Dr. Light, oder wie ich es lernte die Quellen zu lieben …

Unter Plagiatsverdacht: Dr. Patrick Sensburg (CDU) (foto: sensburg)
Unter Plagiatsverdacht: Dr. Patrick Sensburg (CDU) (foto: sensburg)

Heute ist ist bei „Der Westen“ und im Print, also in der Westfalenpost, ein weiterer Artikel  von Oliver Eickhoff erschienen, der, so der Autor, auf einem Gespräch mit Dr. Patrick Sensburg beruht.

Die dortigen Aussagen des unter Plagiatverdachts stehenden Briloner CDU-Politikers und MdB haben mich irritiert:

Punkt 1: „Seinen Doktor-Titel verwende er ohnehin zurückhaltend, sagte Sensburg: „Für die politische Arbeit finde ich ihn nicht wichtig.““

Will er damit sagen, dass es gewissermaßen einen „Dr. Light“ gebe, einen der nicht so wichtig sei? Das könnte dann wiederum implizieren, dass es bei einem Dr. Light dann nicht so wichtig sei, wenn hier und da mal ein Fehler passiere, und hier komme ich zu

Punkt 2: „Es gibt Stellen, da hätte ich besser zitieren können. Da hätte ich statt zwei Fußnoten besser drei gesetzt. Aber das gilt nur für 1,5 Prozent der gesamten Arbeit.“

Dies impliziert eine verzeihbare Schlampigkeit. Kann ja mal passieren, das man auf 300 Seiten eine Fußnote vergisst und das, wo man doch schon 2 Stück davon gesetzt hatte. Es sind halt „Stellen“.

An dieser Stelle des Artikel hätte ich mir als Leser gewünscht, dass der Autor mit seinem Interviewpartner zusammen dem Leser solch eine „Stelle“ gezeigt hätte. Er hätte dann erklären können, aus welchem Grund die fehlende Fußnote lediglich eine kleine Schlampigkeit, eine „Stelle“, eine verzeihbare Nachlässigkeit oder was auch immer sei. Verschärft ausgedrückt: Herr Eickhoff hätte nachbohren müssen.

Punkt 3: „Dass Doktor-Arbeiten öffentlich diskutiert werden, hält Sensburg nach eigenen Angaben für richtig. „Aber das muss vernünftig erfolgen. Auf der Internet-Plattform Vroniplag findet keine offene Diskussion statt – das finde ich nicht gut.““

Das kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen. Ich habe mich auf der Website von Dr. Patrick Sensburg über seine Gegenargumente informiert. Leider ist dort keine Möglichkeit zur Diskussion vorgesehen. Es wäre doch technisch ein Leichtes gewesen, beispielsweise ein Diskussionsforum für die kritisierten Stellen seiner Dissertation einzurichten.

Ich selbst habe mich sehr leicht mit den Menschen auf VroniPlag in Verbindung setzten können. Es gibt dort auch ein Forum und es gibt Möglichkeiten zur Diskussion.

Punkt 4: Hier geht es nicht mehr um Patrick Sensburg, sondern um den Artikel, der sich eben auch dadurch auszeichnet, was er nicht schreibt oder fragt. Wir haben bislang ein Interview und ein im hier besprochenen Artikel verarbeitetes Interview/Gespräch mit Dr. Sensburg in unserer Lokalzeitung lesen können. Hat der Autor jemals versucht, mit den Leuten bei VroniPlag Kontakt aufzunehmen und dies journalistisch aufzubereiten? Hat der Autor die Aussage von Dr. Patrick Sensburg „Es gibt Stellen, da hätte ich besser zitieren können“ bei VroniPlag selbst nachgeprüft?

Ich selbst maße mir nicht an, ein Urteil über die Dissertation von Patrick Sensburg zu fällen, aber ich erwarte vom Monopol-Printmedium des Hochsauerlandes eine Berichterstattung, die zumindest auch die andere Seite des Konfliktes deutlich macht.

