Henne in Flammen: Erstmals als inklusive Veranstaltung – Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 6. Mai

Die Planungen laufen auf Hochtouren: Das Organisationsteam von Henne in Flammen zusammen mit Schirmherr Dr. Karl Schneider. (foto: hsk)

Die St. Georgs-Schützenbruderschaft Meschede lädt am Samstag, 7. Mai, zum beliebten Fest „Henne in Flammen“ ein. Der Hennepark am Mescheder Kreishaus wandelt sich ab 16 Uhr zu einem Lichtermeer aus Licht-, Leucht-und Feuerelementen. Das Besondere in diesem Jahr: Es wird erstmals eine inklusive Veranstaltung. Für das neue Veranstaltungsformat hat Dr. Karl Schneider, Landrat des Hochsauerlandkreises, die Schirmherrschaft übernommen.

Gemeinsam mit dem Sozialwerk St. Georg, dem Caritasverband Meschede, der Lebenshilfe Hochsauerlandkreis, dem Mescheder Kinderhort, der EUTB Brilon, der BIV-Meschede und der Behinderten-Interessen-Vertretung des Hochsauerlandkreises organisiert die St. Georg Schützenbruderschaft ein buntes Fest für Jung und Alt – für Menschen mit und ohne Behinderungen. „Henne in Flammen“ wird vollständig als barrierefrei und integrative Veranstaltung durchgeführt. Es werden ein Infopoint, Pflegezelt, barrierefreie Theken (und keine hohen Bierwagen) und Behindertentoiletten geben. Ferner werden Piktogramme und QR Codes an den Ausstellungselementen sowie Beschreibungen für Hörbehinderte und Blinde angeboten und es wird ein Rundgang-Leitsystem erstellt.

Ein riesiges Drachenboot, ein dampfspeiender Vulkan oder ein tanzender Eimer: Die Gäste können sich auf Werke von Künstlern mit und ohne Handicap freuen. Musikalisch wird die Coverband Unlimited „Henne in Flammen“ begleiten.

Protesttag und Protestmarsch zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung

Außerdem wird ein Protesttag und ein Protestmarsch zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung stattfinden. Los geht es bereits am Freitag, den 06. Mai. Um 10 Uhr laden die Veranstalter zum Protestmarsch durch die Innenstadt ein. Treffpunkt ist am Bahnhof. Von 11 bis 14 Uhr sind in der Ruhrstraße am Stadtrelief Info- und Mitmachstände geplant.

Pressemitteilung: Schulfrieden in NRW auf Kosten der Kinder

ahslogoVor einem „Schulfrieden in NRW auf Kosten der Kinder“ warnt die Aktion Humane Schule (AHS). „Der angestrebte Konsens zwischen SPD, CDU und GRÜNEN droht Strukturen zu zementieren, die die Umsetzung des Auftrags zur Schaffung eines inklusiven Schulwesens verhindern“, so AHS-Bundesvorsitzender Detlef Träbert*.

Die angestrebten Bestandsgarantien für Schularten auf die Dauer von zehn Jahren „führen das Selektionsprinzip ungeniert fort.“ Die Politik rechtfertige sich damit, dass man „die Menschen mitnehmen müsse“, aber lasse dabei die Kinder zurück.

Deutschland und seine Bundesländer haben sich verpflichtet, das Schulwesen im Sinne des Art. 24 der Behindertenrechtskonvention (BRK) umzugestalten. Das beinhaltet die Orientierung der Schule an Menschenwürde und Selbstwertgefühl der Kinder sowie an der Garantie zur vollen Entfaltung ihrer Talente und Persönlichkeiten.

„Kinder nach wie vor in verschiedenwertige Schularten einsortieren zu wollen bedeutet daher einen offener Rechtsbruch“, stellt Träbert den Standpunkt der Aktion Humane Schule klar. „Alle Bildungspolitiker anerkennen den Fakt, dass die soziale Selektivität der deutschen Schule höher ist als in den anderen PISA-Nationen. Gleichzeitig traut sich bundesweit niemand von ihnen, das Selektionsprinzip abzuschaffen. Selbst die Tendenz zur Zweigliedrigkeit stellt keinen prinzipiellen Fortschritt dar. Das ist ein kollektives Versagen der politisch Verantwortlichen.“

Träbert beklagt, dass es in der bundesdeutschen Gesellschaft einmal eine Zeit gegeben habe, in der das Prinzip „Für unsere Kinder ist das Beste gerade gut genug“ gegolten habe. Heute scheine es, als ob das parteipolitische Gesicht zu wahren Politikern mehr wert sei als das Wohl der Kinder.

