Vorstellung des Schulpräventionsprogrammes „Verrückt? Na und!“ im HSK

Neues Angebot zur Förderung mentaler Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen

Stellen das Programm „Verrückt? Na und!“ vor (v. links): Viktoria Jung, Gisela Brouwers, (beide Sachgebiet Gesundheits- und Versorgungskoordination, Gesundheitsamt Hochsauerlandkreis), Brigitte Schönheit (Landeskoordination „Verrückt? Na und!“ Nordrhein-Westfalen), Dr. Klaus Schmidt (Leitung Gesundheitsamt Hochsauerlandkreis), Christian Rademacher (Leitung Sachgebiet Gesundheits- und Versorgungs-koordination, Gesundheitsamt Hochsauerlandkreis). (Foto: Hochsauerlandkreis)

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind von psychischen Belastungen betroffen. Schulische Leistungen, soziale Beziehungen und die allgemeine Lebensqualität können dadurch erheblich beeinflusst werden. Wenn psychische Belastungen frühzeitig erkannt und behandelt werden, können langfristige Auswirkungen verhindert werden.

(Pressemitteilung HSK)

Das Gesundheitsamt Hochsauerlandkreis will an dieser Stelle ansetzen und gemeinsam mit einer Vielzahl weiterer Akteure das Präventionsprogramm „Verrückt? Na und!“ im HSK einführen. Dazu fand die Auftaktveranstaltung des Programms im Mescheder Kreishaus statt.

Über das Programm „Verrückt? Na und!“

Das Schulpräventionsprogramm „Verrückt? Na und!“ wurde von dem Verein „Irrsinnig Menschlich e.V.“ für die Sekundarstufe entwickelt und hat etliche Präventionspreise gewonnen.

Das Programm baut Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen ab und vermittelt Wissen über psychische Erkrankungen und mögliche Hilfs- und Beratungsangebote im Hochsauerlandkreis. In einer dreitägigen Schulung werden im Vorfeld zunächst Expertinnen und Experten aus dem psychosozialen und psychiatrischen Umfeld sowie Schulsozialarbeiterinnen und –arbeiter für die Durchführung des Programms ausgebildet.

„Verrückt? Na und!“ im Hochsauerlandkreis

In der Auftaktveranstaltung wurde das Präventionsprogramm von Brigitte Schönheit, der Landeskoordinatorin für Nordrhein-Westfalen des Vereins „Irrsinnig Menschlich e.V.“ vorgestellt. Sie betonte, dass keine Lebensphase so anfällig für Probleme ist, wie die Jugendzeit: „Während körperliche Erkrankungen oft erst im späteren Lebensalter zum ernsthaften Problem werden, suchen psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen Menschen jeden Alters heim: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene am stärksten“.

Insgesamt nahmen rund 40 Akteure der gemeindepsychiatrischen Versorgung sowie interessierte Schulen an der Veranstaltung teil und diskutierten über mögliche Bedingungen zur Implementierung des Programms an den Schulen im Hochsauerlandkreis.

 „Wir freuen uns sehr, dass bereits einige ihr Interesse an dem Präventionsprogramm bekundet haben. In der nächsten Zeit steht die Findung und Schulung der Akteure und eine Terminkoordination mit den Schulen an, damit das Programm im Hochsauerlandkreis etabliert werden kann. Geplant ist, dass wir die ersten Schultage Ende 2023 anbieten können“, erklärt Christian Rademacher, Leitung Sachgebiet Gesundheits- und Versorgungskoordination, Gesundheitsamt Hochsauerlandkreis.

Zur Durchführung des Programms an Schulen werden noch weitere Akteure der gemeindepsychiatrischen Versorgung gesucht. Interessierte können sich gerne melden unter Telefon 0291/944217 oder Mail an gisela.brouwers(at)hochsauerlandkreis.de

Rezension: Streikende Kinderseelen

Wenn die Kinderseele streikt (Buchcover)

Dieses Buch war dringend notwendig! Nicht wegen Corona – Kinder- und Jugendpsychiater Michael Elpers hatte es schon vor der Pandemie konzipiert.

Im Nachwort begründet er: „Meine Motivation resultiert vielmehr daraus, dass in den letzten Jahren immer mehr Familien unsere Praxis aufgesucht haben – … Hinzu kommt, dass sich der Schweregrad vieler Erkrankungen verstärkt hat“ (S. 269). Als Praktiker mit mehr als 25 Jahren Berufserfahrung will der Autor also unabhängig von der Pandemie seine Einsichten an Eltern sowie Betreuungs- und Erziehungsprofis weitergeben – und das gelingt ihm hervorragend!

In sieben Kapiteln breitet er die ganze Fülle der seelischen Probleme von Kindern und Jugendlichen aus: von AD(H)S, Autismus und Depression über Mobbing und Leistungsdruck bis zur stark gestiegenen Spielsucht und dem Risikofaktor „soziale Medien“. In der Praxis, die er gemeinsam mit zwei Kolleginnen führt, suchen jährlich rund 4.000 Familien Rat und Hilfe. Rund ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland hat psychische Probleme – vor rund 20 Jahren war es noch ein Fünftel! Und aktuell hat die Corona-Pandemie zu einer weiteren Steigerung dieser Quote beigetragen.

Diese gravierende Steigerung liegt an den gesellschaftlichen Quellen für psychische Erkrankungen: instabile Familienstrukturen, konfliktreiche Trennungen oder Suchterkrankungen der Eltern; schulischer Leistungsdruck; soziale Ausgrenzung und Mobbing; übermäßiger Handy- und Medienkonsum. Daneben gibt es „natürlich“ organische Ursachen und Erbfaktoren, die seelische Erkrankungen auslösen. Wie Michael Elpers das alles beschreibt, ist ganz konkret. An seinen Fallbeispielen kann man sich nicht nur Auffälligkeiten wie beispielsweise Tic-Störungen oder Autismus sehr gut vorstellen, sondern versteht auch, warum und in welcher Weise derartige Probleme die schulische Unterrichtssituation beeinflussen. So wächst das Verständnis bei Leserinnen und Lesern für die Belastung von Schulklassen und die enormen Anforderungen an ihre Lehrkräfte.

Michael Elpers gelingt es dank seiner klaren, auch für Laien verständlichen Sprache, komplexe Sachverhalte wie die Arbeitsweise der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie oder aktuelles neurobiologisches Grundwissen anschaulich zu vermitteln. Reaktionen wie ein „Ach so ist das!“ oder „Endlich begreife ich, warum …“ werden häufig die Lektüre begleiten. Und Eltern werden erleichtert sein, in einem der immer wieder in den Text eingestreuten Kästen zu lesen: „Die Annahme, dass psychische Erkrankungen zum allergrößten Teil auf mangelnder oder falscher Erziehung beruhen, trifft nicht zu“ (S. 154). Und ein paar Zeilen weiter: „Was aber zutrifft: Unser Erziehungsverhalten hat sehr wohl einen Einfluss auf den Verlauf einer psychischen Erkrankung“ (ebd.). Derartige Zusammenhänge werden so konkret und anschaulich erläutert, dass Jede und Jeder sie versteht. Nur selten gelingt es Fachautoren, wissenschaftliche Sachverhalte derart gut verständlich und dennoch differenziert aufzubereiten wie in diesem Buch. Es ist nicht nur informativ, sondern auch sehr hilfreich und leicht lesbar – ein Bestseller in spe!

——————————————————

*) Dr. med. Michael Elpers: Wenn die Kinderseele streikt. Warum immer mehr Kinder psychisch erkranken und wie wir sie schützen können, Weinheim (Beltz) 2021, 278 S., € 20,-