Nachlese und Vorlese zur Insolvenz des St. Franziskus-Hospitals in Winterberg

Das St. Franziskus-Hospital heute (foto: zoom)

Als ich vor über einem Monat den kleinen Eintrag „Insolventes Winterberger Krankenhaus: “Doppelrolle” der drei Bürgermeister?“ ins Blog stellte, habe ich mir nicht vorstellen können, welche Resonanz diese wenigen Zeilen auslösen würden.

Der Kern des Blogposts war meine Frage: „Warum sitzen Bürgermeister im Verwaltungsrat, wenn sie nichts mitbekommen, nichts machen, nichts verhindern und nichts sagen dürfen …“

Dann prasselten die Kommentare ein, ich erhielt Anrufe, E-Mails, … die Zugriffszahlen auf den Artikel stiegen in die Höhe.

Das Krankenhaus ist einer der größten, wenn nicht der größte Arbeitgeber in der Winterberger Kernstadt. Eine Insolvenz bedroht viele Arbeitsplätze. Das St. Franziskus-Hospital ist/war in katholischer Trägerschaft. Die Mitarbeiter*innen haben also nicht die Unterstützung einer starken säkularen Gewerkschaft, die auch Öffentlichkeitsarbeit machen könnte.

Die Schieflage des St. Franziskus-Hospitals ist seit vielen Jahren bekannt. Seit 2012 rauschte die Bilanz in den Keller. Das Krankenhaus konnte nur mit staatlichen Zuschüssen überleben.

Jedes Jahr wiederkehrend stand der Punkt „St. Franziskus-Hospital“ auf der Tagesordnung des Rates. Was wurde dort bekannt gegeben? Wir wissen es nicht, denn der Tagesordnungspunkt war stets im nichtöffentlichen Teil der Sitzungen beheimatet.

So gingen die Jahre dahin und scheinbar aus heiterem Himmel wurde Ende 2019 die Insolvenz in Eigenverantwortung angemeldet. Mit Agnes Hartmann war eine neue Geschäftsführerin dem alten Geschäftsführer (seit 2010) Christian Jostes gefolgt.

Agnes Hartmann hat, so meine Quellen, recht schnell begriffen, wie es um das Krankenhaus stand. Und jetzt stehen wir mitten in der Insolvenz.

Zur Bilanzschieflage gesellten sich in der Zeit des alten Geschäftsführers weitere gravierende Probleme. Gestandene Ärzte verließen das Haus. Namen will ich hier nicht nennen. Die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten bekam Risse. Es mehrten sich zweifelnde Stimmen, dass das Krankenhaus sich langfristig zukunftsweisend erhalten könne.

Den Bürgermeistern, insbesondere dem Winterberger Bürgermeister, waren die Sorgen seit spätestens 2012/2013 bekannt. Die Öffentlichkeit bekam davon nichts mit.

Welche Kritik ist im Einzelnen geäußert worden?

  • Christian Jostes war Doppelgeschäftsführer in Winterberg und am Krankenhaus Frankenberg.
  • Der Frau von Herrn Jostes wäre die Stelle einer Vollkraft für Öffentlichkeitsarbeit geschaffen worden.
  • Zwar habe die Geschäftsführung einen Investitionsstau beklagt, diesen aber jahrelang nicht angegangen.
  • Es gebe eine Entfremdung zwischen niedergelassenen Ärzten und dem medizinischen Versorgungszentrum am Oversum (MVZ).
  • Wie wird das MVZ finanziert?
  • Warum wurde die eigene EDV-Abteilung ausgelagert?
  • Immer wieder Fragen nach dem Weggang einzelner Ärzte.
  • Aufblähen des Verwaltungsapparates.

Ich könnte noch das ein oder andere hinzufügen, aber letztendlich bleibt die Frage, warum in den vergangenen Jahren nicht eingegriffen worden ist, und die Bürgermeister anscheinend still und stumm auf ihren Verwaltungsratsposten saßen.

