100 Jahre Waldorfschule: „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“

Das zweite Goetheanum in Dornach (1928 bis heute), Südansicht (foto: „Wladyslaw“, wikimedia, (CC BY-SA 3.0))

„Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“ ist ein Ausspruch Rudolf Steiners, der die vom Begründer der Waldorfschulen behauptete Überlegenheit der „Weißen“ zusammenfaßt. Der Erziehungswissenschaftler Prof. Heiner Ullrich behauptet dagegen in der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Rassentheorien spielen meiner Einschätzung nach aber in der heutigen Waldorf-Pädagogik keine Rolle.“ Paßt das zusammen?

(Der Artikel erschien zuerst beim „Humanistischen Pressedienst“, unter dem Titel „Rudolf Steiners ‘survival of the whitest’“)

„Wer heute Rudolf Steiner sät, wird Neurechte ernten“ sagt Caroline Sommerfeld, Autorin und Aktivistin der „Neuen Rechten“ und der „Identitären Bewegung“. Auf die Frage, ob sich ein Engagement bei der „Neuen Rechten“ mit der Waldorfschule vereinen läßt, führt Sommerfeld aus: „Steiners Grundgedanken sind ziemlich deckungsgleich mit dem, was Identitäre ‘Ethnopluralismus’ nennen, mit dem, was die bewusste Verwurzelung in der Tradition, im Volk, in Europa ausmacht, mit christlichem Selbstverständnis und auch einem bewahrenden Naturverständnis. Außerdem natürlich ist Waldorfpädagogik, gerade, weil sie nicht ‘mit der Zeit geht’, sondern manchmal ziemlich anachronistisch ist, was Handwerk und Handarbeit, Lehrerautorität, Auswendiglernen, klassische Bildungsinhalte usw. betrifft, viel ‘rechter’, als sie selber momentan sein will.“

Die Dachorganisation der Waldorfschulen, der „Bund der Freien Waldorfschulen“, sah sich in der Vergangenheit immer wieder gezwungen, sich von „Rechten“ zu distanzieren, doch die eigentliche Ursache des Problems bleibt: Rudolf Steiner.

Der notwendige Schritt, sich von Rudolf Steiner zu trennen, fällt naturgemäß schwer, bedeutete er für die Waldorfschulen doch einen enormen Image-Schaden und wäre ein „technisches Problem“: Alles, was in der Waldorfschule passiert, basiert letztlich auf der „Anthroposophie“ Rudolf Steiners – der Erziehungswissenschaftler Prof. Klaus Prange bezeichnet die „Waldorfschule als Bekenntnisschule“.

Auch der Geschichtsunterricht der Waldorfschule ist Anthroposophie. Hier stellt sich die Frage, ob der Erziehungswissenschaftler Heiner Ullrich wirklich nicht weiß, was in der Waldorfschule als „Geschichte“ unterrichtet wird, wenn er behauptet: „Rassentheorien spielen meiner Einschätzung nach aber in der heutigen Waldorf-Pädagogik keine Rolle.“

Die in der Waldorfschule unterrichtete anthroposophische „Kulturepochenlehre“ beschreibt eine fiktive Völkerwanderung auserwählter Menschen von „Atlantis“ nach (die „Kulturepochen“ in chronologischer Reihenfolge): 1. Urindische Kultur, 2. Urpersische Kultur, 3. Ägyptisch-Chaldäische Kultur, 4. Griechisch-Lateinische Kultur, 5. Germanisch-Angelsächsische Kulturepoche (1413 – 3573 n. Chr., unsere gegenwärtige Epoche).

Diese fiktive Völkerwanderung nach Rudolf Steiner steht im Widerspruch zum heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und ist – eine rein weiße Menschheitsgeschichte. Herr Ullrich, wie würden Sie das nennen? „Eurozentrismus“? Oder vielleicht doch deutlicher „Rassismus“? Falls Sie noch im Zweifel sind, lesen Sie doch einmal die Details nach, schauen Sie sich an, was so alles in den „Geschichtsepochenheften“ der Waldorfschüler*innen zu finden ist, siehe: „Geschichte in der Waldorfschule: ‘Atlantis’ und die ‚Rassen’“.

