Dortmunder Pausenbild: Graffiti ohne Punkt und Komma

Gilt auch der Umkehrschluss? (foto: zoom)

Wenn man tagaus, tagein auf Corona-Spaziergängen durch die sterbenden Fichten- und grünen Buchenwälder des Hochsauerlandes trottet, braucht es Abwechslung.

Bei angenehmen Temperaturen und trübem Wetter haben wir die Dortmunder Nordstadt durchstreift. Ich weiß nicht mehr, wo wir überall gewesen sind. Wir sahen schöne, wir sahen schmuddelige Straßen, graue und begrünte Fassaden, Parks, Kleingartenanlagen, zugeparkte Fußwege und den Hafen im Abrissmodus. Allerwegen Menschen, groß und klein, Sprachgewirr, Eltern und Kinder, Männergruppen und auch ein paar Junkies. Ein lebhaftes, vielfältiges Viertel.

Die Nordstadt hat eine schlechten Ruf. Drogen, Kriminalität. Wir sind weder ausgeraubt noch angemacht worden. Fische im Wasser; mit FP2-Masken, wo es eng wurde. Es ist Pandemie, wir haben uns nicht aufgehalten. Ein Café oder Döner wäre wohl nett gewesen. Weiter, weiter, weiter … Wir werden wiederkommen, wenn das Virus verschwunden ist.

Wird es hier in ein paar Jahren eine ähnliche Entwicklung wie in Altona, im Schanzenviertel oder in der Hamburger Hafenstadt geben? Erst die Graffiti, dann die Gentrifizierung?

8 Gedanken zu „Dortmunder Pausenbild: Graffiti ohne Punkt und Komma“

  1. Erst die Graffiti, dann die Gentrifizierung?

    Hmmm …- beschaftigen die Immo-Konzerne eventuell Graffiti-Söldner?

    Vonovia und Konsorten traue ich jegliche Art einer infamen Handlungsweise zu.

    1. @ g.p.

      nicht „infame“ Konzerne sind das Problem, sondern eine Gesellschaft, die sich Regeln gibt, die „infame“ Konzerne zum Ideal erklären: „Profit“ heißt das oberste Gebot, das befolgt werden muß, von allen.

      »Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie?

      Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?

      Was ist die Ermordung eines Mannes gegen die Anstellung eines Mannes?«

      Veröffentlicht / Quelle: 
      „Die Dreigroschenoper“ (Druckfassung 1931), III, 9 (Mac). In: Ausgewählte Werke in sechs Bänden. Erster Band: Stücke 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1997. S. 267

    2. Nun ja, die Immobilien in „Problemgebieten“ sind billig. Die Immobilienkonzerne können preiswert einkaufen, sanieren, teuer verkaufen. Die Rendite ist wesentlich höher als in „guten“ Stadtteilen.

      Migrant*innen, Student*innen, Künstler*innen, alternatives Milieu haben vorher dafür gesorgt, dass diese Stadtteile attraktiv („Leben mit Flair“) wurden.

      In der Dortmunder Nordstadt wird die gehobene Mittelschicht zwischen Hafencity und Einkaufsmeile wohnen, mit Flair und nicht so steril wie am Phoenix-See.

      Eine Idee, aber warten wir mal ein paar Jahre ab.

      1. … das Geld kauft, wo es will – und wird dabei tatkräftig von „der Politik“ – i.e. den falschen Regeln – unterstützt.

        Hier mal ein Beispiel fernab vom Mythos „Migrant*innen, Student*innen, Künstler*innen haben dafür gesorgt …“:

        https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnstadt_Carl_Legien

        Eindrucksvoll, groß, eine der Siedlungen der „Berliner Moderne“.
        Und jetzt kommt’s: von „sozial richtungsweisend“ in den Besitz der „Deutsche Wohnen“ …

        1. „fernab vom Mythos “Migrant*innen, Student*innen, Künstler*innen haben dafür gesorgt …”:“

          Das ist kein Mythos, sondern beobachtbar. Es bedeutet nicht, dass es nicht auch andere Entwicklungen gäbe.

          1. Zum Einstieg:

            https://geohilfe.de/humangeographie/stadtgeographie/laufende-prozesse/gentrification-definition-phasen-beispiel/

            „Nach Klaus Friedrich² werden die beteiligten Akteure unterschieden in:

            • Pioniere” – z.B. Studenten, alternative Szene, mit geringen Wohnflächenansprüchen
            • Gentrifier” – z.B. Yuppies, ledig und alleinlebend, leitende oder mittlere Angestellte mit höheren Flächenansprüchen
            • Andere – Restkategorie der ursprünglichen Quartiersbewohner, meist statusniederere, altersmäßige oder ethnische Randgruppe“

            https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/stadt-und-gesellschaft/216871/gentrifizierung-ursachen-formen-und-folgen

            „Die sogenannten „Pioniere“ der ersten Phase haben wenig Geld, aber in der Regel „kulturelles Kapital“ und ihre eigenen Lebensentwürfe, die sie verwirklichen wollen. Sie suchen und finden ihre Nische in der sozialen und ethnischen Vielfalt des Viertels. Ohne es zu intendieren, bereiten sie die Infrastruktur für die zweite Phase vor, machen das Viertel durch Kneipen, Galerien usw. für Außenstehende interessant.“

          2. … klar, die „Kleinen“ – “Migrant*innen, Student*innen, Künstler*innen“ – machen die Aktienkurse.

            Dieses äusserst weitsichtige Politikverständnis ist wissenschaftlich belegt.

          3. Ich höre auf mit jemandem zu „diskutieren“, der nicht argumentiert und fortwährend sein Pseudonym wechselt.

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