BloggerInnen! Sollen wir unsere Ich-Buden abschalten? Eine kleine Provokation.

KnetmännchenWenn Online-Präsenzen journalistisch und kommerziell erfolgreicher sein könnten als die gedruckten Zeitungen, gäbe es beispelsweise die Westfalenpost schon lange nicht mehr.

Man kann es wenden und drehen wie man will. Print ist zur Zeit noch das Leitmedium der öffentlichen Debatten. „Blogs sind auf die klassischen Medien angewiesen sind, um mit einer Botschaft eine Wirkung erzielen zu können. Ich-Buden im Internet schaffen keine relevante Öffentlichkeit“, schreibt die Neue Zürcher Zeitung in ihrer heutigen Online-Ausgabe.

Das „Echo Münster„, 2007 mit großen Hoffnungen gestartet, dümpelt in der Bedeutungslosigkeit. In einem Beitrag von „Dradio Wissen“ heißt es unter anderem:

„… Der Aufschrei war groß, als der Dortmund Verleger Lensing-Wolff im Januar 2007 in Münster eine komplette Lokal- und Sportredaktion von einem Tag auf den anderen feuerte. Die Journalisten der zum Verlag gehörenden „Münsterschen Zeitung“ gaben nicht auf und versuchten einen Neuanfang im Netz. „Echo Münster“ hieß das Stadtportal, das im November 2007 mit staatlicher Unterstützung an den Start ging.

Die Neugier unter den Kollegen war damals bundesweit groß: Wird das journalistische Experiment gelingen und taugt „Echo-Münster“ gar zum Vorbild für bedrohte Lokalredaktionen? Drei Jahre später gibt es „Echo Münster“ zwar immer noch – aber von Vorbild will heute keiner mehr sprechen …“

Sollten wir folglich brav unsere kleinen Ich-Buden abschalten und den traditionellen Medien das Feld überlassen? Das wäre doch eine Überlegung wert. Würden mehr als ein paar Eingeweihte den „Error 404“ bemerken?

Der Freizeitgewinn jedenfalls wäre für einige von uns sehr hoch.

Leseempfehlung: Elke Wittich, Kontrollverlust im Blogger-Dorf

Bitte mal diesen Artikel von Elke Wittich in der Jungle World Nr. 29 lesen.

Zitat:

… Die Leichtigkeit, mit der diese Gemischtwaren-Blogger durch die verschiedensten Themen hopsen und heute zu Fragen der Gentechnik, morgen zur Steuerpolitik und übermorgen zu Personalentscheidungen großer Unternehmen Stellung nehmen, ist frappierend â€“ zumal sie im immergleichen Wichtig-wichtig-Duktus schreiben, der impliziert, dass sie absolute Experten auf dem jeweiligen Gebiet seien. Und falls mal jemand feststellt, dass sie sich komplett geirrt haben oder einer Falschmeldung aufgesessen sind und großen Bullshit geschrieben haben, ist das auch egal, denn bis dahin sind ganz andere Themen zum Gegenstand der allgemeinen Aufregung geworden.

Ein gutes Beispiel dafür, wie das ist, wenn eine Sau durchs Blogger-Dorf getrieben wird, lieferte der Fall »CTRL-Verlust«.

Bereits am Mittag des 24. Juni hatte sich die Aufregung bei Twitter ins Exorbitante gesteigert, denn es war ein Fall von bösartigster Zensur bekannt geworden, wie er bis dato noch nie oder jedenfalls in dieser Woche noch nie vorgekommen war …

Zum Artikel

Heribert Prantl in der SZ: Wozu noch Journalismus? Keine Angst vor der Bloggerei.

Der Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung ist doch einfach eine Edelfeder unter all den Î±-Journalisten des deutschen Zeitungswaldes. Wie er gekonnt den Gegensatz von Papier- zu Internetmedien auflöst, ist für jeden, der sich mit der Problematik auseinandersetzt, lesenswert. Außerdem grenzt Prantl quasi nebenbei den Profi-Journalisten von uns Amateuren ab. Provokation!? Selber lesen:

„… Es gibt eine merkwürdige Angst vor der Bloggerei. Es wird so getan, als sei die Bloggerei eine Seuche, die via Internet übertragen wird und den professionellen Journalismus auffrisst. Das ist, mit Verlaub, Unfug. In jedem professionellen Journalisten steckt ein Blogger. Der Blog des professionellen Journalisten heißt FAZ oder SZ, Schweriner Volkszeitung oder Passauer Neue Presse, Deutschlandfunk oder Südwestradio. Der sogenannte klassische Journalist hat dort seinen Platz, und er hat ihn in der Regel deswegen, weil er klassische Fähigkeiten hat, die ihn und sein Produkt besonders auszeichnen.

Es gibt das etwas altbackene Wort „Edelfeder“ für die Journalisten, die mit der Sprache besonders behände umzugehen vermögen. Der professionelle Journalist ist, wenn man bei diesem Sprachgebrauch bleiben will, eine Art Edelblogger …“

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Mist! Der Deutschlandfunk war schneller … unbedingt lesen oder hören!

deutschlandfunk www wie wahrheitGestern hatte ich mich anhand eines Artikel von Albrecht Müller Kriterien für den guten, aufklärenden Lokaljournalismus formuliert. Ich hatte außerdem geschrieben: „Daher gucke ich zuerst auf den Lokaljournalismus. Das (politische) Bloggen der Amateure nehme ich mir ein anderes Mal vor.“

Der Hintergedanke war, dass ich selbst für das (politische) Bloggen im lokalen Umfeld eine Art Zielvorstellung entwickeln möchte, wohl wissend, dass die Latte für Amateurblogs ziemlich tief gelegt werden muss.

