Mangelhafte Berichterstattung in der Debatte um Stickoxide: „Initiative von Lungenärzten“ stammt auch von einem früheren Daimler-Mitarbeiter

Berlin, 24. Januar 2019 – Gestern machte die Meldung Schlagzeilen, dass Lungenärzte die Schädlichkeit von Stickoxiden anzweifeln. Als Initiator wurde der Lungenarzt Dieter Köhler benannt. LobbyControl stellte nun fest, dass die Initiative zur Kritik an den Grenzwerten für Feinstaub und Stickoxide nicht nur von Lungenärzten stammt. In der Berichterstattung gehe unter, dass die Stellungnahme vier Autoren hat, darunter auch einen Motorenentwickler, der früher für Daimler tätig war, kritisiert LobbyControl.

(Pressemitteilung von LobbyControl)

Das sind die Autoren und Initiatoren der Initiative von „Lungenärzten“: Dieter Köhler, Martin Hetzel (beide Lungenärzte), Matthias Klingner (Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme) und Thomas Koch (Karlsruher Institut für Technologie, früher über 10 Jahre Daimler AG).

Angabe zu Autoren fehlt in Stellungnahme

Die Angabe zu Autoren fehlen in der als PDF-Datei veröffentlichten Stellungnahme, die die wissenschaftliche Begründbarkeit der aktuellen Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub in der Luft in Zweifel zieht.

Die Namen werden lediglich im Begleit-Text auf lungenaerzte-im-netz.de mit Nachnamen erwähnt – ohne Vornamen und ohne Angabe der beruflichen Hintergründe. Sie tauchen aber in der Unterschriftenliste der Personen auf, „die der Stellungnahme uneingeschränkt zustimmen“.

Ulrich Müller von LobbyControl: „Aufrufe von Wissenschaftlern sind ein beliebtes Lobbyinstrument. In der Klimaschutz-Debatte gab es viele solcher Aufrufe von Klimaskeptikern, die über die Zahl ihrer Unterzeichner versuchten Eindruck zu machen. Es ist wichtig, da genau hinzuschauen. Das ist in der aktuellen Berichterstattung in vielen Fällen leider zu kurz gekommen.

Es hat eine andere politische Wirkung, ob ein solches Schreiben allein von einem Lungenarzt initiiert wurde oder von einem früheren Daimler-Mitarbeiter mitverfasst wurde. Auch dass es sich bei der Initiative um eine Minderheitenmeinung handelt, wurde zum Teil in der Berichterstattung nicht erwähnt.“

8 Gedanken zu „Mangelhafte Berichterstattung in der Debatte um Stickoxide: „Initiative von Lungenärzten“ stammt auch von einem früheren Daimler-Mitarbeiter“

  1. DLF | Forschung aktuell | 24.01.2019

    -> Lungenfachärzte gegen Feinstaubgrenzwerte – Gesundheitsexperte: „Das sind alles Laien“

    Der Schweizer Experte für Gesundheitsrisiken durch Luftschadstoffe, Nino Künzli, hat die Initiative deutscher Lungenfachärzte gegen Grenzwerte kritisiert. Keiner der 112 Unterzeichnenden hätte Expertise auf dem Gebiet, sagte er im Dlf. Das Positionspapier sei daher „unwissenschaftlich“.

    Nino Künzli im Gespräch mit Ralf Krauter <-

    https://www.deutschlandfunk.de/lungenfachaerzte-gegen-feinstaubgrenzwerte.676.de.html?dram:article_id=439257

    Nun ja, der Scheuer Andi ist offensichtlich begeistert vom Positionspapier der 112 Lungenfachärzte … – vermutlich wird der schlichte Geist die Anzahl der Unterzeichner als Vorhersehung in Richtung "Notruf" interpretieren 😉

  2. „Internationale Experten zu Stellungnahme von Lungenärzten

    Anlass
    Die ‚Stellungnahme zur Gesundheitsgefährdung durch umweltbedingte Luftverschmutzung‘ von Prof. Dr. Dieter Köhler und drei weiteren Autoren, die von 108 Unterzeichnenden* unterstützt wird, hat in dieser Woche zu großer Verunsicherung in der öffentlichen und der medialen Debatte geführt. Die vier Autoren – zwei Lungenärzte, zwei Ingenieure – sehen in den für die Grenzwerte maßgeblichen epidemiologischen Studien erhebliche methodische Schwächen. Sie halten die Ableitung eben dieser Grenzwerte aus diesen Studien daher für unzulässig und fordern deren Aussetzung.

