Pausenbild: Shakespeare in Weimar

Shakespeare im Ilmpark in Weimar (foto: zoom)

Aus Weimar habe ich dieses Shakespeare-Bild mitgebracht. Angeblich ist dies das einzige Denkmal, das auf dem europäischen Festland an den großen Dichter und Dramatiker erinnert.

Als Pausenbild hilft mir der alte William, mich etwas aus der aktuellen politischen Diskussion zurückzuziehen. Manchmal werden mir die Nachrichten im Sekundentakt auf Twitter, Facebook und im Radio einfach zu viel.

Trump, die Attentate in den USA, Wahlen in Brasilien, Merkels Rückzug aus der Politik, Hessenwahlen, AfD, die quälende Implosion der SPD, die Wiederauferstehung von Friedrich Merz kurz vor Halloween.

Abstand.

Als ich mir das Bild heute genauer ansah, fiel mir die Rose auf, die Rose, die Shakespeare in der linken Hand hält. Überinterpretiere ich da etwas?

Keine Ahnung. Habe zur Verbindung „Rose-Shakespeare-Sexualität“ noch nichts gefunden, aber es ist auch nur ein Pausenbild.

Auf der Website der Deutschen Stiftung Denkmalschutz lese ich:

„Die Wertschätzung Shakespeares hat in Weimar seit Goethes Tagen Tradition – die Aufführungen seiner Dramen am hiesigen Theater und Wielands Übersetzungen machten Weimar schon früh zu einem Ort der Shakespeare-Verehrung. So wundert es nicht, dass sich zum 300.Geburtstag des englischen Dichters im Jahr 1864 in Weimar die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft gründete.

Sie fasste kurz nach der Jahrhundertwende den Plan, ein Shakespeare-Denkmal zu errichten, das erste und bis heute einzige auf dem europäischen Festland. Nach einer Spendensammlung unter Schirmherrschaft des Weimarer Großherzogs erhielt 1902 der Berliner Bildhauer Otto Lessing den Auftrag zur Ausführung des Denkmals, dessen feierliche Einweihung 1904, zum 40-jährigen Bestehen der Shakespeare-Gesellschaft erfolgte.

Die über zwei Meter hohe Figur aus Carrara-Marmor wurde vor der künstlichen Ruine im Park an der Ilm auf einem 1,40Meter hohen Sockel postiert. Mit seinem deutlich vom Jugendstil beeinflussten Bildnis hat Lessing eine mehr romantisierende als ehrfürchtige Würdigung Shakespeares geschaffen.

Das Denkmal stellt den Dichter in natürlicher, lockerer Haltung und in der Mode des elisabethanischen Zeitalters gekleidet dar. Versehen ist die Figur außerdem mit klassischen Attributen der Dichtung und des Dramas:

Sie hält eine Papierrolle in der rechten und einen Rosenzweig in der linken Hand, ein Totenschädel mit Narrenkappe und ein Lorbeerkranz sind ihr zu Füßen arrangiert.

Im Laufe der Zeit verlor das Weimarer Shakespeare-Denkmal wiederholt größere Teile durch Abbrüche, Oberflächenverschmutzung und Korrosionen.

Die Stiftung Weimarer Klassik, in deren Besitz sich das Denkmal inzwischen befindet, ging Ende der 1990er Jahre seine Restaurierung an. Die Skulptur wurde gereinigt und gefestigt, fehlende Teile ergänzte man.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligte sich am Neuversatz des restaurierten und konservierten Denkmals sowie an der Anfertigung einer Sicherungskopie. Nach vierjähriger Restaurierung konnte die Shakespeare-Figur am 23. April 1999 wieder an ihrem alten Platz im Ilmpark aufgestellt werden.“

Randnotiz: So rettet die DLRG

Die Rollenverteilung ist eindeutig. (foto: zoom)

Nachdem wir im Schwansee-Hallenbad in Weimar unsere Bahnen gezogen hatten, liefen wir noch ein Stück an der Baustelle des Freibads entlang. Das Bild des DLRG[1]-Retters sprang uns von einer Gebäudemauer direkt ins Auge.

Die Darstellung erinnerte uns an Bilder- und Jugendbücher der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Oder ist das schon die Interpretation einer Wahrnehmungsdissonanz, die wir vor dem Mauerbild spürten?

Die Rollenverteilung ist klar: der heroische Retter männlich stark, die hilflose Gerettete weiblich schwach.

Die Art der Zeichnung könnte, aber das muss ich noch belegen, zeitlich noch weiter zurück reichen. Die grafischen Epen der 20er, 30er und 40er Jahre?

Alltagshelden. Männer der Tat.

Ich würde gerne wissen, wann und unter welchen Umständen das Bild entstanden ist.