Steiners „Menschheitsentwicklung“, die sich im Geschichtsunterricht der Waldorfschule spiegelt, läßt sich als eine esoterische Variante des Sozialdarwinismus – „survival of the fittest“ – lesen, als: „survival of the whitest“.

Dazu Prof. Helmut Zander, Autor des Standardwerkes „Anthroposophie in Deutschland – Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945“, Zitat Seite 636:

„Steiner formulierte mit seinem theosophischen Sozialdarwinismus eine Ethnologie, in der die Rede von ‘degenerierten’, ‘zurückgebliebenen’ oder ‘zukünftigen’ Rassen keine ‘Unfälle’, sondern das Ergebnis einer konsequent durchgedachten Evolutionslehre waren. Ich sehe im Gegensatz zu vielen Anthroposophen keine Möglichkeit, diese Konsequenz zu bestreiten.“

Steiners „Evolutionslehre“ ist im Fach Geschichte am augenfälligsten, findet sich aber auch in anderen Fächern, der Bildungswissenschaftler Prof. Dr. Stefan T. Hopmann sagt im Interview:

“(…) Tatsächlich sind der Rassismus, die Entwicklungslehre, die Geschichtsphilosophie und die übrigen Bausteine des Zeitgeists des späten 19. Jahrhunderts, die Rudolf Steiner zu einer eigenen Weltanschauung [„Anthroposophie“] amalgamiert hat, so eng verbunden, dass man da nicht nur ein ‘bisschen’ Waldorf sein kann. Allerdings machen die Waldorfschulen das schon geschickt: Sie fallen nicht mit der Tür ins Haus, sie unterrichten nicht direkt aus Steiners Werken, sondern sie lassen ihre Weltanschauung eher still und heimlich in ihre Arbeit einfließen, in ihre Kinderwahrnehmung, in ihre Auswahl der Unterrichtsinhalte usw. Ähnlich wie auch bei anderen Sekten ist das ein schleichendes Gift, dessen Wirkung man oft erst merkt, wenn es fast zu spät ist (…)”

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Weitere Artikel zu „100 Jahre Waldorfschule 2019“:

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Neue Zürcher Zeitung: „Werbung“ oder „Rezension“?
Der Anthroposoph David Marc Hoffmann schreibt über Christian Clements „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“

Im Februar 2017 erscheint in der Neuen Zürcher Zeitung die dritte Rezension von David Marc Hoffmann, Leiter des „Rudolf-Steiner-Archivs“ in Dornach, zur „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“ des Anthroposophen Christian Clement. Hat die NZZ ein neues Ressort „Anthroposophie“? Nein. Aber „Werbung“ für die Anthroposophie im „Feuilleton“? Was ist das? Ich frage die NZZ, schreibe eine E-mail …

Rückblende, Prof. Helmut Zander, Experte für Rudolf Steiner und Autor des Standardwerkes „Anthroposophie in Deutschland“, schreibt 2013 in der Neuen Zürcher Zeitung: „Den politischen Höhepunkt dieser Auseinandersetzung markiert eine Stellungnahme der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Sie kam 2007 zu dem Ergebnis, dass es Vorstellungen Steiners gebe, die ‘als zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen’ seien.“1 Damit war es amtlich: Rudolf Steiner ein Rassist. Von nun an konnte man bei der Verteidigung Steiners nur noch verlieren. Also ging die Anthroposophie in die PR-Offensive, mit Christian Clements „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“, „SKA“, die der Humanistische Pressedienst so einordnet: „Die Anthroposophie versucht seit Jahren, Rudolf Steiner ein neues, positives und neutrales Image zu geben: weg vom ‘verstörenden’ Esoteriker Steiner, hin zum bedeutenden Philosophen Steiner. Dass sich ein nach aussen hin renommierter Verlag, der ‘Frommann-Holzboog Verlag’, an dem anthroposophischen Betrug beteiligt, überrascht.“2 Überraschend ist auch die Rolle der NZZ: eine Rezension von David Marc Hoffmann hätte man vielleicht noch als „Versehen“ ansehen können, aber drei?3

Am 17.02.2017 um 10:40 schrieb Andreas Lichte [an die NZZ]:

Sehr geehrte Redaktion,

David Marc Hoffmann, Leiter des „Rudolf-Steiner-Archivs“ in Dornach, ist Autor des Artikels – „Als die Anthroposophie noch «Theosophie» hiess“4 – der Neuen Zürcher Zeitung.