Zum Schluss das Beispiel einer aktuellen „Stelle“:

Patrick Sensburg schreibt:
„Der Rat bestimmt, welche Leistungen in welchem Umfang und in welcher Qualität aufgrund der determinierten gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die festgelegten Organisationseinheiten zu erbringen sind. Durch den Verhandlungsprozeß zwischen dem Rat und der Verwaltung werden die Vorstellungen und Wünsche des Rates in Übereinstimmung mit den hierfür von der Verwaltung veranschlagten Kosten gebracht. Diese Verhandlungen münden in den festzuschreibenden Kontrakten.“

übernommen aus:
„Die Legislative bestimmt, welche Leistungen in welchem Umfang und in welcher Qualität aufgrund der von ihr determinierten gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die Exekutive zu erbringen sind. […] Durch einen Verhandlungsprozeß zwischen Exekutive und Legislative werden die Vorstellungen und Wünsche der Legislative über die zu erbringenden Leistungen in Übereinstimmung mit den hierfür von der Exekutive veranschlagten Kosten gebracht, […] Diese Verhandlungen münden in festzuschreibende konkrete Zielvereinbarungen über die zu erbringenden Leistungen und die für diese Leistungen zu budgetierenden Kosten.“

Urteil des Bearbeiters: „Einzige Änderungen sind, dass aus „Legislative“ „Rat“ und aus „Exekutive“ Verwaltung wird. Diese kleine Anpassung zeigt, dass bewusst abgeschrieben wurde. Der den Gedanken vorläufig abschließende Satz findet sich ausführlicher ebenfalls im Original und wird einfach zurechtgeschnitten.“

Meine Meinung: Da fehlt nicht eine von drei Fußnoten, da ist überhaupt keine Fußnote zu finden. Da stehen auch keine Gänsefüßchen. Hier ist sehr wahrscheinlich ein Plagiat verschleiert worden, und falls das wirklich stimmt, frage ich mich: Kann man das unbewusst machen? Ohne Absicht? Aus Schlampigkeit?

Causa Sensburg: Aufklärung oder Nebelkerzen?

Olle Kamellen. Muss jeder Wissenschaftler aus dem ff. beherrschen. (foto: zoom)
Olle Kamellen. Muss jeder Wissenschaftler aus dem ff. beherrschen. (foto: zoom)

Prof. Dr. Patrick E. Sensburg ist ein Briloner CDU-Politiker, dem vom Internetforum VroniPlag vorgeworfen wird, auf mehr als 20 Prozent der Seiten seiner Doktorarbeit (Dissertation) Plagiate verwendet zu haben.

Was ist der Kern der Vorwürfe?
Im Kern geht es darum, ob PES, wie er auf VroniPlag akronymisiert wird, sein wissenschaftliches Handwerk bei der Erstellung seiner Dissertation, die ihm wiederum den Zugang zur Professur eröffnet hat, ordentlich beherrscht oder ob er gepfuscht hat.

Es geht bei der Auseinandersetzung darum, ob Patrick Sensburg in der Lage ist, wissenschaftlich zu arbeiten und zu publizieren.

Was soll eine Doktorarbeit leisten?
In einer Doktorarbeit zeigt der Promovend, dass er das Wissen seines Gebiets überblickt, er zeigt, dass er zu selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit in der Lage ist, er leistet einen Beitrag zur Wissenschaft, er stellt vielleicht sogar auf seinem Gebiet eine neue Theorie auf oder er betrachtet lediglich etwas schon Untersuchtes aus einem anderen Blickwinkel.

Das Handwerkszeug
Dazu muss er selbstverständlich sein „Handwerkszeug“ beherrschen. Zu diesem Handwerkszeug gehört das richtige Zitieren. Das lernt der Wissenschaftler gemeinhin im Grundstudium, so wie ein Schlosser das Feilen im ersten Lehrjahr lernt.

Ein Wissenschaftler, der bei seiner Dissertation handwerkliche Fehler beim Zitieren macht, entspricht einem Schlosser, der keine Schrauben eindrehen kann, oder einem Maler, der den Pinsel nicht beherrscht.

Warum ist das richtige Zitieren wichtig?

Es ist wichtig, um die Gedanken der Wissenschaftler auf denen die Arbeit aufbaut, von den eigenen Gedanken zu scheiden.

Was würden Sie sagen, wenn ein Kollege gegenüber dem Chef behauptete, dass er ein Werkstück hergestellt habe, welches in Wirklichkeit Sie selbst produziert haben, und wenn dieser Kollege auf Grund dieses Betruges befördert würde?

Der Vorwurf gegenüber Patrick Sensburg lautet: PES eignet sich fremde Produkte an.

