Die Christliche Rechte auch in England auf dem Vormarsch?

Just say no? (foto: chris klein)
Just say no? (foto: chris klein)

“Just say no to sex” – mit diesem Slogan warb die Christliche Rechte in den USA lange Zeit unter Jugendlichen.

Abstinenz bis zur Ehe, Keuschheit, Klarheit, nur einfach “nein” sagen, und schon waren alle weiteren Fragen wie Verhütung, HIV, Geschlechtskrankheiten, Umgang mit der eigenen Sexualität usw. gelöst. Und ganz nebenbei befreite es Lehrer und Eltern von der leidigen Aufgabe der Aufklärung, denn durch „just say no“ war eine Schwangerschaft bei Jugendlichen automatisch ausgeschlossen.

Geringere Geburtenraten unter Teenagern waren nicht die Folge, aber die Rechte hatte das Thema für eine große Kampagne.

Das ist lange her und schien schon fast vergessen. Wenn da nicht dieser Déjà-vu -Effekt wäre, dass gesellschaftliche Phänomene aus den USA zunächst nach England und mit weiterer Verzögerung zu uns kommen.

In Großbritannien ist diese Idee nun angekommen und hat bei den Konservativen voll eingeschlagen:
Wie der Guardian gestern berichtete schlug die Abgeordnete Nadine Dorries verpflichtenden „Abstinenzklassen“ für Mädchen zwischen 13 und 16 Jahren vor. Ihre Parteikollegen unterstützen sie und schon bald könnte daraus ein Gesetz werden.

Es ficht die Britischen Konservativen nicht an, dass Schwangerschaften von Teenagern so selten wie in den 1980er Jahren sind. Frau Doerries sieht um sich herum eine im höchsten Maße sexualisiert Gesellschaft.  Das Gesetzesvorhaben der Konservativen zielt allein auf Mädchen. Deren sexuelle Aktivitäten sollen stigmatisiert und reglementiert werden. Das ist ein sehr altes Rollenverständnis, welche viele – offensichtlich zu Unrecht – schon überwunden glaubten.

Wie lange wird es noch dauern, bis ähnliche Forderungen nach „Abstinenzunterricht“ aus Reihen Christlicher Politiker auch in Deutschland laut werden? Warten wir es ab…

Nachgelesen: Robert Jungk, Der Atomstaat

jungkIm Vorwort seines 1977 erschienenen Buches  „Der Atomstaat“ schrieb  Robert Jungk, Journalist und Zukunftsforscher:

„Mit der technischen Nutzbarmachung der Kernspaltung wurde der Sprung in eine ganz neue Dimension der Gewalt gewagt.  Zuerst richtet sie sich nur gegen militärische Gegner. Heute gefährdet sie die eigenen Bürger.

Denn „Atome für den Frieden“ unterscheiden sich prinzipiell nicht von „Atomen für den Krieg“. Die erklärte Absicht, sie nur zu konstruktiven Zwecken zu benutzen, ändert nichts an dem lebensfeindlichen Charakter der neuen Energie. (…)

Der je nach Einstellung als kleiner oder größer anzusehende Rest von Unsicherheit bringt unter Umständen solch immenses Unheil, daß jeder bis dahin vielleicht gewonnene Nutzen verlassen muß.“

Nachzulesen war dies neun Jahre vor Tschernobyl und 34 Jahre vor Fukushima.

Kontext-Werbung: Treffsicher

Aus der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblatts
Aus der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblatts

In der heutigen Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts fand ich mitten im Bericht über eine Hamburger Gymnasiallehrerin, welche die Unruhen in Alexandria „überlebte“,  die Werbung für superbillige Ägypten-Reisen. Wer möchte da nicht zugreifen?

Ein Mann verteidigt seine Pfründe. Ulrich Reitz: Die Frauenquote ist ein politisches Gift.

Frauenrechte vor 92 Jahren (Plakat: Hessisches Landesmuseum Darmstadt)
Frauenrechte vor 92 Jahren (Plakat: Hessisches Landesmuseum Darmstadt)

Bemerkungen zum  Kommentar von Ulrich Reitz im Westen vom 03.02.2011.

In seinem Kommentar erklärt Chefredakteur Ulrich Reitz: Das Leben von Karriere- Männern ist nicht leicht, sie haben kaum Freizeit, die Anforderungen steigen und viele Männer scheitern. Soll die geneigte Leserin denken: Da bin ich als Nicht-Karriere Frau aber froh, dass ich zwar keine Macht und auch weniger Geld habe, aber dafür –  ja, was eigentlich?