Er rezensiert den 6. Band der „Rudolf Steiner Kritische Ausgabe“, an deren Entstehung er maßgeblich beteiligt war:

David Marc Hoffmann veranlasste laut eigener Aussage die Zusammenarbeit der Verlage „frommann-holzboog Verlag“ und „Rudolf Steiner Verlag“.

David Marc Hoffmann hat also ein persönliches und professionelles Interesse am Erfolg der „Rudolf Steiner Kritische Ausgabe“: seine Rezension in der Neuen Zürcher Zeitung hat den Charakter von „Werbung“.

Fragen:

– Warum veröffentlicht die Neue Zürcher Zeitung Werbung?

– Warum kennzeichnet die Neue Zürcher Zeitung Werbung nicht als „Werbung“, um sie von einem redaktionellen Beitrag abzugrenzen?

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lichte

Die Antwort der NZZ:

Am 17.02.2017 um 16:41 schrieb NZZ Hinweise:

Sehr geehrter Herr Lichte,

Danke für Ihre Nachricht. Es handelt sich bei der Rezension nicht um Werbung. Haben zudem eine Angabe zur Person des Autors dem Artikel beigefügt.

Es trifft nicht zu, dass DMH [Anmerkung Lichte: „DMH“ ist „David Marc Hoffmann“] an der Entstehung der von ihm besprochenen Ausgabe „maßgeblich beteiligt war“, er hat erst im Frühjahr 2012 durch Verlagsankündigungen von Frommann-Holzboog von der bereits aufgegleisten und in Fahrt befindlichen Ausgabe erfahren. Dann hat er eine Vertriebszusammenarbeit der beiden Verlage angeregt. Soll heissen: Der Steiner-Verlag hat die Frommann-Holzboog-Bände in seinen Vertrieb mit aufgenommen, ohne an Redaktion, Produktion und Finanzierung irgendwie beteiligt zu sein. Der Steiner-Verlag nimmt also lediglich einen Teil der Auflage ab und vertreibt sie auf eigenes Risiko über seine Kanäle. (So steht es auch im Impressum des besprochenen Bandes.)

Der Steiner-Verlag vertreibt damit eine Steiner-Ausgabe, die eigentlich ein Konkurrenzunternehmen zu seiner eigenen Steiner-Ausgabe ist. Auf den Unterschied der editorischen Intention der beiden Ausgaben ist Hoffmann in seinem Artikel selbstkritisch zu sprechen gekommen. Das macht ja auch den Reiz der Besprechung aus: Deer Verfasser lobt sozusagen die Konkurrenz. (Eine lobende Rezension ist keine «Werbung».)

Weiter ist festzuhalten, dass Hoffmann Leiter des Steiner-Archivs ist, nicht des Steiner-Verlags. Beide sind voneinander unabhängig, sie stehen nur in Bezug auf die Steiner-Gesamtausgabe in einem vertraglichen Verhältnis zueinander. Von einem allfälligen Verkaufserlös aus dem Vertrieb der Clementschen Ausgabe fliesst kein Geld an das Archiv, weder vom Steiner-Verlag noch von Frommann-Holzboog.

Freundliche Grüsse,

Die Redaktion

meine Erwiderung:

Am 17.02.2017 um 17:38 schrieb Andreas Lichte:

Sehr geehrte Redaktion,

Vielen Dank für Ihre Antwort !

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir noch mitteilen, mit wem ich mich gerade austausche – mir bitte Ihren Namen nennen – Danke!

