Sauerländer Bürgerliste wirft der Kreisverwaltung Manipulation vor

SBL: “Ökostrom” ist nicht das Gleiche wie Strom aus regenerativen Energien

Liefert das Windrad auf der Anhöhe bei Einhaus „Ökostrom“ oder Strom aus regenerativen Energien? Die SBL hat sich schlau gemacht. (archivfoto: zoom)

Auf ihrer Website berichtet die Sauerländer Bürgerliste, dass auf der letzten Sitzung des Kreistags auch die Einleitung der Ausschreibung für den Strombezug für die kreiseigenen Gebäude angestanden hätte; darüber hinaus der Strombezug fast aller kreisangehörigen Gemeinden und weiterer Behörden im Kreisgebiet. Die Vergabe erfolge für drei Kalenderjahre. Daraus hätte sich sich beim letzten Mal ein Volumen der Ausschreibung von ca. 38,7 Mio. kWh/Jahr für 1.872 Entnahmestellen mit einer Gesamtsumme von 8.853.544 € brutto ergeben, in drei Jahren also etwa 26,5 Mio Euro.

In der Sitzungsdrucksache von Landrat und Kreisverwaltung wurde die zu treffende Entscheidung erläutert:


“Der Kreistag hat die Entscheidung zu treffen, ob im Rahmen der anstehenden Ausschreibung besondere Anforderungen an den Strombezug im Hinblick daraufgestellt werden sollen, dass
a) das den Strom anbietende Unternehmen ausschließlich sog. „Ökostrom“ bezieht bzw. produziert, d.h. die Stromerzeugung erfolgt vollständig aus regenerativen Energiequellen,
oder ob
b) angesichts der Entwicklung am Energiemarkt und dem inzwischen erreichten Mix der Stromproduktion aus erneuerbaren und konventionellen Energiequellen sich der Strombezug ausschließlich am wirtschaftlichsten Angebot orientiert.
Ökostrom ist ökologisch erzeugter Strom aus regenerativen Energiequellen wie Sonnenenergie, Wind- und Wasserkraft, Geothermie sowie Energie aus Biomasse. Konventionell erzeugter Strom wird aus begrenzt verfügbaren Quellen wie z. B. Erdgas, Kohle oder Öl gewonnen.”

Und weiter:

“Laut Auskunft des Energieberatungsunternehmens ist mit Mehrkosten … bei Ökostrom mit Neuanlagenquote mit Mehrkosten i.H.v. 1,5 ct/kWh zu rechnen.”

Für Ökostrom sei folglich mit jährlichen Mehrkosten von “bis zu 580.500,- €” zu rechnen.

Diese Behauptung bezweifelte die SBL-Kreistagsfraktion und beantragte Akteneinsicht. Dabei hätte sich herausgestellt, dass der Sachverhalt ein ganz anderer sei. Das Ergebnis der Akteneinsicht beschrieb die SBL in einem Brief an Landrat und Kreistag folgendermaßen:

“Dabei wird in der Drs. 10/919 (S. 3) der Eindruck erweckt, als ob mit Ökostrom gemeint sei, „die Stromerzeugung erfolgt vollständig aus regenerativen Energiequellen“


Bei der Akteneinsicht hätte sich, so die SBL, ergeben, dass die Drs. 10/919 zumindest als grob irreführend zu betrachten sei.

Denn die Aussage des beauftragten Energieberatungsunternehmens über die Mehrkosten beziehe sich keineswegs generell auf Strom, der aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird, sondern nur auf Ökostrom, für den ein formeller Herkunftsnachweis des Umweltbundesamtes (UBA) vorliegt.

Derartige Herkunftsnachweise werden jedoch nicht für Strom ausgestellt, der nach dem EEG gefördert wird. Damit fallen fast alle in den letzten 20 Jahren errichteten WEA und PV-Anlagen heraus.

Das UBA selbst äußere sich zu diesem Sachverhalt sehr deutlich:
https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/was-ist-ein-herkunftsnachweis.

Die Auskunft zu möglichen Mehrkosten für den Bezug von Ökostrom beziehe sich daher, so die SBL, nur auf ein sehr eingegrenztes Spektrum für Strom aus erneuerbaren Energien. Beim Strombezug des Kreises gehe es nicht um formelle Herkunftsnachweise des UBA, sondern um die tatsächlich genutzten Energiequellen.

Auch das beauftragte Energieberatungsunternehmen weise in seinem Schreiben vom 16.02.2024 an die Kreisverwaltung eindeutig darauf hin, auf welche Art von Strom sich seine Aussage über die zu erwartenden Mehrkosten bezieht. Es führt aus, dass derartige Herkunftsnachweise des UBA nur für WEA und für PV-Anlagen in Deutschland, die älter als 20 Jahre und daher aus der EEG-Förderung herausgefallen sind, oder für Strom aus dem Ausland (und somit ohne EEG-Förderung) ausgestellt werden.

Als Konsequenz sollte sich die weitere Beratung nicht auf den Begriff „Ökostrom“, sondern auf die Definition, dass der zu beziehende Strom komplett aus regenerativen Energien stammt, beziehen. Diese Begrifflichkeit sei auch im von der SBL zu diesem Tagesordnungspunkt eingebrachten Änderungsantrag bereits enthalten.

Aus der Akteneinsicht hätte sich klar ergeben , dass hier nur “Ökostrom” (mit einem Zertifikat), der aus mindestens 20 Jahre alten Anlagen in den Kostenvergleich einbezogen wurde. Damit scheide Strom aus allen neueren Wind- und Solaranlagen aus. Es sei daher tatsächlich nur ein sehr geringer Preisunterschied zwischen konventionellem Strombezug und regenerativen Energien zu erwarten.

Die SBL beantragte für die Entscheidung im Kreistag folgenden Beschluss:

„Es erfolgt eine Ausschreibung, an der sich nur Anbieter beteiligen können, deren Strom zu 100% aus regenerativen Energien erzeugt wird. Den Zuschlag erhält das Angebot mit den geringsten Bezugskosten.“

Mit den Stimmen von Landrat, CDU, FDP und SPD (!) entschied der Kreistag jedoch, dass die Vergabe alleine nach dem Preis erfolgen soll.

Die SBL betont, der Kreistag hätte vor einigen Jahren im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes ausdrücklich festgelegt, dass die eigenen Gebäude nur mit Strom aus regenerativen Energien betrieben werden sollten und fragt zum Schluss:

„Was sind solche Beschlüsse bei der aktuellen Mehrheit im Kreistag noch wert?“

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