Der Chefredakteur der WP unterstellt den Frauen im Jahr 2011, sie seien gar nicht bereit sich entsprechend zu engagieren. Im O-Ton heißt es bei Herrn Reitz:

Wie viele [gemeint sind die Frauen] sind bereit, sich leidenschaftlich und kompromisslos und auch rücksichtslos reinzuhängen? Wie viele sind bereit, ihre Sicherheit einzutauschen gegen volles Risiko? Wie viele sind bereit, einen oft brutalen, intrigenbeladenen, offenen Wettbewerb um die Spitzenaufgabe zu ertragen, inklusive Niederlage?

Danke Herr Reitz, dass Sie als Frauenfreund und Frauenversteher das ’schwache Geschlecht‘ vor den Härten des Arbeitslebens schützen wollen. Sie raten davon ab, die Sicherheit gegen das volle Risiko einzutauschen. Welche Sicherheit meinen Sie hier genau? Die Sicherheit der Hausfrau, die von Ihrem Mann „ernährt“ wird?

Sie sind gegen die Frauenquote und raten den Frauen, auf die „handfeste(..) Männerrebellion gegen selbst gesetzte Rollenerwartungen an Alphamännchen“ zu warten. Und wenn die Rebellion nicht kommt, was dann?

Dann geht halt alles so weiter wie bisher: Mädchen machen bessere Abschlüsse und geraten im Beruf ins Hintertreffen. Männer haben ihre Netzwerke und wo Männer entscheiden, da fördern sie in erster Linie Männer. Zu Hause sitzen ihre Frauen und halten den erfolgreichen Männern ‚den Rücken frei‘. Denn nur wer sich nicht um Haushalt und Familie kümmert, kann sich „kompromisslos und rücksichtslos reinhängen“. Oder verstehe ich Sie falsch, Herr Reitz?

Deutschland liegt europaweit ganz hinten bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen, Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Tätigkeit sind groß.

Die Geschichte lehrt, dass Frauen ihre Rechte nicht geschenkt bekommen. Das Frauenwahlrecht war das Ergebnis von politischen Kämpfen von Frauen, das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit musste erstritten werden. Im Film „We want Sex“ (Made im Dagenham heißt es passender im englischen Original) wird dies humorvoll nachgezeichnet.

Für mehr Frauen in Führungspositionen müssen sich Frauen selber einsetzen, sie werden sie nicht von Männern geschenkt bekommen. Quoten können ein Weg sein. Wer eine moderne Gesellschaft will, der muss allen gesellschaftlichen Gruppen Zugang zu den Vorstandsetagen der Firmen ermöglichen. Ist dies nicht der Fall, dann sind Staat und Wirtschaft gefordert, diese Gleichbehandlung durchzusetzen. Und dies gerade auch gegen Widerstände von Männern wie Sie, Herr Reitz. In Abwandlung Ihrer Überschrift:

Die Frauenquote ist Gift für die Privilegien von Männern und genau deshalb ist sie richtig!

Minister auf Kriegspfad?

Gestern bei der Lektüre der Süddeutschen Zeitung fiel mir im Wirtschaftsteil folgendes Foto auf:

Heldenpose in Afghanistan (abfotografiert: chris)
Heldenpose in Afghanistan (abfotografiert: chris)

In dem dazugehörigen Artikel geht es um die Not, in welche die Rüstungsindustrie durch Sparpläne bei der Bundeswehr geraten könnte. Das Bild zeigt einen offensichtlich kampferprobten, mutigen und entschlossenen Ministers. Hinter ihm die etwas desorientiert wirkenden Soldaten, aber er weiß, wo es lang geht.

Aus der Froschperspektive heraus fotografiert gewinnt der Minister zusätzliche Bedeutung. Die dunkle Brille verdeckt die Augen, doch ein entschiedener Blick nach vorn ist zu vermuten.

Die Dramaturgie erinnert an einen Action-Film. Der Untertitel lautet: „Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (im Bild bei einem Truppenbesuch in Kundus) gibt einen neuen Kurs vor, der vielen in der Industrie nicht gefällt. Die Branche hofft zum Ausgleich auf Erleichterungen bei Waffenexporten.“

Die Pose des Machers – und was macht er? Er spart bei der Bundeswehr und erleichtert Waffenexporte. Diese geniale Verbindung zwischen Bild und Inhalt des Artikels hergestellt zu haben, fand die SZ wohl ganz besonders originell.

