Gescheitert oder Erfolg? Wie man ein und denselben Sachverhalt unterschiedlich beurteilt, zeigen uns die CDU und die SPD in Winterberg. Von der dritten Partei im Winterberger Rat, der FDP, liegen uns keine Wahlaussagen vor.
Wir haben die Wahlaussagen zum Oversum-Projekt in einer kleinen Synopse gegenübergestellt:
Bürgermeister Werner Eickler: Oversum wird Zukunftsperspektiven erfüllen
„Nur so gelangen viele richtungsweisende, sich ergänzende Investitionen. Die „Immobilien Zeitung“ schrieb mit Blick auf Einkaufszentrum, Landal-Ferienpark und Oversum am 18.11.2010: „Das 100- Millionen-Euro-Städtchen im Sauerland“.“
„Das Oversum wird die in ihm liegenden Zukunftsperspektiven aus seiner Angebotsvielfalt und seinen wetterunabhängigen Freizeit-, Bäder- und Sporteinrichtungen, die so wichtig für unsere Stadt sind, erfüllen.“
„Darüber hinaus ergänzen sich Oversum und Landal, weil auch die Landalgäste von den Oversumangeboten profitieren können, weil sie im Landalpark keine ausreichenden Bäder- und Freizeiteinrichtungen vorfinden.“
„Mit dem Oversum steht ein wetterunabhängiges, multifunktionales Tourismus-, Sport- und Gesundheitszentrum bereit, das Winterberg bei der Positionierung als Ort für Ganzjahres- und Gesundheitstourismus weiterbringen wird.“
SPD Winterberg: gescheitertes PPP-Objekt
„Oversum
Bei dem gescheiterten PPP- Objekt ist eine ehrliche Analyse über Zustand, Möglichkeiten und Anforderungen zu machen. Tatsächliche Lasten sind zu eruieren, zu benennen und Mängel zu beseitigen. Die handelnden Akteure müssen gemeinsam ein Konzept entwickeln, welches erkennen lässt, wie das Bad im Kurpark wichtiger Bestandteil unserer Stadt werden kann.
Wir werden uns einsetzen für,
o ein attraktives, familienfreundliches Bad mit bezahlbaren Eintrittspreisen,
o eine Stadthalle, die technisch und optisch in der Lage ist, den Rahmen für Konzerte und Vorführungen zu bieten,
o ein medizinisches Versorgungszentrum, das regelmäßig erreichbar, geöffnet und gut ausgestattet ist,
o eine Information, die sich als Service für jeden Kunden sieht, an die man sich gerne wendet,
o ein Beherbergungsangebot, das Winterberg wirklich bereichert“
Mit Verweis auf die Einträge unter http://www.schiebener.net/wordpress/?p=28260&cpage=1#comment-16958 :
Herr Koch (SPD) gibt in seinem Beitrag vom 30.04. nun 31 Millionen EUR Investitionskosten innerhalb von 30 Jahren zuzüglich eventueller Betriebskosten an (statt 27,35 Millionen EUR im Beitrag vom 29.04.).
Zum Vergleich:
In der Bürgerversammlung vom 07.12.2009 wurde den Bürgerinnen und Bürgern mitgeteilt, dass bei Beibehaltung der Bäder, der Eissporthalle, des Kurmittelhauses und der Stadthalle mit Investitionskosten von 10 Millionen EUR zu rechnen sei, während für eine Bündelung von Neu-Anlagen im Kurpark 14-17 Millionen EUR aufzubringen seien. Die Differenz zwischen dem Ist-Zustand und dem Soll-Zustand betrug somit vier bis sieben Millionen EUR.
Die o. g. 31 Millionen EUR liegen nun aber mit mindestens 14 Millionen EUR (!) drüber und beim Dreifachen der Investitionskosten für den Beibehalt des alten Status Quo.