Am Rande der Wahl von Anja Licher-Stahlschmidt zur Bürgermeisterinnen-Kandidatin für die SPD habe ich Jörg Burmann (SPD) gefragt, was die SPD über die Entwicklung des Krankenhauses und die eingeleitete Insolvenz wisse. Die SPD-Fraktion sei nie informiert worden, so Burmann, was ich merkwürdig finde, da doch jährlich der Bericht „St. Franziskus-Hospital“ auf der Tagesordnung stand.

60 Gedanken zu „Nachlese und Vorlese zur Insolvenz des St. Franziskus-Hospitals in Winterberg“

  1. Heute in der Kreistagssitzung gibt es noch viel Gesprächsbedarf. Die vom Landrat vorgelegte Resolution enthält weder konkrete Ansätze zur Problemlösung noch eine sachlich fundierte Analyse der Ursachen des Problems. Bloß „das Einschreiten der politischen Entscheidungsträger aus Bund und Land“ zu fordern, reicht nicht aus. Klärungsbedürftig ist insbesondere die künfitge Trägerschaft.
    Nach der Kreistagssitzung werde ich über den Ablauf berichten.

  2. Weg von der Gehaltsliste bestimmt nicht. Derzeit sind drei, vermutlich sehr wohl dotierte, Personen in der Geschäftsführung eines kleinen Hauses. Der Generalbevollmächtigte fährt mit dem Tesla vor. Insolvenz ist, wenn Geld keine Rolle spielt!

  3. So ganz Geschichte vermutlich nicht, auf der Gehaltsliste ist sie bestimmt noch zu finden. Dann sind es drei, vermutlich hoch dotierte, Personen in der Geschäftsführung eines kleinen Hauses. Und der Generalbevollmächtigte fährt im Tesla vor. Insolvenz ist, wenn Geld keine Rolle spielt.

  4. Es ist richtig und wichtig sich dafür einzusetzen, dass für die EinwohnerInnen und die Gäste der Städte Winterberg, Hallenberg und Medebach weiterhin eine ortsnahe stationäre medizinische Versorgung angeboten wird. Aber leistet die gestern im Kreistag beschlossene Resolution dazu wirklich einen Beitrag? Sie mag eine gewisse Außenwirkung entwickeln, aber inhaltlich ist sie untauglich. Da scheint es eher darum zu gehen, im anstehenden Kommunalwahlkampf verkünden zu können, man hätte etwas gemacht …
    Leider hat der Landrat in der gestrigen Kreistagssitzung keine einzige inhaltliche Frage beantwortet. Bereits 2 Tage vorher im Gesundheits- und Sozialausschuss wurden zu den Einwänden der SBL-Fraktion keine Erläuterungen gegeben.
    Einige der offenen Fragen:
    – Die einzige Forderung in der Resolution lautet: „Deshalb bitten wir Sie dringend sich diesem Thema zu widmen, und bieten Gespräche hierzu … an. Aus unserer Sicht ist dringend das Einschreiten der politischen Entscheidungsträger aus Bund und Land erforderlich.“ Das ist sehr allgemein und reicht nicht aus. Warum gibt es keine konkreteren Forderungen?
    – Als einzige „Ursache dieser dramatischen Entwicklung“ wird die „bundespolitische Einführung der sogenannten Fallpauschalen“ genannt. DAs trifft nicht zu. Warum wird z.B. verschwiegen, dass gerade dieses sog. DRG-System seit 01.01.2020 bessere Chancen für kleinere Krankenhäuser enthält, denn seitdem sind die (in kleineren Krankenhäusern relativ hohen) Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen herausgenommen und werden den Krankenhäusern komplett erstattet?
    – Seit fast 50 Jahren gilt für Krankenhäuser die duale Finanzierung: Die Krankenkassen finanzieren die Betriebskosten und die Bundesländer sind für die Finanzierung der Investitionen zuständig. Warum wird verschwiegen, dass insbesondere die derzeitige NRW-Landesregierung die sich aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt und gerade kleinere Häuser (die nicht zu einer finanzkräftigen Kette gehören) deshalb häufig unter einem Investitionsstau leiden?
    – Wie soll die künftige Trägerschaft für das Winterberger Krankenhaus aussehen? Ist der Landrat bereit dem Kreistag vorzuschlagen, dass ggf. der HSK die Trägerschaft übernimmt (3 der 7 an den HSK angrenzenden Kreise betreiben bereits eigene Krankenhäuser)?
    – Warum wird nicht erwähnt, dass es seit Juli 2019 einen besonderen Fördertopf gibt, aus dem 120 Krankenhäuser je 400.000 Euro pro Jahr als weiteren Sicherstellungszuschlag erhalten, und das unabhängig von einem tatsächlichen Defizit? Es sollte konkret gefordert werden, dass das Winterberger Krankenhaus in dieses Programm aufgenommen wird, denn es erfüllt alle Voraussetzungen.
    – Warum fehlt jede Aussage, wie auf Dauer eine qualitativ hochwertige Versorgung der PatientInnen gesichert werden soll?
    – Warum wird kein Konzept zur Kooperation (medizinisch und finanziell) mit benachbarten Krankenhäusern entwickelt?
    U.v.m.
    Antworten gab es gestern keine einzige. Nun werden wir es per schriftlicher Anfrage versuchen.

