Die heutige Ausgabe des Magazins der Süddeutschen Zeitung widmet sich komplett der Krise des Zeitungsjournalismus. Von A wie Auflage bis Z wie Zwanzigjährige wird der Verfall der klassischen Printmedien buchstabiert.
Für mich ist es das beste SZ-Magazin seit …, ja seit wann eigentlich? Ein absolutes „Muss“. Dabei hätte ich das unscheinbare Heft unter meinem Zeitungsstapel fast übersehen und ungelesen in den Papiermüll geworfen.
Interessant ist für die Blogger der Buchstabe B wie Blog. Auf Seite 5 erklärt Felix Salmon, erfolgreicher Betreiber des US-amerikanischen Finanz- und Wirtschaftsblogs portfolio.com (Entzauberung siehe Niggemeier), in zehn Absätzen, aus welchen Gründen Blogs in Deutschland nicht funktionieren.
Auszug:
…
2. In Deutschland zählt Qualifikation mehr als alles andere. Die Leute verbringen Jahrzehnte damit, die verschiedensten Diplome und Zeugnisse und Zertifikate zu sammeln, und wenn sie dann alles beisammenhaben, sorgen sie dafür, dass die Welt das weiß. Wenn man kein Papier hat, auf dem steht, dass man sich zu diesem oder jenem Thema äußern darf, dann darf man seine Meinung auch keinem anderen zumuten. Die Leser sind übrigens nicht viel anders, auch sie wollen zuerst wissen, ob der Schreiber qualifiziert genug ist, bevor sie sich dafür interessieren, was der Schreiber denkt. In der Blogosphäre dagegen ist es völlig egal, ob jemand ein zertifizierter Meinungsträger ist – was zählt, ist allein, ob die Meinungen stichhaltig, originell und klug sind.
…
4. Um ein guter Blogger zu sein, muss man ganz andere Dinge können als ein großer Ökonom oder Banker. In Deutschland denken die Menschen dauernd an ihre Karriere und kümmern sich eher um die Fähigkeiten und Voraussetzungen, die wichtig sind für ihren Beruf, als um die viel weniger wichtigen Faktoren, die sie zu einem guten Blogger machen würden.…
Hervorragend Gut ist auch die Idee der SZ, bei den entsprechenden Artikeln gleich Verweise einzubauen, wo im Netz gerade dieser Eintrag diskutiert wird.
Aktuell sieht das dann so aus:
Diskutieren Sie mit anderen Lesern über diesen Artikel, auf folgenden Internetseiten ist der Beitrag diskutiert worden…
– Spiegel Online | Kommentare
– Stefan Niggemeier | Kommentare
– Netzeitung | Kommentare
– Stilstand | Kommentare
– Süddeutsche Zeitung | Kommentare
– taz.de | Kommentare
Da wir gerade beim Thema sind: Mein amerikanisches Lieblingsblog ist nicht dieses portfolio.dingsda sondern seit langem Pharyngula, Evolution, development, and random biological ejaculations from a godless liberal 😉
Den Salmon darf man nicht bierernst nehmen. Das ist eine gezielte und gewollte Provokation.
@Erwin:
Die Amerikaner haben einen anderen Stil. Hier z.B. acht Zeilen und daraufhin 322(!!!) Kommentare:
http://tinyurl.com/q86op7
Auch die Nachdenkseiten nehmen Salmon allzu ernst:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=3929