisa heißt: Die Minister lassen ständig Röntgenaufnahmen der Schule anfertigen – aber dann lege sie die Bilder beiseite und tun, was sie immer schon tun wollten.

Ob sich daran etwas ändern wird? Das ist eher unwahrscheinlich, denn bislang war wenigstens gewährleistet, dass die Pisaforscher halbwegs unabhängig sind. Damit ist aber bald Schluss. Zumindest die Ländervergleiche nimmt künftig das „Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ vor. Das ist ein Institut, in dessen Vorstand praktischerweise direkt die Kultusministerkonferenz sitzt – und zwar gleich mit drei Leuten. Mit anderen Worten: Bislang mussten die Kultusminister ex post unangenehmen Pisaergebnisse auf ihre politischen Mühlen leiten. Ab sofort können sie ex ante mitbestimmen, was und zu welchem Ende so alles gefragt wird.

Nicht nur ein unabhängiger Pisaforscher berichtete der taz, wie stark der Druck bereits jetzt war. So hätten die Kultusminister immer wieder darauf gedrungen, die seltsamen sozialen Abhängigkeiten bei den Pisaergebnissen wegzulassen – oder sie unauffälliger zu präsentieren…

Der Bertelsmann Konzern und die „Bildungskrise“

Absolut empfehlenswert ist das Referat von Wolfgang Lieb an der Fernuniversität Hagen am 14. Oktober 2008. Lieb bezieht sich in seinem Vortrag ausdrücklich auf die Entwicklungen in der Hochschullandschaft:

Natürlich ist es nach wie vor richtig, dass Bertelsmann die Gesetze nicht selber verabschiedet, sondern dass diese von der Exekutive oder der Legislative vorgelegt und vom Parlament verabschiedet werden. Aber über die Meinungsmacht und über die personellen Netzwerke wird der „Reformmotor“ Bertelsmann zur eigenständigen politischen Antriebskraft, der auch außerhalb der Parlamente eine Art Eliten-Konsens schafft – und dabei nebenbei auch noch ein positives Image für den Konzern erzielt.

Es lohnt sich Liebs Erkenntnisse auf die Schulpolitik des Bundes und der Länder zu extrapolieren und damit ein Gegengewicht zu den „Pisa-Schleichern & Co“ zu schaffen. Wolfgang Lieb übernehmen Sie!

Schulsystem Finnland – Menschlich auf der Strecke geblieben?

„Nach dem Amoklauf herrschen in Finnland Trauer und Entsetzen. Gleichzeitig wurde eine alte Debatte wiederbelebt: Wie gut ist das heimische Schulsystem wirklich? VON REINHARD WOLFF

Es hätte überall passieren können. Aber nun ist es zweimal in Finnland passiert. „Ich bin kein bisschen verwundert“, sagt Anna Lindblom, Schwedischlehrerin in Helsinki: „Allenfalls erstaunt, dass so etwas nicht schon früher geschehen ist.“ Vor einem knappen Jahr der Amoklauf eines Abiturienten an der Schule von Jokela, der erst acht Menschen ermordete und dann sich selbst tötete, nun die tragische Wiederholung in Kauhajoki mit elf toten SchülerInnen. In Finnland hat das eine Schuldebatte wiederbelebt, die in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit weithin verdrängt worden war. Denn wozu auch an einer Schule etwas ändern wollen, welche bei allen Pisa-Tests Spitzenwerte erzielt, zu der BildungspolitikerInnen aus halb Europa wallfahrten und die überall als das große Vorbild verkauft wird?“ weiter(taz) …

PISA – überschätzt und politisch missbraucht?

In der Zeitschrift Telepolis kritisiert Bildungsforscherin Gundel Schümer, dass in Deutschland internationale Schulvergleichsstudien wie PISA überschätzt werden. Sie wirft Bildungsökonomen vor, die durch die Studien gewonnenen Daten manipulativ zu verwerten. Einen vorsichtigen Verdacht hatte ich schon in einem der ersten Beiträge dieses Blogs geäußert.