Florian Otto, Pirat und Initiator der Briloner FreiFunk Initiative, wirft der örtlichen SPD vor, mit ihrem Rats-Antrag zu freiem WLAN, die bestehende Initiative zu übergehen und „sich selbst an die Spitze einer neuen Bewegung zu stellen“.
Gleichzeitig lädt er die SPD-Fraktion ein, sich über FreiFunk und die Vorteile und Möglichkeiten eines von Bürgern getragenen Netzes zu informieren. Vielleicht, so Otto, könnten auf diese Weise hohe Kosten für ein kompliziertes und unattraktives System eingespart werden.
Wir veröffentlichen an dieser Stelle sowohl die Presseerklärung von FreiFunk als auch die der Briloner SPD.
Pressemitteilung der Initiative FreiFunk Brilon vom 17.11.2013:
Brilon braucht ein freies Bürgernetz: Freies WLAN nicht zum Spielball der Politik machen.
Wie die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Brilon am Freitag bekannt gab, plant sie in der kommenden Ratssitzung am 12. Dezember unter anderem einen Antrag zu „freiem“ WLAN in Brilon einzureichen. Dabei nimmt die SPD-Fraktion keine Rücksicht auf bereits bestehende Initiativen und versucht, sich selbst an die Spitze einer neuen Bewegung zu stellen.
Dass es auch anders funktioniert, zeigt aktuell eine Initiative des Bürgermeisters in Arnsberg. Hier wird im Stadtkern ein freies Funknetz ermöglicht, welches den Bürgerinnen und Bürgern immer frei zur Verfügung steht und auch das Problem der Störerhaftung behandelt. Es handelt sich um kein politisches Projekt, sondern um ein rein von Bürgern organisiertes Netz.
Mit der Initiative FreiFunk Brilon [1] wurde auch in Brilon schon ein solches Projekt ins Leben gerufen, welches zunächst die Versorgung der Briloner Innenstadt mit freiem WLAN als Ziel hat und auf lange Sicht möglichst weite Teile von Brilon mit einem Bürgernetz abdecken möchte.
Durch FreiFunk kann Bürgern, Besuchern und Unternehmern ein wirklich freies Netz geboten werden, welches ohne komplizierte Anmeldung und ohne Kosten für die Nutzer, getragen durch Freiwillige, funktioniert.
„Ich lade die SPD-Fraktion herzlich ein, sich über FreiFunk und die Vorteile und Möglichkeiten eines von Bürgern getragenen Netzes zu informieren. Vielleicht können so hohe Kosten für ein kompliziertes und unattraktives System eingespart werden,“ so Florian Otto, Initiator von FreiFunk Brilon.
Anhänge:
[1] FreiFunk Brilon – https://freifunk-brilon.net
Die Pressemitteilung der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Brilon vom 15.11.2013:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Brilon bittet die Verwaltung und die Wirtschaftsförderung zu prüfen, ob auch in Brilon die Einrichtung eines freien W-LAN Netzes möglich und rechtlich durchführbar ist.
In den USA, in Schweden, in Singapur ist es schon lange selbstverständlich. Ebenso in vielen Cafés und Treffpunkten für junge Leute. In Pforzheim ist es ein Prestigeprojekt und Hamburg und Berlin wollen es auch. Arnsberg ebenso. Im Bürgersaal ist es auch schon realisiert. Den kostenfreien Zugang ins Internet für die Einheimischen und Besucher, beginnend in Brilon, will die SPD-Stadtratsfraktion.
Ein freies Highspeed-WLAN – für alle, ohne zeitliche Beschränkung und für jedes mobile Gerät ist ein Erfolgsfaktor für eine Kommune und bringt Profit für die Unternehmen. Firmen, Läden, Restaurants, Hotels, Cafés und Praxen können davon profitieren. Hotelsuche, Reiseauskünfte, kulturelle Veranstaltungen können schnell und unkompliziert abgerufen werden. Gerade bei der Ankunft auf dem Marktplatz am Endpunkt des Rothaarsteiges oder am Briloner Bahnhof.
Heute ist es nämlich bereits vielerorts selbstverständlich einen Zugang zum Internet zu haben. In Pforzheim haben z.B. ansässige Firmen einen Verein gegründet, der das Vorzeigeprojekt auf den Weg gebracht hat. Dazu gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten von Bund und Land.
Ganz ohne Registrierung geht es allerdings nicht, denn wenn das mobile Endgerät z.B. mit dem Pforzheimer WLAN verbunden ist, erfolgt die Anmeldung über Email-Adresse und Mobilnummer. Daraufhin erhält der Nutzer einen Zugangscode via SMS zugeschickt.
Großstädte wie Hamburg, Berlin, Bremen, Leipzig verfügen schon über zahlreiche lokale Netzwerke. Hamburg will nun aufrüsten und auch an allen bestehenden Drahtlos-Internet-Orten 60 Minuten Surfen pro Tag kostenlos ermöglichen (sonst ab 0,09 Cent/Minute)!
Ein freier und öffentlicher Zugang zum Internet ist aus Sicht der SPD-Ratsfraktion ein wichtiger Wettbewerbsvorteil, gerade in einer Stadt, die auch vom Tourismus lebt.