Die DLRG wurde vor 105 Jahren gegründet:

„Am Tag der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals, am 19. Oktober 1913, wird im Leipziger Hotel „de prusse“ die DLRG ins Leben gerufen. Zum Ende des Gründungsjahres zählt die junge Organisation 435 Mitglieder, darunter namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.“[2]

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[1] Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V.

[2] https://www.dlrg.de/die-dlrg/geschichte.html

Pausenbild: Goethes Gartenhaus

Goethes Gartenhaus an der Ilm, Sinnbild und Symbol für die Weimarer Klassik. (foto: zoom)

Goethes Gartenhaus, so lese ich es in Reclams Städteführer, ist zugleich Sinnbild als auch Symbol für die Weimarer Klassik.

„Um den erst 27jährigen Goethe an Weimar zu binden, erhielt er nicht nur am 26. April 1776 das Bürgerrecht der Stadt Weimar, sondern der erst 19jährige Großherzog Carl August kaufte und schenkte ihm auch das kleine Häuschen mit Garten an den östlichen Hängen der Ilm.“

Quelle: Klaus Gallas, Weimar, Stuttgart 2012, S. 167

Fotografieren im Museum: Weimar vs. Amsterdam

Weimar ist schön, interessant, universitär, eine Stadt mit kultureller Vielfalt. Die interessierten Besucher flanieren über Plätze, durch Parks und sind begeistert.

Aber sobald Sie ein Museum der Klassikstiftung Weimar betreten, gilt Folgendes:

„Die Klassik Stiftung Weimar erlaubt das Fotografieren (…) nur in den frei zugänglichen Bereichen. In Sonderausstellungen ist das Fotografieren nicht erlaubt. (…)“

Leider ist fast gar nichts ‚frei zugänglich‘, in vielen Museen werden Eintrittsgelder fällig und schon greift das Fotografierverbot.

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Plakat vor dem Bauhausmuseum in Weimar. Im Museum ist das Fotografieren nicht erlaubt (fotos: chris)

Verbote gibt es in England auch, aber die Insulaner lieben Piktogramme. Dabei wird ihre Sprache von viel mehr Menschen verstanden, als die umständlichen Formulierungen in Weimar. Der Brite regelt das Problem folgendermaßen:

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Eingang eines englischen Museums

Völlig anders sieht es im neu eröffneten Rijksmuseum in Amsterdam aus. Es gibt kein generelles Fotografierverbot.  Wer eine Eintrittskarte hat, kann Fotos machen. Einzige Bedingung: ohne Blitz. Somit gibt es kein rechtliches Problem, die Nachtwache abzulichten:

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Nachtwache im Rijksmuseum Amsterdam.

Ich persönlich finde die Niederländer klasse, unkompliziert gehen sie mit neuen Entwicklungen um und die Menschen strömen dennoch – oder vielleicht auch gerade wegen der kostenlosen, massenhaften Werbung in ihr so wunderbar restauriertes und nun wieder neu eröffnetes Museum.

Ich hätte gern mehr ‚Werbung‘ für die tollen Museen in Weimar gemacht, das Bauhausmuseum, das Liszt-Haus, die vielfältige Ausstellung über den belgischen Architekten Van De Velde – aber ich durfte nicht fotografieren… Daher: kein Bild, keinen Ton bzw. keine Zeile…

Wochenendausblick

Anno 1900
Café  ‚Anno 1900‘ , ideal zum Essen, Klönen und entspannt Abhängen… (foto: chris)

Das Wochenende ist in Sicht, das Wetter wird schön. Jetzt endlich kann man sich vor ein städtisches Cafe setzen, irgendwo mitten im Trubel, Leuten zusehen, reden, essen, trinken und einfach das Leben zu genießen.

Ein schöner Ort ist das Anno 1900 in Weimar. Es liegt zentral. Hier lässt sich herrlich die Zeit verbringen, entweder im Schatten der Bäume oder in der Sonne.

Freitags und samstags lädt das Café und Restaurant zudem ab 21.00 Uhr zu „Piano-Abenden“ ein. Uns hat es gefallen.

Wem Weimar zu weit ist, der versuche es mit der Kneipe um die Ecke.

 

Weimar. Eindrücke aus einer Stadt zwischen Kultur und Barbarei

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Marktplatz von Weimar (fotos: chris)

Weimar nennt sich Kulturstadt. Die Liste an Sehenswürdigkeiten ist lang. Sie reicht von den Klassikern Schiller und Goethe, ihren Wohnhäusern, Museen und Gräbern über das Bauhaus, Schlösser, Bibliotheken bis hin zu den zahlreichen Friedhöfen.

