Von Ärschlein bis Zettel – ein Besuch in der GRIMMWELT Kassel

Oberbürgermeister Bertram Hilgen: "Besuchen Sie die GRIMMWELT!"
„Besuchen Sie die GRIMMWELT!“, Oberbürgermeister Bertram Hilgen machte mich vergangenen Mittwoch in seiner Rede vor Erstsemestern auf das neue Museum in Kassel aufmerksam. (foto: zoom)

In die GRIMMWELT bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Unschuldig hineingestolpert, aber dann doch schwanger mit einigen Ideen und Bildern, die ich in Kassel nicht erwartet hätte.

Trübes, regnerisches Wetter herrschte in der vergangenen Woche in Kassel. Der Oberbürgermeister begrüßte die Erstsemester der Universität im Rathaus mit einer Rede, von der ich im Wesentlichen aufschnappte, dass Kassel mit der Universität und dem Fall der Mauer eine neue Dynamik entfaltete und dass es da in irgendeiner Ecke der Stadt das neue GRIMMHAUS gäbe.

Also irgendwas mit den Gebrüdern Grimm. Am nächsten Tag bin ich im Regen durch Kassel geschlichen, vielleicht bin ich auch flaniert, und ich habe dieses GRIMMHAUS gefunden, nicht weit entfernt vom Rathaus.

Im September erst  ist es eröffnet worden. Ein Neubau.
Mieses Wetter. Regen. Das Dach der GRIMMWELT mit dem verspiegelten Aufzug hat mir trotzdem gefallen.

Trübes, mieses Wetter. Regen. Das Dach der GRIMMWELT mit dem verspiegelten Aufzug hat mir trotzdem gefallen.

Ich habe brav meine 8 Euro Eintritt bezahlt und pünktlich um 10 Uhr die Ausstellung betreten.

Das ist die GRIMMWELT. Zu meiner Freude auch, aber nicht nur, textlastig.
Das ist die Beschreibung der GRIMMWELT am Eingang, zu meiner Freude auch, aber nicht nur, textlastig.

Ich hatte nicht vor, irgendwelche Bilder, Aufzeichnungen usw. für das Blog zu machen. Ich war im Verweigerungsmodus und wollte mich einfach treiben lassen. Also nicht meckern, wenn die zusammengekratzten Bilder nicht allzu imposant sind.

Der Rundgang durch das Museum nennt sich „Märchenhaft von A bis Z“. Man wird an verschiedenen Stationen entlang geleitet, die jeweils einem Buchstaben gewidmet sind. Die Buchstaben selbst beziehen sich wiederum auf das Leben und Wirken der Gebrüder Grimm. Alles ist dabei: Texte, Töne. Bilder, Filme, szenische Installationen.
In einem kleinen Filmkubus scrollen vorne, links und rechts die Worteinträge über die Wände. Hinsetzen. Verweilen. Gucken. Denken. Erlebnis.

In einem kleinen Filmkubus scrollen vorne, links und rechts die Worteinträge über die Wände. Hinsetzen. Verweilen. Gucken. Denken. Erlebnis.

Die Buchstabenfolge entspricht nicht dem Alphabet, sondern folgt einer anderen Logik. „Z“ ist die erste Station. „Z“ wie Zettel. Die Brüder Grimm notierten das Gesammelte -ja sie sammelten wie verrückt- „meist auf losen Blättern und Zetteln oder direkt in die Bücher bevor sie es weiter verarbeiteten und daraus neue Texte für die Veröffentlichung schufen. Diese losen Zettel und Notizen sind Energiezentren ihres Werkes und geben Einblick in seine Entstehung.“ (Austellungsflyer)

Das „Ä“ wie „Ärschlein“ folgt an vierter Stelle, ein Verweis auf das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm, in das sie auch „Wörter aus der ‚zwanglosen, rohen, ungezierten sprache“‚ übernahmen.

Wer die GRIMMWELT besucht, wird die wissenschaftliche Arbeitsweise von Jacob und Wilhelm Grimm entdecken, die wir heute im Wörterbuch und den Märchen widergespiegelt sehen.

Ich fand es spannend. Ich konnte flanieren. Lesen, mir von Alexander Kluge die Moral von „Hans im Glück“ erzählen lassen und in einem kleinen Filmtheater die Spuren der Märchen in der Filmwelt in Parallelprojektion genießen.

Zwei Dinge haben im Verlauf meines Rundgangs gestört:

Die Texte an den dreidimensionalen Dioramen hatten sich -wahrscheinlich durch die Wärme des Lichtes- gewellt und waren kaum noch lesbar.

Die Schulklassen waren teilweise sehr laut. Da hilft dann nur weglaufen, statt sich zu ärgern, und einen anderen Teil der Ausstellung ansteuern oder sich still und heimlich einer der zahlreichen Führungen anzuschließen.

Auf einer Bewertungsskala von 0 bis 10 Sternen würde ich dem Museum 8 Sterne verpassen.

Die letzte Station ist dann übrigens „H“, wie „Holzwurzel“, Der chinesische Künstler Ai Weiwei hat sie aus China mitgebracht.

Kassel am Abend. Auch eine Welt für sich.
Kassel am Abend. Auch eine spröde Welt für sich. Zeigen, was man hat.