Kloster Dalheim: Verschwörungstheorien früher und heute

Von allen Verschwörungstheorien ist die Bielefeldfeldverschwörung  die harmloseste. Besser noch – sie ist eine Satire. (foto: zoom)

Von der jüdischen Weltverschwörung über Hexen hin zu Illuminaten und Freimaurern; Reptiloide, Barcodes, Impfgegner und Klimawandelleugner – im LWL Museum Kloster Dalheim kann man die krudesten, aber auch gefährlichsten Verschwörungstheorien der Menschheitsgeschichte entdecken.

Ein Blick in die Geschichte zeige, dass unsichere Zeiten die Popularität von Verschwörungstheorien(VT) begünstigten. Im 300-seitigen Begleitband zur Ausstellung[1] heißt es, dass VTs den verunsicherten Menschen „willkommene Antworten auf drängende Fragen nach dem Warum“ lieferten[S.7].

Zugleich erzeugten VTs „Feindbilder – mit teils drastischen Folgen.“[ebendort]

Das Fotografieren in der Ausstellung ist verboten. Draußen findet man allerdings genügend Motive. (foto: zoom)

Dass Verschwörungstheorien verheerende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, zeigen, um hier nur zwei Beispiele zu nennen, die Hexenverbrennungen im Mittelalter und die Ermordung von sechs Millionen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland.

Wir hatten heute Glück. Weil irgendein „Tag der Museumsgärten“(?) war, mussten wir keinen Eintritt bezahlen. Dafür haben wir uns das Buch zur Ausstellung, welches einen gut hundertseitigen theoretischen Teil und fast 200 Seiten Dokumentation der Exponate umfasst, gegönnt.

Wer im Internet unterwegs ist, dem werden einige der in der Ausstellung behandelten „modernen“ VTs nicht fremd vorkommen: Chemtrails, böse Barcodes, die heimliche Flourvergiftung, Impf-Autismus, neue Weltordnung, Reichsbürger. Klimawandelleugner, AfD … schaut selber rein. Es lohnt sich.

Soweit der positive Teil meiner Eindrücke von heute. Nun die Einschränkung: die Ausstellung ist sehr „textlastig“. In den abgedunkelten Räumen sind manche Text-Täfelchen kaum zu lesen, andere hängen so tief, dass man sich niederknien muss, um sie zu lesen.

Exponate werden zwar ausgestellt und illustrieren die jeweilige Verschwörungstheorie, aber gerade bei den älteren Schriften hätte ich mir eine Übersetzung gewünscht. Wer kann den Hexenhammer im Originalschriftbild oder die Prawda vom 13. Januar 1953 zur Ärzteverschwörung im Original lesen?

Ich habe fast drei Stunden in der Ausstellung verbracht, weil ich noch aus der „Lesezeit“ stamme und alles, was dort für mich verständlich geschrieben stand, aufgesogen und keine Erklärungstafel, kein Exponat oder Erklärfilmchen ausgelassen habe.

Fazit: Die Ausstellung ist umfassend, man muss sich lesend anstrengen. Kauft das Buch und lest es.

Der Rest des ehemaligen Klosters Dalheim ist ebenfalls ganz interessant: Pflanzengarten, Café, Schafe und Bienenstöcke. Die Schmiede haben wir links liegen gelassen.

Die Außenanlagen des ehemaligen Klosters sind sehr pittoresque. (foto: zoom)

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[1] Verschwörungstheorien früher und heute, hrsg. Stiftung Kloster Dalheim, Lichtenau-Dalheim/Münster 2019

15 Gedanken zu „Kloster Dalheim: Verschwörungstheorien früher und heute“

  1. @Andreas Lichte

    Jau, das kann der Begriff, angewandt in der (politischen) Auseinandersetzung auch bewirken.

    Er entspricht nicht dem wissenschaftlichen Theorieverständnis.

    Im Begleitband zur Ausstellung werden andere Begriffe (nach Pfahl- Traughber) vorgeschlagen:

    1. Verschwörungshypothese (korrekturfähig)

    2. Verschwörungsideologie (monokausale Erklärung)

    3. Verschwörungsmythos (erfundene Gruppen)

    2. und 3. seien nicht korrekturfähig.

    Frage: Hast du ein Beispiel für deine These?

    1. @ zoom

      „Verschwörungstheorie“ durch eine ganze Reihe variierter Begriffe einen noch größeren Bedeutungsbereich zu geben, steigert die Effektivität der Kontrolle – weißt Du, wo Pfahl-Traughber u.a. gearbeitet hat: im Bundesamt für Verfassungsschutz

      ( Pfahl-Traughber ist Autor beim phd, von dort kenne ich ihn )

      1. … „Pfahl-Traughber ist Autor beim „hpd“ („Humanistischer Pressedienst“) , von dort kenne ich ihn“

        das: – „phd“ – statt – „hpd“ – war die automatische Rechtschreibkorrektur (oder der Verfassungsschutz? Achtung: „Verschwörungstheorie“!)

