Anfang Mai habe ich mir unverzüglich das Deutschlandticket der Deutschen Bahn gekauft und bin zufrieden, wahrscheinlich weil ich nicht auf die Bahn angewiesen bin, denn ich nutze die Zugverbindungen lediglich für das Freizeit-Radeln. Auf diese Weise kann ich bei der Routen- und Zeitplanung überfüllte oder unzuverlässige Strecken meiden.
Beispielsweise fahre ich am Wochenende oder an Feiertagen immer raus aus Winterberg, damit ich nicht mit den Ruhrtalradlern in den Zugabteilungen kollidiere. Diese wollen ihre Tour an der Ruhrquelle beginnen, was mich als Winterberger Bürger nicht interessiert. Die Hauptidee lautet: Gegen den Strom!
Am letzten Sonntag bin ich sehr früh aufgestanden. Die zweite Idee ist: Loskurbeln, bevor die Motorradfahrer*innen und Sportwagenbesitzer*innen ausschwärmen. Die Straße war mein, und schnell war ich auf der L 740 von Siedlinghausen nach Winterberg geradelt, dann hinunter nach Elkeringhausen und durch das wunderbare Orketal Richtung Medelon. Von dort aus führt ein asphaltierter Wirtschaftsweg nach Medebach.
Die Motorradfahrer*innen schliefen immer noch.
Über Wagners Fischteiche geht es zwei Mal steil hoch und runter nach Goddelsheim.
Einerseits hätte ich gern die Angler links und rechts des Teichs mit ihren putinesk-nackten Oberkörper als Einheits-Look fotografiert, andererseits haben die Männer ein Recht am eigenen Bild. Banane auspacken, Kalorien tanken und weiter nach Goddelsheim. Es geht noch einmal sehr steil bergauf.
Im Ort angekommen führt die Radroute auf einem Feldweg nach Nordenbeck, aber da die Motorradfahrer*innen noch beim Frühstück saßen, habe ich flugs die Straße genommen. Kurz vor Korbach beginnt erneut ein asphaltierter Radweg, der bei ALDI auf die Umgehungsstraße mündet.
Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung zum Hauptbahnhof, auch wenn ich mich in der Innenstadt von Korbach regelmäßig verfahre.
Zwar war der Aufzug zum Gleis 2 kaputt, aber ein netter Mensch hat mir beim Hochwuchten des E-Bikes geholfen. Das Gewicht ist der große Nachteil der Pedelecs und macht sie in manchen Situationen nur mühsam manövrierbar. Negativ herausheben möchte ich an dieser Stelle die beiden Bahnhöfe in Winterberg-Silbach und Winterberg-Siedlinghausen, die nicht im mindestens barrierfrei sind. Der Abstand zwischen Ausstieg und Bahnsteig ist zu hoch. Ich warte stets auf den Bandscheibenvorfall beim Hineinheben bzw. Herabsenken des Rads während des Ein- und Ausstiegs.
Zurück nach Korbach in Hessen. Der Zug nach Kassel fährt tagsüber jede Stunde bis zum Bahnhof Wilhelmshöhe, die Fahrradmitnahme ist kostenlos und unproblematisch.
Die Universitätsbibliothek am Holländischen Platz hat am Sonntag geöffnet und so konnte ich die vorbestellten Schockwellen der Klimaökonomin Claudia Kemfert abholen, mit der Familie durch die Stadt radeln und in der Südstadt eine leckere Bowl essen. Durch den Park Schönfeld zurück zum Bahnhof, ab in den Zug nach Korbach und die 45 Kilometer nach Siedlinghausen auf gleicher Strecke wie morgens nach Hause geradelt. Im Orketal war es inzwischen schattig und kühl.
Der Akku hatte noch genug Ladung für den Anstieg zwischen Elkeringhausen und Winterberg. Außerdem blieben mir noch ein großes Stück Schokolade für die Muskelarbeit.
Und was ist die Moral von der Geschichte? Man kann für wenig Geld mit einer Rad-Bahn Kombination schöne Touren rund um oder auch aus dem Hochsauerland heraus machen. Während sich viele Tourist*innen in Winterberg den Platz streitig machen, habe ich die Landschaft fast für mich allein gehabt.
Traurig an diesem Wochenende: erneut wurde ein schwer verletzter Mountainbiker mit dem Huschrauber aus der MTB-Arena, diesmal nicht Kappe, sondern Gellinghausen, in eine Spezialklinik abgeflogen: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/65847/5531469
Mein Motto bleibt: antizyklisch fahren. Radtouren für Feiglinge sind am gesündesten. Meide den Verkehr und die Massen.
