Ich bin traurig: Hermann Ludwig Gremliza (* 20. November 1940 in Köln, † 20. Dezember 2019 in Hamburg)

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=yG6s93MTGOA

 
Als ich heute Nachmittag über Twitter die Nachricht vom Tod Hermann Gremlizas erhielt, war ich traurig und habe mich ins Auto gesetzt, um an einen Ort zu fahren, an dem es Licht gab.

Disclaimer: unser Stadtteil ist in der düsteren Jahreszeit eben das: dunkel.

Mein Leben in Zeitschriften: Die ZEIT, der Spiegel, STERN und dann Konkret, wegen Gremliza. Die ZEIT bezog ich als Schüler im Abo und quälte mich durch die bombastischen, hypermetaphorischen Leitartikel von Theo Sommer, auf der Suche nach dem Sinn hinter all dem Sprachballast.

Dann kam Gremliza und zerriss monatlich chirurgisch präzise die Sprachgetüme und Wolken von Theo Sommer.  Seitdem folgte ich Hermann Gremliza.

Nicht alle Artikel in der Monatszeitschrift Konkret, für die Gremliza seit 1974 als Herausgeber zeichnete, fand ich gelungen, aber solange Theo Sommer auf der letzten Seite im „Express“ von Gremliza auseinandergenommen wurde und Horst Tomayer seine Scherze mit den Mächtigen trieb, verzieh ich der Zeitschrift vieles.

Die unbeirrbare Israel-Solidarität, die der linke Sozialdemokrat (bis 1989) dann parteilose Gremliza durch alle Jahrzehnte beibehielt,  war ein Kompass, der mehr Menschen in wirren politischen Zeiten geholfen hat, dem Antisemitismus nicht auf den Leim zu gehen, als es die Auflage der Konkret vermuten lässt.

„Vielleicht der größte Journalist des Landes“, schreibt heute Martin Krauss in der Jüdischen Allgemeinen.

Dass ich als Student keinen „Palästinenser-Schal“ getragen und später keine Sympathie für BDS entwickelt habe, verdanke ich unter anderem auch Hermann Gremliza.

R.I.P.

8 Gedanken zu „Ich bin traurig: Hermann Ludwig Gremliza (* 20. November 1940 in Köln, † 20. Dezember 2019 in Hamburg)“

  1. Hermann Ludwig Gremliza kannte ich bis heute nicht.

    So blieb die mitte-extremistische „Zeit“ unkommentiert:

    „Was ich heute noch dieser Erziehung zugutehalte, wir wurden zur Wahrhaftigkeit erzogen. Wir wurden zu Lauterkeit erzogen, zu Rechtschaffenheit“, Theo Sommer, Chefredakteur und Herausgeber der „Zeit“, über die „Nationalpolitische Lehranstalt“, „Napola“:

    „Die Zuschauer müssen sich selbst fragen, welchen ideologischen Schutt die im Nationalsozialismus Erzogenen ihren Nachkommen weitergegeben haben. Und was es bedeutet, wenn Theo Sommer meint, die »Eliteauswahlkriterien« der Napola seien »ja vielleicht gar nicht so schlecht« gewesen. Er macht fast den Eindruck, stolz auf seine Ausbildung an einem Ort der Elitenbildung zu sein, wenn er am Anfang des Filmes [»Herrenkinder«] sagt: »Wir wurden gefordert, was jungen Menschen guttut.«“

    Quelle: http://www.taz.de/!44862/

  2. @Andreas Lichte

    Ich habe mich als Schüler durch die Artikel von Theo Sommer gequält und war dann froh, als mich Gremliza von meinen Qualen erlöste.

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