    2. @ zoom

      „Frage: Hast du ein Beispiel für deine These?“

      Nähern wir uns doch mal mit einem Beispiel aus Praxis der Verwendung des Begriffes „Verschwörungstheorie“…:

      Warum wird der Artikel von Prof. Klaus Prange, „Die Waldorfschule als Bekenntnisschule“, veröffentlicht vom „Humanistischen Pressedienst“, https://hpd.de/artikel/waldorfschule-bekenntnisschule-15939

      unter „Verschwörungstheorie“ eingeordnet? Siehe das folgende google-Suchergebnis:

      „Die Waldorfschule als Bekenntnisschule – Verschwörungstheorien …
      http://www.newslocker.com/de-de/nachrichten/…/die-waldorfschule-als-bekenntnisschule/
      20.09.2018 – Wenn Anthroposophen bei Artikeln von Andreas Lichte zur Waldorfpädagogik kommentieren, ist sicher, dass sie irgendwann schreiben: …“

  2. @Andreas Lichte

    Der newslocker Link funktioniert nicht.

    Als was würdest du denn die den Pogromen gegen die Juden oder gegen die angeblichen Hexen zugrunde liegenden Verschwörungsmythen bezeichnen.

    1. @ zoom

      über „Juden“ oder „Hexen“ möchte ich hier nicht diskutieren – ist mir „zu groß“ –, aber so viel sei gesagt:

      ich würde die Judenverfolgung NIEMALS als durch eine „Verschwörungstheorie“ verursacht einordnen, das würde – nach Deiner Liste im Artikel – bedeuten, dass ich die „Judenverfolgung“ gleich gewichte wie z.B. „böse Barcodes“ …

      damit gäbe man „Blödsinn“ – „böse Barcodes“ – die gleiche Relevanz, wie einem sehr wichtigen historischen Ereignis – der „Judenverfolgung“ –

      womit ein weiteres Problem des Begriffes „Verschwörungstheorie“ genannt ist

    2. @ zoom

      ob der „newslocker Link“ jetzt noch funktioniert (er tat es früher) ist unwichtig:

      Ein Artikel, siehe oben, wird als „Verschwörungstheorie“ eingeordnet – warum?

  3. @Andreas Lichte

    „ob der “newslocker Link” jetzt noch funktioniert (er tat es früher) ist unwichtig“

    Warum verwendest du ihn dann?

    „über “Juden” oder “Hexen” möchte ich hier nicht diskutieren“

    Es ging um die zu Grunde liegenden Verschwörungsmythen(?), die ja auch Gegenstand der Ausstellung sind.

    Aber gut, dann bin ich raus.

    1. @ zoom

      die Judenverfolgung auf eine „Verschwörungstheorie“ zurückzuführen, ist abenteuerlich.

      Für die Judenverfolgung gibt es die verschiedensten historischen Ursachen, beispielsweise die vormals (bis wann?) übliche Lesart der Bibel, dass die Juden Schuld am Tod Christi tragen …

      usw., usw.

      wie gesagt, „zu groß“, um das hier im Detail zu diskutieren.

    2. @ zoom

      … die Antwort ist naheliegend (dazu braucht man keinen „link“):

      der Artikel von Prof. Klaus Prange wird als eine „Verschwörungstheorie“ eingeordnet, weil Prange eine Minderheitenmeinung – eine Außenseiterposition – vertritt, die in maximalem Widerspruch zur mainstream-Berichterstattung über die Waldorfschulen steht.

      Falls man den Begriff „Verschwörungstheorie“ ernst nimmt, als „seriös“ ansieht, ist Prof. Prange damit diskreditiert:

      “Verschwörungstheorie” ist ein sehr einfaches, und effektives Mittel, Kritik zu verhindern.

  4. @Andreas Lichte

    „… die Antwort ist naheliegend (dazu braucht man keinen “link”):“

    Da du den Link gepostet hast, würde ich den Inhalt schon gerne sehen.

  5. Schreib irgendetwas Kritisches zur „Waldorfschule“, und Du bekommst als Kommentar „Verschwörungstheorie“ …

    Jutta Ditfurth hat meinen Artikel „100 Jahre Waldorfschule: Rudolf Steiners ‘survival of the whitest’“ auf facebook zitiert, und in einem Kommentar …:

    https://de-de.facebook.com/Jutta.Ditfurth/posts/2087337168062557

    „Jutta Ditfurth

    8. Juni um 21:30

    „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“ ist ein Ausspruch Rudolf Steiners, der die vom Begründer der Waldorfschulen behauptete Überlegenheit der „Weißen“ zusammenfaßt. Der Erziehungswissenschaftler Prof. Heiner Ullrich behauptet dagegen in der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Rassentheorien spielen meiner Einschätzung nach aber in der heutigen Waldorf-Pädagogik keine Rolle.“ Passt das zusammen?

