Meschede. (sbl_pm) 44,50 Euro zu viel Miete zahlt nach Meinung des Jobcenters eine krankheitsbedingt nicht mehr arbeitsfähige Frau. Das ist das „Vermögen“, um das es hier geht:
44,50 Euro pro Monat sind für manche ein Klacks, für andere ein Vermögen. Bei Arbeitslosengeld II- Empfängern können „die paar Euros“ ausschlagegebend sein für das Lebensumfeld und Lebensqualität, Motivation und Gesundheit.
44,50 Euro zu viel Miete zahlt nach Meinung des Jobcenters eine krankheitsbedingt nicht mehr arbeitsfähige Frau. Sie erhielt die Aufforderung, für Abhilfe zu sorgen, sprich, sie muss umziehen. Widerspruch oder Klage gegen diese Schreiben seien nicht zulässig, wurde ihr auch gleich dazu mitgeteilt.
Die Anfrage:
SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos hält diese Behauptung des Jobcenters für unzutreffend und richtete am 17.12.2013 einen Fragenkatalog zu dieser Problematik an den Landrat.
Klick: http://sbl-fraktion.de/?p=3710
Das „ominöse Kostensenkungsschreiben“:
Eine Mitarbeiterin der Organisationseinheit „Jobcenter“ antwortete mit Schreiben vom 20.12.2013, das am 02.01.2014 per Mail bei der SBL einging, den örtlichen Jobcentern sei ein Musterschreiben „Aufforderung zur Kostensenkung“ ausgehändigt worden. Der Text des in der SBL-Anfrage angesprochenen Schreibens sei ihr nicht bekannt. Jedoch ginge sie davon aus, dass die Stadt Brilon ihr Musterschreiben genutzt habe, und sie beziehe sich nachfolgend auf dieses Musterschreiben.
Des Weiteren erklärt die Mitarbeiterin des HSK, Reinhard Loos‘ Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Hinweises über die Unzulässigkeit der Widerspruchs- und Klageerhebung gegen solche Kostensenkungsaufforderungen seien unbegründet und zitiert dazu ein Urteil B7b AS 10/06 R des Bundessozialgerichts vom 07.11.2006. Das Kostensenkungsschreiben sei demzufolge lediglich ein Hinweisschreiben, „jedoch kein der Bestandskraft zugänglicher, feststellender oder Leistungen für die Zukunft ablehnender Verwaltungsakt.“ Das Musterschreiben erfülle somit die sozialgerichtlichen Anforderungen an ein solches Hinweisschreiben.
Wie soll ich diese Sätze nun deuten? Ist das besagte Hinweisschreiben zur Kostensenkung ein „Angst-mach-Schreiben“ und rechtlich vollkommen belanglos?
Antworten, auf die so manche Fragen offen bleiben.
Im Anschluss an diese Erläuterungen beantwortete die Mitarbeiterin des Hochsauerlandkreises die 7 von der Sauerländer Bürgerliste gestellten Fragen.
Wir fassen das aus unserer Sicht wichtigste hier zusammen:
Die Frage nach der Anzahl der verschickten „Kostensenkungsschreiben“ im HSK kann nicht beantwortet werden. Das begründet die Verwaltung damit, dass das EDV-technisch nicht ausgewertet werden kann und eine manuelle Erfassung nicht stattfände?!
Die SBL fragte danach, wann und wie die Betroffenen über die neuen Miethöchstwerte informiert worden sind, wie die Werte ermittelt wurden und wo die Mieter die Tabellen einsehen können. Aus der Antwort schließen wir, dass der HSK den Betroffenen bisher derartige Infos nicht hat zukommen lassen. Denn der HSK vertritt die Position: „Eine Verpflichtung, die Werte zu veröffentlichen, besteht aus Sicht der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht“!
Es wird, so heißt es im Schreiben vom 20.12.2013, bei der Feststellung, dass Bedarfe für Unterkunft und Heizung unangemessen sind, mit der Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten das Kostensenkungsverfahren eingeleitet. Mit dem Hinweisschreiben erhielten die Leistungsberechtigten Kenntnis sowohl von den als angemessen als auch als unangemessen eingestuften Kosten. Das gelte auch für Leistungsberechtigte, wenn sie vor der Anmietung einer Wohnung beim Jobcenter nachfragen. Interessierte Dritte erhielten auf Nachfrage ebenfalls diese Infos.