Mit freundlichen Grüßen,
Hubertus Weber
Vorsitzender der
SPD-Fraktion
im Rat der Stadt Brilon
Mag sein, dass es mir an Sachkenntnis mangelt. Aber ich vermag im Offenen Brief Webers (SPD) nirgendwo die von Otto (Piraten) beklagte „Rücksichtslosigkeit“ zu erkennen. Falls die Pforzheimer Variante mit dem Zugangscode irgendwie „unfrei“ ist, könnte dies doch mal erklärt werden. Stattdessen: das Wörtchen „frei“ stets in Anführzeichen.
Zugegeben: ich bin kein Briloner, kenne also die „bereits bestehenden Initiativen“ nicht. Doch wenn ich lese, dass die SPD „freies WLAN nicht zum Spielball der Politik machen“ dürfe, frage ich mich, ob es nicht das Beste wäre, sie ließe ihre Erklärungen gleich von der Piratenpartei genehmigen.
Merke: wer Anderen Parteiegoismus vorwerfen will, sollte nicht allzu hölzern formulieren… – wegen der Grube, in die man so leicht selbst hineinfallen kann.
Gerne erkläre ich Ihnen, weshalb ich die in dem Antrag der SPD-Fraktion vorgeschlagene Variante nicht alle frei bezeichnen kann. Ich selber habe solche Systeme, welche eine Anmeldung erfordern, in mehreren Städten und auch im Ausland testen können und habe leider immer wieder feststellen müssen, dass dies doch immer wieder komplizierter ist, als es sich die Initiatoren wohl gedacht haben. Sei es, weil man sich erst lange durch eine Anmeldung klicken muss, oder weil es nicht mit einem ausländischen Gerät oder Netzbetreiber funktioniert. Für technisch weniger versierte Nutzer kann dies eine Hürde sein, die kaum zu überwinden ist.
Zudem werden bei diesen Systemen personenbezogene Daten verlangt, die schnell missbraucht werden können.
Zudem soll hier ein Zugang nur für 60 Minuten gewährt werden. Nach meinem Verständnis klingt das nicht wirklich nach einem freien Zugang.
Der Vorwurf, dass man hier bestehende Initiativen übergeht, kommt daher, dass man sich nur mal in der IT der Stadt Brilon hätte erkundigen müssen, denn dort wird ebenfalls – auch in Verbindung mit FreiFunk Brilon – an einem solchen Projekt gearbeitet.
Zu ihrem (versteckten) Vorwurf, ich würde hier selber Parteiarbeit betreiben (so verstehe ich Ihre letzten beiden Absätze), möchte ich anmerken, dass ich zwar aktives Mitglied der Piratenpartei bin, das Projekt Freifunk Brilon jedoch nicht als solches, sondern als Bürger betreibe. Der Hinweis, dass ich Pirat bin, wurde vom Autor dieses Blogs hinzugefügt. Freifunk Brilon steht in keinem Verhältnis zur Piratenpartei und soll ein unpolitisches oder zumindest überparteiliches Projekt sein. Hätte die SPD vorgeschlagen Freifunk einzusetzen, hätte die Pressemitteilung ganz anders gelautet.
Dass eine überparteiliche Arbeit bei diesem Thema sehr gut funktionieren kann, zeigt das angesprochene Projekt in Arnsberg, bei dem der Bürgermeister (CDU) mit Bürgern (unter anderem auch Piraten) zusammenarbeitet, ohne dass jemand versucht dem Projekt einen Stempel aufzudrücken.
Lieber Florian Otto,
meinen Vorwurf, Sie selbst betrieben Parteiarbeit, wollte ich nicht verstecken. Wenn er unberechtigt ist, 1. umso besser, 2. sorry! Danke für Ihre Erläuterungen die verschiedenen Systeme betreffend! Dies beträfe ja auch mich; denn ein System, das „für technisch weniger versierte Nutzer kann dies eine Hürde sein“, käme auch mir ziemlich ungelegen.
Nur: warum sollte Hubertus Weber daran gelegen sein? Er plädiert doch in seinem Schreiben an den Bürgermeister auch für „ein freies Highspeed-WLAN – für alle, ohne zeitliche Beschränkung“. Vielleicht solltet Ihr in Brilon mal auf die etwas altmodische Technologie des Telefons zurückgreifen. Es stehen doch keinerlei Wahlen an…
Liebe Grüße aus Duisburg
Werner Jurga
Ok, ich war mir nicht ganz sicher, ob der Vorwurf beabsichtigt war oder nur von mir hineininterpretiert. Aber ich bin froh, das geklärt haben zu können. (Und keine Angst, ich bin nicht nachtragend 😉 )
Aber noch einen Hinweis: Das Schreiben der SPD-Fraktion ist kein Brief an den Bürgermeister, sondern ein Antrag, der genau so im Briloner Stadtrat eingereicht werden soll. Ich versuche daher so früh wie möglich darauf hinzuweisen, dass das geforderte System mit Registrierung nicht unbedingt die beste Lösung ist und würde mich sehr über ein Gespräch mit der Fraktion freuen.
Leider hat aber bisher noch niemand versucht Kontakt mit mir aufzunehmen (meine PM ging auch per Mail und Facebook an die Fraktion).
Als Sozialdemokrat darf ich sagen: bei uns geht grundsätzlich Gründlichkeit vor Schnelligkeit 😉