Grundlage für Mietobergrenzen des HSK rechtswidrig?

Empfänger von Grundsicherung nach dem SGB II (“Hartz IV”) und dem SGB XII (Sozialhilfe) erhalten pro Monat einen festen Betrag für ihre laufenden Ausgaben und außerdem die Kosten ihrer Unterkunft, sofern diese Kosten als “angemessen” gelten.

(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Die erstattungsfähigen “Kosten der Unterkunft” reichen jedoch in vielen Fällen nicht aus, so dass von dem bereits sehr niedrigen Betrag für die Lebenshaltung teilweise 50 Euro oder mehr pro Monat für die fehlende Miete abgezweigt werden müssen. Für eine alleinstehende Person z.B. beträgt der monatliche Regelsatz 424 Euro; bis Dezember 2018 waren es 416 Euro. Als Miete durfte sie im Jahr 2018 z.B. in Brilon, Marsberg und Olsberg maximal 297,50 Euro zahlen, einschließlich aller Nebenkosten außer Heizung.

Für die Bestimmung der “angemessenen Höchstmieten” stellen die Kreise sog. schlüssige Konzepte auf. Dafür werden Erhebungen über tatsächlich gezahlte Mieten vorgenommen. Die Methodik für diese Datenerhebungen und die Zusammenfassung aus mehreren Gemeinden ist oft strittig. Auch im HSK hat die SBL/FW-Kreistagsfraktion seit Jahren darauf hingewiesen, dass das Konzept des Landrats und der Kreisverwaltung erhebliche Mängel aufweist.

Heute hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in mehreren Verfahren grundsätzliche Entscheidungen über die “schlüssigen” Konzepte für die angemessenen Mieten der Empfänger von Grundsicherungsleistungen getroffen. Es endete damit, dass die Bildung von “Wohnungsmarkttypen” innerhalb der “Vergleichsräume” (die meist dem Kreisgebiet entsprechen) nicht zulässig ist. Damit wurden die Bedenken der SBL/FW-Kreistagsfraktion nicht nur bestätigt, sondern als so erheblich betrachtet, dass sie zur Rechtswidrigkeit der aktuellen Konzepte führen.

Im “offiziellen” Terminbericht des BSG heisst es zum Thema des Wohnungsmakttypen:

“Nicht zulässig ist es jedoch, wenn ein Jobcenter, das den gesamten Landkreis als einen Vergleichsraum ansieht, innerhalb dieses Vergleichsraums die Städte und Gemeinden in mehrere Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Angemessenheitsgrenzen aufteilt. Denn für diese Aufteilung gibt es keine rechtliche Begründung, insbesondere können durch die Bildung von Wohnungsmarkttypen die Voraussetzungen für die Bildung und die Rechtsfolgen eines Vergleichsraums nicht geändert werden. Zudem mangelt es in den vorliegenden Verfahren für die einzelnen Wohnungsmarkttypen an einer sie rechtfertigenden sachlichen Herleitung.”

https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Terminberichte/2019_02_Terminbericht.html

Alle heute entschiedenen Konzepte wurden im Auftrag der einzelnen Kreise von der Hamburger Firma “Analyse & Konzepte” erstellt, die auch für den Hochsauerlandkreis tätig ist. Durch die Bildung von sog. Wohnungsmarkttypen wurden die an einen Vergleichsraum zu stellenden Anforderungen (insbesondere enge räumliche Verbundenheit) unterlaufen, so dass im Ergebnis vielfach zu niedrige Mietobergrenzen festgesetzt wurden. Das bedeutete für viele Betroffene erhebliche Abzüge von den Grundsicherungsleistungen, weil ihre Mieten angeblich nicht angemessen waren und daher nicht in voller Höhe erstattet wurden.

Der HSK wird nun sein Konzept verändern und wesentlich höhere Mieten als bisher anerkennen müssen.

Soziales: Wie teuer darf ein Alg2-Empfänger wohnen?

ArtikelWordleBei der Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße für Empfänger von Sozialleistungen ist ab dem 01.01.2010 eine Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zu berücksichtigen.

Tatsächlich ist aber vielen Menschen nicht der Wohnraum zugebilligt worden, der ihnen per Gesetz zusteht. Vielen wurden die Mietzahlungen gekürzt oder erst gar nicht ausgezahlt. Das Bundessozialgericht hat nun mit Urteil vom 16.05.2012 (B 4 AS 109/11 R) entschieden, dass die bisherige Vorgehensweise der Jobcenter und Sozialämter in NRW, die bei der Bemessung der Kosten für die Unterkunft lediglich 45 qm (plus 15 qm je weiterem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) zugrunde legten, rechtswidrig ist. Das bedeutet, Betroffene können Nachzahlungsanspruch auf ihnen vorenthaltene Mietkosten geltend machen.

Das zur Theorie.