Wenn nun die SPD als Inhalte des Wahlprogrammes formuliert, dass ein attraktives und familienfreundliches Bad, technische und optische Eignung der Stadthalle für Konzerte & Vorführungen und eine serviceorientierte Kundeninformation angestrebt wird, dann drängt sich doch vor allem eine Frage auf: Was ist falsch gelaufen?
Doch genau zu dieser Frage werden auch im Wahlprogramm keine Antworten in Aussicht gestellt. Die „ehrliche Analyse“ wird auf Zustand, Möglichkeiten und Anforderungen bezogen. Für mich stellt sich aber die Frage der Verantwortung.
Ich will als Wähler wissen: Wie konnte es soweit kommen? Was tun die Wahlkandidaten, damit sich so etwas nicht wiederholt? Welche Lehren für die Zukunft werden daraus gezogen?
Oder gilt „shit happens“ – und weiter so?!?
@Andreas
Die politische Verantwortung trägt der politisch erste Mann der Gemeinde Winterberg. Diese Verantwortung haben wir im Blog schon des öfteren angemahnt.
Das Versagen der Opposition haben wir stets bemängelt. Dieses „nicht links, nichts rechts, nicht rot, nicht schwarz“ ist im Grunde genommen positionslos und gauckelt eine Kameraderie vor, die es in der Politik nicht geben darf. Einstimmigkeit ist nicht unbedingt in jedem Fall eine Zierde für die Demokratie.
Was ist falsch gelaufen? Dieses Projekt hätte so niemals abgeschlossen werden dürfen.
In Kamp-Lintfort hat sich der Rat nach meinen Informationen übrigens gegen ein PPP mit der s.a.b. entschieden und die Stadt hat ihr Bad in Eigenregie renoviert. Ich habe Gelegenheit gehabt, mit einem dortigen Politiker zu sprechen. Er war sehr zufrieden.
Die Situation für Winterberg ist so:
Die Stadt wird 30 Jahre lang die forfaitierten Forderungen und Kredite an die Banken bezahlen.
Sollten sich Mängel am Bau herausstellen, wird die Stadt diese bezahlen und wenig Erfolg mit irgendwelchen Klagen haben.
Denn die Stadt Winterberg hat erklären müssen (war Teil der Ablösungsverhandlungen):
siehe: http://www.rathaus-winterberg.de/Rathaus-Aktuelles/Alle-Beteiligten-haben-sich-auf-neue-Oversum-Strukturen-geeinigt
Sollte der Bürgermeister jetzt etwas anderes behaupten, darf die Stadt meiner Meinung nach mit einer möglicherweise saftigen Entschädigungsklage rechnen.
Klarheit kann uns Bürgerinnen und Bürgern nur eine komplette Offenlegung der Verträge bringen. In Hamburg ist das bei der Elbphilharmonie (auch PPP) erzwungen worden.
Der Winterberger Rat kann sich IMHO nicht aus eigener Kraft aus den rechtlichen Verstrickungen der vielen nichtöffentlichen Verträge und Ratssitzungen befreien. Die sitzen in der Schlangengrube und demjenigen, der raus krabbelt wird ein rechtlicher Strick umgebunden.
Verantwortung trägt der Bürgermeister auch dafür, seine Bürgerinnen und Bürger mit der Rechnung 4,5 Mio Anfangsinvestition plus jährliche Betriebsausgaben von 600.000 Euro (in Wahrheit die indizierten Rückzahlungen zu denen sich im echten Leben noch die wahren Betriebs- und Personalkosten addieren) hinter die Fichte geführt zu haben.
Die Zahlen, die Herr Koch nennt, kann sich jeder selbst zusammenreimen, aber soweit ich es überblicke, ist er der erste politisch Verantwortliche, der hier aus der Deckung tritt und dafür Chapeau!
„Ich will als Wähler wissen: Wie konnte es soweit kommen? Was tun die Wahlkandidaten, damit sich so etwas nicht wiederholt? Welche Lehren für die Zukunft werden daraus gezogen?“
Zustimmung!