Man soll nie nie sagen, aber…

Abschiedsblick aus dem Fenster (foto: zoom)

Wir hatte lange hin und her überlegt, wie wir nach Cambridge reisen wollten und uns letztendlich für den Flug von Dortmund nach Stansted entschieden.

Fliegen ist für mich eine der unangenehmsten Arten des Reisens. Auch im Nachhinein hat sich diese Einschätzung nicht geändert. Die ökologischen Überlegungen sind dabei noch ausgeklammert.

Der Rückflug selbst hat gestern weniger als 60 Minuten gedauert, aber der komplette Rückweg inklusive An- und Abreise zu und von den Flughäfen betrug acht Stunden. Die Abfertigung bei Passkontrolle, Zoll und Boarding zog sich wie Gummi, unendlich schienen die labyrinthartigen Wege durch den Flughafen.

Self-inflicted pain – selber schuld.

Vielleicht nicht mit diesem Rad (foto: zoom)

Als ich noch in Hamburg lebte und die Fähre nach Harwich an den Landungsbrücken ablegte, begann der Urlaub, sobald ich mit dem Fahrrad nachmittags an meiner Wohnung losfuhr. Übernachtung auf dem Schiff, 12 Uhr mittags in Harwich, und weiter mit dem Rad nach Cambridge. Ich trauere diesen Zeiten wirklich nach.

Heute müssten wir aus dem Sauerland mit dem Rad nach Hoek van Holland anreisen und dort die Fähre nach Harwich nehmen. Das würde ein paar Tage dauern. Der Urlaub begänne an der Haustür, man bräuchte allerdings mehr Zeit.

Für mich immer noch die beste Art der Fortbewegung (foto: zoom)

Das nächste Mal werden wir versuchen, mit dem Zug nach Cambridge zu fahren. Ab Köln sollte das ziemlich fix gehen.

Fliegen? Lieber nicht.

Abschied… und was ich noch vergessen hatte

Auf dem Nachhauseweg… (foto: zoom)

Ein paar Tage auf der Insel, ein verpixeltes Bild vom letzten Abend in Cambridge mit indisch-scharfen – nur nichts anmerken lassen – Gerichten.

Eine weitere Beobachtung hatte ich im letzten Beitrag vergessen: die Anzahl der Essenslieferant*innen auf zwei Rädern hat sich seit meinem letzten Besuch exponentiell vermehrt. Der Großteil der Lieferfahrzeuge sind dabei E-Bikes (also Mopeds ähnlich), die fast unhörbar und abends meist unbeleuchtet, durch die Straßen sausen. Ein riesiger Bienenschwarm. Schlecht bezahlt, immer unter Druck.

Viele Menschen lassen sich selbst kleinere Einkäufe, wie bspw. eine Tüte Milch, nach Hause liefern, statt selbst ein paar Schritte um die nächste Ecke zu gehen.

Gewöhnungsbedürftig, aber auch bei uns zu erwarten. Die Folgen? Demnächst auch in ihrem Theater.

Später mehr.

Mein Tag in vier Bildern

Im Garten frühstücken (fotos: zoom)

Der Tag beginnt. Noch steht der Gartenzwerg im Schatten. Ich liebe wilde englische Gärten.

Nach dem Frühstück mit heißem Kaffee und kaltem Müsli geht es hinunter zum Freibad Jesus Green Lido, gleich neben der Cam. Das Bad hatte fast einhundert Jahre Zeit, um in Würde zu altern. Ich liebe die 100 Yard langen Bahnen.

Nach dem Schwimmen auf der Bank ruhen und das Foto machen…

Eigentlich wollte ich nur 1000 Meter schwimmen, aber irgendwie ist mir die Berechnung der dafür nötigen Zahl an Bahnen entglitten. Statt 5,5 Doppelbahnen bin ich 11 mal 2 Bahnen geschwommen. Das sind 22*100 Yard und damit bin ich nach knapp über 2000 Metern aus dem Wasser gestiegen. Es lag also weder an den vielen Blättern im Wasser, noch an den Wellen, dass mir die tausend Meter in Cambridge länger vorkamen als in Siedlinghausen.

Nach dem Schwimmen ging es ab in die Stadt, und ich versichere euch: Die Innenstadt von Cambridge ist voller Menschen, Fahrräder, PKW und Autobussen. Das Bild gibt die Dramatik leider nicht wieder.

Hier ist alles noch entspannt.

Ich bin schnell in die Wiesen der Cam entflohen. Das meiste Land scheint den Colleges zu gehören. Sie sind eine eigene, mächtige Industrie, eine Wissensvermittlungsmaschine mit Distinktion, die man bezahlen muss.

Die Meadows mit grasenden Kühen.

Hat sich Cambridge in den letzten Jahren oder Jahrzehnten verändert? Was ich erinnere ist, dass der Zugang zum Gelände der Colleges nichts kostete. Heute muss man für jeden Zutritt mindestens eine handvoll Pfund zahlen.

Die Erinnerung kann mir niemand nehmen, also behalte ich sie für umsonst. Von Jahr zu Jahr scheint sich die Zahl der Menschen, insbesondere der Student*innen zu vergrößeren. Chines*innen, Spanier*innen, Italiener*innen … Das Sprachgewirr ist groß, der öffentliche Platz in der Innenstadt ist klein.

