Umleitung: Atomkraftwerke basteln, Gewerbesteuer, kein Eklat und das JMStV.

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Die Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis sind pleite. Ein Bericht.

Vorbemerkung: Auf der Website der Sauerländer Bürgerliste habe ich den nachfolgenden Bericht über eine Gewerkschaftsveranstaltung im Kreishaus Meschede gelesen. Ich hatte diesen Bericht zwar schon in einer „Umleitung“ verlinkt, aber er wurde kaum angeklickt. Das ist schade, denn die Beschreibung der kommenden kommunalen Krise ist sehr anschaulich. Die Lektüre lohnt, da sie Denkanstöße liefern kann. Daher übernehme ich den kompletten Text mit leichten Veränderungen  in dieses Blog. Vielleicht finden sich auf diese Weise noch weitere LeserInnen.

Meschede. (sbl) „Finanzierung der Kommunen“ unter diesem Titel stand eine gemeinsame Veranstaltung von Ver.di und dem DGB, die am 13. April 2010 im Kreishaus in Meschede stattfand. Der Geschäftsführer des Ver.di Bezirks Hellweg-Hochsauerland Gerd Stodollick und der Vorsitzende der DGB Region Südwestfalen Willi Brase MdB begrüßten die ZuhörerInnen.

Kernaussage: Die Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis sind pleite; die einen mehr, die anderen etwas weniger. Daraus resultiert unter anderem eine fortschreitende Handlungsunfähigkeit der Kommunen.

Leider hatten sich nur wenige LokalpolitikerInnen zu der Infoveranstaltung eingefunden. Unter den anwesenden 20 Frauen und Männer (einschließlich der Veranstalter und Gewerkschaftler) waren nicht einmal zehn PolitikerInnen (und die eher von der roten Couleur). Schade, das Thema wäre doch ihr Ureigenstes gewesen, quer durch alle Parteien und Fraktionen!

Gerd Stodollick stellte den bisher noch unvollständigen Gemeindefinanzierungsbericht 2009 vor und erläuterte wie dramatisch die Einnahmen der Kommunen im letzten Jahr einbrachen. Die Ausgaben hingegen explodierten. Diese Tendenz würde sich 2010 rasant fortsetzen.Das Wegbrechen der Einnahmen, die größtenteils aus Gewerbe- und Einkommensteuer sowie aus Zuweisungen von Land und Bund bestehen, seien das Hauptübel.

Das Finanzdesaster der Öffentlichen Hand hätte auch unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft, beispielsweise auf das Baugewerbe. Diese Branche sei auf öffentliche Investitionen angewiesen. Wenn geplante Investitionen zurück gefahren würden, könne das Konjunkturpaket nicht wirken.

Bundesweit sei ein Einbruch der Gewerbesteuer um 17% zu registrieren. In Lippstadt betrüge er sogar 50%. Die Stadt Arnsberg habe Kassenkredite in Höhe von 110 Mio Euro. Selbst wenn der Bürgermeister das gesamte städtische Personal fristlos entließe und alle freiwilligen Leistungen sofort streichen würde, seien nicht einmal die Hälfte der Kassenkredite abgedeckt.

Auf der einen Seite stünden dramatisch sinkende Einnahmen, auf der anderen stark ansteigende Sozialausgaben z.B. bei der Jugendhilfe und der Grundsicherung.

Gerd Stodollick kritisierte Land und Bund. Die hätten die hoffnungslose Situation der Kommunen (mit) zu verantworten. Der Anteil der Kommunen an der Grunderwerbssteuer sei gestrichen worden, und die Krankenhausinvestitionen hätten die Kommunen per Umlage übernehmen müssen. Der Fonds Deutsche Einheit belaste genau wie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Sozialleistungen seien auf die Kommunen abgewälzt worden, und es gebe hausgemachte Defizittreiber, die auf die vorangegangenen Privatisierungsmaßnahmen zurück zu führen seien. Es fehle eine nachhaltige Konsolidierungsstrategie.

Ver.di-Geschäftsführer Stodollik und MdB Willi Brase setzten die Auflistung von Zahlen, Daten, Fakten, Gründen, Hintergründen und düsteren Zukunftsaussichten noch lange fort. Das reinste Horrorszenario, könnte man meinen. Nur leider handelt es sich nicht um Science Fiction sondern um unser aller Lebenswirklichkeit.

