Am Freitag, 04.03.2016, tagt der Kreistag ab 15 Uhr im Kreishaus in Meschede. Aus aktuellem Anlass hat die SBL/FW-Kreistagsfraktion am 03.03. per Dringlichkeitsantrag einen weiteren Tagesordnungpunkt beantragt, und zwar eine “Aktuelle Stunde” mit Informationen und Fragen zum aktuellen Abschiebefall.
(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)
Es geht um die von der Ausländerbehörde in Meschede am 01.03. eingeleitete Abschiebung eines Geschwisterpaars aus Bestwig nach Armenien. Beide lebten mit ihren Eltern seit über 3 Jahren in Deutschland; vor etwa einem Monat kam noch ein Baby in der Familie hinzu. Beide Schüler standen kurz vor dem Abschluss ihrer Schulausbildungen und hatten außerdem Zusagen für berufliche Ausbildungsplätze. Viele Menschen sind über den Umgang der Ausländerbehörde mit diesen sehr gut integrierten jungen Menschen fassungslos.
Am 03.03. berichteten diverse Medien außerhalb des Kreisgebiets über den Fall. Berichte sind z.B. hier zu lesen bzw. zu sehen und zu hören:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/aktuelle-stunde/video-schueler-fluechtet-vor-abschiebung-100.html
http://www.ksta.de/koeln/verzweiflungstat-vor-abschiebung-fluechtling-stuerzt-sich-sieben-meter-in-die-tiefe-23661076
http://www.sauerlandkurier.de/hochsauerlandkreis/bestwig/armenier-edgar-haertefallantrag-eingegangen-vorwuerfe-gegen-bundespolizei-wegen-abschiebung-6179329.html
http://www.sat1nrw.de/aktuell/abschiebung-schueler-sprang-in-tiefe-155509/
http://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/abschiebung/bringt-jungen-armenier-zur-verzweiflung-44785180.bild.html
Hier der komplette Antrag:
“Dringlichkeitsantrag gemäß § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung
für die Tagesordnung der Kreistagssitzung am 04.03.2016
Sehr geehrter Herr Landrat,
die SBL/FW-Fraktion beantragt aus aktuellem Anlass für die morgige Sitzung des Kreistags den folgenden Tagesordnungspunkt 1a wegen der Dringlichkeit zusätzlich aufzunehmen:
„Aktuelle Stunde zu den am 01.03.2016 von der Ausländerbehörde des HSK eingeleiteten Abschiebungen eines Geschwisterpaars aus Bestwig”
Begründung und Erläuterung:
Die Schüler Elina und Edgar wurden am 01.03.2016 auf Veranlassung der Ausländerbehörde des Hochsauerlandkreises aus ihrer Wohnung abgeholt und zum Flughafen Köln/Bonn “transportiert”, um sie von dort nach Armenien abzuschieben. Beide waren seit über drei Jahren in Deutschland, sehr gut integriert und standen insbesondere kurz vor dem erfolgreichen Abschluss ihrer Schulausbildungen in Bestwig, was der Ausländerbehörde bekannt sein musste.
Über diesen Fall und über den Unfall, den Edgar bei der Aktion erlitt, wurde heute auch in diversen Medien außerhalb des Kreisgebiets berichtet. Es besteht ein erheblicher Informationsbedarf. Die Aussagen der Kreisverwaltung in der heutigen Ausgabe der NRW-weit ausgestrahlten WDR-Sendung “Aktuelle Stunde” zu diesem Fall geben Anlass für Nachfragen.
Gesetzliche Aufgabe des Kreistags ist es ausdrücklich, auch “den Ablauf der Verwaltungs¬angelegenheiten” zu überwachen (§ 26 Abs. 2 Kreisordnung NRW). Daher soll der Kreistag aktuell über diesen Fall informiert werden und Fragen an Landrat und Kreisverwaltung stellen können.”
UPDATE 04.03.2016
Für diejenigen, die meinen, Armenien sei – wie offiziell behauptet – ein “sicheres Herkunftsland”:
In der “Süddeutschen Zeitung” ist in dieser Woche ein aktueller Beitrag erschienen, aus dem hervorgeht, dass Armenien von einer Demokratie noch weit entfernt ist und es dort nach wie vor Verfolgung von Oppostitionellen gibt:
Nicht erfreulich
Landrat Dr. Karl Schneider ließ heute im Kreistag darüber abstimmen, ob der Dringlichkeitsantrag der SBL/FW auf die Tagesordnung genommen werden soll. Die CDU-Fraktion und Mitglieder anderer Fraktionen stimmten mit „Nein“. Ergo standen die „geglückte“ Abschiebung und der gescheiterte Abschiebeversuch leider nicht zur Diskussion. Die Aktion durfte demgemäß von keinem Kreistagsmitglied hinterfragt werden.
Erfreulich
Die Bürgerfragestunde zu Beginn der Kreistagssitzung wurde von etlichen Mitschülerinnen und Mitschülern des Geschwisterpaars aus Bestwig genutzt. Sie stellten dem Landrat einige teils unbequeme Fragen nach dem Sinn der Abschiebung und nach dem Warum und Wieso.
Nicht erfreulich
Der Leiter der Ausländerbehörde erklärte u.a. dazu, die Familie hätte nicht kooperiert und die Flüchtlingsberatung habe auch nicht korrekt gehandelt. Die Beratungsstelle hätte nämlich – entgegen vorheriger Absprache – den von ihr an die Härtefallkommission im Landtag gestellten Härtefallantrag nicht in Kopie an die Kreisverwaltung weiter geleitet.
Auf Nachfrage eines Zuhörers hieß es dann allerdings, es sei kein Muss, die Kopie eines Härtefallantrags ins Kreishaus zu schicken. Allerdings sei in diesem Fall seitens der Flüchtlingsberatung dem Ausländeramt die zeitnahe Zusendung zugesichert worden. Offenbar habe die Beratungsstelle das aber leider versäumt.
Erfreulich
Der Härtefallantrag für den jungen Mann läuft nun.
Landrat Dr. Karl Schneider ergänzte, so lange über einen Härtefall nicht entschieden ist, erfolge keine Abschiebung.
Nicht erfreulich
Das hilft nun wahrscheinlich der Schülerin Edina in Armenien nichts, es sei denn, die Kreisverwaltung setzt sich aktiv für die legale Wiedereinreise der jungen Frau ein.