Wie wird zitiert?

Es gibt im Grunde genommen gibt es  zwei Möglichkeiten zu zitieren:

a) das wörtliche Zitat

b) das indirekte (paraphrasierte) Zitat

Wer als Wissenschaftler bei a) patzt, also dem wörtlichen Zitat, müsste im Grunde genommen zurück auf die weiterführende Schule, von der er gekommen ist. Denn das ist einfach und auch für Nichwissenschaftler kaum misszuverstehen: Anführungszeichen drumherum und Quelle angeben. Fertig, so: „Dem Unwissenschaftler steht eine Unmenge von Möglichkeiten des Betrugs bei der Paraphrase zur Verfügung.“ (1)

Schwieriger wird es beim Laien mit b), aber auch das ist im Grunde genommen einfach:

Damit eine Arbeit lesbarer wird und nicht aussieht wie ein Flickenteppich von wörtlichen Zutaten voller Anführungszeichen, kann unser Wissenschaftler auch die indirekte Zitation, die Paraphrase verwenden. Hört sich schrecklich an, geht aber so:

wie schon Hans J. Schiebener in seinem Werk „Paraphrase und Wahnsinn“ ausführte, steht dem Unwissenschaftler eine Unmenge von Möglichkeiten des Betrugs bei der Paraphrase zur Verfügung. (1)

irgendwo dann in den Fußnoten: (1) Hans J. Schiebener, Paraphrase und Wahnsinn, Winterberg 2011, S. 34

Das heißt auf gut Deutsch, die Paraphrase wird erkennbar eingeleitet und mit dem Verweis auf die Fußnote abgeschlossen.

Alles nach der Fußnote ist dann wieder des Wissenschaftlers eigenes Gedankengut.

Wird die Fußnote mitten in die Paraphrase gesetzt, eignet sich der (Un)Wissenschaftler unrechtmäßig den der Fußnote folgenden Teil der Paraphrase, mithin das Werkstück anderer Wissenschaftler an. Er betrügt.
Ein Interview mit Patrick Sensburg in der Lokalzeitung

Von Oliver Eickhoff, Redakteur der WP/WR Meschede ist gestern ein Interview mit Patrick Sensburg erschienen, in welchem Prof. Dr. Patrick Sensburg Halbwahrheiten verbreitet.

Zwei Beispiele:

Nummer 1

„Frage: Hand aufs Herz: Besteht Ihre Doktor-Arbeit aus Plagiaten?

Antwort: Sensburg: Nein, ich würde sie genauso noch einmal schreiben. Mir wird eine falsche Zitierweise vorgeworden, aber ich zitiere so, wie es die Promotionsordnung der Fernuniversität Hagen vorsieht.“

In der Promotionsordnung der Fernuniversität Hagen steht kein Wort zur Zitierweise. Warum denn auch? „Zitierweise“ ist doch wie ich oben angeführt habe das Handwerk des Grundstudiums.

Aus welchem Grund sagt PES dies an dieser Stelle? Die einzige Antwort, die ich gefunden habe, lautet: Er wirft Nebelkerzen. Er will mit dem Begriff „Promotionsordnung“ den Leser erschlagen und er hofft darauf, das dieser Leser nicht weiter nachforscht. Leider fragt auch Oliver Eickhoff, der ja immerhin als Journalist für das Fragen bezahlt wird, nicht weiter nach. Auf der Hand hätte gelegen: „Was steht denn in der Promotionsordnung über das Zitieren?“

Auf seiner eigenen Website verweist Patrick Sensburg auf folgende Entlastung:

„Die vorliegende Dissertation wurde nach den Vorgaben der damals geltenden Promotionsordnung des Fachbereichs Rechtswissenschaften der FernUniversität Hagen verfasst. Hiernach sind wörtliche oder sinngemäße Übernahmen aus anderen Schriften kenntlich zu machen. Dies ist durch Fußnoten erfolgt (siehe Beispiele). An dieser Stelle sei darüber hinaus exemplarisch auf die vorliegende positive und unabhängige Rezension von Norbert Janz in Kommunaljurist 8/2004, 294 verwiesen.“

Leider ist diese „vorliegende positive und unabhängige Rezension“ nicht verlinkt und damit nicht unmittelbar einsehbar. Wäre nett sie noch lesen zu dürfen, ohne in eine juristische Bücherei fahren zu müssen.

