Antikriegstag am 1. September in Meschede: Mahnung an den Beginn des 2. Weltkrieges und Alternativen zum Militär für die Zukunft

Er ist nicht tot – der Krieg! Erinnern und Mahnen beim Sühnekreuz in der Kirche Mariä-Himmelfahrt zu Meschede. Das „Sühnekreuz“ wird am Sonntag aus seinem Nischendasein befreit und vor den Altar gelegt. (bild: thelen-khoder)

Am 01. September 2019 jährt sich der Beginn des zweiten Weltkrieges zum achtzigsten Mal. Zu diesem Tag als „Antikriegstag“ bieten viele Gruppen der katholischen Friedensbewegung pax christi interessante Veranstaltungen an oder organisieren Kundgebungen und Demonstrationen gemeinsam mit den regionalen Partnern der Friedensbewegung.

(Der Text beruht auf einer Pressemitteilung von pax christi, der internationalen katholischen Friedensbewegung.)

Der pax christi-Diözesanverband Paderborn lädt in Kooperation mit der Kirchengemeinde Mariä-Himmelfahrt in Meschede zu Gottesdienst, Begegnung, Vortrag und Diskussion ein.

Sonntag 1. September 2019 in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Meschede 

09:30 Uhr Gottesdienst mit Impuls von Nadja Thelen-Khoder zum Umgang mit Grabstätten von Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangenen

11:00 Uhr Friedenslandschaft Sauerland, Vortrag und Diskussion mit Peter Bürger über Friedensboten

12:30 Uhr Begegnung und gemeinsames Mittagessen

Als sauerländische Friedensboten bezeichnet Peter Bürger Menschen wie den katholischen Friedensaktivisten und Heimatforscher Josef Rüther (1881-1972) aus Brilon, der in der Weimarer Republik zu den frühesten Warnrufern gehörte. Er wurde lange vor 1933 von den Nazis ebenso gehasst wie der Hüstener Bürgermeister Dr. Rudolf Gunst (1883-1965), der den Friedensbund der Katholiken (FdK) in ganz Deutschland leitete. Beide Männer verloren ihre berufliche Grundlage und gehören zu den Verfolgten des deutschen Faschismus.

Mehr über die Friedensboten erfahren Sie im anhängenden Interview mit Peter Bürger.

Siehe auch Peter Bürger / Jens Hahnwald / Georg D. Heidingsfelder: „Sühnekreuz Meschede. Die Massenmorde an sowjetischen und polnischen Zwangsarbeitern im Sauerland während der Endphase des 2. Weltkrieges und die Geschichte eines schwierigen Gedenkens“; Norderstedt 2016 (edition leutekirche sauerland 3, Books on Demand,; erweiterte Buchausgabe von „Zwischen Jerusalem und Meschede“) (bild: thelen-khoder)

Der Waldfriedhof „Fulmecke“ ist Ort der Spurensuche von Nadja Thelen-Khoder. Ihre Mutter erzählte ihr wie sie ihrem Vater bei der ärztlichen Versorgung sowjetischer Zwangsarbeiter geholfen hatte. Damit begann eine Recherche, die sie in einem Buch über den sogenannten „Franzosenfriedhof“  darlegt. Dort liegen neben den namenlos Begrabenen  dreier nächtlicher Massaker deutscher Soldaten von Ende März 1945 auch 70 weitere meist sowjetische Zwangsarbeiter begraben, die im Zweiten Weltkrieg oder wenige Wochen danach starben.

Mehr über die den Umgang mit den Gräbern der Zwangsarbeiter erfahren Sie im anhängenden Interview mit der Autorin Nadja Thelen-Khoder, außerdem hier eine ausführliche Liste ihrer Bücher und Artikel:

Artikel von Nadja Thelen-Khoder

Der „Franzosenfriedhof“ in Meschede – die große Recherche von Nadja Thelen-Khoder jetzt auch im Buchhandel

Die Titelseite des gerade erschienenen Buchs von Nadja Thelen-Khoder (screenshot)

Der „Franzosenfriedhof“ in Meschede – Drei Massaker, zwei Gedenksteine, eine „Gedenktafel“ und 32 Grabsteine. Die akribische Dokumentation der Spurensuche von Nadja Thelen-Khoder ist jetzt auch als Buch erschienen.

Wenige Monate vor ihrem Tod erzählte die Mutter vom Langenbachtal. Dass sie ihrem Vater, dem Warsteiner Arzt Dr. Segin, oft geholfen habe, die eiternden Geschwüre der russischen Zwangsarbeiter „auszuschaben“, hatte sie schon oft erzählt; aber dass 71 von ihnen wenige Tage vor Kriegsende im Rahmen von drei nächtlichen Massakern deutscher Soldaten im Langenbachtal ermordet wurden, nicht.

