Vogelschutzgebiet Marsberg/Brilon: Statt billiger Polemik, Chancen des Vogelschutzgebiets nutzen.

Bartkäuze sind sehr fotogen. Hier nicht im Vogelschutzgebiet, sondern im Dortmunder Zoo. (Symbolbild: Archiv zoom)

Hohe Wellen schlägt derzeit das geplante Vogelschutzgebiet Brilon – Marsberg, das auf Initiative des VNV ausgewiesen werden soll und wo im Verfahren bis zum April die Grundeigentümer Einwendungen einlegen können.

(Gastbeitrag von Matthias Schulte- Huermann, SBL)

Zum einen werden erhebliche Vorwürfe gegen den Verein für Natur und Vogelschutz erhoben: *Stickum habe der Verein umfangreiche ornithologische Kartierungen vorgenommen* (WP), und gleichzeitig wird von Vertretern von CDU/SPD und FDP die Sachkompetenz des Vereins in Frage gestellt. Umso erstaunlicher ist dieser Aufschrei, wenn man weiß, dass der VNV seit Jahrzehnten sowohl für den Hochsauerlandkreis als auch für das Landesamt für Naturschutz seine Sachkompetenz zur Verfügung stellt. Und warum werden diese Vorwürfe an einen Verein gerichtet, der nichts anderes gemacht hat, als seine Aufgabe zu erfüllen: Nämlich sich wirksam für den Vogelschutz einzusetzen? Unverständlich.

An die Speerspitze einer Allianz gegen das geplante Vogelschutzgebiet hat sich der Landwirtschaftsverband Meschede gestellt. Genauso wie der VNV sich wirksam für den Vogelschutz einsetzt, ist es das gute Recht des Verbandes sich für seine Mitglieder einzusetzen. Die Frage ist allerdings, ob es den Mitgliedern nutzt, wenn eine Allianz gegen das Vogelschutzgebiet geschmiedet wird. Es stellt sich die Frage, ob die Mitglieder des Landwirtschaftsverbandes überhaupt durch diese Ausweisung solche Nachteile haben, wie allenthalben kolportiert wird, oder ob nicht auch für sie die Vorteile durchaus überwiegen: Wenn man die Chancen nutzt, die eine solche Ausweisung für die Regionalentwicklung bieten.

Faktisch wird es zunächst einmal durch die Ausweisung des Vogelschutzgebietes für die meisten Betriebe keine Verschlechterung geben, da die Ausweisung zunächst einmal die Aufgabe hat dafür Sorge zu tragen, dass sich die Lebensbedingungen der geschützten Vogelarten (Grauspecht, Neuntöter, Raubwürger) nicht verschlechtern. Darüber hinausgehende Maßnahmen können nur in Absprache mit den Betrieben erfolgen und sind entschädigungspflichtig.

Sollte nicht der Landwirtschaftsverband auch in unserer Region und im Interesse seiner Mitglieder in stärkerem Maße darauf drängen, dass keine weitere Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung eintritt und dass statt dessen die Landwirtschaft für diesen ökologischen Beitrag hinreichend entschädigt wird? Genau diese Möglichkeit wird durch ein solches Schutzgebiet gegeben. Das Vogelschutzgebiet Medebacher Bucht ist hierfür ein hinreichendes Beispiel.

Erstaunlich ist, wer sich nun weiterhin zu dieser Allianz gegen das geplante Schutzgebiet gesellt: Die SPD Kreistagsfraktion verkündet lauthals: „Die still und heimlich beabsichtigte Ausweisung eines Vogelschutzgebietes auf Teilen der Briloner und Marsberger Stadtgebiets wird die Region in ihren Entwicklungsmöglichkeiten gegen die heimische Wirtschaft und gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unweigerlich einschränken. Dies ist ein Affront gegen die heimische Wirtschaft und gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Betrieben“, so der Fraktionsvorsitzende der SPD – Kreistagsfraktion Reinhard Brüggemann.

Welche ArbeitnehmerInnen will die SPD mit einer solchen Plattitüde, die nichts aber auch gar nichts mit der Realtität zu tun hat, wieder gewinnen? Oder soll hier einfach nur Polemik gegen den Naturschutz gemacht werden? Ins gleiche Horn stößt der SPD Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese, der allerdings das Augenmerk auf die „gebeutelten“ Landwirte richtet. Warum nutzt Herr Wiese nicht die Chance mit der Ausweisung des Vogelschutzgebiets stärker ökologische Standards zur Förderung der heimischen Land- und Forstwirtschaft umzusetzen?

Die durch den Klimawandel und dem damit verbundenen Baumsterben arg gebeutelten Forstwirtschaft wäre durch eine ökologische Ausrichtung der Förderung, z.B. durch Unterstützung der natürlichen Wiederbewaldung, Einbeziehung der natürlichen Sukzessionsentwicklung und stärkere Förderung von Naturschutzmassnahmen mehr geholfen als durch das gegenwärtig praktizierte Gießkannenprinzip mit pauschaler 100,- /ha Förderung und der Forstgeräteförderung, die vermutlich bei wenigen Großbetrieben hängenbleibt.

Offensichtlich ist bei vielen politischen und Verbandsvertretern noch nicht angekommen, dass wir uns im Zeitalter des Artensterbens befinden und dass nur durch eine darauf ausgerichtete Förderung ökologische und ökonomische Interessen in Einklang zu bringen sind und das es sich hierbei um eine zuzkunftsorientierte Regionalentwicklung handelt.

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Matthias Schulte- Huermann, SKB im Kreisumweltausschuss SBL
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59846 Sundern