Sie schreiben: „Es trifft nicht zu, dass DMH an der Entstehung der von ihm besprochenen Ausgabe „maßgeblich beteiligt war“ …“

Selbstverständlich war David Marc Hoffmann maßgeblich am Zustandekommen der Kooperation der beiden Verlage „frommann-holzboog Verlag“ und „Rudolf Steiner Verlag“ beteiligt, sagt er ja selbst:

http://www.rudolf-steiner.com/downloads/

David Marc Hoffmann: Zur Zusammenarbeit des Verlags frommann-holzboog und des Rudolf Steiner Verlags für die Kritische Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners von Christian Clement, Rudolf Steiner Verlag, Verlagsvorschau, Frühjahr 2014.PDF

„(…)

Nach meinem Arbeitsantritt als Archivleiter [Anmerkung Lichte: des „Rudolf Steiner Archivs“] am 1. Oktober habe ich Kontakt gesucht zum Verleger Eckhart Holzboog, den ich von meiner früheren Tätigkeit als Leiter des Schwabe Verlags persönlich kannte.

(…)

Mein Angebot, die Unterlagen zum ersten Band einmal unverbindlich und vertraulich durchzusehen und ein kritisches Feedback zu geben (…), wurde von Herrn Clement und vom frommann-holzboog Verlag dankbar angenommen.

(…)

Aber nach meiner intensiven Durchsicht war ich sehr beeindruckt.

(…)

Deshalb habe ich dem frommann-holzboog Verlag und dem Rudolf Steiner Verlag empfohlen, diese Ausgabe doch gemeinsam zu vertreiben, was denn auch realisiert wurde.

(…)“

Nachdem sich David Marc Hoffmann so intensiv für die „Rudolf Steiner Kritische Ausgabe“ engagiert hat, hat er ein persönliches und professionelles Interesse an ihrem Erfolg,

und deshalb macht er mit seiner „Rezension“ in der Neuen Zürcher Zeitung Werbung:

der Artikel „Als die Anthroposophie noch «Theosophie» hiess“ ist keine NEUTRALE Rezension der Redaktion der Neuen Zürcher Zeitung, sondern die Werbung eines INTERESSIERTEN.

Sie schreiben: „Der Steiner-Verlag vertreibt damit eine Steiner-Ausgabe, die eigentlich ein Konkurrenzunternehmen zu seiner eigenen Steiner-Ausgabe ist. Auf den Unterschied der editorischen Intention der beiden Ausgaben ist Hoffmann in seinem Artikel selbstkritisch zu sprechen gekommen. Das macht ja auch den Reiz der Besprechung aus: Deer Verfasser lobt sozusagen die Konkurrenz. (Eine lobende Rezension ist keine «Werbung».)“

Es gibt keine „Konkurrenz“: beide Verlage fördern die Anthroposophie. Nur deswegen gibt es auch die Zusammenarbeit.

Sie schreiben: „Weiter ist festzuhalten, dass Hoffmann Leiter des Steiner-Archivs ist, nicht des Steiner-Verlags. Beide sind voneinander unabhängig, sie stehen nur in Bezug auf die Steiner-Gesamtausgabe in einem vertraglichen Verhältnis zueinander. Von einem allfälligen Verkaufserlös aus dem Vertrieb der Clementschen Ausgabe fliesst kein Geld an das Archiv, weder vom Steiner-Verlag noch von Frommann-Holzboog.“

Formal mögen „Rudolf Steiner-Archiv“ und „Rudolf Steiner-Verlag“ voneinander unabhängig sein, beide fördern jedoch die Anthroposophie.

Ganz allgemein stellt sich noch die Frage, warum die Neue Zürcher Zeitung einem Unterstützer der Anthroposophie soviel Raum gibt:

es ist ja nicht die erste „Rezension“ – d.h. Werbung – die David Marc Hoffmann in der Neuen Zürcher Zeitung veröffentlichte.

Warum hat die Neue Zürcher Zeitung damit aufgehört, Rezensionen von Professor Helmut Zander zu veröffentlichen?

Helmut Zander ist der NEUTRALE Experte, Autor des Standardwerkes „Anthroposophie in Deutschland“, wie Sie sicher wissen …

Mit freundlichen Grüssen

Andreas Lichte

Bis zum Erscheinen dieses Artikels gab es keine weitere Antwort der „Redaktion“ der Neuen Zürcher Zeitung.