Auf die Frage danach, wann und wie die von solchen Schreiben betroffenen Leistungsberechtigten darauf hingewiesen würden, dass die zulässigen Höchstmietwerte bis 2015 möglicherweise angehoben werden könnten und, wenn nein, warum nicht, reagierte der HSK mit der Bemerkung, eine zuverlässige Prognose über die zukünftige Entwicklung sei nicht möglich (Bemerkung der SBL: Die hatten wir ja auch gar nicht erwartet!). Weiter lässt uns die Mitarbeiterin des Jobcenters wissen: „Es wäre fahrlässig, eine vage Prognose zu treffen und die getroffenen Einschätzungen an die Leistungsberechtigten weiterzugeben.“
Zitat unserer Frage Nr. 4: Im Schreiben vom 05.12.2013 behauptet das JobCenter, für die leistungsberechtigte (kranke) Frau sei ein Wohnungswechsel bzw. eine Senkung ihrer Aufwendungen für die Wohnung zumutbar. Wie sind derartige Behauptungen in Schreiben der JobCenter begründet? Als Antwort der Hinweis, einer Kostensenkungsmaßnahme liege eine umfassende Einzelfallprüfung zu Grunde. Insoweit wäre den gesetzlichen Anforderungen Rechnung getragen. Da ihr, der Mitarbeiterin, der konkrete Einzelfall, auf dem die Anfrage basiere, nicht bekannt sei, könne sie an dieser Stelle keine Feststellung treffen, welche konkreten Überlegungen zu dem konkreten Kostensenkungsschreiben geführt habe.
Wie überprüft das Jobcenter, ob „angemessener“ Wohnraum tatsächlich vorhanden ist? Dazu erfuhren wir: „Die Städte und Gemeinden sind gehalten, die örtlichen Wohnungsangebote aus den bekannten Printmedien, Internetportalen etc. regelmäßig nachzuhalten.“ Na ja …
Eine klare Antwort bekamen wir auf die sechste Frage mit: „Ihre Beurteilung trifft nicht zu.“
Und darum geht’s: Trifft es, zu, dass die tatsächliche Ermittlung der zulässigen Höchstmieten nur nach den Medianwerten der festgestellten Bestandsmieten (für derzeit vermietete Wohnungen) und nicht nach den wesentlich höheren Angebotsmieten (für verfügbare Wohnungen) erfolgte und dass – gemeindeübergreifend – etwa 80% der Angebotsmieten die Miethöchstwerte überschreiten? Die Kreisverwaltung erklärte in ihrer Antwort dazu, die Richtwerte würden nach wissenschaftlich anerkannten Verfahren anhand ausgewerteter Angebots-, Neuvertrags- und Bestandsmieten ermittelt. Je nach Haushaltsgröße und Wohnungsmarkttyp schwanke das im festgesetzten Kostenrahmen tatsächlich verfügbare Angebot entsprechender Wohnungen zwischen 27% und 71%. Damit ist aus Sicht des HSK bestätigt, dass ausreichend angemessener Wohnraum zur Verfügung stehe. Wie stellt sich das wohl aus Sicht der Wohnungssuchenden dar?
Ein Rechtsmittel gegen eine Kostensenkungsaufforderung sei unzulässig. Das erklärt der HSK als Antwort auf Frage 7 noch einmal!
Kurzes Resümee der SBL:
Viele Aussagen in diesem Antwort-Schreiben erscheinen uns vage. Die betroffenen Menschen werden anscheinend mehr verwaltet als in irgendeiner Weise betreut. Wie lautete damals die Devise? Fordern und Fördern! Gefördert wird aber vielleicht vorwiegend die Bürokratie?
Und ob die Rechtsauffassung der Kreisverwaltung, dass Rechtsmittel gegen eine Kostensenkungsaufforderung unzulässig sind, haltbar ist, das ist fraglich? Immerhin ist das vom HSK zitierte Urteil über 7 Jahre alt und bezieht sich auf einen ganz anderen Sachverhalt. Wir werden darauf zurückkommen…
Zitat aus dem Elo-Forum: „Bei einer Kostensenkungsaufforderung handelt es sich nicht um einen Bescheid, vorsorglich weisen die JC darauf hin, dass ein Widerspruch gegen die Kostensenkungsaufforderung fruchtlos ist. Fair wäre allerdings den Betroffenen darauf hinzuweisen, mit welchen Maßnahmen er sich erfolgreich wehren kann, doch das ist dann wohl zu viel des Guten verlangt von diesen argen JC´s.“ Link: http://www.elo-forum.org/alg-ii/103288-gegenwehr-kostensenkungsaufforderung.html
Im August 2013 hat die Kreisverwaltung ein neues angeblich „schlüssiges Konzept“ für die Miethöhen von Alg2-Empfängern eingeführt. Dadurch sinken die bisher zulässigen Miethöhen teilweise drastisch.
Erarbeitet wurde dieses Konzept von einer Hamburger Firma, die bei Trägern von Grundsicherung sehr beliebt zu sein scheint. Denn sie hat auch schon anderswo die bisher akzeptierten Miethöhen drastisch gedrückt.
Die Methodik ist sehr fragwürdig. Z.B. wurden die neuen Miethöhen nur aus den Bastandsmieten (= derzeit vermietete und somit nicht verfügbare Wohnungen), aber nicht aus den – höheren – Angebotsmieten ermittelt. Und Hallenberg, Medebach, Marsberg, Brilon und Eslohe wurden gemeinsam als eine Gruppe ausgewertet, was nach derRechtsprechung des Bundessozialgerichts nur zulässig ist, wenn man zwischen diesen Orten umziehen kann ohne Auswirkungen auf Arbeitsplatz und soziale Kontakte. Bei den ÖPNV-Verbindungen im HSK ist das Illusion…