Die Lokalzeitung und das Wetter – eine merkwürdige Allianz voller Nonsense

Am 29. März auf einer Tour durch das Hochsauerland, hier zwischen Altastenberg und Bödefeld (foto: zoom)

Ich frage mich manchmal, unter welchem Stein die Lokalredaktion der Westfalenpost haust. Am 29. März erschien ein Artikel mit der Überschrift „Prognose: Wann endet endlich das Winterwetter im Sauerland?“ Als Aufmacher ein dpa-Foto mit einem schneebedeckten Vogelhäuschen plus strubbeliger Kohlmeise. „Der Winter scheint endlos“ , heißt es weiter im ersten Satz des Textes.

Ich mache es kurz: Die Frage, wann denn das Winterwetter im Sauerland ende, ist unsinnig, denn schon längst haben sich Winter und Winterwetter für diese Saison verabschiedet. Die Mischung aus Sonne, Wolken, Regen, Graupel, Schnee, Wärme und Kälte, die wir seit einiger Zeit erleben, kenne ich seit Jahr und Tag unter dem Namen „Aprilwetter“, in diesem Fall wäre es ein verfrühtes Aprilwetter im März.

Vor zwei Tagen, am 29. März, als der Artikel nach dem Ende des Winterwetters fragt, radele ich fast 70 Kilometer durch das Hochsauerland, von Siedlinghausen hoch zum Großen Bildchen, durchs Sorpetal und in einem großen Bogen zurück nach Hause. Keine Spur von Winterwetter.

Ich habe den Verdacht, dass die Westfalenpost alles daran setzt, so oft wie möglich Begriffe, die mit Winter und Schnee zu tun haben, in ihren Überschriften unterzubringen. In der Realität bleibt oft ein laues Lüftchen statt „Wintereinbruch“ oder gar „Schneewalze“. Nicht selten sind die Artikel dann noch mit Archivbildern oder wie in diesem Fall dpa-Fotos geschmückt.

Die Realität ist doch, dass der März wieder einmal viel zu warm war, dass wir viele Tage im Winter hatten, an denen die Hügel grün blieben. Ja, es gab auch Schnee, aber der wurde dann immer mal wieder von warmen Regenfronten weggefressen.

Übrig blieben dann die weißen Kunstschnee-Bänder auf den braunen Hügeln von Winterberg. Ein trauriger Anblick, wie ich ihn hier am 19. März festgehalten hatte:

Der Winter hatte sich am 19. März schon längst verabschiedet. In der Ferne ist klein das „Skikarussell“ zu erkennen. (fotoarchiv: zoom)

Die Lokalzeitungen befinden sich in einer Krise. Die Digitalangebote können den Schwund der Print-Abonnent*innen nicht kompensieren.

Ich glaube nicht, dass marktschreierische, Klickzahlen erheischende Titel den Ausweg bieten. Gerade bei Lokalzeitungen merken die Leser*innen sehr schnell, wenn Titel, Aufmachung und Inhalt des Angebots nicht stimmig sind.

Meine Wetterinformationen hole ich mir beim Deutschen Wetterdienst. Die wissen wenigstens, wann der Winter zu Ende ist und der Frühling begonnen hat.

Zur Krise des Lokaljournalismus habe ich heute Nachmittag auf WDR 5 im Westblick zwei gute Beiträge gehört.

Zeitungssterben in NRW: Immer weniger Abonnenten, steigende Produktionskosten: Für viele Zeitungsverlage sind die Zeiten schwierig, besonders, was den Verkauf der Printausgaben angeht. Gespart wird besonders häufig im Lokaljournalismus, berichtet Torsten Reschke.

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-westblick-aktuell/audio-zeitungssterben-in-nrw-102.html

Interview Prof. Wiebke Möhring, TU Dortmund: Warum sind viele Zeitungen in wirtschaftliche Notlage geraten? Haben Verleger zu spät auf digitale Produkte umgestellt? Und welche Folgen hat es für unsere Gesellschaft und Demokratie, wenn Zeitungen in der Region kein qualitativ hochwertiges Angebot mehr anbieten zu können? Zu diesen Fragen forscht Prof. Wiebke Möhring an der TU Dortmund.

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-westblick-aktuell/audio-interview-prof-wiebke-moehring-tu-dortmund-100.html