Tag der Bücherverbrennung

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Lesung von Texten ‚verbrannter‘ Autoren vor dem Nationaltheater

Am 10. Mai forderten das Literaturfestival „LesArten“ 2013 und das Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimar Passanten auf „Lest! Was die Nazis vor 80 Jahren verbrannten“.

Vorgelesen wurden Texte von Voltaire, Joachim Ringelnatz, Oskar Maria Graf, Heinrich und Klaus Mann, Erich Mühsam, Rosa Luxemburg, Anna Seghers und vielen anderen.

Das Wetter war schön, wir saßen eine ganze Weile am Fuße der Statue von Schiller und Goethe und hörten den Gedichten und Erzählungen zu. Viele Menschen eilten vorbei und nur wenige blieben stehen, setzten sich und verweilten.

Burschenschaftstreffen

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Der Paulinerchor Jena auf dem Theaterplatz in Weimar.

Am nächsten Tag, gleicher Ort, gleiche Zeit, bot sich ein völlig anderes Bild. Zahlreiche, meist jüngere, aber auch einige ältere Herren versammelten sich vor dem Nationaltheater. Die Farben ihrer Mützen und eine dezente Scherpe verrieten sie als Burschenschafter.

Vor Goethe und Schiller baute sich der Paulinerchor Jena auf und sang los. Die Burschenschafter mit Anhang hatten deutlich mehr Zuhörer als die engagierten Vorleser am Vortag.

Schillers leerer Sarg

Alles hat seinen Preis, auch der Besuch der Sarkophage von Goethe und Schiller und dies, obwohl der Sarg von Schiller leer ist. Seit 2008 steht nun fest, dass in Schillers Sarg die Gebeine von drei verschiedenen Menschen ruhten, keiner von ihnen mit dem Namen Schiller. Überhaupt gibt es keine sterblichen Überreste, die dem großen Dichter zugeordnet werden können. Der leere Sarg kann für 3,50€ besichtigt werden.

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Grab der Familie Goethe auf dem Historischen Friedhof.

Wir begnügten uns mit dem Grab der Familie Goethe an der Friedhofsmauer des Historischen Friedhofs. Der große Goethe selbst ruht neben dem leeren Sarg Schillers in der Fürstengruft, dafür findet sich hier eine Grabplatte für „Wilhelmine Bachstein die langjährige treue Dienerin der v. Götheschen Familie“. Das ist doch mal was.

KZ-Gedenkstätte Buchenwald

Für den letzten Tag unseres Weimar Besuchs haben wir uns das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte aufgehoben, das ehemalige KZ-Buchenwald. Es regnet und stürmt. Vom Hauptbahnhof starten wir. Hier kamen bis 1944 die KZ-Häftlinge in Güterzügen an.

Mit dem Bus fahren wir zu dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslager. Jetzt wird mir klar, warum es ‚Buchenwald‘ heißt. Warum habe ich bisher nie darüber nachgedacht?

Wir gehen über das unwirtliche Gelände, durch das Tor mit der eisernen Inschrift „Jedem Das Seine“, vorbei an Stacheldrahtzäunen und Wachtürmen, weiter  zum Krematorium. Gehen in den Raum der Pathologie, wo den Toten die Goldzähne gezogen wurden, vorbei an den Verbrennungsöfen, der Leichenkammer, in der Urnen anfangs wahllos mit Asche gefüllt und auf Anfrage an die Hinterbliebenen geschickt wurden. Später unterblieb auch dies.

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Messlatte als Teil einer „Genickschussanlage“.

Wir gehen hinab in den Leichenkeller, dem die Toten über eine Rutsche einverleibt wurden, in dem Lebende an Hacken aufgehängt wurden, von dem aus die toten Leiber mit dem offenen Aufzug zu den Verbrennungsöfen hochgezogen wurden. Wieder nach oben an die frische Luft, vorbei an der Gedenktafel für den an dieser Stelle ermordeten Ernst Thälmann.

Ja, schrecklich, aber irgendwie ist das ja bekannt. Und dann kommt doch noch eine weitere Grausamkeit, so wunderlich unglaublich perfide, dass man an der Menscheit fast verzweifeln möchte, ob so viel Gemeinheit.

Eine „Genickschussanlage“. Für die Häftlinge sah es aus, als kämen sie zu einer ärztlichen Untersuchung. Wenn sie sich mit dem Rücken an die Leiste lehnten, an der ihre Größe hätte abgelesen werden können, dann schob sich durch den engen, kaum sichtbaren Spalt eine Waffe und erschoss den ahnungslosen Menschen.

In der ehemaligen Effektenkammer des KZ findet sich eine umfangreiche und sehr informative Ausstellung.  Wir mussten jedoch zurück in die Stadt, zum Bahnhof, denn der Zug fuhr pünktlich ab.