Zum Schluss noch einmal Prof. Helmut Zander, mit einer Rezension von Christian Clement, die nicht bei der NZZ erschien – Helmut Zanders Fazit zur „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“:

„(…) Angesichts der handwerklichen Mängel, namentlich in der partiell großen Forschungsdistanz, und der tief anthroposophiefrommen Einleitung ist man über eine solche Publikation im Verlag Fromann-Holzboog mit seinen hochrenommierten Editionen – sagen wir – irritiert. Ich finde es angebracht, diese Edition grundsätzlich zu überdenken und sie in die scientific community einzubinden.“5

 
 
 
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3 David Marc Hoffmann, „Schulungsschriften Rudolf Steiners in einer kritischen AusgabeDie Freiheit des Erkenntniswegs“, Neue Zürcher Zeitung, 11.3.2015

David Marc Hoffmann, „Rudolf Steiners «Philosophie der Freiheit» neu ediert – Auf dem geheimnisvollen Weg nach innen“, Neue Zürcher Zeitung, 15.3.2016

David Marc Hoffmann, „Rudolf Steiner – Als die Anthroposophie noch «Theosophie» hiess“, Neue Zürcher Zeitung, 15.2.2017

 

4 David Marc Hoffmann, „Als die Anthroposophie noch «Theosophie» hiess“, NZZ, 15.2.2017

 

5 Helmut Zander: Rezension zu: Steiner, Rudolf: „Schriften zur Erkenntnisschulung. Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten. Die Stufen der höheren Erkenntnis, hrsg. u. kommentiert von Christian Clement“. Stuttgart 2015, in: H-Soz-Kult, 21.07.2015, www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-22822

 

Rudolf Steiner und kein Ende? Ich quäle mich jetzt doch noch einmal in die Lektüre.

Neben mir stehen die beiden Steiner Biografien von Gebhardt und Zander. (foto: zoom)

Rudolf Steiner ist für mich seit vier Jahrzehnten erledigt. Eigentlich hat er in meinem Leben nie eine Rolle gespielt.

Wer mich immer wieder mal nervte, das waren die AnhängerInnen irgendeiner der Steiner-Lehren, die in unsrer Gesellschaft herumschwirren. Steiner hatte ich in meiner philosophischen Phase, die in der Oberstufe begann, als Spinner abgehakt. Homöopathie, Anthroposophie – lächerlich.

Wie es das Leben will, läuft man zwangsläufig den Steiner-JüngerInnen doch wieder über den Weg. Nun bin ich ein offener Mensch und habe mit Kindern Gottes, Buddhisten, Evangelikalen, Gurus, Bhagwan-Folgern, Wünschelrutengängern, Bachblütentherapeutinnen und dem ganzen Rest immer gerne diskutiert. Man lernt, aus welchen Gründen Menschen den Weg der Esoterik gehen. Engelglauben, Kräuterhexen. links- und rechtsdrehendes Wasser. Lasst mal.

Die blödesten Diskussionen gab es allerdings immer mit Steiner-Anhängern, weil es mit denen keine rationale Basis gab. Wenn sie in der Ecke stehen und du bewiesen hast, dass 1+1=2 und nicht 1+1=3 ist, sagen sie einfach:

„Du bist viel zu verkrampft und musst das erst mal an dich heran lassen. Atme die DREI. Dein Rücken ist völlig verspannt. Du bist kein schlechter Mensch, aber so wie du leidest. Das ist nicht gut für dich.“

Kein Problem hatte und habe ich damit, Artikel und Beiträge zu veröffentlichen, deren AutorInnen die Unwissenschaftlichkeit der Esoterik im Detail nachweisen.

Es sind inzwischen viele Artikel und noch mehr, teilweise sehr lange, Kommentare in diesem Blog veröffentlicht worden, die Steiner und die Waldorfpädagogik detailliert widerlegen.

Ich habe etwas gelernt, das ich vor vier Jahrzehnten noch nicht wusste. Die Steiner-Jünger sind nicht einfach nur esoterische Spinner, sie sind, zumindest in Deutschland, eine ökonomische, politische und gesellschaftliche Macht, die tief im deutschen Denken verwurzelt ist.

Ich bin beunruhigt. Mich befremdet, dass ein großer Teil meiner Mitmenschen sich von unwissenschaftlichem Hokuspokus lenken lässt. Ich befürchte, dass dies ein Einfallstor für gefährliche Verführer sein kann.

Jetzt an die Lektüre. Na ja – morgen. Heute ist es schon zu spät.