Wegen des Ski-Tourismus, elende Staus in Winterberg, kamen wir am Sonntag zu spät zur Ausstellungseröffnung von Marlit Peikerts „Ausgewählt“ in Hallenberg. Ich konnte gerade noch die letzten Worte von Bürgermeister Michael Kronauge hören, dann verstreute sich die Menge über die drei Etagen des letzten Rathauses vor der Grenze zu Hessen.
„Verrückt war ihr Malgrund“, so Bürgermeister Kronauge. „Sie hat nicht etwa auf eine weiße Leinwand gemalt, sondern auf alte, ausgediente Wahlplakate. Ein Friedrich Merz ist zu sehen, ein Günter Langen, ein Jürgen Rüttgers und sogar alte Plakate von mir – rank und schlank und mit fast vollem Haar.“
Marlit Peikert lebt und arbeitet in Battenberg-Frohnhausen. Sie hat schon in den vergangenen Jahren in Hallenberg ausgestellt, daher die Beziehung zum Rathaus.
Für das Projekt „Ausgewählt“ hat sie alte Hallenberger Wahlplakate zur Bearbeitung bekommen. Auf diese Plakate hat die Künstlerin Rathausmitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Lokalpolitiker gemalt.
Alles Leute, so der Bürgermeister, „die den lokalen und politischen Job vor Ort machen.“
Mich hat schon bei der Pressemitteilung hier im Blog verwundert, dass es sich bei den Plakaten fast ausschließlich um CDU-Material handelte. Ich war mir nicht so sicher, was ich davon halten sollte.
Es sei, so Michael Kronauge, gar nicht so einfach gewesen, alte Plakate finden.
„Die CDU hatte sie alle noch auf Sperrholzplatten im Keller stehen, bei der SPD und der BfA[Bürger für Hallenberg] waren auch nach Bemühung der örtlichen Fraktionsvorsitzenden keine Plakate mehr zu bekommen.“
Die vielen CDU-Plakate also nur ein Zufall.
Als ich das oben abgebildete Plakat sah, überlegte ich, ob ich selbst gerne auf einem Kunstwerk abgebildet sein möchte, welches mich mit einer politischen Aussage verbindet, deren Wirkung man heute in ihrer vollen Wucht erlebt.
Am Sonntag war dies aber nicht die Frage, das Hallenberger Rathaus glich eine großen Familientreffen. Viele aus dem Ort und Umland waren gekommen, um zu sehen, welche Bekannten auf den Plakaten dargestellt waren.
„Ist das nicht der?“ „Ist das nicht die?“ waren die am meisten gestellten Fragen. Ich selbst bin sicher, dass ich spontan zwei vorbei gehende Mitarbeiterinnen erkannt hatte, die auch auf den Plakaten zu sehen waren.
Im Gespräch beschrieb Marlit Peikert, wie sie mit Staffel, Plakat und Farben in den Büros der Mitarbeiter, ganz eng arbeitend, die Zeichnungen und Farben auftrug. Einige Bilder seien vor Ort fertig geworden, andere hätte sie in ihrem Atelier weiter bearbeitet und gestaltet. Zwei bis drei Portraits wären so pro Arbeitstag entstanden.
Der Bürgermeister habe sie, so die Künstlerin, in Ruhe arbeiten lassen. Keine Anweisungen, keine Vorschläge. Sie sei völlig frei gewesen.
Offene Widersprüche zeige sie nicht und auch keine politischen Aussagen, aber das ein oder andere Detail würde man schon entdecken. Hinschauen solle ich.
Da mir selbst der persönliche Bezug zu den abgebildeten Menschen fehlt, hatte ich nicht das „Ah! und Oh!“-Erlebnis anderer Besucherinnen und Besucher.
Ich bin kein „gelernter Kunstkritiker“ und brauche manchmal länger, um Kunst zu kapieren.
Wenn ich das nächste Mal in Hallenberg bin, werde ich auf jeden Fall ins Rathaus gehen.
Zu sehen ist die Ausstellung von Marlit Peikert: montags von 8.30 bis 12 sowie von 14 bis 17.30 Uhr; dienstags bis donnerstags von 8.30 bis 12 und von 14 bis 15.30 Uhr; freitags von 8.30 bis 12 Uhr.
P.S. Wenn jemand weiß, wer die abgebildeten Personen sind, bitte Bescheid sagen.
P.P.S. Rita Maurer, die für die Westfalenpost berichtet hat, kennt als Einheimische jeden und jede. Ihren Bericht kann ich nur empfehlen.