Öffentliche Parks, Friedhöfe und der Swimming Pool bieten aber immer noch Raum für die kleinen Fluchten aus der alltäglichen Hektik

Verkehrsmodell der anderen Art: der ‚Guided Bus‘ zwischen Cambridge und St. Ives

Guided Bus
Der Guided Bus lenkt sich selbst – der Fahrer hat die Hände frei. (fotos: chris)

„Lass uns entlang der ‚Guided Bus‘ Strecke nach St. Ives radeln“, schlug ein Bekannter vor.

Klar, St. Ives interessierte mich, historisch ein wichtiger Marktflecken, 15 Meilen nördlich von Cambridge. Das wäre ja wohl zu schaffen. Aber unter einem ‚Guided Bus‘ konnte ich mir nichts vorstellen.

Am kommenden Tag führte unser Radweg an Betonschienen entlang. In den Schienen fuhren auf der ehemaligen Bahnstrecke die Busse zwischen Cambridge und St. Ives, in ihrer Spur gehalten von kleinen, am Bus montierten Rädern.

Der Radweg war spitze: makellos, eben und breit. Auf dem Rückweg hatten wir sogar Rückenwind, in den flachen Fens ein enormer Vorteil.

Die Busse fuhren natürlich auf der linken Seite und deren Annäherung war gewöhnungsbedürftig. Sie kamen sehr schnell heran, und der Impuls war zunächst, ihnen ausweichen zu wollen, natürlich ein völlig unnötiges Manöver.

Tracks
Betonbett, in dem sich die geleiteten Busse fortbewegen.

Vor- und Nachteile des neuen Verkehrssystems

Solange die Busse in ihren ‚Schienen‘ unterwegs sind, werden sie nicht gelenkt, wie der freundliche Busfahrer im oberen Bild anschaulich demonstriert. Außerhalb der Schienen fährt der Bus wie üblich. Somit können die ‚Guided Buses‘ in ihrer Spur schnell und unbehelligt von PKW vorankommen.

Die Busse wurden eigens für diese Strecke angeschafft und sind laut Betreiber mit Ledersitzen, Klimaanlage, freiem Wlan und einem Echtzeit-Informationssystem ausgestattet. Sie fahren bis zu 90 km/h und haben in ihren Spuren in der Regel nicht mit Hindernissen zu rechnen.

Bei der ‚Guided Bus‘ Strecke Cambridge – St. Ives handelt es sich um die längste der Welt. Bei ihrer Planung und während des Baus gab es Proteste wegen der hohen Kosten und zahlreiche Bürger hätten einer Tram, also einer Art Straßenbahn den Vorzug gegeben.
In Deutschland gab es ein ähnliches Projekt in Mannheim, die Strecke war jedoch bedeutend kürzer. Als neue Busse hätten angeschafft werden müssen, wurde das Projekt beendet.

Für ein Fazit ist es vermutlich nach zwei Jahren Betrieb zu früh. Noch ist alles neu, heil und intakt. Viele Menschen nutzen die Busstrecke, Geschäftsleute und Pendler sollen profitieren. Ob es sich hier um ein Verkehrssystem mit Zukunft oder lediglich ein Konzept der Automobilindustrie handelt, um ihre Produkte am Markt zu halten? Ich weiß es nicht.

Freibad international: Schwimmen auf 91-Meter-Bahnen

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Jesus Green Outdoor Pool in Cambridge (foto: chris)

Freibadnostalgie: Ein wenig Retro ist es schon, das Jesus Green Outdoor Pool in Cambridge. Es wurde in den 20er Jahren gebaut, das Becken misst 100 yards mal 15 yards. Das schmale, aber langgestreckte Bad soll den nahegelegenen Fluss Cam nachempfinden.

Für 1000 Meter muss der Schwimmer lediglich elf Mal das Becken durchpflügen, für eine Meile 17,6 Mal.

Die linke Seite ist für alle Gäste offen, rechts kommen Schwimmer zu ihrem Recht. Lane Swimming nennt sich diese praktische Einrichtung, bei der die Schwimmer in diesem Fall im Uhrzeigersinn auf der linken Bahn hin und auf der rechten Bahn zurückschwimmen. Das Phänomen deutscher Schwimmbäder, dass wenige Schwimmer mehrere Bahnen blockieren, ist hier gänzlich unbekannt.

Das 91-Meter Becken wird nicht geheizt, dank des schönen Sommers ist es recht warm. Auch dieses Bad ist defizitär, häufig schon wurde dessen Schließung erwogen, aber bisher öffnet es regelmäßig im Mai seine Pforten und schließt Anfang September.

Schwimmbäder sind mehr als Module, Kostenfaktoren und Produkte. Sie sind kulturelle Einrichtungen, im besten Fall mit einem ganz eigenen Flair, sie dienen der Erholung, Entspannung, Sport und dem Spaß.

LäuferIn kommst Du nach Cambridge/UK …

Laufstrecke entlang der Cam Richtung Ely
Laufstrecke entlang des River Cam in Richtung Ely (foto: zoom)

… dann bleibt Dir eigentlich nur der Fluss Cam, um in Ruhe ein paar Meilen herunter zu zockeln. Der Rest der Stadt ist leider von hektischem Autoverkehr geprägt.

Wem es gelingt die Greens (Grünanlagen) am River Cam zu erreichen, kann sich Richtung Ely eine Laufstrecke von einer bis zu drei und mehr Stunden erschließen.