An einem Tag im Mai verstaute Lutz im Morgengrauen unser Gepäck (eigentlich vorwiegend meins) im knappen Kofferraum seines etwas betagten, motorisierten Fast – Viersitzers. „Nur nicht hetzen!“, lautete unsere Devise. „Schließlich ist Urlaub!“ *
Wir fuhren dann bald gemächlich von der harmlos vor sich hin plätschernden Ruhr im Sauerland, Richtung Hannover, zum Frühstück in ein Möbelhaus bei Bad Nenndorf und, von da aus, gestärkt und voller neuer Eindrücke in Sachen aktueller Deko und Wohnungseinrichtungen, nach Bad Freienwalde an die Oder.
Nach Bad Freienwalde, nicht etwa weil sich da an der Oder langsam aber sicher eine gewaltige Hochwasser-Gefahr anbahnte, nein, in erster Linie wegen Onkel Paul.
Onkel Paul, der Schwager meines Großvaters, kam früher gerne mit dem Zug aus der „Ostzone“ zu Besuch in unsere „800-West-Seelen-Gemeinde“. Er war immer gut gelaunt, liebte es durch die Umgebung zu streifen und staunte jedes Mal wieder Bauklötze über die Angebotsvielfalt der damals noch recht zahlreichen Tante-Emma-Läden in dem sauerländer Dörfchen.
Onkel Paul war Witwer, verheiratete sich aber mit über 80 Jahren noch einmal und besuchte uns noch ein paar Jährchen mit seiner Herta. Herta kam dann noch ein, zwei Jahre alleine ….
Ich war noch nie in Bad Freienwalde. Das musste mal sein. Zwei Nächte in einer preiswerten Ostcharme-Ferienwohnung (mit Familienanschluss) in dem kleinen Kurort mit Nobelklinik und mehreren, um diese Jahreszeit verwaisten hohen, langen Skisprungschanzen, nicht weit von der breiten, sich allmählich gefährlich füllenden Oder.
„Oda pod woda“, das lasen wir in den folgenden Wochen immer und immer wieder im polnischen Fernsehen; wir sahen viel Wasser und aufgeregte, verzweifelte Menschen. Oh je, Hochwasser an der Oder, grenzüberschreitend, in Brandenburg wie in Polen …
*unser Autor reiste vor einem Jahr nach Polen, angetrieben von Neugier, Spurensuche und der gemeinsamen Geschichte mit unserem östlichen Nachbarn. Der Bericht wird in mehreren Kapiteln in unserem Blog erscheinen.