Ein „Franzosenfriedhof“ ohne Franzosen, teils nicht mehr lesbare Grabsteine ohne Geburts- und Sterbedaten und vermooste, verwitterte und gebrochene Steine mit verharmlosenden Texten – so fand die Autorin den Mescheder Waldfriedhof vor, als sie sich im Herbst 2015 auf die Spurensuche begab.

In ihrer Dokumentation erzählt Nadja Thelen-Khoder von den vielen Erkundungen zu den Toten und Ermordeten, von denen einige ihre Namen zurückerhalten. Mit zahlreichen Listen, die dutzende Lager und Zwangsarbeitgeber und tausende sowjetische Zwangsarbeiter betreffen, will dieses Buch Quellen für weitere Forschungen erschließen.

Leserinnen und Leser unseres Blogs konnten im letzten Jahr die äußerst gründliche und zugleich enthusiastische Arbeit Nadja Thelen-Khoders von der Erforschung der Quellen bis hin zur Geschichten-und Geschichtserzählung  auf unserer Unterseite „Franzosenfriedhof“  quasi „live“ mitverfolgen.

Wöchentlich, manchmal täglich, wuchs über den Zeitraum eines Jahres die Zahl der Dokumente.

Der erste Eintrag lautete: „Alle waren Bürger der Sowjetunion – und noch eine Stele (eingestellt: 16.10.2017): Im Psychiatriemuseum in Warstein hatte ich in einer Besucherinformation über den „Ehrenfriedhof“ vom 8.9.2015 gelesen, hier lägen „115 Bürger aus Osteuropa, vorwiegend aus Rußland (Soldaten und Zivilisten).“

Der zum heutigen Tag  (15.08.2018) letzte Beitrag trägt den Titel: „Art der Krankheit: Auf der Flucht erschossen“ Bitte um gemeinsame Suche, auch in Siedlinghausen

Die Autorin der umfangreichen historischen Dokumentation über den „Franzosenfriedhof“ in Meschede wurde 1961 „vor dem Bau der Mauer“ geboren („die Mauer ist weg, ich bin noch da!“): russischer Vorname (Nadja), deutsch-arabischer Nachname (Thelen-Khoder), Rheinländerin mit sauerländischem Migrationshintergrund.

Bei ihren Recherchen zu Endphase-Verbrechen des Jahres 1945 erfährt sie, wie spannend Archive sein können: „Lange habe ich geglaubt, dass alle Unterlagen vernichtet worden seien – durch den Krieg, durch Unachtsamkeit, aus Not oder willentlich von Menschen, die ein Interesse hatten. Aber je länger ich nach Namen suchte, desto mehr Listen begegneten mir, Listen mit Namen über Namen . . .“

Nadja Thelen-Khoder hat einen Traum: Ihre Arbeit soll sich ausweiten, andere HistorikerInnen, engagierte Laien, aber vor allem Schülerinnen und Schüler, Schulklassen, junge Menschen sollen nach einzelnen Namen suchen und der Geschichte, insbesondere den bis dato unbekannten Opfern von deutschen Kriegsverbrechen, individuelle Namen geben. Sie möchte weg vom „Ich, ich, ich!“, hin zu tieferen Einblicken, bei denen auch ein WIR entsteht!

Ob und wie dieser Traum verwirklicht werden kann, wird Thema eines weiteren Beitrags in diesem Blog sein. Das Buch habe ich mir jedenfalls schon bei unserem Siedlinghäuser Buchhändler Bernd Kräling bestellt. Lieferzeit 3-10 Tage. Ich bin gespannt.

Nadja Thelen-Khoder: „Mein Buch soll Grundlage zu weiteren Recherchen vor Ort sein, und so ist es vor allem eine Werbung für die Arbeit zur Wiedererlangung der Würde der Toten!“

————————————-

Der „Franzosenfriedhof“ in Meschede
Drei Massaker, zwei Gedenksteine, eine „Gedenktafel“ und 32 Grabsteine: Dokumentation einer Spurensuche

https://www.bod.de/buchshop/der-franzosenfriedhof-in-meschede-nadja-thelen-khoder-9783752869712

Paperback, 308 Seiten

ISBN-13: 9783752869712

Verlag: Books on Demand

Erscheinungsdatum: 03.08.2018

Preis: 36,99 Euro