Weiterhin führt Sensburg acht Beispiel-Stellen aus VroniPlag an (ebda.), die er vermeintlich widerlegt. Dazu heißt es auf VroniPlag selbst:

Argumentationen auf VroniPlag:

„Ich habe mir einmal angesehen, welche Fragmente Herr Sensburg auf seiner Webseite auflistet und als „kein Plagiat“ klassizifiert. Mich würde übrigens auch seine Einschätzung aller bisher erstellten Fragmente interessieren (die übrigens nicht nur von mir stammen, wie die WAZ zu Unrecht behauptet).

Zu den bisher von ihm kommentierten Fragmente hier einige Anmerkungen meinerseits:

Pes/Fragment_027_24 – Nach der Fußnote wird weiter KGSt-Bericht 1993 paraphrasiert. Dies ist nicht kenntlich gemacht.

Pes/Fragment_028_05 – Die Fußnote deckt nicht das Ausmaß der Übernahme ab, zudem wird die Übernahme nach der Fußnote fortgesetzt, wobei diese Übernahme bis auf ein Wort wörtlich ist.

Pes/Fragment_043_34 – In der ersten Hälfte werden nur minimale Änderungen vorgenommen; eine Paraphrase würde anders aussehen, wie man auch am Ende des Satzes sehen kann.

Pes/Fragment_045_20 – Teilweise wortwörtliche Übernahme, die Wahrscheinlichkeit, dass der Verfasser hier so nah an den Worten des (nicht in einer Fußnote genannten) KGSt-Bericht 1998 ist und auch noch in diesem Zusammenhang ebenfalls auf Weeke verweist, ist sehr, sehr gering.

Pes/Fragment_054_26 – Bei dieser wortwörtlichen Übernahme (“aus der durch die Leistung resultierenden budgetären Belastung der übergeordneten Ebene, die ganz in ihrem Interesse handelnd eine Entlastung ihres Budgets um obsolete Leistungen anstreben wird.“) wären Anführungszeichen erforderlich.

Pes/Fragment_086_20 – Zwei Sätze werden fast wortwörtlich übernommen, ohne dass dies durch Anführungszeichen deutlich gemacht wurde. Dies ist auch durch die minimale Änderung nicht zu rechtfertigen. Auch wird durch die Fußnote nicht deutlich, dass sie sich auf zwei Sätze bezieht.

Pes/Fragment_104_03 – Auf dieser Seite wird weiter unten zweimal auf Böckenförde verwiesen (auf S. 74f. und auf S. 75). Es ist unwahrscheinlich, dass der Autor dann kurz davor von allein auf die Idee kam, Bornhak (1896 erschienen) zu lesen und dann genau die Stelle paraphrasiert, auf die Böckenförde auf S. 73 hinweist. Bornhak taucht auch nur an dieser einen Stelle in der Dissertation (und im Literaturverzeichnis) auf.

Pes/Fragment_163_25 – Die Übernahme wird nach der Fußnote fortsetzt. Auch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Autor an dieser Stelle ebenfalls Triepel, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Bd. 9 (1939) S. 4 f., zu Rate gezogen hat und auf die gleiche Stelle gestoßen ist, sehr gering.“

Nummer 2

Frage: Warum sollte Sie jemand zu Unrecht beschuldigen?

Antwort Sensburg: Es ist auffällig, dass die Vorwürfe in einer Zeit aufkommen, in der ich im Bundestag viel zu den Themen Online-Durchsuchung und Netzpolitik gesprochen habe. Der Inhalt wird nicht jedem gefallen haben. Auf mich wirken die Vorwürfe wie eine Kampagne, zumal Meinungen zu meinen Gunsten auf „VroniPlag“ gelöscht worden sind und die Fundstellen vor allem von einem einzigen anonymen Schreiber aufgelistet werden.

Nach meiner Kenntnis hat VroniPlag mit Sensburgs Einstellung zum Bundestrojaner nichts zu tun. VroniPlag hatte PES am Dienstagabend auf die Website gesetzt. Die Beteiligten konnten nicht ahnen, dass Sensburg sich ausgerechnet am darauf folgenden Mittwoch auf die Rednerliste im Bundestag setzen lassen und unter anderem dem CCC drohen würde.

Soweit erst einmal. Weitere Informationen und Einschätzungen später.