Rudolf Steiner kafkaesk

„Zeichnung Nil Auslaender

Franz Kafka in seinem Tagebuch, 28. März 1911:

„Mein Besuch bei Dr. Steiner“

„(…) In seinem Zimmer suche ich meine Demut, die ich nicht fühlen kann, durch Aufsuchen eines lächerlichen Platzes für meinen Hut zu zeigen, ich lege ihn auf ein kleines Holzgestell zum Stiefelschnüren. (…)

Er hörte äußerst aufmerksam zu, ohne mich offenbar im geringsten zu beobachten, ganz meinen Worten hingegeben. Er nickte von Zeit zu Zeit, was er scheinbar für ein Hilfsmittel einer starken Konzentration hält. Am Anfang störte ihn ein stiller Schnupfen, es rann ihm aus der Nase, immerfort arbeitete er mit dem Taschentuch bis tief in die Nase hinein, einen Finger an jedem Nasenloch.“

Damit ist Franz Kafkas Verachtung für Rudolf Steiner auch schon zusammengefasst.

Harry Rowohlt, Kurt Tucholsky

So um die 100 Jahre später sagt Harry Rowohlt über Rudolf Steiner: „Töne wie aus einer undichten Gummizelle“

Und für Kurt Tucholsky ist Rudolf Steiner: „Der Jesus Christus des kleinen Mannes“

100 Jahre Waldorfschule 2019

Nur das deutsche Bürgertum ist bis heute von Rudolf Steiner begeistert. Die von Steiner begründeten „Waldorfschulen“ sind erste Wahl, wenn Besserverdienende eine Schule ohne Kinder aus „sozial schwachen Verhältnissen“ und ohne Ausländer suchen: „Man bleibt gern unter sich“

So feiert man zum Jubiläum der Waldorfschulen 2019: „100 Jahre Pädagogik aus dem Esoterik-Baukasten“

Schließlich ist Rudolf Steiner als „Philosoph“ so gut wie als „Hellseher“ – man muss nur dran glauben, und das fällt doch gleich viel leichter, wenn es „staatlich anerkannt“ ist.

 

„Hast Du Chuck Berry abgehängt, weil ‘Gibson’ pleite ist?“

Chuck Berry, „My Ding-A-Ling“, gemalt von Nil Auslaender

„Hast Du Chuck Berry abgehängt, weil ‘Gibson’ pleite ist?“, frage ich Nil Auslaender.

„Nein, es war mal Zeit für was anderes“, sagt Nil, und fragt: „‘Gibson’ – woher weißt Du …?“

„Ich spiel auch ein wenig Gitarre – und ‘Gibson’ ist DIE E-Gitarre, neben ‘Fender’ …“

„Chuck Berry hängt jetzt im Dienstboten-Aufgang – dem Treppenhaus nur für’s Personal – hab’ ich auch gemietet, als Galerie, willst Du mal sehen?“

„Ja!“

Das ist aber ‘speziell’, es kommt mir vor, als ob ich durch ein ganzes Leben steige, und sage später, Nil hatte mich allein gelassen:

„Sehr eindrucksvoll! Wenn man die Treppen hoch steigt, denkt man irgendwann, das geht immer so weiter, hört nie mehr auf …“