  5. Was die 400000€ Förderung angeht: Die nunmehr ausgeschiedene Geschäftsführerin wurde auf dieses Thema direkt nach Erscheinen der Liste von verschiedenen Mitarbeitern mehrfach angesprochen. Sie befand sich in dem Irrglauben, dass dieses Geld dem Krankenhaus nicht zusteht, weil ja bereits ein Sicherstellungszuschlag bewilligt ist. Sie war von diesem Irrtum leider nicht abzubringen und hat deshalb auch keine Rechtsmittel o.ä. eingelegt. Übrigens ein Beispiel von vielen, bei dem die Geschäftsführerin überfordert wirkte und nicht im Sinne des Krankenhauses gehandelt hat.

  6. Wenn sich das so ereignet hat, dann hätte das Aufsichtsgremium eingreifen und die Geschäftsführerin anweisen müssen. Die Voraussetzungen für die Aufnahme in dieses neue Förderprogramm für bedarfsnotwendige Krankenhäuser in dünn besiedelten Gebieten sind ja ziemlich klar formuliert, und die Liste der berücksichtigten 120 Häuser ist öffentlich. Auf ihr steht auch die Helios-Klinik im benachbarten Berleburg.
    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/104458/Sicherstellungszuschlaege-fuer-120-laendliche-Krankenhaeuser .
    Weiss jemand, warum das Aufsichtsgremium in Winterberg nicht reagierte?
    Um so wichtiger ist es, dass das Krankenhaus Winterberg jetzt aktiv wird, damit die Förderung im Jahr 2021 erfolgt. Denn die Liste der 120 geförderten Krankenhäuser wird jedes Jahr neu erstellt!

  7. Auch ein Mitglied des Verwaltungsrats war bei einem Gespräch über die Förderung dabei und hat der Geschäftsführerin zugestimmt, als diese behauptete, dass das Krankenhaus keinen Anspruch darauf habe.

  8. Laut Handelsregisterauszug von gestern ist die Firma ja jetzt eh zur Liquidation freigegeben.
    Aber es stimmt schon, seit Jostes hat sich viel, vorallem auch in der sozialen Kompetenz, zum Schlechten entwickelt, was wirklich sehr schade ist. Hartmann mit ihrer roboterhaften unmenschlichen Art hat einfach zu viel kaputt gemacht. Auch ein Grund warum so viele schon gegangen sind. Wenn man es gewagt seine Meinung zu sagen oder auf Missstände hinzuweisen, wurde man ab diesem Tag komplett ignoriert und schlecht dargestellt, bis hin zu offensivem Mobbing durch die GF, weil sie sich immer sofort persönlich angegriffen gefühlt hat.

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