Die Landesregierung hat ihre Vorschläge zur Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) veröffentlicht. Ziel ist es, zusätzliche Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) verfügbar zu machen. Dies ist wichtig für die Energiewende. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=21086&ver=8
Bis zum 28.07.2023 konnten u.a. die Gebietskörperschaften (wie der HSK) Stellungnahmen zur Änderung des LEP abgeben. Weil aus dem Kreishaus in Meschede dazu nichts bekannt gegeben wurde und dieses Thema auch nicht in der Tagesordnung irgendeines Gremiums vorkam (anders als in Städten und Gemeinden), stellte die SBL-Kreistagsfraktion eine schriftliche Anfrage an den Landrat. Dabei kam heraus, dass die Kreisverwaltung doch eine Stellungnahme abgegeben hat, aber leider ohne jede Beteiligung oder Information der Gremien.
Diskussion der vier BM-Kandidaten im Autohaus Witteler. Moderation Christian Leisse (foto: zoom)
Ein Schreckgespenst treiben derzeit diverse CDU-Kandidaten durchs Hochsauerland. Es heißt “LEP”. Diese 3 Buchstaben stehen für “Landesentwicklungsplan”.
Auch der Briloner CDU-Bürgermeisterkandidat erweckte am heutigen Montag abend bei der Diskussion der 4 Bürgermeisterkandidaten wieder den Eindruck, als ob mit dem LEP alle Entwicklungsmöglichkeiten aller Dörfer mit weniger als 2.000 Einwohnern kaputt gemacht würden, und als ob in allen diesen Dörfern demnächst die Lichter ausgehen. Die Diskussion in einem Autohaus hatte übrigens mehr als 500 Zuhörer, ein erfreuliches Signal für eine gelebte Demokratie.
Eines vorweg:
Den neuen LEP gibt es noch gar nicht. Seit Juni 2013 existiert ein ENTWURF der Landesregierung für den neuen LEP. Dieser Entwurf wird derzeit diskutiert; so haben diverse Kreise und Städte Stellungnahmen abgegeben. Das Wesen eines Entwurfs ist es, dass die Beteiligten angehört werden und nach deren Stellungnahmen eine neue Fassung erarbeitet wird.
Was aber steht wirklich im LEP-Entwurf zu den Dörfern mit weniger als 2.000 Einwohnern?
Hier einige Zitate:
Der LEP-Entwurf enthält diverse Zielen. Er will u.a. erreichen, dass der Flächenverbrauch erheblich reduziert wird und möglichst keine zusätzlichen Flächen mehr versiegelt werden. Relevant ist hier im Kapitel 6.2 (“Ergänzende Festlegungen für Allgemeine Siedlungsbereiche”) das Ziel 6.2.3. Es lautet:
“6.2-3 Grundsatz Eigenentwicklung untergeordneter Ortsteile
Andere vorhandene Allgemeine Siedlungsbereiche und kleinere Ortsteile, die nicht über ein räumlich gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen verfügen, sollen auf eine Eigenentwicklung beschränkt bleiben.”
Im eigentlichen Ziel wird also gar kein Einwohnergrenzwert genannt.
Und in den Erläuterungen zu diesen Zielen heißt es dann:
“Zu 6.2-3 Eigenentwicklung untergeordneter Ortsteile
… In Ortsteilen, in denen weniger als 2000 Menschen leben, kann erfahrungsgemäß die Nahversorgung nicht gesichert werden. Solche kleineren Ortsteile, die nicht über ein räumlich gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen verfügen, werden im Regionalplan in der Regel dem Freiraum zugeordnet. Gleichwohl sind in ländlich strukturierten Räumen durch eine aktive, integrierte Dorfentwicklung eine angemessene Daseinsvorsorge und eine Attraktivierung der Dorfkerne anzustreben, um diese nachhaltig zu sichern.
Der Ausweisung neuer Baugebiete stehen in den im Regionalplan nicht als ASB dargestellten Ortsteilen mit einer Aufnahmefähigkeit von weniger als 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Belange des Freiraumschutzes und die angestrebte Ausrichtung der weiteren Siedlungsentwicklung auf zentralörtlich bedeutsame Siedlungsbereiche entgegen…
Große, dünnbesiedelte Flächengemeinden beispielsweise in der Eifel oder im Sauerland haben z. T. eine Vielzahl von Ortsteilen mit einer Aufnahmefähigkeit von weniger als 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Einzelne dieser Ortsteile übernehmen Versorgungsfunktionen (z. B. Schule) für andere, noch kleinere Ortsteile. Zur Sicherung dieses vorhandenen Angebots an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen in möglichst kurzwegiger Entfernung können bei der Anpassung der Bauleitplanung nach § 34 LPlG ausnahmsweise in diesen Ortsteilen einzelne Außenbereichsflächen als neue Bauflächen zugelassen werden.“
(Hervorhebungen vom Verfasser dieses Beitrags)
Wer den kompletten Text nachlesen möchte, findet ihn hier. Die o.g. Zitate stehen auf den Seiten 37 – 39 (nach der unten auf den Seiten gedruckten Seitennummerierung). Auch eine Sammlung mit Stellungnahmen “von institutionellen Beteiligten” findet sich im Internet (Achtung: fast 17 MB)
Fazit:
Auch die SBL hat Kritikpunkte am LEP-Entwurf, z.B., dass darin das Thema Fracking nicht angesprochen wird.
Für ländliche Räume wie insbesondere das Sauerland stellt bereits der LEP-Entwurf jedoch ausdrücklich fest, dass die Dorfkerne attraktiver werden und nachhaltig gesichert werden sollen. Und auch in Dörfern mit weniger als 2.000 Einwohnern, die eine Versorgungsfunktion für andere Dörfer haben, soll es nach dem LEP-Entwurf künftig nicht nur Innenentwicklung geben dürfen, sondern auch Außenbereichsflächen als neue Bauflächen. Dies ist für Städte wie Schmallenberg und Brilon mit ihren vielen kleinen Ortsteilen wichtig.
Das von Teilen der CDU aufgebauschte Schreckgespenst entpuppt sich bei näherer Betrachtung als relativ harmlos. Es gibt keine absolute Mindesteinwohnerzahl von 2.000 für die weitere Dorfentwicklung! Richtig ist allerdings, dass bei sinkender Bevölkerungszahl und vielfach sterbenden Dörfern nicht auf Dauer überall alle Angebote vorgehalten werden können. Eine Eindämmung des viel zu hohen Flächenverbrauchs ist nur durch Konzentration bei den Infrastrukturplanungen möglich.
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