    In der hitzig geführten Debatte verschwimmen die Argumente: Zum Beispiel werden Grenzwerte für Jahresmittelwerte mit Grenzwerten für kurzfristige Belastungen in einen Topf geworfen oder ärztliche Beobachtungen werden epidemiologischen Erkenntnissen gleichwertig gegenübergestellt, und sollen diese entkräften.

    In der Stellungnahme wird auch die Forschung deutscher Wissenschaftler kritisiert. Wir haben daher internationale Expertinnen und Experten gefragt und sie gebeten, einen Blick von außen auf die Debatte zu werfen.“

    Hier die Stellungnahmen lesen:

    https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/rapid-reaction/details/news/internationale-experten-zu-stellungnahme-von-lungenaerzten/

  3. Eben wg. „ttt“-Themenangebot am 27.01.2019 ARD-Programmvorschau befragt.

    Die chronologische Programmliste weist natürlich auch das Thema der „Anne Will“-Sendung aus.
    Überraschung! Bei Frau Will wird über „Streit um Abgaswerte – sind Fahrverbote verhältnismäßig?“ geschwafelt.
    https://daserste.ndr.de/annewill/archiv/Die-Gaeste-im-Studio,gaesteliste1114.html

    Diskutanten sind u.a. Dieter Köhler und Scheuer-„Jünger“ Steffen Bilger (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur).

    Herr Bilger wurde am 23.01.2019 in einem DLF-Interview zum Thema „Tempolimit“ von Philipp May befragt … – (und subtil gegrillt. Ob der Herr Staatssekretär das wohl kapiert hat?)
    https://www.deutschlandfunk.de/diskussion-um-tempolimit-die-autobahnen-sind-ausgebaut-fuer.694.de.html?dram:article_id=439058

    Der Verband der Automobilindustrie (VDA) scheint seine Marionetten zunehmend in Stellung zu bringen.

    1. Ich gestehe:

      Schau(t)en gerade Will-Talk.

      Die Herren Köhler und Bilger können nur mit dem Max Liebermann zugeschriebenen Zitat „Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ beschrieben werden.

      Widerliche Zeitgenossen … – sie sollten mit Euro-Symbolen oder Pinocchio-Stilistik gemusterte Krawatten tragen 🙁

  4. Mich würde ganz pragmatisch interessieren, was diese „sogenannten Lungenärzten“ ihren Patienten erzählen so kurz bevor diese sterben müssen…
    „Oh sorry die Werte, die Grenzwerte oder gar die Bundesregierung und dann immer die Lobbyisten, von der Börse ganz zu schweigen…“
    Interessiert niemanden mehr, der im Sterben liegt. Der kann auch nichts mehr mit nehmen. Konnte sogar Steve Jobs nicht – und der war immerhin der Guru des I-Phones. Wenn ich, wie viele andere durch diese teilweise wunderbare Winterlandschaft wandere und trotzdem den Schal vor den Mund halten muss, ob der vielen Autos im Stau in die eine wie in die andere Richtung, und genau weiß, dass mein wunderbarer Winterspaziergang mir wahrscheinlich mehr Minus-als Pluspunkte auf einem imaginären Gesundheitskonto bringen wird, aber den Hotels, Wirten, Sportstättenbetreibern etc. genau das Gegenteil, dann weiss ich doch wovon wir hier reden. Stellen wir genau jetzt ein sogenanntes Schadstoff-Mess-Gerät an der Einfahrtstraße zum „Luftkurort“ Winterberg auf und wir riskieren Fahrverbot. Und besonders für die Kleinen, die genau in der Höhe des Auspuff der Autos per Schlitten oder Hand an der Straße befördert werden… Danke Herr Winterkorn. Vielen Dank und viel Spaß noch mit den Millionen der Autoindustrie !

  5. „Kritik an Feinstaub-Forschung: «Stammtischdiskussion einiger älterer Ärzte»

    Vier Experten, darunter Nino Künzli vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut, zerpflücken die Kritik der Gruppe von Lungenärzten an der Forschung zu Feinstaub und Stickoxiden. Künzli äussert aber Verständnis für den Ärger über die verfehlte Luftreinhaltepolitik Deutschlands.“

    https://www.nzz.ch/wissenschaft/stammtischdiskussionen-einiger-aelterer-aerzte-ld.1454651

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