Mir hingegen gefällt das nicht. In den USA wurden Schauspieler Präsident (Reagan) oder Gouverneur (Schwarzenegger). Während ihrer politischen Karriere gerierten sie sich nicht mehr als Western-Helden oder Terminatoren – zumindest was die Bildästhetik anging. Bei uns inszeniert sich der Minister als Action-Held. Und die Medien machen mit. Sie drucken die Bilder groß ab und verwenden Sie als Illustration der Inhalte.

Der Hamburger Haushalt und das Elend der Kultur

Millionenbaustelle Elbphilharmonie. (foto: chris)
Millionenbaustelle Elbphilharmonie. (foto: chris)

Hamburg. (chris) Die GAL macht mit, was die CDU vorlegt – und findet es auch noch gut. Auf  der Web-Site der GAL Hamburg heißt es selbstzufrieden:
Die GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank erklärt: „Statt Kahlschlag zu betreiben oder im Sozialbereich zu wüten, wie viele Menschen befürchtet hatten, hat der Senat ein solides und gerechtes Bündel geschnürt. Angesichts der dramatischen Haushaltslage geht an diesen Sparmaßnahmen kein Weg vorbei. Wir Grüne stehen für eine nachhaltige Haushaltspolitik, die nicht zulasten kommender Generationen geht.“
http://www.hamburg.gruene.de/pressemitteilungen/23-09-2010/haushalt-solides-und-gerechtes-sparpaket

Die Hauhaltslage ist so dramatisch, dass in den Haushaltsberatungen

  • die Schließung des 109 Jahre alten Altonaer Theaters, (Einsparvolumen: 3,5 Millionen Euro)
  • drastische Kürzungen beim Schauspielhaus, welche die weitere Existenz dieses größten und angesehenen Hamburger Spielhauses ernsthaft in Gefahr bringen, (Eingespart: 1 Millionen Euro)
  • Kürzungen bei den öffentlichen Büchereien (5 Millionen Euro. Korrektur: 1 Millionen lt. Abendblatt)

verabschiedet wurden.

(Die vollständige Giftliste hat der NDR zusammengestellt unter: http://www.ndr.de/regional/hamburg/sparliste101.html)

Gleichzeitig berichtet das Hamburger Abendblatt, dass der Senat ab 2014 der Stadt jährlich 100 Millionen Euro aus dem Etat für die Finanzierung des Hafens zur Verfügung stellt. http://www.abendblatt.de/hamburg/article1641588/Das-Konzept-Hafen-finanziert-Hafen-ist-gescheitert.html (Lektüre ist leider kostenpflichtig.)

Weitere Prestigeobjekte, für die das Geld nie knapp zu werden scheint:

  • Elbphilharmonie (77 Millionen Euro veranschlagt, vermutliche Kosten 323 Millionen Euro)
  • Hafen-City U-Bahn (zunächst 255 veranschlagt, dann 300 Millionen Euro)
    (Eine vollständige bebilderte Zusammenstellung findet sich beim NDR unter http://www.ndr.de/regional/hamburg/prestigeprojekte101.html

Wem die Kultur nicht am Herzen liegt, der hält das eine oder andere Museum für verzichtbar, ein Theater weniger verändert das Leben kaum. Einen sehr engagierten und bitterbösen Artikel von Till Briegleb findet sich in der Süddeutschen Zeitung, in dem er das Elend der Hamburger Kulturpolitik sehr genau beschreibt. http://www.sueddeutsche.de/kultur/kulturszene-hamburg-kampfansage-1.1003963.

Wo so viel Geld in Großprojekte gesteckt und für Eventkultur ausgegeben wird, da bleibt für den laufenden Kulturbetrieb nur noch wenig Geld. Hamburg ist eine reiche Stadt, trotzdem scheint den Regierenden die Kultur nicht wichtig zu sein. Kürzungen im Bereich von Theatern, Museen und Büchereien sind nicht gerecht, sie sind keinesfalls nachhaltig, wie die GAL behauptet. Aber die Hamburger Grünen machen alles mit, denn ihr einziger politischer Inhalt heißt Machterhalt.