Wie das Urteil in der Praxis umgesetzt wird, dazu stellte die Sauerländer Bürgerliste (SBL) am 10.09.2012 eine Anfrage an den Landrat. Mit Datum vom 23.11.2012, also über 2 Monate später, kam die Antwort zur „Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts zu den Kosten der Unterkunft im HSK“.

Die SBL hatte die Verwaltung nach den Maßnahmen und Vorkehrungen gefragt, die der HSK trifft, um das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.05.2012 möglichst schnell umzusetzen.

Die Antwort klingt, wie könnte es auch anders sein, bürokratisch. Sie lautet komprimiert, Jobcenter und Sozialämter im HSK seien gehalten, die neuen Angemessenheitsgrenzen (bei den Mieten) entsprechend anzusetzen, auch für die Vergangenheit. Für den Leistungsträger im Rahmen des §§ 44 SGB X bestehe insoweit von Amts wegen eine Verpflichtung tätig zu werden. Eine rückwirkende Neufestsetzung (der Mietzahlungen) in bestandskräftigen Entscheidungen sei wegen der gesetzlichen Fristen längstens bis zum 01.01.2011 möglich.

Eine gesonderte Antragstellung durch die leistungsberechtigten BürgerInnen sei daher nicht erforderlich.

Auf die Frage der SBL, ob der HSK diejenigen, die Anspruch auf Nachzahlung der ihnen vorenthaltene Mietkosten haben, über die Möglichkeiten zur Geltendmachung ihrer Rechte informiert, wurde vom Jobcenter der Kreisverwaltung mit „entfällt“ beantwortet.

Der HSK reagierte aber zwischenzeitlich ganz praktisch und beauftragte das Unternehmen „Analyse und Konzepte“ aus Hamburg mit der Durchführung der Befragung zur „Mietwerterhebung im Hochsauerland 2012“. Mit der Bitte um die Beantwortung diverser Fragen hat dieses Unternehmen nun etliche potentielle Mieter im Hochsauerlandkreis angeschrieben.

SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos reagierte daraufhin auch. Er stellte am 06.11.2012 per schriftlicher Anfrage 18 Fragen zur „Mietwerterhebung Hochsauerland 2012“ an den Landrat.

Beispielsweise möchte er erfahren, wie viele Personen angeschrieben wurden, wie die Auswahl der Adressen erfolgt ist, welche Kosten für die Erhebung und die Auswertung kalkuliert sind und warum die Kreisverwaltung den Weg der teuren Studie geht, anstatt die von den Sozialgerichten festgelegten Mieten zu akzeptieren.

Wie das „Hartz-Leben und –Wohnen“ im Hochsauerlandkreis in der Praxis aussieht, schildert ein sehr lesenswerter Bericht der IG Metall Arnsberg. „Bürokratie kontra Mensch“, so könnte die Überschrift lauten.

Klick:
http://www.igmetall-arnsberg.de/153-neues-aus-hartz-oder-warum-wir-im-hsk-einen-obmann-zu-hartz-iv-brauchen.html

Mindestens 50 qm Wohnfläche für Empfänger von Sozialleistungen. Betroffene können Nachzahlungen geltend machen.

In solch einem Haus muss niemand wohnen (archiv: zoom)
In solch einem Haus muss niemand wohnen (archiv: zoom)

Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße für Empfänger von Sozialleistungen ist ab dem 01.01.2010 eine Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zu berücksichtigen.

Tatsächlich ist aber vielen Menschen nicht der Wohnraum zugebilligt worden, der ihnen per Gesetz zusteht. Vielen wurden die Mietzahlungen gekürzt oder erst gar nicht ausgezahlt.

Das Bundessozialgericht hat nun mit Urteil vom 16.05.2012 (B 4 AS 109/11 R) entschieden, dass die bisherige Vorgehensweise der Jobcenter und Sozialämter in NRW, die bei der Bemessung der Kosten für die Unterkunft lediglich 45 qm (plus 15 qm je weiterem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) zugrunde legten, rechtswidrig ist.

Das bedeutet, Betroffene können Nachzahlungsanspruch auf ihren vorenthaltene Mietkosten geltend machen.

Reinhard Loos, Kreistagsmitglied der Sauerländer Bürgerliste (SBL), stellte dazu am 10.09.2012 folgende Anfrage an den Landrat:

  • Welche Maßnahmen und Vorkehrungen trifft der HSK, das Urteil des
    Bundessozialgerichts vom 16.05.2012 möglichst schnell umzusetzen?
  • Erfolgt die Überprüfung der Akten bei Nachzahlungsansprüchen nur
    im Einzelfall und auf Antrag?
  • Falls nein, in welcher geeigneten Form informiert der HSK die
    Betroffenen, die ggf. einen Anspruch auf Nachzahlung der ihnen
    vorenthaltene Mietkosten haben, über die Möglichkeiten zur
    Geltendmachung ihrer Rechte?