Oh je, Hochwasser an der Oder, grenzüberschreitend, in Brandenburg wie in Polen … und nicht nur an der Oder. *
„Wisla pod woda“ sahen wir ein paar Tage später auch bei Torun (Thorn) an der Wisla (Weichsel). Von Ciechocinek aus kommend besuchten wir an einem sommerlich-warmen Tag die Reste der alten, von den Polen in grauer Vorzeit geschleiften Ordensritterburg-Gemäuer in Torun (Thorn).
Einige Straßen in der Geburtsstadt des berühmten Nikolaus Kopernikus, auch die unterhalb von Burg und Altstadt, waren gesperrt oder teilgesperrt, wegen „Wisla pod woda“. Schmutziges Wasser steht in Häusern – in Wohnungen, in Kellern und Stallungen. Was für eine Katastrophe ereilt jetzt Menschen und Tiere! Nichts desto trotz bummelten und flanierten an diesem Tag die Menschen in Torun recht gelassen, genossen das Leben und die Sonne und die bildschöne, mittelalterlich wirkende Altstadt, so wie wir auch! Die Kopernikus-Statue inmitten des Treibens glänzte in der Sonne. Ein herrlicher Tag, ja, wäre da nicht die unbändige Wisla.
Unser erstes Pokoje (Zimmer mit Bett) in Polen buchten wir aber nicht in Torun, sondern in der Kleinstadt Ciechocinek. Das Onlione-Lexikon Wikipedia schreibt: „Ciechocinek (1939–1945 Hermannsbad) ist ein Kurort in Polen. Er liegt an der Weichsel etwa 20 Kilometer südöstlich von Thorn in der Wojewodschaft Kujawien-Pommern.
Da spricht man ausschließlich polnisch, der ein oder andere vielleicht ein wenig Englisch. Die Weichsel heißt „Wisla“ und danke „dziekuje“. Eine Herausforderung in sprachlicher oder sonstiger Hinsicht? Nein! Ein gemütliches, kleines Hotel mit dem Namen „Kopernik“- wir hatten es fast für uns allein – leckeres Frühstück, nette Menschen.
Im Vergleich zum sehr ruhigen Kurort Bad Freienwalde schien die kleine Stadt Ciechocinek beinahe überlaufen. In den Restaurants gab es leckere Pierogi, ruskie wie polskie. Nach dem Abendessen tanzten die flotteren Kurgäste in einem etwas antiken, großen Saal beschwingt zu den einigermaßen modernen Klängen einer kleinen Band. Solch abendliche Vergnügen sollen ja bekanntlich Figur und Heilerfolg dienlich sein. Der Ort unter dem mächtigen Weichsel-Damm ist berühmt für seine überdimensionierten Salinen und große, prächtige Blumenbeete.
Ciechocinek blickt auf eine äußerst wechselvolle polnisch-preußisch-russische Geschichte zurück, die leider nicht immer friedlich war. Dieser Kurort wurde nicht etwa wegen Blumen und Salinen oder Weichsel und Hochwasser unser Etappen-Ziel, nein, sondern, weil Lutz` Vater dort geboren und aufgewachsen ist. Sein Geburtshaus steht noch immer mitten in der Stadt. Irgendwann, vielleicht zu Zeiten von Katharina der Großen, müssen sich seine Vorfahren dort an der Weichsel nieder gelassen haben.
Nichts genaues weiß man nicht. Wir wissen nur, dass mit dem Ende des zweiten Weltkriegs auch die Geschichte der deutschen Minderheit in Ciechocinek abrupt beendet war.
*unser Autor reiste vor einem Jahr nach Polen, angetrieben von Neugier, Spurensuche und der gemeinsamen Geschichte mit unserem östlichen Nachbarn. Der Bericht wird in mehreren Kapiteln in unserem Blog erscheinen.