*Detlef Träbert ist ebenfalls gelegentlich Autor in unserem Blog.

Bildungsanstalt Schule: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel

Detlef Träbert, Bundesvorsitzender AHS (foto: träbert)
Detlef Träbert, Bundesvorsitzender AHS (foto: träbert)

Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2009 auch von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Sie verlangt ein inklusives Schulsystem, in dem behinderte und gesund Kinder gemeinsam nach ihren individuellen Bedürfnissen unterrichtet werden. Die Wirklichkeit in Deutschland hinkt den formulierten Zielen weit hinterher. Neben den sogenannten „normalen“ Schulen existieren immer noch die Förderschulen (früher: Sonder- oder Hilfsschulen genannt), in denen Kinder mit Behinderungen separat unterrichtet werden.

Zum Thema Schulsystem und Inklusion habe ich mit dem Bundesvorsitzenden der Aktion Humane Schule(AHS), Detlef Träbert, gesprochen.

? Herr Träbert, in einem Satz,  was ist die Zielsetzung der AHS?

! Seit 1974 setzen wir uns für mehr Menschlichkeit in den Schulen ein.

? Ist unser Bildungssystem, sind unsere Schulen, denn wirklich inhuman?

! Das System ist unmenschlich, nicht der einzelne Lehrer. Unser Bildungssystem geht sowohl mit Schülern als auch mit Lehrern unmenschlich um.

? Was würden sie sofort ändern, wenn Sie heute die Wahl und die Macht zur Umsetzung hätten?

! Ich würde die Ziffernnoten von der ersten bis zur achten Klasse abschaffen, inklusive Schulen einrichten und die Drei- bzw. Fünfgliederigkeit unseres Schulsystems überwinden.

? Was verhindert die Umsetzung dieser Vorstellungen?

! Darauf könne auch die gelehrtesten Forscher keine schlüssige Antwort geben. Vielleicht ist es die deutsche Kleinstaaterei. Andere Länder sind da schon viel weiter. Ich denke an Skandinavien, Kanada, aber auch an Großbritannien.

? Welche Hilfe waren und sind PISA und die Schulinspektionen im Hinblick auf die Verbesserung der Schulen?

! Vorweg: Ich habe nichts gegen Evaluationen. Bei den Schulinspektionen handelt es sich allerdings um eine externe Evaluation, die sehr viel „Schein“ an den Schulen erzeugt, es wird viel getrickst. PISA erhöht zwar den Druck, bindet aber auch viel Energie. Ich bin skeptisch, ob PISA überhaupt Leistung verbessern kann. Unsere Schulen werden PISA-kompatibel und nicht Menschen-kompatibel gemacht.

? Stichwort Inklusion. Wie soll das gehen? Wie sollen Lehrerinnen und Lehrer auch noch geistig und körperlich behinderte Kinder in ihren Klassen betreuen? Die materielle und personelle Austattung der Schulen ist doch heute schon für die „normalen“ Schüler nicht ausreichend? Wie wollen Sie Inklusion an der Basis vermitteln?

! So dürfen Sie nicht denken. Wir brauchen in unserem Bildungssystem einen Paradigmenwechsel. In Italien und auch in den Skandinavischen Ländern gibt es beispielsweise keine Förderschulen. Wir müssen Abschied nehmen von einer Denkweise, von einem System, das eine Messlatte für alle auflegt. Bildungsziele müssen für jeden einzelnen Schüler individuell formuliert werden, um jeden soweit wie möglich zu bringen. Diese Weg sind unterschiedlich, weil Kinder unterschiedlich sind. Gleichmacherei tötet die Motivation.

*Zur Person: Detlef Träbert ist Diplom-Pädagoge. Der heute 57-Jährige ist seit zehn Jahren Bundesvorsitzender der Aktion Humane Schule(AHS). Er hat 18 Jahre lang als Lehrer an Grund- und Hauptschulen in Baden-Württemberg gearbeitet und neben dem Beruf ein zusätzliches Pädagogik-Studium absolviert. Träbert, der auch die Vaterrolle aktiv gespielt hat, wohnt in Niederkassel bei Köln und arbeitet heute hauptberuflich als Vortragsreferent, Fortbildner und Autor im schulpädagogischen Feld: www.schulberatungsservice.de