    Auch der Geschichtsunterricht der Waldorfschule ist Anthroposophie. Hier stellt sich die Frage, ob der Erziehungswissenschaftler Heiner Ullrich wirklich nicht weiß, was in der Waldorfschule als „Geschichte“ unterrichtet wird, wenn er behauptet: „Rassentheorien spielen meiner Einschätzung nach aber in der heutigen Waldorf-Pädagogik keine Rolle.“

    Die in der Waldorfschule unterrichtete anthroposophische „Kulturepochenlehre“ beschreibt eine fiktive Völkerwanderung auserwählter Menschen von „Atlantis“ nach (die „Kulturepochen“ in chronologischer Reihenfolge): 1. Urindische Kultur, 2. Urpersische Kultur, 3. Ägyptisch-Chaldäische Kultur, 4. Griechisch-Lateinische Kultur, 5. Germanisch-Angelsächsische Kulturepoche (1413 – 3573 n. Chr., unsere gegenwärtige Epoche).

    Diese fiktive Völkerwanderung nach Rudolf Steiner steht im Widerspruch zum heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und ist – eine rein weiße Menschheitsgeschichte. Herr Ullrich, wie würden Sie das nennen? „Eurozentrismus“? Oder vielleicht doch deutlicher „Rassismus“? Falls Sie noch im Zweifel sind, lesen Sie doch einmal die Details nach, schauen Sie sich an, was so alles in den „Geschichtsepochenheften“ der Waldorfschüler*innen zu finden ist, siehe: „Geschichte in der Waldorfschule: ‘Atlantis’ und die ‚Rassen’“.

    „(…) Tatsächlich sind der Rassismus, die Entwicklungslehre, die Geschichtsphilosophie und die übrigen Bausteine des Zeitgeists des späten 19. Jahrhunderts, die Rudolf Steiner zu einer eigenen Weltanschauung [„Anthroposophie“] amalgamiert hat, so eng verbunden, dass man da nicht nur ein ‘bisschen’ Waldorf sein kann. Allerdings machen die Waldorfschulen das schon geschickt: Sie fallen nicht mit der Tür ins Haus, sie unterrichten nicht direkt aus Steiners Werken, sondern sie lassen ihre Weltanschauung eher still und heimlich in ihre Arbeit einfließen, in ihre Kinderwahrnehmung, in ihre Auswahl der Unterrichtsinhalte usw. Ähnlich wie auch bei anderen Sekten ist das ein schleichendes Gift, dessen Wirkung man oft erst merkt, wenn es fast zu spät ist (…)“

    https://hpd.de/artikel/100-jahre-waldorfschule-rudolf-steiners-survival-of-the-whitest-16893

    Kommentar mit „verschwörungstheoretisch“:

    „Simmse Naight

    Der Schluss klingt ein bisschen verschwörungstheoretisch. Also wenn nicht mehr direkt aus Steiners Rassentheorie Unterrichtet wird, und das ist so, kann man nicht davon sprechen, dass der Geschichtsunterricht per se rassisisch ist. Tatsächlich ist es nämlich so, dass die Rassenlehre als überholt und dem Zeitgeist geschuldet gesehen wird, und deshalb nicht mehr unterrichtet wird. Es ist halt in den linken kreisen schon so angesagt, über Waldorfschulen zu lästern, dass es jetzt schon reicht In esoterischer Manier von schleichen dem Gift zu schwurbeln“

  6. Ein weiteres Beispiel für den Gebrauch von „Verschwörungstheorie“ / „verschwörungstheoretisch“,

    aus dem anthroposophischen Newsletter „Info3-Bewegungsmelder“:

    „Medwatch, Christian Honey, 03.12.2019

    Das vermeintliche Mistel-Wunder: Der Masterplan der Anthroposophie

    Ein weit ausholender Rundumschlag gegen die Anthroposophische Medizin im Allgemeinen und die Misteltherapie im Besonderen auf dem Skeptiker-nahen Medwatch-Blog: Der Artikel lässt sich nicht nur lang und breit über die angebliche Wirkungslosigkeit der Misteltherapie aus, sondern wettert auch gegen Forschung und Lehre zum Thema. Obendrauf gibt es noch leicht verschwörungstheoretisch Angehauchtes zu den vermeintlich mächtigen dahinterstehenden anthroposophischen Netzwerken aus Arzneimittelherstellern und weiteren Akteuren, z.B. der Software AG-Stiftung.

    zum Artikel:“ https://medwatch.de/2019/12/03/das-vermeintliche-mistel-wunder-der-masterplan-der-anthroposophie/

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