Und uns in NRW trifft es nach Meinung des Ver.di-Geschäftsführers besonders hart; denn Städte und Gemeinden in unserem Bundesland seien seit Jahren schlechter gestellt als Kommunen in anderen Bundesländern. NRW habe im Gegensatz zu Bayern immer in den Länderfinanzausgleich gezahlt. Bayern habe bis 1992 nur genommen. Jede zweite Kommune würde bis 2012 weder über Vermögen noch über Rücklagen verfügen, sondern nur Verbindlichkeiten haben. Von einer aufgabengerechten Finanzverteilung könne keine Rede sein. Daher würden sich viele NRW-Kommunen den Ausbau der U3-Plätze gar nicht leisten können. 88 % der Städte und Gemeinden in unserem Bundesland hätten keinen ausgeglichenen Haushalt.

Die voraussichtlichen Folgen: Weiterer Abbau von Arbeitsplätzen, Erhöhung von Eintrittspreisen bei den Bädern, Gebührenerhöhungen und so weiter und so fort. Schöne Aussichten!

Wer hat die Ausplünderung der Kommunen zu verantworten? Wie kann man umsteuern?

MdB Willi Brase meinte dazu: „Die Kommunen haben auf Bundesebene keinen Anker“. Eine Förderalismusreform müsse her. Der Einfluss der Kommunen auf den Bund müsse gestärkt werden. Es wäre bisher von keiner Koalition eine sinnvolle Verwaltungsreform auf den Weg gebracht worden. Das Solidarprinzip sei Zug um Zug aufgelöst worden.

Ein Blick in andere Länder, z.B. nach Skandinavien, könne helfen. Solidarität sei ein Gütezeichen. Das Übel müsse an der Wurzel gepackt werden. Der DGB-Vorsitzende der Region Südwestfalen argumentierte, in England hätte der Mindestlohn keine Massen von Arbeitslosen produziert. Zuvor war bereits über den Zusammenhang von Niedriglohnsektor, Altersarmut und der Grundsicherung, die eine immer größer werdende finanzielle Belastung für die Kommunen darstellt, gesprochen worden. Frankreich kritisiere, so MdB Brase, dass Deutschland nichts für seine Binnennachfrage tut. Bei der Einkommensentwicklung belege Deutschland den letzten Platz; jedoch die Steuerbelastung von Vermögenden wäre gesunken.

Brase machte deutlich, dass der DGB für eine Finanztransaktionssteuer sei sowie für eine Steigerung der öffentlichen Investitionen. „Die Sozialstaatsquote muss wieder hoch geschraubt werden. Sie muss wesentlich höher werden. Man denke beispielsweise an die Pflege im Alter. Auch da spielen die Kommunalfinanzen eine Rolle!“ Haushaltskonsolidierung gelinge nur mit Beteiligung der Bürger. Die Politiker sollten sich überlegen wie sie das erreichen. Willi Brase äußerte die Befürchtung, wenn es so weiter gehe wie bisher, gebe es in Zukunft einige wenige reiche Städte und ganz viele arme.

Als weitere Gründe für die Haushaltslöcher bei den Kommunen wurden auch die Privatisierungen genannt, die großen Steuerentlastungen, der Verzicht auf Vermögens- und Börsenumsatzsteuer sowie die Änderung des § 107 der NRW-Gemeindeordnung (Die Schwarz-Gelbe Regierungskoalition hatte vor 3 Jahren durch die Änderung dieses Paragraphen die Möglichkeiten für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen weitgehend eingeschränkt.).

Den Steuerplänen der FDP konnten die Gewerkschafter nichts Positives abgewinnen – im Gegenteil. „Neue Steuern sind der falsche Weg. Es muss ein anderes System her“, meinte ein Zuhörer. Mit welchen Überraschungen wartet die FDP bald wohl wieder auf, fragt sich nun gerade das „Bericht erstattende“ Mitglied der Sauerländer Bürgerliste (SBL).

Wie könnte ein neues Gelbes Heilmittel lauten? Vielleicht: “Arme Kommunen entweder abschaffen oder privatisieren”!?

Schließlich können wir Sauerländer ja alle in die reichen Städte gen Süden ziehen! Wer weiter mit maroden Schulen und weit weg von jeglichen kulturellen Angeboten es mit den erfrischend kühlen Wassertemperaturen öffentlicher Schwimmbäder aufnehmen und daheim in seiner (unveräußerbaren) Immobilie leben will (oder muss), kann sich ja überlegen, ob er seiner Kommune eine ordentliche Kopfpauschale zukommen lassen will.

Vielleicht findet sich, je nach Höhe der Kommunen-Kopf-Pauschale (KoKoPau), ein solventer Investor?!