Schneller als gedacht hat mich die (Medien-) Wirklichkeit überholt. Im Deuschlandfunk lief gestern um 18.40 Uhr die Sendung „www wie Wahrheit“, die ich allen Bloggern, nicht nur den Î±-Bloggern, sondern auch uns Î², γ und Î´, dringend zum Nachhören oder Nachlesen empfehle.

Zitat des Schlussabschnitts:

Eine Allianz, die zeigt, dass Blogs längst Teil des Mediensystems sind, nicht unbedingt schlechter, aber auf jeden Fall auch nicht besser als das, was klassischer Journalismus zu leisten vermag. Im Gegenteil – je mehr Menschen sich über das Internet informierten, desto wichtiger würden die Tugenden des herkömmlichen Journalismus: ausreichende Recherche, Überprüfung der Quellen, Unabhängigkeit. Ob im oder außerhalb des Netzes – meint jedenfalls ein Blogger wie Wolfgang Lieb.

„Viele Blogs sind einfach, was den Informationsgehalt anbetrifft, nicht zuverlässig genug. Das muss nicht heißen, dass sie falsch sind oder die Informationen, die da kommen, falsch sind, aber sie sind nicht verlässlich.“

Der Freitag, der Journalismus und dann soll ich mein Blog noch auf Stand halten…

Journalismus: Walter van Rossum schreibt im Freitag
Journalismus: Walter van Rossum schreibt im Freitag (screenshot: zoom)

Die Zeit, die Zeit – sie eilt und das Blog will gepflegt werden. Die Ideen sind da. Ich müsste sie nur noch wegschreiben. Das Leben habe ich gesehen. Ich müsste es nur noch ordnen und schon stünde es hier geschrieben. Müsste, wollte, könnte, sollte.

Politik – kein Problem. In meinem Schädel dröhnen tausend Themen. Was fehlt, ist die Zeit.

Und da sind die vielen kleinen Online-Projekte wie Twitter, Facebook, Xing und Co. Eigentlich, eigentlich … eigentlich müsste ich.

Offline tobt der Bär, aber ich schaffe es nicht ihn einzufangen.

Die Blogsoftware fängt zu spinnen an. Eine Komplett-Sanierung täte Not. Datenbank sichern.  Dateien sichern. Einstellungen sichern. Handbücher wälzen. Neue Software aufspielen. Datenbank einlesen. Fehler über Fehler können auftreten. Ich weiß, dass es bei mir, gerade bei mir, wieder nicht auf Anhieb klappen wird. Jagd durch die Foren und wieder Handbücher.

Ich habe keine Zeit.

Walter van Rossum hat im neuen Freitag einen interessanten Artikel über den Journalismus der öffentlich-rechtlichen Sender veröffentlicht. Einiges von dem, was er schreibt, lässt sich getrost auf andere  journalistische Formen wie Print und Online übertragen.

[Begin]

Rudel statt Recherche

„Oh, Sie halten also sämtliche Journalisten für korrupt“, wird man mir mit überlegener Empörung entgegenhalten. Nein, ich halte sie bloß für außerordentlich konformistisch. Und Konformismus ist für alle Seiten die billigste und effizienteste Lösung. Wer die Routinen medialer Betriebe ein wenig aus der Nähe kennt, weiß, dass Konformismus die sicherste Währung ist: Rudelbildung bietet den größten Schutz. Das fast reibungslose Funktionieren des Konformismus, hat eine stabile Grundlage: Journalisten wissen nicht, was sie tun. Wenn man einen erfahrenen Journalisten fragt: „Wie kann eigentlich der Journalismus Zeugnis von der Welt ablegen?“ – dann wird er meist schon die Frage putzig finden, bestenfalls wird er ein paar Sätzchen aus dem Katechismus des Journalismus in der freien Welt zum besten geben. Die haben aber mit den Produkten des real existierenden Journalismus nichts zu tun. Dabei wäre ihre Umsetzung der Auftrag der Journalisten – insbesondere beim gebührenfinanzierten Rundfunk.

[End]

Bingo.

Den ganzen Artikel im Freitag lesen und diskutieren.

Umleitung: Blogger und Geld, Kohls Eier, die Abmahn-Masche und mehr …

Medien I: Westblogger denken zuviel ans Geld: carta

Medien II: Die Eier des Chefs und französische Verhältnisse … coffeandtv

Medien III: Die Abmahn-Masche … lawblog

Medien IV: Strategiewechsel bei DerWesten? … ruhrbarone

Kunst: David Lynch in Brühl … endoplast

Radwege: die schlechtesten der Welt? … bikeblog

Bloggen mit heißem Herzen – kalte Füße, wenn der Anwalt droht.

„Guck mal, in deinem Block bin ich beleidigt worden“.

Über rechtliche Fallstricke beim Twittern, Bloggen und der eigenen Homepage berichtet Daniela Siebert im Verbrauchertipp des Deutschlandfunks vom 28. Oktober 2009.

Faustregel: „Wenn diese Person vor mir stehen würde, würde ich es ihr so ins Gesicht sagen können? Das ist eigentlich eine gute Faustregel, die man sich fragen kann.“

Weiter nützliche Hinweise zum Nachlesen hier.

Zum Nachhören dort.

Urteil: Kurz, knapp und unbedingst lesens- bzw. hörenswert.